Einschlafen als Kündigungsgrund?

Einschlafen als Kündigungsgrund?
25.01.2015268 Mal gelesen
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln vom 19.11.2014 - wonach das Einschlafen einer Zugbegleiterin im Dienst die ausgesprochene Kündigung nicht rechtfertigt - ist rechtskräftig. Die beklagte Bahngesellschaft hat keine Berufung gegen die Entscheidung eingelegt, wie das LAG Köln mitteilt.

Einschlafen im Dienst ist kein Kündigungsgrund.

Dies entschied die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Köln unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts. Die wegen Einschlafens im Dienst gekündigte Zugbegleiterin der Deutschen Bahn Barbare M. muss daher weiterbeschäftigt werden (Aktenzeichen 7 Ca 2114/14 - Pressemitteilung des Arbeitsgericht Köln Nr. 6/2014).
Die 30 jährige Zugbegleiterin war bereits zuvor drei mal abgemahnt worden, darunter 2 Abmahnungen wegen "Verschlafens des Dienstbeginns". Das Arbeitsgericht begründet die Unwirksamkeit der Kündigung damit, dass die Abmahnungen und der nun herangezogene Kündigungsgrund qualitativ verschieden seien; im Übrigen sei die Arbeitnehmerin krank gewesen und habe nur deswegen schlafen müssen, weil sie krank gewesen sei.
"Klingt komisch, ist aber so.", würde Peter Lustig sagen. Heißt: Die Entscheidung ist arbeitsrechtlich durchaus richtig, jedenfalls gut vertretbar und war daher nicht besonders gefährdet, im Fall einer Berufung gegen das Urteil aufgehoben zu werden. Dies hat die Bahn offenbar eingesehen und keine Berufung eingelegt.

http://www.lag-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/index.php

Vorliegend ist zu beachten, dass die Dame aus der Perspektive des Human Capital Managements sicher nicht zu den Gold-Nuggets gehört. Nach Akten- und Berichterstattungslage hat die Dame ein veritables Motivationsproblem und/oder gesundheitliche Probleme. Schlecht für sie, noch schlimmer für die Bahn und ihre Kunden.

Zurück zum Arbeitsrecht: Der gesunde Menschenverstand hat im Gerichtssaal der Arbeitsrichter im Prinzip nichts zu suchen, ist allenfalls ein geduldeter Beobachter. Arbeitsrechtlich ist die Lage relativ einfach: Ein Verstoß gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag (hier: schlafen statt arbeiten) berechtigt nur dann zur Kündigung, wenn der Pflichtverstoß schuldhaft erfolgt und zuvor abgemahnt worden ist. Hinterher folgt dann noch die große Verhältnismäßigkeitsabwägung, wessen Interesse jetzt überwiegt. Das alles folgt aus § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz).

Zurück zur Zugbegleiterin Barbara: Die 3 Abmahnungen als solche bringen dem Arbeitgeber gar nichts, solange sie nicht "einschlägig" sind, also einen identischen Pflichtverstoß betreffen wie den, wegen dessen nun gekündigt wird. 
Barbara ist wegen Schlafens im Dienst gekündigt worden. Dies ist - im Normalfall - wenn auch keine Arbeitsverweigerung, so doch ein Unterlassen dessen, was geschuldet wird (arbeiten), und damit ein Pflichtverstoß. Schuldhaft war dies vorliegend (wohl) nicht, da die Dame schon arbeitsunfähig (vulgo: krank) zum Dienst erschien und damit rechtmäßig gar nicht zu arbeiten brauchte. Sie hatte sich zudem vor dem Erschöpfungspäuschen bei den Kollegen gemeldet und ihre Not angezeigt. Damit fehlt es an einem relevanten Pflichtverstoß, trotz des sportlichen Aufhängers "Schlafen im Dienst".

Der Teufel liegt wie immer im Detail. Schon wieder Pech für die Deutsche Bahn.