Unterlassene Krankenhauseinweisung - grober Behandlungsfehler?

Gesundheit Arzthaftung
15.04.20101486 Mal gelesen
In seiner Entscheidung vom 22. September 2009 (VI ZR 32/09) hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem ärztlichen Behandlungsfehler mit tödlichen Folgen zu befassen.

Der verstorbene Ehemann der Klägerin wies ein Hochrisikoprofil mit fünf Risikofaktoren für eine koronare Herzerkrankung (Nikotinabusus, Bluthochdruck, familiäre Belastung, Adipositas und Blutzuckererhöhung) auf. Im Rahmen eines Termines zur Erstellung eines EKG hatte der Verstorbene den Arzt noch auf hinzugetretene Schmerzen hingewiesen. Das an diesem Tag erstellte EKG wies deutliche Veränderungen im Vergleich zu dem am Vortag erstellten EKG auf. Nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen hätte der behandelnde Arzt seinen Patienten angesichts dieser Veränderungen unverzüglich in ein Krankenhaus einweisen müssen. Zudem bestätigte der Sachverständige, dass die Konsequenz einer unterlassenen Krankenhauseinweisung der Tod des Patienten sein könne. Hinsichtlich der Frage, ob das Unterlassen der Krankenhauseinweisung einen groben Behandlungsfehler darstellte, verwies der BGH den Fall zurück an das Berufungsgericht.

Ein Behandlungsfehler ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH dann als grob zu werten, wenn es sich um einen eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse und damit um einen Fehler handelt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

Die Bejahung eines groben Behandlungsfehlers ist für die Patientenseite im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses von wesentlicher Bedeutung, da sie mit einer Umkehr der Beweislast verbunden ist. Der Arzt muss sich in diesen Fällen entlasten und beweisen, dass sein Fehler nicht ursächlich war für den vom Patienten davongetragenen Schaden. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes steht noch aus.

Nadine Jokiel
Rechtsanwältin