Der leitende Angestellte

Der leitende Angestellte
15.12.20111051 Mal gelesen
Im Arbeitsrecht gibt es keinen einheitlichen Begriff des leitenden Angestellten. Dennoch kommt ihnen im Unternehmen eine exponierte Stellung zu, da sie bestimmte Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen. An zahlreichen Stellen tragen Gesetzgeber und Rechtsprechung dieser besonderen Position Rechnung.

1. Einleitung

Leitende Angestellte sind eine besondere "Spezies". Sie heben sich auf Grund ihrer herausgehobenen Stellung vom "normalen" Arbeitnehmer ab und zeichnen sich durch eine besondere Nähe zum Arbeitgeber aus. Was macht also ihre rechtliche Stellung aus? Welche besonderen Regelungen existieren für leitende Angestellte? Der folgende Beitrag möchte zu diesen Fragen einen - kurzen - Überblick geben.

2. Der Begriff des leitenden Angestellten

Ein "echter" leitender Angestellter ist nur, wer die gesetzlichen Kriterien erfüllt. Diese fallen je nach der Verwendung des Begriffes im Gesetz unterschiedlich aus. Eine einheitliche Definition des leitenden Angestellten existiert bislang nicht.

a) Leitender Angestellter i.S.d Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG):

In § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG findet sich eine Definition. Leitender Angestellter ist danach, wer eine eigenständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis hat (Nr. 1), oder Generalvollmacht bzw. Prokura hat, die im Verhältnis gegenüber dem Arbeitgeber nicht unbedeutend ist (Nr. 2) oder regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für Bestand und Entwicklung zumindest eines Betriebes bedeutsam sind und die besondere Fachkenntnisse erfordert und dem Arbeitnehmer eine im wesentlichen weisungsfreie Entscheidung ermöglicht (Nr. 3).

Ungenügend ist die bestehende Einstellungs- und Entlassungsbefugnis, wenn diese sich nur auf eine geringe Anzahl oder eine untergeordnete Personengruppe bezieht.

§ 5 Abs. 3 S.2 Nr. 3 BetrVG erfordert eine umfassende Bewertung der Stellung des Arbeitnehmers: Herausragende Stellung, Kompetenzen, Kenntnisse und Befugnisse müssen denjenigen eines leitenden Angestellten vergleichbar sein.

In der Praxis kommt der Regelung des § 5 Abs. 4 BetrVG jedenfalls kaum eine eigentständige Bedeutung zu. Die Regelung hat lediglich Indizcharakter und begründet keine gesetzliche Vermutungsregel, vgl. Koch in: Erfurter Kommentar, § 5 BetrVG, Rn. 23.

b) Leitender Angestellter i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)

Nach § 14 Abs. 2 KSchG ist derjenige leitender Angestellter, der einem Geschäftsführer oder Betriebsleiter ähnlich ist, mithin unternehmerische Führungsaufgaben wahrnimmt.

Die Formulierung "Geschäftsführer" ist hierbei untechnisch zu verstehen, weil der Geschäftsführer bereits von § 14 Abs. 1 KSchG umfasst  wird. Betriebsleiter ist, wer im Betrieb die Vorgesetztenstellung ausübt. "Ähnliche leitende Angestellte" müssen daher dem Geschäftsführer bzw. Betriebsleiter vergleichbar sein, insbesondere die Befugnis zur selbständigen Einstellung und Entlassung haben. Die Voraussetzungen sind daher weiter als im BetrVG. Eine kumulative Einstellungs- und Entlassungsbefugnis ist gerade nicht erforderlich. Jedoch ist nach dem KSchG erforderlich, dass die Personalkompetenz einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen muss.

Auf den Begriff des leitenden Angestellten in anderen Gesetzen soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.

c) Mitbestimmung im Betrieb

Leitende Angestellte sind von der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung ausgeschlossen. Interessenausgleiche, Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne geltend für sie also nicht. Ihre Interessen werden vom Sprecherausschuss wahrgenommen, § 1 Abs. 1 Sprecherausschussgesetz (SprAuG), der jedoch nur in Betrieben mit mehr als zehn leitenden Angestellten gebildet wird. Allerdings sind die Beteiligungsrechte des Sprecherausschusses wesentlich schwächer als die des Betriebsrates. Vor dem Ausspruch einer Kündigung leitender Angestellter ist der Sprecherausschuss jedoch zu hören. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam, § 31 Abs. 2 S. 3 SprAuG.

d) Erhöhte Anforderungen an die Pflichten des leitenden Angestellten

Der leitende Angestellte ist in besonderem Maß zu Rücksichtnahme und Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber verpflichtet. Folgerichtig ist der Beurteilungsmaßstab bei verhaltensbedingten Vertragsverletzungen strenger als bei "normalen" Arbeitnehmern. Daher können manche Verhaltensweisen bei leitenden Angestellten bereits eine Kündigung rechtfertigen, die bei einem anderen Arbeitnehmer lediglich für eine Abmahnung ausreichen dürfte.

e) Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz findet gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG)keine Anwendung auf leitende Angestellte. Die leitenden Angestellten unterliegen daher nicht den Beschränkungen dieses Gesetzes. Allerdings fällt hierdurch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die Gesundheit der Mitarbeiter - auch diejenige der leitenden Angestellten - zu erhalten, keineswegs weg.

3. Fazit

Nicht immer handelt es sich also bei einem als "leitenden Angestellten" bezeichneten Mitarbeiter tatsächlich um einen solchen im Rechtssinn. Quer durch nahezu alle Sparten der Wirtschaftsunternehmen bezeichnen sich Angestellte in Führungspositionen als sog. "leitende Angestellte". Welche Kriterien jedoch erfüllt werden müssen, wie unterschiedlich der Gesetzgeber diesen Begriff versteht und ob es nicht vielleicht vorteilhafter sein könnte, einen einheitlichen Begriff des "leitenden Angestellten" gesetzlich zu verankern, darüber dürfte wohl auch zukünftig kontrovers zu diskutieren sein.

Wir beraten und vertreten Arbeitgeber in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, kennen die "Fallstricke" und erarbeiten unternehmenszielorientierte Lösungen. Überzeugen Sie sich von unserer anwaltlichen Dienstleistung im Arbeitsrecht.

Ansprechpartner: Dr. Alexander Pfohl, LL.M., Rechtsanwalt, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover