Thema
Leistungsfreiheit des Versicherungsnehmers wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung (§ 13 Nr. 2 AERB 87 i.V.m. § 6 III VVG)
Verspätetes Einreichen einer Stehlgutliste bei der Polizei
Grundlagen
Nach § 13 Nr. 2 AERB 87 hat der Versicherungsnehmer einer Einbruchdiebstahlsversicherung nach Schadeneintritt der zuständigen Polizeibehörde unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen (Stehlgutliste) einzureichen. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheit führt in der Regel zur Leistungsfreiheit des Versicherers bezüglich der nicht rechtzeitig angezeigten Sachen. Bei vorsätzlicher Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer seine Leistungspflicht immer ablehnen. Liegt grobe Fahrlässigkeit vor, kann der VN den sog. Kausalitätsgegenbeweis führen (§ 6 III 2 VVG). Dieser Nachweis gelingt dem VN jedoch selten, da er nur dann als geführt angesehen werden kann, wenn bewiesen ist, daß die Fahndung der Polizei auch dann insgesamt oder wenigstens für einen Teilbetrag mit Sicherheit erfolglos gewesen wäre, falls ihr die Liste in dem Zeitpunkt zugegangen wäre, von dem an die weitere Verzögerung mindestens grob fahrlässig war (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., XII, Rdnr. 89). Von einer derartigen Sicherheit der Erfolglosigkeit der Fahndungsarbeit der Polizei kann bereits deshalb nur in seltenen Ausnahmefällen ausgegangen werden, da andernfalls die Ermittlungsarbeit der Polizei gänzlich in Frage gestellt würde.
Aktuelles
AG Wiesbaden AZ: 92 C 4225/03-28
Das Amtsgericht Wiesbaden hat in einem Urteil vom 13.05.2004 (AZ 92 C 4225/03-28) das Einreichen einer Stehlgutliste bei der Polizei drei Wochen nach einem Einbruchdiebstahl als verspätet angesehen und Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 13 Nr. 2 AERB 87 i.V.m. § 6 III VVG angenommen. Eine derartige Zeitspanne könne nicht mehr als unverzüglich im Sinne des § 121 BGB gewertet werden. Die einem Versicherungsnehmer einzuräumende Frist bemesse sich danach, wieviel Zeit er benötige, um die Stehlgutliste anzufertigen. Müssen Belege eingesehen werden, um die genauen Typenbezeichnungen und Seriennummern der entwendeten Gegenstände zu ermitteln, sei nach Auffassung des Gerichts hierfür die Frist von einer Woche angemessen, aber auch ausreichend.
Der VN könne sich auch nicht darauf berufen, daß er seinen Steuerberater einschalten mußte, denn die Handlungen des Steuerberaters seien ihm, da es sich um den Erfüllungsgehilfen des VN handelt, nach § 278 BGB zuzurechnen.
In subjektiver Hinsicht habe der VN auch vorsätzlich gehandelt. Insbesondere sei die sich aus § 6 Abs. 3 VVG ergebene Vorsatzvermutung nicht widerlegt worden, da nichts dazu vorgetragen worden oder ersichtlich sei, daß dem VN die Verpflichtung zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei nicht bekannt gewesen sei. Eine spezielle Belehrung des VN über den Eintritt der Leistungsfreiheit bei einer Verletzung der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste sei nicht erforderlich.
Auch seien die Voraussetzungen der sog. Relevanzrechtsprechung des BGH (BGH, VersR 1984, 228) gegeben. Eine verspätete Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei sei generell geeignet, die Interessen des Versicherers erheblich zu gefährden, da die Polizei ohne eine solche Stehlgutliste eine gezielte Sachfahndung nicht einleiten könne. Dem VN sei auch ein erhebliches Verschulden zur Last zu legen, da nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund es nicht möglich gewesen sein sollte, die sechs gestohlenen Gegenstände bzw. Gegenstandsgruppen unverzüglich in einem Verzeichnis zusammenzustellen und dieses der Polizei zu übergeben.