Beamtenrecht – Deutsche Telekom AG – Beförderungsrunde 2015 – aktuelle Rechtsprechung

Staat und Verwaltung
07.11.2015939 Mal gelesen
Wie schon bei der voraufgegangenen Beförderungsrunde 2012 haben sich erneut viele Beamte gegen ihre Nichtberücksichtigung vor den Verwaltungsgerichten zur Wehr gesetzt.

Mittlerweile liegen einige Entscheidungen vor. Der Tenor der Entscheidungsgründe betrifft in der Regel die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilungen der unterlegenen Konkurrenten. Dabei stehen drei Aspekte im Vordergrund:

Wahrnehmung eines höherwertigen Dienst-/Arbeitspostens: Dies betrifft vor allem, aber nicht ausschließlich, Beamte, die im Rahmen von Beurlaubungen bei Tochterunternehmen der DTAG im Anstellungsverhältnis tätig sind. Häufig ist der Arbeitsposten der beurlaubten Beamten deutlich höher bewertet, als das beamtenrechtliche Statusamt, mitunter sogar bis zu fünf Stufen. Für diese Konstellation hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in zwei Entscheidungen vom 18.06.2015 folgende Marschroute vorgegeben:

Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beamter, der jahrelang die Aufgaben eines Dienst-/Arbeitspostens, der einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist, als sie seinem Statusamt entspricht (in diesem Fall: zwei Besoldungsgruppen), ganz überwiegend "sehr gut" erfüllt, dann auch die geringeren Anforderungen seines Statusamtes in mindestens ebenso sehr guter Weise erfüllt. Diese Annahme basiert auf einer vergleichend heranzuziehenden Einschätzung, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind. Fallen Statusamt und Bewertung des tatsächlich innegehabten Dienst-/Arbeitspostens eines Beamten derart auseinander, muss sich der Beurteiler konkret und hinreichend ausführlich mit der genannten Annahme auseinandersetzen. Sollte es im Einzelfall Gründe geben, aus denen vorgenannte Annahme nicht gerechtfertigt wäre, müsste dies in der Beurteilung detailliert und nachvollziehbar begründet werden.

OVG NRW - B.v. 18.06.2015 - 1 B 146/15

Noch deutlicher fiel die Entscheidung bei einem Abstand von fünf Besoldungsgruppen aus: "Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beamter, der über viele Jahre die Aufgaben eines Dienst-/Arbeitspostens "rundum zufriedenstellend" und "gut" erfüllt, der einer deutlich höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist, als sie seinem Statusamt entspricht (hier: laufbahnübergreifend fünf Besoldungsgruppen), die (wesentlich) geringeren Anforderungen seines Statusamtes in herausragender Weise erfüllt. Diese Annahme basiert auf der (...) Einschätzung, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind."

OVG NRW - B.v. 18.06.2015 - 1 B 384/15

Vollständige Erfassung aller Leistungen im Beurteilungszeitraum: Eine Lücke von mehr als zwei Monaten im Beurteilungszeitraum, die etwa zehn Prozent des Beurteilungszeitraums ausmacht, ist wesentlich. Wenn in diesem Zeitraum Leistungen erbracht wurden, aber keine Stellungnahmen von Führungskräften vorliegen, ist die Beurteilung fehlerhaft.

Verwaltungsgericht Göttingen - B.v. 20.04.2015 - 1 B 261/14, bestätigt durch Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht - B.v. 17.07.2015- 5 ME 99/15

Plausibilität der Beurteilung: Durch Beschluss vom 28.10.2015 hat das Verwaltungsgericht Göttingen der Deutschen Telekom AG vorläufig untersagt, eine Beförderung von A7 nach A8 vorzunehmen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dass die dienstliche Beurteilung der Beamtin nicht plausibel sei und deshalb nicht Grundlage der Auswahlentscheidung sein könne. Die klageführende Beamtin hatte während des Beurteilungszeitraums sowohl eine höherwertige, als auch laufbahnfremde Tätigkeit ausgeübt. Das Gericht beanstandete, dass dies in der Beurteilung nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen sei. Im Falle einer Neubeurteilung sei nicht auszuschließen, dass das Ergebnis besser ausfalle und die Beamtin deshalb eine Beförderungschance habe

VG Göttingen - Beschluss vom 28.10.2015 - 1 B 231/15 und auch in der Datenbank der Niedersächsischen Justiz

 

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