§ 35a - Eingliederungshilfe für Jugendliche - Fortsetzung der Hilfe nach Vollendung des 27. Lebensjahres in der bisherigen Einrichtung

Arbeit Betrieb
11.05.2012595 Mal gelesen
Kinder- und Jugendhilfe wird nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres geleistet. Sie dient der Verselbständigung und eigenständigen Lebensführung. Wenn der junge Mensch das 27. Lebensjahr vollendet und der Hilfebedarf weiterbesteht, ist die Hilfe auf Sozialhilfe umzustellen.

Das gleiche gilt, wenn sich im Laufe des Hilfeprozesses noch vor Vollendung des 27. Lebensjahres zeigt, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann, weil der  Hilfebedarf voraussichtlich auf längere Zeit bestehen bleibt. 

Wenn die Jugendhilfeeinrichtung nur mit Jugendämtern aber nicht mit den Sozialhilfeträgern Leistungsvereinbarungen abgeschlossen hat, wird u.U. ein Einrichtungswechsel gefordert. Für Hilfeempfänger kann dies ein harter Eingriff sein. Die Frage ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn sich der junge Mensch in der Einrichtung eingelebt und dort seine sozialen Kontakte aufgebaut hat. Die Aufrechterhaltung dieser Kontakte ist ein wichtiger Teil des Hilfeprozesses. Der Wechsel aus einer vertrauten in eine neue Einrichtung kann diesen Prozess u.U. empfindlich stören. Die Kostenträger nehmen auf solche Interessen mitunter wenig Rücksicht.

In einem Urteil vom 24.04.2012 hat das Sozialgericht Detmold entschieden, dass der Kostenträger den Einrichtungswechsel nicht willkürlich fordern darf, sondern unter bestimmten Voraussetzungen die Hilfe auch nach Vollendung des 27. Lebensjahres in der bisherigen Einrichtung fortsetzen muss. Die Hilfe muss sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles richten. Wünschen des Hilfeberechtigten ist zu entsprechen, wenn sie angemessen sind. Bei stationärer Hilfe ist auf die Wünsche Rücksicht zu nehmen, wenn die Hilfe in einer bestimmten Einrichtung erforderlich ist. In dem entschiedenen Fall hatte der junge Mann seinen Lebensmittelpunkt mit sozialen Kontakten in der bisherigen Einrichtung gefunden, war dort voll integriert und sogar einen Arbeitsplatz. Das Gericht sah keinen Grund, dieses Integrationsergebnis zu gefährden. Die Interessen des Klägers seien deshalb vorrangig vor den finanziellen Interessen des Kostenträgers an einem Wechsel der Einrichtung zu bewerten.

Sozialgericht Detmold - U.v. 24.04.2012 - 2 SO 72/12

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