Abgasskandal bei Daimler AG: Welche Rechte haben Betroffene?

Rechtsanwalt Simon Bender
15.06.2018102 Mal gelesen
Das Bundesverkehrsministerium hat Thermofenster in Motoren der Daimler AG als unzulässige Abschalteinrichtungen qualifiziert. Käufern solcher Fahrzeuge stehen Rechte gegen Händler und Hersteller zu.

Die Daimler AG hat nach den Feststellungen des Bundesministeriums für Verkehr in mehrere Fahrzeugmodelle unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut. Nach Presseberichten sind die Fahrzeugmodelle Vito, GLC und die C-Klasse mit Dieselantrieb betroffen. Darüber hinaus wird berichtet, dass ebenso Diesel-Modelle der E-Klasse, der S-Klasse sowie ML- und G-Klasse betroffen seien. Danach handelt es sich um Fahrzeuge, in denen die Motoren der Daimler AG mit der Bezeichnung OM 642, OM 651 und OM 622 verbaut sind. Der zentrale Vorwurf lautet dahin, dass die Harnstoffzufuhr zur Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen reduziert bzw. ganz ausgeschaltet wird. Dies stellt nach Auffassung des Ministeriums eine unzulässige Abschalteinrichtung dar.

Manipulation oder Motorschutz?

Die Daimler AG beruft sich hinsichtlich der eingeschränkten Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen auf eine gesetzliche Ausnahme. Sie rechtfertigt die Reduktion der Harnstoffzufuhr mit dem Schutz des Motors. Die Argumentation der Daimler AG erweist sich jedoch als fragwürdig. Einerseits ist eine reduzierte Harnstoffzufuhr nicht zwingend. Vielmehr wäre diese durch einen größeren Harnstofftank behebbar gewesen und damit eine wirkungsvolle Abgasreinigung auch bei niedrigeren Temperaturen möglich. Hinzu tritt, dass die Ausnahmeregelung zum Motorenschutz keine reduzierte Abgasreinigung rechtfertigen kann, wenn diese bei einem häufig auftretenden Temperaturniveau greift und damit die Ausnahme zur Regel macht. Der ADAC hatte bereits bei dem Fahrzeugmodell C 200 d bei Temperaturen von 5 Grad Celsius um das Fünffache erhöhte Stickoxidwerte festgestellt (vgl. Motorwelt 5/2016, S. 30). Bei Durchschnittstemperaturen von November 2017 bis März 2018 von 5 Grad und weniger wäre die Abgasreinigung über fünf Monate reduziert bzw. ausgeschaltet gewesen.

Rechte gegen den Verkäufer

Folglich sind die betroffenen Fahrzeuge als mangelhaft zu qualifizieren. Betroffene Fahrzeugeigentümer, die den Kauf deshalb rückabwickeln wollen, haben folgende Möglichkeiten:  Sofern seit der Übergabe des Neufahrzeugs noch keine zwei Jahre vergangen sind, sollte dem Verkäufer eine Frist zur Behebung des Sachmangels gesetzt werden und das Fahrzeug hierfür angeboten werden. Nach Ablauf der Frist und vor Ablauf der zwei Jahre nach Übergabe kann sodann der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt werden. Einzelheiten hierzu sollten mit einem Anwalt erörtert werden. Ist die Daimler AG über eine eigene Niederlassung Verkäufer des Fahrzeugs, kommen Ansprüche gegen den Verkäufer auch nach Ablauf von zwei Jahren nach der Übergabe in Betracht.

Rechte gegen die Daimler AG

Daneben kommen gegen den Verkäufer für den Fahrzeugeigentümer gegen die Daimler AG als Hersteller Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher Schädigung in Betracht. Spätestens seit Herbst 2015 ist dem Vorstand und dem Aufsichtsrat die Problematik unzulässiger Abschalteinrichtungen bekannt. Entsprechend lautet es im Geschäftsbericht der Daimler AG für 2015 (S. 50): "Dazu ließ sich der Aufsichtsrat ausführlich den aktuellen Stand in sämtlichen automobilen Geschäftsfeldern des Konzerns darstellen und vergewisserte sich, dass bei Daimler sogenannte »Defeat Devices«, die die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung unzulässig einschränken, nicht zum Einsatz kommen und auch in der Vergangenheit nicht zum Einsatz gekommen sind." Danach lässt sich ein vorsätzliches Handeln der Organe der Daimler AG nicht ausschließen.

Die ARES Rechtsanwälte mit Sitz in Frankfurt am Main vertreten vom Abgasskandal betroffene Autokäufer bundesweit gegen Händler, Autobanken und Hersteller. Nähere Informationen finden Sie auch unter folgendem Link: https://ares-recht.de/abgasskandal-fahrverbot-dieselskandal-rueckabwicklung-anwalt/