Werkvertrag: Ersatz der Fremdnachbesserungskosten auch ohne Kündigung des Auftrages/ Anforderungen an eine Mängelrüge

Bauverordnung Immobilien
02.03.2009869 Mal gelesen

Der Bundesgerichtshof hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az. VII ZR 80/07) entschieden,  dass für eine ausreichende Mängelrüge nicht alle einzelnen Mängelursachen genannt werden müssen. Außerdem kann der Auftraggeber die Fremdnachbesserungskosten auch ohne ausdrückliche Kündigung des Auftrages mit dem ursprünglichen Vertragspartner verlangen, wenn letzterer innerhalb einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung nichts unternimmt.

In dem Fall stritten die Parteien, die einen Vertrag nach den Allgemeinen Vertragsbedingungen über die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) geschlossen hatten, über Baumängel. Da keine Einigung erzielt wurde, führte der Auftraggeber ein selbstständiges Beweisverfahren durch, in dem die Mängel bestätigt wurden. Nach Abschluss des Verfahrens übersandte der Auftraggeber das Gutachten aus dem Verfahren und forderte den Werkunternehmer zur ?Fertigstellung des geschuldeten Werkes? auf. Hierauf erfolgte keine Reaktion. Auch auf ein weiteres anwaltliches Schreiben reagierte der Auftragnehmer gar nicht. Beide Schreiben nahmen auf das Gutachten aus dem selbstständigen Beweisverfahren Bezug. Nach Ablauf der gesetzten Fristen ließ der Auftraggeber die Mängel durch ein Fremdunternehmen beseitigen und verlangte vom Auftragnehmer die hierfür angefallenen Kosten. Diese wurden schließlich eingeklagt.

Das OLG Oldenburg ließ den Einwand des Bauunternehmens gelten, dass es an einer ausreichenden Mängelrüge fehle und außerdem die Fremdnachbesserungskosten nicht verlangt werden könnten, da eine Kündigung des Auftrages erforderlich gewesen wäre. Anders der BGH, der zugunsten des klagenden Auftraggebers entschied:

In der Regel muss der Auftraggeber zwar dem Auftragnehmer, der in Verzug mit seiner Leistung ist, kündigen, bevor ein Fremdunternehmen mit der Nachbesserung/ Mängelbeseitigung beauftragt wird (vgl. § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B). Grund hierfür ist, dass der Auftragnehmer normalerweise ein Recht zur Nachbesserung hat. Es soll nicht zu unklaren Verhältnissen kommen, wenn der Auftragnehmer und eine mit der Mängelbeseitigung beauftragte Drittfirma nebeneinander auf der Baustelle tätig sind, weil unklar geblieben ist, ob der Auftraggeber Nachbesserung oder Ersatz der (Fremd-)Nachbesserungskosten verlangt hat. Eine Kündigung ist aber entbehrlich, wenn die vertragsgemäße Fertigstellung (Herstellung einer mangelfreien Bauleistung) endgültig verweigert wird. Letzteres sah der BGH hier gegeben, da auf die beiden Aufforderungsschreiben keinerlei Reaktion erfolgte. Unklarheiten habe es hier nicht geben können, da den Nachbesserungsaufforderungen das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren beigefügt war.

Außerdem stellte der BGH klar, dass die Mängelrüge ausreichend war. Der BGH bestätigte seine ständige Rechtsprechung erneut, wonach es ausreicht, wenn die ?Mangelerscheinungen? (Symptome des Mangels) bezeichnet werden. Der Auftraggeber muss also nicht die Ursachen der Mängelerscheinungen nennen, indem diese im Einzelnen aufgelistet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ? wie hier ? die Mängel in einem vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahren geklärt wurden. Die Bezugnahme auf das Gutachten reichte also.

Die Bezeichnung der Mängelerscheinungen reicht im Übrigen auch dann, wenn ein BGB ? Werkvertrag geschlossen wurde. Bei Streitigkeiten, ob überhaupt ein Baumangel vorliegt, sollte zudem immer überlegt werden, ob ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt werden soll. Dass kann im Gegensatz zu einer voreiligen Klageerhebung erheblich Gerichts- und Anwaltskosten sparen und zu einer gütlichen Einigung beitragen.

 
MAXIMILIAN KOCH
Rechtsanwalt, M.B.A.
LEDERER & PARTNER Rechtsanwälte