Arbeitsrecht, Kündigung: Beweislastverteilung bei der Kündigung im Kleinbetrieb

Arbeit Betrieb
19.08.20082869 Mal gelesen
Kleinbetriebe genießen beim Kündigungsschutz eine arbeitsrechtliche Sonderstellung.

Für sie gelten gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 und 3 Kündigungsschutzgesetz - KSchG - die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts des KSchG nicht, mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1, S. 1 und 2 KSchG. Demzufolge müssen ordentliche Kündigungen in Kleinbetrieben nicht sozial gerechtfertigt sein.

 

Kleinbetriebe im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG sind solche, bei denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden, wobei Auszubildende bei der Berechnung nicht mitgerechnet werden. Der allgemeine Kündigungsschutz gilt allerdings auch nicht für Arbeitnehmer in Betrieben, die zehn oder weniger Arbeitnehmer haben, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31.12.2003 begonnen hat, § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG. Dies gilt seit dem 1.1.2004 durch die Einführung einer neuen Regelung im Rahmen des Gesetzes zu den Reformen am Arbeitsplatz, die bei der Anwendung des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses differenziert.

 

Gerechtfertigt wird die Schlechterstellung gegenüber Arbeitnehmer in größeren Betrieben dadurch, dass in Kleinbetrieben eng persönlich zusammengearbeitet wird und die Betriebe wirtschaftlich sowie verwaltungsmäßig nicht so hoch belastbar sind. Das Bundesverfassungsgericht - 27.1.1998, Az. 1 BvL 15/87) hält die "kündigungsrechtliche Schlechterstellung" für vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Da dies allerdings nicht für einzelne Teile größerer Unternehmen gelten kann, ist der Begriff "Betrieb" in § 23 Abs. 1 KSchG als "Arbeitgeber" auszulegen, so dass es keine Kleinbetriebe in Großunternehmen außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes geben kann.

 

Für die Berechnung der Arbeitnehmerzahl in einem Betrieb sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer mitzuzählen, die in einem wirksamen Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber stehen. Davon ausgenommen sind nur Auszubildende und Umschüler. Auch Praktikanten und Volontäre sind dann nicht mitzurechnen, wenn bei ihnen der Erwerb beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten im Vordergrund steht und nicht die Arbeitsleistung.

 

Teilzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 20 Stunden sind bei der Berechnung mit 0,5 zu berücksichtigen, Teilzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 30 Stunden mit 0,75.

 

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass mehr als fünf bzw. zehn Arbeitnehmer in dem Betrieb zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beschäftigt sind, trägt der Arbeitnehmer. Die Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht zu hoch sein. Dies führt zu einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitnehmer genügt den Anforderungen, wenn er die entsprechende Anzahl der Arbeitnehmer schlüssig darlegt. Der Arbeitgeber muss dann im Einzelnen darlegen, dass die Grenzen nach § 23 Abs. 1 S. 2 bzw. S. 3 KSchG noch nicht erreicht sind. Diese Verteilung der Beweislast ergibt sich daraus, dass der Arbeitnehmer in der Regel keine genauen Informationen über die Struktur des Betriebes hat.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat gerade die bisherige Rechtsprechung bestätigt und mit seinem Urteil vom 26.6.2008 - Ar. 2 AZR 264/07 - eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München aufgehoben, bei dem das Landesarbeitsgericht zu hohe Anforderungen an den Vortrag der Klägerin gestellt hatte. Diese hatte mit ihrer Klage geltend gemacht, dass ihre Kündigung unwirksam sei, denn die Beklagte sei aufgrund einer Arbeitnehmerzahl von 14 Personen kein Kleinbetrieb und daher eine Kündigung müsse nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt sein sei. Das Landesarbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen.

 

Bleibt aber beim gerichtlichen Streit unklar, ob die für den Kündigungsschutz erforderliche Beschäftigungszahl erreicht ist, geht dies zu Lasten des Arbeitnehmers.

  

Rechtsanwalt / Avvocato

Dott. Francesco Senatore


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