Testament bei Wahnvorstellungen?

Erbrecht Eigentum
16.10.201798 Mal gelesen
Verfolgungswahn kann ein Testament nichtig machen.

Wenn der Erblasser bei Errichtung seines Testamentes einer krankhaften Wahnvorstellung unterlag, ist das Testament auch ohne Anfechtung von Anfang an unwirksam -- es fehlt dann an der Testierfähigkeit des Verstorbenen. Wann die Grenze zum krankhaften Wahn erreicht ist konkretisieren die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt nun in einer neuen Entscheidung. 


                                                                                                   
Die Angst um das Geld

Gestritten wird in dem vorliegenden Fall um das Erbe einer Frau, die zu Lebzeiten an der Angst litt, bestohlen zu werden. Die Kläger, entfernte Verwandte der Erblasserin, behaupten vor Gericht, diese Angst sei so stark gewesen, dass sie einer schon krankhafte Wahnvorstellung entsprochen habe. 

Ein Detektiv wurde angeheuert, der ihr Haus mit mehreren Kameras ausstattete und für sie detektivisch tätig wurde. Dabei erhielt er von der Frau einen mittleren fünfstelligen Betrag als Bezahlung. Eben dieser Detektiv soll nach dem Testament der verstorbenen Witwe nun alles erben soll. Dass die gute Frau nach lebenslanger Angst vor Dieben post mortem von ihrem Detektiv um ihr Geld gebracht werden könnte, ist doch auch etwas ironisch, oder?

 

Lichter Moment?

Das Testament der guten Frau beginnt mit den Worten: "Mein Testament!" und endet mit dem Zusatz "Die Verwandtschaft soll nichts mehr erben."  Da sind die Verwandten natürlich sofort auf den Barrikaden und vor Gericht gezogen. Etwas angeschrien fühlt man sich ja schon mit so vielen Ausrufezeichen.

Das Amtsgericht lehnte aber zunächst die Ansprüche der Kläger ab. Ein Verfolgungswahn der Testierenden lasse nicht automatisch darauf schließen, dass die Verstorbene beim Verfassen des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Vielmehr könne sie auch in einem sogenannten "lichten Moment" gehandelt haben. Diese Ansicht verwarfen nun die Richter des Oberlandesgerichts.

 

Was ist krankhaft?

Eine Testierfähigkeit sei dann ausgeschlossen ist, wenn die Motive des Erblassers für die Errichtung des Testaments mit seinem konkreten Inhalt auf einer krankheitsbedingten Unfreiheit beruhen. Denn wenn jemand wegen seiner Krankheit nicht mehr in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein Urteil zu bilden, sei seine Entscheidung eben nicht mehr "frei". Wann aber ist ein solcher Wahn krankhaft?

Auch dazu nehmen die Richter Stellung: Wenn eine Abkoppelung von Erfahrung, Logik und kulturellem Konsens vorliegt und ein Verlust von Kritik- und Urteilsfindung gegeben ist. Schließlich müssen gerade diese Wahnvorstellungen auch auf die Frage der Erbeinsetzung Einfluss haben. Die Kriterien sind natürlich nachträglich in der Praxis schwer beweisbar. Dass ein kurzzeitiger lichter Moment eines sonst Kranken vorliegt, könne aber so lapidar nicht angenommen werden. Da müssen die Richter des Amtsgerichts wohl noch einmal gründlich nachrüsten.