WALDORF FROMMER: Tauschbörsenverfahren vor dem AG Oldenburg – Nachforschungen sind auch im Familienverbund zumutbar und erforderlich

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16.05.201734 Mal gelesen
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen.

WALDORF FROMMER: Amtsgericht Oldenburg - Nachforschungen sind auch im Familienverbund zumutbar und erforderlich. Der bloße Verweis auf eine zum Tatzeitpunkt bestehende Zugriffsmöglichkeit weiterer Familienmitglieder genügt daher nicht.

Amtsgericht Oldenburg vom 30.03.2017, Az. 4 C 4486/16 (VI)

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen.

Die vor dem Amtsgericht Oldenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte eine eigene Verantwortlichkeit für den illegalen Upload eines Filmwerks bestritten und darauf verwiesen, zur damaligen Zeit über keinen eigenen Computer verfügt zu haben. Tauschbörsen seien ihr allgemein nicht bekannt gewesen. Im Übrigen seien ihr Ehemann, ihr volljähriger Sohn sowie dessen Freundin, welche selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten, zum Verletzungszeitpunkt zuhause gewesen. Eine Tatbegehung hätten jedoch alle auf Nachfrage abgestritten. Auf die Ausführungen der Klägerin zu ihrer Aktivlegitimation, den Ermittlungen der Rechtsverletzung und der Zuordnung zum Internetanschluss der Beklagten hatte sie sich mit Nichtwissen erklärt.

Das Amtsgericht Oldenburg bestätigte zunächst, dass ein einfaches Bestreiten mit Nichtwissen angesichts substantiierter Ausführungen nicht geeignet ist, die Aktivlegitimation, die Ermittlungen und die Zuordnung streitig zu stellen.

Weiterhin führte das Amtsgericht Oldenburg aus, dass es einem Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast obliege, konkret zur Situation im Verletzungszeitpunkt vorzutragen und darzulegen, wer als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. In diesem Umfang sei ein Anschlussinhaber zu Nachforschungen innerhalb der eigenen Sphäre verpflichtet. Der Verweis auf die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs weiterer Anschlussnutzer genüge daher nicht.

Diese Grundsätze gälten auch bei Familienanschlüssen. Zwar seien auf Seiten eines Anschlussinhabers die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtscharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, die das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlicher Beeinträchtigung schützten. Im Gegenzug sei auf Seiten der Rechteinhaber jedoch zu beachten, dass auch deren "urheberrechtliche Position unter den grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta und des Art. 14 Abs. 1 GG fällt".

Dieser "Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger [ist] nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine widerstreitende Rechtsposition bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren.

Unter Beachtung dieser Grundsätze sei die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Insbesondere seien ihr konkrete Angaben zur Situation im Verletzungszeitpunkt zumutbar gewesen. Insoweit sei "bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass es aufgrund des in der Anspruchsbegründung, enthaltenen Vorwurfs zu Nachforschungen und Gesprächen innerhalb der Familie der Beklagten über die Situation im Verletzungszeitpunkt gekommen ist. Warum es angesichts dessen jetzt nicht mehr möglich ist, näher vorzutragen, hat sie [die Beklagte] nicht dargelegt.

Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamtenKosten des Rechtsstreits.

 

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