Fragen des Arbeitgebers in einem Vorstellungsgespräch nach bestimmten Krankheiten, die zu einer Behinderung führen können, stellen eine Benachteiligung wegen einer vermuteten Behinderung nach §§ 7 Abs. 1, 1 AGG dar.
Eine Diskriminierung wegen einer vermuteten Behinderung kann bei Ablehnung eines Bewerbers gegeben sein, wenn der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nach Krankheiten fragt, die häufig zu einer Behinderung führen.
Nach §§ 7 Abs. 1, 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dürfen Beschäftigte unter anderem nicht wegen einer Behinderung benachteiligt werden, wobei eine Benachteiligung auch dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber nur vermutet, dass eine Behinderung bei dem Beschäftigten gegeben ist.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08) hatte über einen Fall zu entschieden bei dem sich ein promovierter Biologe bei einem Arzt auf eine Stelle als Biologe zur Mitarbeit in einer wissenschaftlichen Studie bewarb. Der Arbeitgeber fragte den Bewerber im Vorstellungsgespräch nach psychiatrischer und psychotherapeutischen Behandlungen. Zudem äußerte er die Vermutung, dass der Bewerber an einer chronisch verlaufenden entzündlich-rheumatischen Erkrankung (?Morbus Bechterew?) leidet.
Letztendlich stellte der Arzt einen anderen Bewerber ein.
Der Biologe macht in seiner Klage einen Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG geltend. Er ist der Auffassung, dass der Beklagte ihn nur wegen der angenommenen Behinderung nicht angestellt hat. Der Beklagte dagegen behauptet, dass die Gehaltsforderungen sowie das Ergebnis des Einstellungstests die Gründe für die Nichteinstellung seien.
Die Vorinstanz hatte die Klage mit der Begründung abgelehnt, dass der Arbeitgeber nur nach Krankheiten und nicht nach Behinderungen gefragt habe und daher keine Diskriminierung vorläge.
Dem ist das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht gefolgt. Zwar hat das Gericht noch nicht abschließend entschieden, ob ein Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 15 AGG gegeben ist und hat diesbezüglich die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Jedoch hat das Bundesarbeitsgericht dargelegt, dass Fragen in einem Vorstellungsgespräch nach näher bezeichneten Krankheiten, die grundsätzlich zu einer Behinderung führen können, darauf schließen lassen, dass der Arbeitgeber auf eine Behinderung abzielt. Eine Diskriminierung wegen vermuteter Behinderungen nach §§ 7 Abs. 1, 1 AGG kommt folglich in Betracht.