Bundesarbeitsgericht aktuell: Abgrenzung zwischen Arbeits- und Werkvertrag

Bundesarbeitsgericht aktuell: Abgrenzung zwischen Arbeits- und Werkvertrag
02.10.2013305 Mal gelesen
Der Beitrag stellt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 2013 - 10 AZR 282/12 anhand der bislang vorliegenden Presseerklärung dar.

1. Sachverhalt

Im vorliegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis oder ein Werkvertrag besteht. Der Kläger war für den Beklagten mit Unterbrechungen seit 2005 auf der Grundlage von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen tätig geworden. Im letzten Vertrag vom 23. März/1. April 2009 hatte er im Rahmen des Nachqualifizierungs- und Revisionsprojekts des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und nachzuqualifizieren. Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden. Der Kläger besaß keinen Schlüssel zu diesen Dienststellen. Er arbeitete regelmäßig von 7:30 Uhr bis 17:00 Uhr, wobei ihm über einen zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung der Zugang zu den Eingabemasken ermöglicht wurde. Der Termin zur Fertigstellung der vereinbarten Leistungen wurde anhand der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert und auf den 30. November 2009 festgelegt. Dem Kläger war gestattet, die Vergütung i.H.v. 31.200 Euro inkl. MwSt. nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in Einzelbeiträgen von 5.200 Euro abzurechnen.


2. Die Entscheidung des BAG

Die Vorinstanzen haben entschieden, dass zwischen den Parteien nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Revision des Beklagten blieb vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Das BAG führt hierzu aus, dass bereits die Gestaltung des "Werkvertrags" erkennen lasse, dass nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet werde. Daher sei die Würdigung des Landesarbeitsgerichts (Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 23. November 2011 - 5 Sa 575/10), die Kumulation und Verdichtung der Bindung des Klägers sei in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Unternehmer werde durch einen Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags sei die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Gegenstand eines Dienstvertrags sei dagegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeitsverhältnis werde die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, d.h. in persönlicher Abhängigkeit geleistet. Welches Rechtsverhältnis vorliege, sei anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Sofern sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung widersprechen, sei letztere maßgebend, so das BAG. 

3. Kommentar

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts überrascht keineswegs, da sie die bisherige Rechtsprechungslinie fortführt, insbesondere soweit das BAG auf den Vorrang der tatsächlichen Durchführung des Vertrags abstellt. Allerdings ist der Begründungsansatz des Gerichts (zumindest laut der bislang vorliegenden Presseerklärung) insofern nicht unproblematisch, da das BAG für die Abgrenzung zwischen Arbeits- und Werkvertrag u.a. darauf abstellt, dass bei einem Arbeitsverhältnis die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden geleistet werde. Hierbei ist zu bedenken, dass auch der Werkbesteller Anweisungen für die Erstellung eines Werkes erteilen kann. Es kommt also darauf an, das werkvertragliche Weisungsrecht einzelfallbezogen von Weisungen arbeitsvertraglicher Art abzugrenzen. Hierfür gilt: Ist die Weisung ausschließlich auf die zu erbringende Werkleistung beschränkt, spricht dies nicht gegen das Vorliegen eines Werkvertrags. Werden jedoch arbeitsvertragliche Weisungen gegeben, also erst der Gegenstand der Werkleistung bestimmt oder auch persönlich bindende Weisungen erteilt, die den Einsatz und die Arbeit unmittelbar und bindend organisieren, spricht dies für das tatsächliche Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses oder ggf. einer Arbeitnehmerüberlassung (vgl. Preis in: ErfK z. ArbeitsR, § 611 BGB Rn. 14).

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