Abgasskandal: Landgericht Darmstadt verurteilt die Volkswagen AG zur Rückabwicklung des Kaufs eines VW Golf aus 2009

Rechtsanwalt Simon Bender
04.05.2018387 Mal gelesen
LG Darmstadt verurteilt die Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen VW Golf aus dem Jahre 2009 - Nutzungsersatz auf Basis einer Laufleistung von 300.000 Kilometern

Mit Urteil vom 20.04.2018 (Az. 2 O 516/16 - nicht rechtskräftig - hier Urteilsauszug) hat das Landgericht Darmstadt die Volkswagen AG wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gem. §§ 826, 31 BGB zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags aus dem Jahre 2009 über einen VW Golf Trendline 2,0 I TDI verurteilt.

Das Gericht verurteilte die Volkswagen AG zur Zahlung von EUR 9.576,42 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des VW Golf nebst Zubehör. Gefahrene Kilometer muss sich die Klägerin auf Basis einer Gesamtlaufleistung von 300.000 Kilometern anrechnen lassen.

Das Gericht stellte fest, dass die Volkswagen AG durch das Inverkehrbringen des VW Golf die Klägerin vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat. Die Klägerin hat ein minderwertiges Fahrzeug erhalten, das tatsächlich nicht hätte zugelassen werden dürfen, da es die gesetzlichen Bestimmungen nicht einhält.

"Das Verhalten der Beklagten verstößt auch gegen die guten Sitten. Dabei ist eine Handlung objektiv sittenwidrig, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter aus Inhalt, Beweggründen und Zweck gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und mit den grundlegenden Werten der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Diese Wertung ist erfüllt durch die Vornahme einer bewussten Manipulation von Werten, deren Einhaltung gesetzlich vorgeschrieben ist. Gerade bei der allgemeinen Beachtung des Umweltschutzes ist dieser Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllt, wenn unter bewusster Manipulation einer Software eine geringe Schadstoffbelastung vorgespiegelt wird als sie tatsächlich besteht."

Dem pauschalen Einwand der Volkswagen AG, die Klägerseite müsse für eine Haftung der Gesellschaft beweisen, dass der Vorstand der Volkswagen AG von den Manipulationen wusste, ließ das Landgericht nicht gelten. Richtigerweise stellte das Gericht klar, dass es Aufgabe der Volkswagen AG gewesen wäre, die internen Erkenntnisse zum Abgasskandal offenzulegen, was im Verfahren nicht erfolgte. Unabhängig davon kann sich die Volkswagen AG nach überzeugender Ansicht des Landgerichts auch nicht durch eine fehlende Kontrolle in der Organisationsstruktur einer Haftung entziehen.

"Dabei ist unschädlich, dass bislang nicht positiv festgestellt werden konnte, ob der Vorstand der Klägerin tatsächlich eine positive Kenntnis von den streitgegenständlichen Vorgängen besaß. Insoweit ist die Beklagte zu 2. nicht ihrer hier bestehenden sekundären Darlegungslast nachgekommen, welche dann besteht, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während hingegen die bestreitende Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr auch zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Insoweit darf sich der Gegner der primär darlegungspflichtigen Partei nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr dazulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzen kann, während der Prozessgegner sie hat oder erlangen kann und ihm nähere Angaben zumutbar sind. Insoweit hat die Beklagte zu 2. die Kanzlei Jones Day mit einer Untersuchung der Vorgänge beauftragt, deren Untersuchungsinhalt der Beklagten zu 2. im Rahmen eines substantiierten Vortrages zumindest zumutbar wäre. Im Übrigen würde bei einer tatsächlichen Unaufklärbarkeit auch insoweit ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 2. eingreifen, da diese zumindest in derartig weitreichenden Fragen, wie der vorliegenden mit der Abgassoftwaremanipulation, gehalten wäre, ihren Betrieb so zu strukturieren, dass nachvollzogen werden kann, wer eine Kenntnis dieser Vorgänge besaß und insbesondere auch die Kette der Berichtspflichten bis zum Vorstand nachzuvollziehen sein müsste."

Was bedeutet das Urteil für betroffene Fahrzeugkäufer?

Die Entscheidung des Landgerichts zeigt anschaulich, dass es auch für Eigentümer bereits älterer vom Dieselskandal betroffener Fahrzeuge durchaus finanziell sinnvoll sein kann, die eigenen Ansprüche auf Rückabwicklung des Autokaufs gegenüber dem Hersteller durchzusetzen. Dies vor dem Hintergrund sinkender Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt und drohender Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge. Die Rückabwicklung des Autokaufs gegenüber dem Hersteller kann daher eine lohnende Alternative sein.

Ansprüche können zum 31.12.2018 verjähren

Wer ebenfalls Ansprüche gegen die Volkswagen AG oder verbundene Unternehmen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung und weiteren deliktischen Schadensersatzregelungen gelten machen möchte, sollte die mögliche Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2018 beachten und rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen.

Die Kanzlei ARES Rechtsanwälte vertritt vom Abgasskandal betroffene PKW-Käufer und Leasingnehmer deutschlandweit.

Unsere Tätigkeit umfasst die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen (z.B. Minderwert des Fahrzeugs) oder die Rückabwicklung des Autokaufs gegen Autohändler, Hersteller oder Autobanken (Widerruf des Autokredits).

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