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Bundesverwaltungsgericht
Beschl. v. 08.03.1967, Az.: BVerwG VI C 79/63

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BVerwG
Datum
08.03.1967
Aktenzeichen
BVerwG VI C 79/63
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1967, 15239
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OVG Rheinland-Pfalz - 24.04.1963 - OVG 2 A 110/60

In der Verwaltungsstreitsache
hat der VI. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 1967
durch
den Senatspräsidenten Prof. Dr. Fürst und
die Bundesrichter Kellner, Dr. Waitz, Dr. Nehlert und Niedermaier
beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. April 1963 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz - Kammer Trier - vom 3. November 1960 sind unwirksam.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 3/5, die Beklagte zu 2/5.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3 000 DM festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Kläger war Bundesbeamter. In der Zeit vom 5. Januar bis 19. Februar 1958 war er als Lokomotivheizer eingesetzt und verrichtete seinen Dienst nach dem Dienstplan Nr. 5325 (neu). In diesem Dienstplan waren sogenannte "Fahrgastfahrten", "Stillagen mit Lok" und "Stillagen ohne Lok" vorgesehen. In Anwendung der vom Vorstand der Beklagten erlassenen "Dienstdauervorschriften für das Betriebs- und Verkehrspersonal der Deutschen Bundesbahn" (DDV) in der damals geltenden Fassung bewertete die Dienststelle des Klägers die Stillage- und Fahrgastzeiten nur teilweise als "Arbeitszeit" (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DDV):

  1. a)

    Die Fahrgastfahrten rechnete sie zu 70 % auf die Arbeitszeit an (gemäß DDV § 2 Abs. 4 Satz 2 Buchst. c i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Buchst. b); unberücksichtigt blieben 54 Min.

  2. b)

    Von den Stillagen mit Lok rechnete sie jeweils die ersten 30 Minuten, die in einer Dienstschicht anfielen, voll auf die Arbeitszeit an (§ 2 Abs. 4 Satz 1 DDV); die übrige Zeit der Stillage mit Lok wurde dagegen nur zu 80 % auf die Arbeitszeit angerechnet (§ 2 Abs. 4 Satz 2 Buchst. b i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Buchst. a DDV). Nicht angerechnet wurden demnach 1 Std. 59 Min.

  3. c)

    Die Zeit der Stillage ohne Lok wurde in vollem Umfang als "Dienstpause" gewertet (§ 4 DDV); da sie länger als 30 Minuten dauerte, kam eine Anrechnung auf die Arbeitszeit nach § 9 Abs. 2 DDV nicht in Betracht; die Stillagezeit von blieb daher gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 DDV unberücksichtigt. 2 Stdn. 39 Min.

2

Demnach war die dem Kläger gutgeschriebene "Arbeitszeit" infolge der Nichtanrechung von Teilen der Fahrgast- und Stillagezeiten um insgesamt 5 Stdn. 32 Min.

3

geringer als die Gesamtdauer der vom Kläger geleisteten Dienstschichten.

4

Außerdem wurde der Kläger in der Zeit vom 5. Januar bis 19. Februar 1958 auf Grund des Dienstplans Nr. 5325 (neu) an 12 Tagen zu einer mehr als zehnstündigen Arbeitszeit herangezogen.

5

Nach erfolgloser "Dienstbeschwerde" und Zurückweisung seines Widerspruchs gegen den seine Beschwerde zurückweisenden Bescheid vom 25. Juli 1958 durch Widerspruchsbescheid vom 3. Oktober 1958 erhob der Kläger Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, mit der er zuletzt vor dem Berufungsgericht die Verpflichtung der Beklagten begehrte, ihm

  1. 1)

    für nicht angerechnete Dienstleistungen von 5 Stdn. 32 Min. Freizeitausgleich sowie

  2. 2)

    für an 12 Tagen über die 10-Stunden-Grenze hinaus erbrachte Dienstleistungen von 22 Stdn. 43 Min. einen in seinem zeitlichen Umfang ins Ermessen des Gerichts gestellten zusätzlichen Freizeitausgleich zu gewähren,

6

hilfsweise die Feststellung,

7

daß die Weisung der Beklagten an den Kläger, nach Dienstplan Nr. 5325 (neu) unter Nichtanrechnung von 5 Stdn. 32 Min. und unter Überschreitung der 10-Stunden-Grenze Dienst zu tun, rechtswidrig war;

8

neben diesen Anträgen,

9

dem Kläger für den Fall, daß er vor rechtskräftigem Abschluß dieser Verwaltungsstreitsache aus dem aktiven Beamtenverhältnis, ausscheiden sollte, anstelle des Anspruchs auf Freizeitausgleich einen nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts festzusetzenden angemessenen Ausgleichsanspruch in Geld zuzuerkennen.

