Urlaubsabgeltung für Beamte: Bahnt sich eine neue Entwicklung an? Verwaltungsgericht Frankfurt/Main fordert Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes

Arbeit Betrieb
06.11.20102164 Mal gelesen
Im deutschen Beamtenrecht gilt der Grundsatz, dass nicht genommener Urlaub nicht ausgezahlt wird. Möglicherweise kommt Bewegung in die Lage.

Denn der Europäische Gerichtshof war in einem Vorabentscheidungsurteil vom 20. Januar 2009 (Schultz-Hoff gegen Deutsche Rentenversicherung Bund, C?350/06) zu dem Ergebnis gekommen, "dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines Übertragungszeitraums nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte."

Pressemitteilung des EuGH Nr. 4/09 vom 20.01.2009

Urteil vom 20.01.2009 (verbundene Rechtssachen C-350/06 und C-520/06)

Mehrere deutsche Verwaltungsgerichte haben sich inzwischen mit der Frage beschäftigt, ob dieses Urteil auch auf das deutsche Beamtenrecht übertragen werden muss. Die Ergebnisse sind unterschiedlich:

  • Das Verwaltungsgericht Berlin hatte in einem Urteil vom 10.06.2010 entschieden, dass einer Beamtin  "in unmittelbarer Anwendung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Amtsblatt der Europäischen Union L 299 vom 18. November 2003, Seite 9 ff.) die finanzielle Abgeltung des nicht verjährten Mindestjahresurlaubs von vier Wochen zusteht, soweit sie im jeweiligen Jahr nicht bereits Erholungsurlaub hatte, in anteiliger Höhe ihres Gehalts zur Zeit des Eintritts in den Ruhestand."  10.06.2010, 5 K 175.09, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE100063581&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10
  • Das Verwaltungsgericht Hannover hält die Entscheidung des EuGH dagegen grundsätzlich für nicht übertragbar. VG Hannover 15.10.2009, 13 A 2003/09 http://www.dbovg.niedersachsen.de/Entscheidung.asp?Ind=05200200900200313 A&Style=PRN
  • Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main hält die Entscheidung des EuGH zwar ebenfalls für übertragbar, sah sich zu einer eigenen Entscheidung jedoch noch nicht in der Lage und legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vor: Wörtlich: "Zwar kennt das Beamtenrecht keinen § 7 Abs.4 BUrlG vergleichbaren, für Beschäftigte im Arbeitsverhältnis vorgesehenen Abgeltungsanspruch. In diesem Fall muss jedoch unmittelbar auf die Anspruchsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG zurückgegriffen werden, um den Vorrang des Unionsrechts zu wahren." 25.06.2010, 9 K 836/10.F: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/d3n/page/bslaredaprod.psml?action=controls.jw.PrintOrSaveDocumentContent&case=save

Was ist zu tun:  Ein Zahlungsanspruch muss zeitnah geltend gemacht werden. Die Verwaltungsgerichte verlangen in der Regel, dass der Anspruch auf amtsangemessene Besoldung über die im Gesetz vorgeschriebene Höhe hinaus zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres geltend gemacht werden muss.Betroffene Beamte sollten also schon jetzt, ohne den Ausgang des Verfahrens vor dem EuGH abzuwarten, einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung stellen, um ihre Rechte zu sichern.

 

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