Internetrecht: Rechtssichere Widerrufsbelehrung - Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) als Allheilmittel gegen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen ?

Abmahnung Filesharing
16.10.20091839 Mal gelesen
Im Fernabsatz, wozu auch der Internetversandhandel zählt, steht Verbrauchern ein gesetzlich vorgeschriebenes Widerrufsrecht zu, über das Anbieter zu belehren haben.
Diese Widerrufsbelehrung bietet nach wie vor den Nährboden für viele wettbewerbsrechtliche Abmahnungen gegen Onlinehändler.
Hierzu gab es bereits 2002 eine Musterwiderrufsbelehrung des BMJ, die seitens der Rechtsprechung jedoch zerpflückt wurde und Onlinehändler, trotz deren Verwendung, Abmahnungen erfolgreich aussetzte.
Zwar sollte aufgrund einer Neufassung der Musterwiderrufsbelehrung des BMJ Rechtssicherheit eintreten, ob dies tatsächlich der Fall war und ist, bleibt fraglich.
Am 01.04.2008 trat die neue Fassung der Musterwiderrufsbelehrung in Kraft. Damit sollte weitgehend den Bedenken der hierzu ergangenen Rechtsprechung Sorge getragen werden, die in der Neufassung verarbeitet wurden. Allerdings blieben mehrere Aspekte dieser Rechtsprechung darin unberücksichtigt. Aufgrund des Umstands, dass derzeit im Internetrecht der fliegende Gerichtsstand (die beliebige Anrufung jeden Gerichts im Bundesgebiet) noch weitgehend durch die Rechtsprechung getragen wird, ist der oft erteilte Rat, die Musterwiderrufsbelehrung zu verwenden, um in die Vermutungsfiktion (wie in der BGB-Informationspflichtenverordnung ausdrücklich enthalten) der ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung zu gelangen, wenig geeignet, um absolute Rechtssicherheit zu erreichen.
Denn es ist nicht voraussehbar bei welchem Gericht (dessen Bedenken eben nicht berücksichtigt wurden) eine Klage oder einstweilige Verfügung eingereicht wird, die aus diesen Gründen dann Erfolg haben würde.
So ist die Neufassung der Musterwiderrufsbelehrung (im Rahmen der BGB-Informationspflichtenverordnung) wiederum nur in Form einer Verordnung und nicht in Gesetzesform ergangen. Dies beseitigt deshalb nicht die weiterhin bestehende Möglichkeit, dass die Verordnung durch ein Gericht (wie in der Vergangenheit vor dem 01.04.2008 bereits geschehen) für unwirksam erklärt wird, was bei einem Gesetz nicht möglich ist.
Zwar ist inzwischen das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht verabschiedet worden, welches die Musterwiderrufsbelehrung in Gesetzesform enthält, allerdings tritt dieses Gesetz erst am 11.06.2010 in Kraft, soweit es die Widerrufsbelehrung betrifft.
Zudem ist fraglich, ob aufgrund einer kürzlich vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) ergangenen Entscheidung zum Widerrufsrecht, die derzeitige Form der Musterwiderrufsbelehrung noch aufrecht zu erhalten ist.
Somit bleibt festzustellen, dass durch die Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung derzeit keine absolute Rechtssicherheit zu erreichen ist. Es bleibt vielmehr dabei, bis zum Inkrafttreten der Musterwiderrufsbelehrung in Gesetzesform am 11.06.2010, sämtliche Aspekte, die sich durch die Rechtsprechung ergeben haben, bei der Fassung der Widerrufsbelehrung einzuarbeiten.
Allerdings kann bereits jetzt gesagt werden, dass in diese Thematik auch mit Inkrafttreten der Musterwiderrufsbelehrung in Gesetzesform am 11.06.2010 keine Ruhe einkehren wird. Aufgrund einer Entscheidung des EuGH ist fraglich, ob die derzeitige Fassung (die in diesem Punkt in der Gesetzesform übernommen wurde) mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. 
Licht am Ende des Tunnels ist in Form eines EU-Richtlinienvorschlags zu sehen. Danach soll die Widerrufsbelehrung ganz abgeschafft und durch ein einheitliches Widerrufsformular ersetzt werden. Bis zur endgültigen Umsetzung, die zeitlich noch nicht absehbar ist, bleibt das Thema für Onlinehändler jedoch brisant.
 
Rechtsanwalt
Mathias Lang, LL.M.
Fachanwalt für IT-Recht
 
Speyer
 
www.ra-mathias-lang.de