Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses als reiner Geldanspruch

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses als reiner Geldanspruch
12.06.2013895 Mal gelesen
Während der dauerhaften krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unterliegen Urlaubsansprüche im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Ansicht des Arbeitsgerichts Ulm weder der gesetzlichen Verjährung noch einer tariflichen Ausschlussfrist.

Ein 1951 geborener Arbeitnehmer war seit 1975 beschäftigt. Ihm war mit Bescheid der LVA Baden-Württemberg vom 17. August 2005 ab dem 1. Februar 2004 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bis zunächst 31. Dezember 2006 gewährt worden. Der Rentenbescheid vom 18. September 2009 wurde dem Erwerbsunfähigkeitsrentner im September 2009 zugestellt. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des Monats September 2009.

Am 2. November 2009 verklagt unser Erwerbsunfähigkeitsrentner seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2003 (!)

Er habe noch Anspruch auf Abgeltung seines gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs aus dem Kalenderjahr 2003. Dieser belaufe sich auf 20 Werktage, da er bei seinem Arbeitgeber eine 5-Tage-Woche gehabt habe. Der Urlaubsabgeltungsanspruch berechne sich wie folgt:

2.300,00 EUR brutto : 30 Tage = 76,67 EUR brutto/Tag x 20 Tage = 1.533,40 EUR brutto.

Diese 1.533,40 € brutto macht er klagweise geltend.

Sein ehemaliger Arbeitgeber meint, ein möglicher Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei jedenfalls verjährt.

Das Arbeitsgericht Ulm gab seiner Klage statt.

Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch sei nicht befristet, wenn der Arbeitnehmer dauernd arbeitsunfähig ist. Der Mindesturlaub sei bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses  abzugelten.

Es sei davon auszugehen, dass der Erwerbsunfähigkeitsrentner mindestens seit dem 1. Februar 2004 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt war. Diese Annahme rechtfertige sich aus der Feststellung seiner vollen Erwerbsminderung. Zwar deckten sich die Begriffe der Erwerbsminderung und der Arbeitsunfähigkeit nicht. Wenn jedoch eine Arbeitsunfähigkeit in den Rentenbezug wegen voller Erwerbsminderung münde, sei regelmäßig indiziert, dass die Arbeitsunfähigkeit fortbestanden habe.

Es sei weiter davon auszugehen, dass sein Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2003 gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in das Jahr 2004 übertragen worden sei.

Schließlich sei der Urlaubsabgeltungsanspruch weder verjährt, noch verfallen.

Der Arbeitgeber könne sich nicht darauf berufen, der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2003 sei zum Zeitpunkt der Klagerhebung bereits verjährt gewesen. Während der dauerhaften krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unterliegen Urlaubsansprüche im bestehenden Arbeitsverhältnis keiner Verjährung.

Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist sei die Fälligkeit des Anspruchs. Die Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen könne. Während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers könne der Urlaub nicht erfüllt werden. Der Urlaubsanspruch ist mithin nicht fällig. Die Verjährungsfrist für den Urlaubsanspruch im bestehenden Arbeitsverhältnis könne somit während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht in Lauf gesetzt werden.

Auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung im beendeten Arbeitsverhältnis sei nicht verjährt. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entstehe mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als reiner Geldanspruch. Er ist ab diesem Zeitpunkt fällig und die gesetzliche Verjährungsfrist beginne ab diesem Zeitpunkt, also ab dem 30. September 2009 an, zu laufen.

Bei Einreichung der Klage am 4. November 2009 war daher die Verjährungsfrist offensichtlich noch nicht abgelaufen.

Abschließend bemerkt das Gericht noch so nebenbei, dass unser Erwerbsunfähigkeitsrentner eigentlich einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 24, statt nur für 20 Tage hat. Das Gericht dürfe ihm aber nach dem Gesetz nicht mehr zusprechen, als er beantragt habe.

 

(Quelle: Arbeitsgericht Ulm, Urteil vom 16.09.2010;  5 Ca 563/09)

 

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