Kündigungen von Prämiensparverträgen mit 20-jährigen Prämienstaffeln

Bankrecht
09.08.202289 Mal gelesen
Sparkassen versuchen weiterhin, sich von den für sie teuren Prämiensparverträgen zu lösen. Doch nicht alle Kündigungen sind wirksam ...

In den 90-er und 2000-er Jahren sah die Welt der Renditen ganz anders aus als heute, Sparzinsen zwischen 6 % und 2 % waren durchaus üblich.

Zu dieser Zeit boten insbesondere Sparkassen so genannte Prämiensparverträge an. Hierbei handelt es sich um ein einen Sparvertrag, der grundsätzlich auf eine lange Laufzeit ausgerichtet ist. Die Treue des Kunden und der lange Atem beim Sparen werden belohnt: So wird das Guthaben wie bei einem „normalen“ Sparbuch verzinst, darüber hinaus erhält der Kunde aber auch jährliche Prämien auf die Sparraten gutgeschrieben.

Die Höhe der Prämien sind zu Vertragsbeginn in so genannten Prämienstaffeln definiert worden. Zu Beginn der Sparzeit betragen die Prämien üblicherweise zwischen 3 % und 8 % und wachsen im Lauf der Jahre, meist nach dem 15. Sparjahr, auf bis zu 50 % an.

Eine Prämie von 50 % kann natürlich teuer werden: Beträgt die jährliche Sparleistung beispielsweise 1.200,00 Euro (100,00 Euro pro Monat), schuldet die Sparkasse neben den Zinsen am Ende des Jahres auch noch 600,00 Euro als Prämie.

Spätestens im Jahr 2012 sanken die Sparzinsen auf dem Kapitalmarkt ins Bodenlose und die Prämien-Sparverträge wurden für die Sparkassen immer unlukrativer. Seit Jahren versuchen Sparkassen daher, sich von diesen teuren Prämiensparverträgen zu lösen und kündigen die Verträge mit ihren langjährigen Kunden.

Mittlerweile hat der BGH geklärt, dass eine solche Kündigung unter Umständen wirksam sein kann, beispielsweise dann, wenn es einen sachlichen Grund für die Kündigung gibt und wenn die höchste ausgewiesene Prämienstaffel erreicht ist. Allerdings sind bei weitem noch nicht alle Fragen zur Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Kündigung geklärt:

So gibt es Sparverträge, bei denen eine Prämienstaffel von 20 Jahren ausgewiesen ist, die höchste Prämie von 50 % soll im 15. Jahr gezahlt werden, diese Prämie von 50 % soll aber auch für die Jahre 16-20 gezahlt werden.

Die Sparkasse Nürnberg hat einen solchen Vertrag, den sie im Jahr 2001 mit ihrem Kunden abgeschlossen hat, aus wirtschaftlichen Erwägungen (sachlicher Grund) zu Juni 2019 – also im 18. Jahr - gekündigt. Der Kunde wehrte sich gegen die Kündigung und meinte, dass die Mindestvertragslaufzeit noch nicht erreicht sei, aufgrund der Prämienstaffel sei davon auszugehen, dass der Vertrag mindestens 20 Jahre laufen müsse.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth teilte die Auffassung des Kunden nicht und wies die Klage ab. Anders sah das allerdings das OLG Nürnberg, das dem Kunden mit Urteil vom 29.03.2022, Az. 14 U 3559/20, Recht gegeben hat. Nach Auffassung des OLG Nürnberg müsse sich die Sparkasse als Verwenderin der AGBs an ihre Aussagen halten. Eine Kündigung vor dem ausgewiesenen 20. Sparjahr sei für die Sparkasse nicht möglich. Die Revision zum BGH wurde zugelassen, man wird also abwarten müssen, wie der Bundesgerichtshof entscheiden wird.

Doch nicht nur die Sparkasse Nürnberg hat bei einer solchen Vertragskonstruktion die Prämiensparverträge vor Auslaufen der letzten ausgewiesenen Prämienstaffel gekündigt. Auch die Sparkasse Mainfranken Würzburg hat in einem aktuellen Fall im März 2022 den Prämiensparvertrag aus dem Jahr 2004 nach einer Laufzeit von rund 18 Jahren zu Juli 2022 gekündigt.

Nachdem außergerichtlich keine Einigung mit der Sparkasse erzielt werden konnte, wurde nun eine Klage beim Amtsgericht Würzburg eingereicht. Nach diesseitiger Auffassung bestehen aufgrund des Urteils des OLG Nürnberg sehr gute Aussichten, dass die Kündigung vor dem 20. Sparjahr unwirksam gewesen ist und die Sparkasse den Vertrag fortführen muss. Anders als in dem entschiedenen BGH Fall, Az. XI ZR 345/18, war hier zwar die höchste Prämienstufe von 50 % erreicht, aber in dem Vertrag wurde eine weitere Vereinbarung über die Prämienzahlung bis zum 20. Sparjahr getroffen – und diese Vertragslaufzeit ist noch nicht abgelaufen.