Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) führte im Herbst 2010 einen Arbeitskampf in München mit dem Ziel, einen eigenen Tarifvertrag für die bei ihr gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer im öffentlichen Nahverkehr zu erstreiken. Ein Mitarbeiter der Münchner Verkehrsbetriebe zeichnete sich presserechtlich verantwortlich für verschiedene Flugblätter der GDL, in denen diese zum Streik aufgerufen hat. Unmittelbar vor Beginn des Streiks erlitt dieser Mitarbeiter einen Arbeitsunfall, wegen dessen Folgen er von seinem Arzt für längere Zeit arbeitsunfähig geschrieben wurde. Die Münchner Verkehrsbetriebe verweigerten dem Mitarbeiter für den Streikzeitraum trotz Arbeitsunfähigkeit die Entgeltfortzahlung.
Diese Entgeltfortzahlung, die der Höhe nach unstreitig war, versuchte der Mitarbeiter vor Gericht einzuklagen. Das Landesarbeitsgericht wies seine Klage ab.
Ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers, der durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ohne Verschulden an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, bestehe nur in dem Fall, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt darf nicht bereits aufgrund anderer Ursachen entfallen sein. Deshalb setzt der Entgeltfortzahlungsanspruch voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit auch einen Vergütungsanspruch gehabt hätte. Hätte der Arbeitnehmer ohne seine Arbeitsunfähigkeit keinen Vergütungsanspruch gehabt, weil er zum Beispiel an einem Streik teilgenommen hätte, fehlt diese Voraussetzung für seinen Entgeltfortzahlungsanspruch.
Der Arbeitgeber ist dafür beweispflichtig, dass der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit aus anderen Gründen keinen Vergütungsanspruch gehabt hätte. Dieser Beweis sei hier erbracht. Anders als bei einem normalen Gewerkschaftsmitglied oder auch einem nichtorganisierten Arbeitnehmer sei bei einem Streikführer der streikaufrufenden Gewerkschaft davon auszugehen, dass dieser sich auch selbst am Streik beteiligt hätte. Tatsächlich hat der Mitarbeiter auch nicht vorgetragen, dass er, wenn nicht arbeitsunfähig gewesen wäre, sich streikbrecherisch am Streik nicht beteiligt hätte.
Da der Mitarbeiter also ohne Arbeitsunfähigkeit keinen Entgeltfortzahlungsanspruch gehabt hätte, steht ihm dieser mithin auch nicht zu.
(Quelle: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 28.06.2012; 4 Sa 33/12
Vorinstanz: Arbeitsgericht München Urteil vom 30.11.2011; 5 Ca 528/11)
Benötigen Sie hierzu oder zu anderen arbeitsrechtlichen Themen weitere Informationen? Kommen Sie auf uns zu. Wir beraten Sie gerne. Bei allen Fragen im Arbeitsrecht, einschließlich solcher zum gesamten Bereich des Rechts der Vergütung, berät und vertritt die Himmelsbach & Sauer GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft in Lahr Arbeitgeber und Arbeitnehmer umfassend und kompetent.
Unsere Kontaktdaten:
Himmelsbach & Sauer GmbH
Rechtsanwaltsgesellschaft
Einsteinallee 3
77933 Lahr / Schwarzwald
Telefon: 07821/95494-0
Telefax: 07821/95494-888
E-Mail: kanzlei@himmelsbach-sauer.de
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage oder unserem Informationsportal Arbeitsrecht.