Zulässigkeit wettbewerblicher Ansprüche eines Vertragsarztes gegen rechtswidrige, sie schädigende Betätigungen anderer Leistungserbringer, hier nach § 116b SGB V.

Gesundheit Arzthaftung
03.11.2011413 Mal gelesen
Vertragsärzte können gegen ambulant tätige Krankenhäuser Unterlassung und Schadensersatz aus dem UWG geltend machen.
  1. Beklagte handelt im geschäftlichen Verkehr i.S.d. § 1 UWG.

Dieser Begriff umfasst jede Tätigkeit, die der Förderung eines beliebigen- eigenen oder fremden- Geschäftszweck dient, also mit Erwerb oder Berufsausübung zusammenhängt und sich mithin nicht im rein privaten Bereich abspielt. Darunter fällt auch ärztliche Tätigkeit, die ambulant Versicherten von gesetzlichen Krankenversicherungen versorgt und damit freiberuflich erfolgt. Unter "Freiberuflich" fällt auch die Tätigkeit eines angestellten Arztes nach § 116 b SGB V.

 2. Die Tätigkeit muß ferner den Zwecken des Wettbewerbs dienen. Hiervon ist auszugehen, wenn in objektiver Hinsicht ein Tun vorliegt, das geeignet ist, den Absatz oder den Bezug einer Person (eines Unternehmens) zu fördern, und wenn zusätzlich in subjektiver Hinsicht die Absicht besteht, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter die eigentlichen Beweggründe zurücktritt. Die Erbringung von ambulanten ärztlichen Leistungen, für die keine wirksame Ermächtigung vorlag, war objektiv geeignet, der Beklagten und / oder dem Krankenhaus Vorteile wirtschaftlicher Art zu verschaffen. Entweder ließ sich die Beklagte von dem Ziel der Honorierung der Leistungen durch die Kassenärztliche Vereinigung oder zumindest davon leiten, die behandelten Patienten an sich und damit auch an das Krankenhaus zu binden, damit diese auch künftig für den Fall, dass der Beklagten die begehrte Ermächtigung in vollem Umfang zugesprochen würde, die entsprechende Abteilung des Krankenhauses und damit die Dienste der Beklagten anstelle der der niedergelassenen Fachärzte in Anspruch nehmen.

 3.         Der Sittenverstoß des UWG kann in einem Verstoß gegen das SGB V liegen. Eine rechtswidrige Wettbewerbshandlung verstößt gegen die guten Sitten, wenn die verletzten Vorschriften wertbezogen in dem Sinne sind, dass ihnen eine dem Schutzzweck des UWG entsprechende sittlich-rechtliche Wertung zugrunde liegt und/oder diese Norm eine unmittelbare Wettbewerbsbezogenheit aufweist oder, sofern dies nicht der Fall ist, besondere wettbewerbliche Umstände vorliegen, die das rechtswidrige Verhalten auch aus wettbewerblicher Sicht anstößig erscheinen lassen. Hiervon ist jedenfalls auszugehen, wenn die verletzten Vorschriften wertbezogen in dem Sinne sind, dass ihnen eine dem Schutzzweck des UWG entsprechende sittlich-rechtliche Wertung zugrunde liegt und/oder diese Norm eine unmittelbare Wettbewerbsbezogenheit aufweist oder, sofern das nicht der Fall ist, besondere Umstände vorliegen, die das rechtswidrige Verhalten auch aus wettbewerblicher Sicht anstößig erscheinen lassen. Hiervon ist jedenfalls auszugehen, wenn sich der Wettbewerber durch den Rechtsverstoß einen sachlich ungerechtfertigten Vorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft oder zu erlangen sucht.

4.Der Heranziehung der allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts steht § 69 SGB V nicht entgegen. Zwar verweist diese Vorschrift nur auf bestimmte zivilrechtliche Regelungen, nämlich in § 69 Abs. 3 SGB V. Daraus folgt aber keine ANwendungssperre für allgemeine zivilrechtliche Regelungen und Grundsätze. Vielmehr gebieten das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes und der für Zivilrechtsbeziehungen einschlägige allgemeine Justizgewährleistungsanspruch, dass in dem Fall rechtswidriger Schädigungen ein Mindestmaß an Primär- und/oder Sekundärrechtsschutz zuerkannt wird, d.h. Möglichkeiten der Abwehr und/oder eines Schadensersatzes bestehen. Der Anwendung allgemeiner wettbewerbsrechtlicher Grundsätze auf das Verhältnis zwischen Vertragsarzt und Krankenhaus steht nicht entgegen, dass §§ 69 ff. SGB V auf das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zugeschnitten sind. Heute ist anerkannt, dass die Regelungen der §§ 69 ff. SGB V auch im Verhältnis der Leistungserbringern untereinander zu beachten sind.