10

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Freizeitausgleich in Höhe von 2 Stdn. und 53 Min. zu gewähren, und festgestellt, daß die Weisung der Beklagten an den Kläger, während seiner Zugehörigkeit zum Dienstplan Nr. 5325 (neu) an 12 Tagen mehr als 10 Stunden Dienst zu verrichten, rechtswidrig war; im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

11

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die zugelassene Revision eingelegt, mit der sie ihre vor dem Berufungsgericht gestellten Anträge, soweit sie mit ihnen unterlegen waren, weiterverfolgt haben. Nachdem der Kläger während des Revisionsverfahrens vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden war, haben die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt und Kostenentscheidung beantragt.

12

II.

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 und § 141 VwGO einzustellen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. April 1963 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz - Kammer Trier - vom 3. November 1960 sind unwirksam.

13

Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO war über die Kosten des gesamten Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluß zu entscheiden. Da zur Erledigung des Rechtsstreits die Zurruhesetzung des Klägers geführt hat, sind der Beurteilung des Sach- und Streitstandes die zu jener Zeit gestellten Anträge zugrunde zu legen.

14

1.

Soweit der Kläger Freizeitausgleich (Dienstbefreiung) für den nicht auf die Arbeitszeit angerechneten Teil der "Stillagen mit Lok", der "Fahrgastfahrten" und der "Stillagen ohne Lok" begehrt hat, neigt der Senat mit dem Verwaltungsgericht abweichend von dem Berufungsgericht dazu, die unmittelbar auf Gewährung von Freizeitausgleich gerichtete Leistungsklage für zulässig zu halten. Er hält im übrigen sachlich-rechtlich einen Anspruch auf Freizeitausgleich für gegeben, wenn und soweit die Fahrgastfahrten und die Stillagen zu Unrecht nicht oder in zu geringem Maße auf die "Arbeitszeit" im Sinne des § 2 DDV angerechnet werden, der Beamte also rechtswidrig über die zulässig festgesetzte Arbeitszeit hinaus zum Dienst herangezogen wird. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch sieht der Senat, sofern nicht die besonderen, hier offensichtlich nicht gegebenen Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 BBG vorliegen, in den entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 72 Abs. 1 BBG in Verbindung mit dem von der Ermächtigung in § 72 Abs. 4 BBG gedeckten § 3 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten vom 15. Juni 1954 (BGBl. I S. 149) - AZVO -, so daß es insoweit mit Rücksicht auf die spezielle gesetzliche Regelung eines Rückgriffs auf einen allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch nicht bedarf.

15

Was die Einordnung der Stillagen und der Fahrgastfahrten als (volle) Arbeit, als Dienst in Bereitschaft oder als Pause betrifft, so folgt der Senat dem Berufungsgericht und dem Bundesarbeitsgericht (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmteUrteil vom 14. April 1966 - 2 AZR 503/63 -) darin, daß die in § 72 BBG und in der AZVO verwendeten, aus dem allgemeinen Arbeitszeitrecht übernommenen Begriffe hier und dort dieselbe Bedeutung haben. Beide Gerichte haben das überzeugend aus der geschichtlichen Entwicklung und der dem allgemeinen Arbeitszeitrecht entsprechenden Zweckbestimmung des speziellen Arbeitszeitrechts für die Beamten hergeleitet. Gegen die in den DDV (§ 2 Abs. 1 Satz 3) angewandte Methode, als "Arbeitszeit" nur die sogenannte "reine Arbeitszeit" (der vollen Dienstleistung) und die in einem bestimmten Verhältnis anzurechnenden Zeiten der "Bereitschaft" zu zählen, anstatt bei Vorliegen von Bereitschaft die Arbeitszeit gemäß § 72 Abs. 3 BBG, § 4 AZVO zu verlängern und diese Zeit der effektiven Arbeit als Arbeitszeit zu bezeichnen, bestehen im Grundsatz keine Bedenken. Denn diese Methode dient der gleichmäßigen Behandlung gleicher Tatbestände.

16

Die Stillage ohne Lok, währendderen der Kläger für 2 Stdn. und 39 Min. von jeglicher Arbeitsverpflichtung freigestellt war, hat das Berufungsgericht zutreffend als nicht auf die Arbeitszeit anrechenbare Pause bewertet. Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, daß nicht jede aus Gründen des Betriebes erfolgende Unterbrechung der Arbeit als (Ruhe-)Pause gewertet werden kann; hinzukommen muß, daß die Freistellung des Beamten von der Arbeit zum Ausruhen geeignet ist (so auch das BAG in dem bereits angeführten Urteil). Nicht erforderlich ist aber, daß die Freizeit ausschließlich zur Erholung des Beamten eingeschoben ist. Daß die Arbeitsunterbrechung aus betriebsbedingten Gründen eintritt, schließt nicht aus, daß sie zugleich der Erholung des Bediensteten zu dienen geeignet ist. Eine Zeitspanne von rd. 2 1/2 Stdn., währendderen der Beamte von jeglicher Verpflichtung Dienst zu leisten frei ist, ist nach der Lebenserfahrung ohne weiteres zum Ausruhen geeignet, gleich ob der Beamte sie entsprechend nutzt oder nicht.

