Ein Chefarzt eines Krankenhauses hat in einer Vielzahl von Fällen mit Patienten Herzschrittmacher-Implantationen als "Wahlleistungen" vereinbart, ohne diese dahingehend aufzuklären dass diese Operationen gar nicht von ihm als Chefarzt, sondern, wie üblich, von einem "Dr. P." durchgeführt werden sollen. Es sind alle Herzschrittmacher-Implantationen von Dr. P. erbracht worden, ohne dass es sich um einen Fall unvorhergesehener Stellvertretung gehandelt hat. Auch ist in keinem Fall eine schriftliche Vereinbarung mit irgendeinem Patienten dahingehend getroffen worden, dass die Chefarzt-OP von Dr. P. durchgeführt werden dürfe. Der Chefarzt hätte aus diesem Grunde in keinem Fall Wahlleistungen abrechnen dürfen, was er jedoch getan hat.
Das Krankenhaus hat ihm aus diesem Grunde die fristlose Kündigung ausgesprochen.
Der Chefarzt erhob hiergegen Kündigungsschutzklage, die vor dem Landesarbeitsgericht zurückgewiesen wurde.
Das Krankenhaus kann die außerordentliche Kündigung darauf stützen, dass der Chefarzt ärztliche Leistungen abgerechnet hat, zu deren Abrechnung er nach der Gebührenordnung für Ärzte nicht berechtigt war. Der vom Krankenhaus vorgetragene Sachverhalt des Abrechnungsbetruges bei den Herzschrittmacher-Implantationen ist an sich ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung. Bei insgesamt sieben Herzschrittmacher-Implantationen im Zeitraum April 2009 bis Oktober 2009 war Dr. P. als Operateur tätig. Der Chefarzt hat die vorgenannten Herzschrittmacherimplantationen als Wahlleistungen gegenüber den Patienten abgerechnet, obgleich die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben und damit einen Abrechnungsbetrug begangen. Die außerordentliche Kündigung verstößt auch nicht gegen das ultima-ratio-Prinzip. Danach komme eine außerordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind.
Schließlich bedurfte es vor der außerordentlichen Kündigung auch keiner vorhergehenden Abmahnung. Der Chefarzt hat planvoll und zielgerichtet gehandelt. Angesichts der Häufigkeit der falschen Abrechnungen liegt kein Flüchtigkeitsfehler oder ein einmaliger Ausrutscher vor. Der Chefarzt hat den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung beharrlich missachtet. Das Krankenhaus hatte den Chefarzt mit E-Mail vom 22. Juni 2010 und mit persönlichem Schreiben vom 25. Juni 2010 ausdrücklich auf die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung hingewiesen. Der Chefarzt ließ alle diese Hinweise unbeantwortet und unbeachtet.
Nach alledem ist seine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt
(Quelle: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 17.04.2013; 2 Sa 179/12
Vorinstanz: Arbeitsgericht Braunschweig Urteil vom 10.01.2012; 2 Ca 361/12)
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