BAG: Attest schon am ersten Tag | Vorsicht ist angebracht

BAG: Attest schon am ersten Tag | Vorsicht ist angebracht
17.11.2012554 Mal gelesen
Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, bereits am ersten Krankheitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu fordern. Dieser Schuss kann nach hinten losgehen.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 4. November 2012 - 5 AZR 886/11 ist dies auch schon am ersten Krankheitstag möglich, und zwar ohne, dass ein begründeter Verdacht gegen den Arbeitnehmer bestehe, dass er in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht habe.. Eine tarifliche Regelung stehe dem nur entgegen, wenn sie das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausdrücklich ausschließe.

Leider häufig rechtswidrige Gefälligkeitsatteste

Gefälligkeitsatteste sind traurige, aber gängige Praxis der Ärzte. Aus unserer Beratungspraxis ist uns bekannt, dass Ärzte sich die Krankenkassenkarte auch außerhalb von Versicherungsfällen zur Abrechnung vorbeibringen lassen. Als Gegenleistung schreibt man Patienten dann ab und zu krank, oft wird der Patient sogar gefragt, wie lange er denn krankgeschrieben werden wolle. Was dies für Arbeitgeber bedeutet, scheint dabei vollkommen egal zu sein.

Wie kann sich der Arbeitgeber wehren?

Ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind Privaturkunden. Der Beweis des ersten Anscheins spricht für Ihre inhaltliche Richtigkeit. Der Arbeitgeber muss den Beweis des ersten Anscheins nicht widerlegen. Es ist ausreichend, wenn er Tatsachen vorträgt, die den Beweis des ersten Anscheins erschüttern. Begründen diese Tatsachen ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, liegt volle Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit erneut beim Arbeitnehmer.

Gemäß § 275 Abs. 1 Nr. Buchst b) SGB V hat der Arbeitgeber das Recht, von der Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der KV zur Überprüfung von begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu verlangen.

Fazit

Wer als Arbeitgeber bereits für den 1. Krankheitstag ein ärztliches Attest fordert, handelt rechtmäßig. Sofern die Annahme des "Blaumachens" zutrifft, wird es sich um ein Gefälligkeitsattest handeln. In diesem Fall kann es passieren, dass der Arbeitnehmer die ganze Woche wegbleibt. Wenn schon, denn schon.

 

Bei arbeitsrechtlichen Problemen stehen wir Ihnen als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Schwäbisch Gmünd gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Matthias Hechler, M.B.A.

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