Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung

Arbeit Betrieb
04.08.2010 6770 Mal gelesen

Eine betriebsbedingte Kündigung basiert regelmäßig auf der Prognose des Arbeitgebers, den gekündigten Mitarbeiter nicht mehr weiterbeschäftigen können. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer solchen Kündigung kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. Nachträglich eintretende Umstände, etwa eine unerwartete Verbesserung der Auftragssituation, berühren demzufolge die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung nicht. Stellt sich allerdings noch während des Laufs der Kündigungsfrist heraus, dass der von der Kündigung betroffene Arbeitsplatz neu eingerichtet werden muss, so hat der gekündigte Mitarbeiter unter Umständen trotz der wirksamen Kündigung einen Anspruch auf Wiedereinstellung. Ein solcher Wiedereinstellungsanspruch, für den es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung gibt, wurde erstmals 1997 durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) für den Fall des Wegfalls des Kündigungsgrundes vor Ablauf der Kündigungsfrist anerkannt, und zwar unter der Voraussetzung, dass eine arbeitgeberseitige Kündigung vorliegt, die im Zeitpunkt ihrer Erklärung objektiv gerechtfertigt ist, deren Gründe sich jedoch im Laufe der Kündigungsfrist wegen veränderter Umstände als nicht mehr zutreffend erweisen und die Weiterbeschäftigung des gekündigten Mitarbeiters möglich und zumutbar werden lassen (BAG, Urteil vom 04.12.1997, Az.: 2 AZR 140/97). Umstritten ist, ob ein Anspruch auf Wiedereinstellung auch noch nach Ablauf der Kündigungsfrist gegeben sein kann. In seinem Urteil vom 06.08.1997 (Az.: 7 AZR 557/96) hat der 7. Senat des BAG hierzu festgestellt, dass ein Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist und erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Betrieb eine (anderweitige) Beschäftigungsmöglichkeit entsteht. Mit Ablauf der Kündigungsfrist seien die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nämlich beendet. Entsteht die Beschäftigungsmöglichkeit erst nach diesem Zeitpunkt, gebe es keine Rechtsgrundlage für eine Wiedereinstellungsverpflichtung des Arbeitgebers. Das gilt nach Auffassung des BAG selbst dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhoben hat und das Kündigungsschutzverfahren noch andauert (Vorinstanz: LAG Köln, Urteil vom 28.06.1996, Az.: 12 Sa 403/96). Diese Rechtsprechung hat das BAG durch sein Urteil vom 28.06.2000 (Az.: 7 AZR 904/98) noch einmal ausdrücklich bestätigt. In dieser Entscheidung heißt es wörtlich: "Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses enden auch die vertraglichen Interessenwahrungspflichten. Danach bestehen nur noch nachvertragliche Pflichten, die regelmäßig schwächer und allenfalls in besonderen Ausnahmefällen geeignet sind, einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen." Das BAG wies in der zuletzt genannten Entscheidung ergänzend darauf hin, dass einem etwaigen Wiedereinstellungsanspruch berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen können, etwa wenn der Arbeitgeber den in Betracht kommenden Arbeitsplatz bereits wieder besetzt neu hat. Außerdem könne auch ein vor dem Arbeitsgericht abgeschlossener Abfindungsvergleich dem Wiedereinstellungsanspruch entgegenstehen: Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich für den Verlust des mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Besitzstandes, so bringen sie damit nach Ansicht des BAG regelmäßig zugleich zum Ausdruck, das Arbeitsverhältnis nicht im Anschluss an seine Beendigung zu unveränderten Bedingungen fortsetzen zu wollen. Stellt sich also heraus, dass ein Arbeitsplatz nach Ablauf der Kündigungsfrist und nach Abschluss eines Abfindungsvergleiches aufgrund geänderter Umstände neu besetzt werden muss, so hat der gekündigte Arbeitnehmer in aller Regel keinen Anspruch auf Wiedereinstellung. Praxistipp für den Arbeitgeber: Zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und der Neubesetzung sollte eine gewisse Zeitspanne liegen, da andernfalls im Wege des Indizes davon ausgegangen werden könnte, dass die unternehmerische Entscheidung, die zur Wiedereinrichtung des Arbeitsplatzes geführt hat, bereits vor dem Ablauf der Kündigungsfrist getroffen wurde.

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