17

Dagegen hätte sich auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts durch das Revisionsgericht nicht abschließend beurteilen lassen, ob die dem Kläger als Bereitschaft auf die Arbeitszeit angerechneten Stillagen mit Lok und Fahrgastfahrten als Dienst in Bereitschaft im Sinne des § 72 Abs. 3 BBG und des § 4 AZVO zu werten sind. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist als volle Arbeitsleistung jede dem Berufsbild des Bediensteten zugeordnete Tätigkeit zu bewerten, wobei das Berufsbild nicht nur durch die berufstypischen, sondern durch alle Arbeiten geprägt werde, die regelmäßig im Rahmen der Berufsausübung zu verrichten seien. Mit dem Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) ist aber an der vom Reichsarbeitsgericht übernommenen Formel von der Bereitschaft als "wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung" festzuhalten. Eine mit intensiver Tätigkeit abwechselnde Beobachtungsaufgabe wird allerdings nur dann als Bereitschaft angesehen werden können, wenn der Bedienstete während dieses Beobachtungsdiestes im wesentlichen in einem Zustand körperlicher, geistiger und seelischer Entspannung verweilen kann; davon kann nur gesprochen werden, wenn sich der Beobachtungsdienst von der typischen Bereitschaft - dem Sich-Bereithalten für einen ungewissenen Einsatz - lediglich insofern unterscheidet, als das Tätigwerden hier durch eine auffällige Veränderung des zu beobachtenden Gegenstandes bedingt ist, wogegen es dort durch einen Befehl des Vorgesetzten ausgelöst wird. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem weiterenUrteil vom 14. April 1966 - 2 AZR 216/64 - ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung darauf hingewiesen, die Zeit der minderen Arbeitsleistung oder des Wartens auf den nächsten Einsatz müsse nicht nur zu einer Entspannung geeignet sein, sondern der Bedienstete müsse auch erkennen können, daß in einer bestimmten Zeit von ihm keine volle Arbeitsleistung verlangt werde. Ob diesem letzten Gedanken, gegen den die Beklagte Bedenken geltend macht, in vollem Umfang zu folgen wäre, hätte im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Klärung bedurft. Denn jedenfalls dieser letztgenannten Anforderung genügen die Stillagen mit Lok und die Fahrgastfahrten; die Zweifel an ihrer Bewertung ergeben sich aus folgendem.

18

Das Berufungsgericht hält die Stillagen mit Lok für voll auf die Arbeitszeit anzurechnende Arbeit, weil der Bedienstete gezielte Arbeit zur Erfüllung eines betrieblichen Bedürfnisses leiste und nicht auf ein vielleicht anfallendes Arbeitsbedürfnis warte. Damit weicht es aber von der in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Abgrenzung der vollen Arbeitsleistung von der Bereitschaft ab. Aus der Feststellung, der Kläger habe die Lok in dieser Zeit nicht nur zu beaufsichtigen, sondern zu "betreuen" gehabt, läßt sich auch nicht ohne weiteres folgern, der Kläger habe seiner Pflicht nur durch eine - verglichen mit einem gewöhnlichen Wachdienst - gesteigerte Konzentration und Umsicht genügt und sei ständig mit einer Verantwortung belastet gewesen, die eine gleichzeitige Entspannung - nicht nur körperlicher, sondern auch geistigseelischer Art - ausgeschlossen habe. "Betreuen" kann in diesem Zusammenhang sowohl bedeuten, daß der Lokheizer die Maschine unter Dampf zu halten, also den üblichen Heizerdienst - wenn vielleicht auch weniger intensiv als während der Fahrt - zu leisten hat, als auch, daß der Heizer nur von Zeit zu Zeit die Instrumente zu beobachten und die Apparatur durch einfache Handgriffe zu regulieren hat. Unterscheidet sich die Tätigkeit des Heizers bei der Stillage mit Lok nicht in ihrem Wesen, sondern allenfalls nach ihrer Intensität von der Tätigkeit auf der Lok in Fahrt, wäre dem Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen, andernfalls nicht. Das Urteil hätte also in diesem Punkt aufgehoben, die Sache hätte insoweit zu weiteren Tatsachenfeststellungen zurückverwiesen werden müssen.

19

Auch die Fahrgastfahrten können im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts durchaus "Dienst in Bereitschaft" sein (so das BAG in 2 AZR 503/63 für die Fahrgastfahrten einer Dienstfrau im Zugbegleitdienst). Das Bundesarbeitsgericht stellt nur darauf ab, daß die Dienstfrau in dieser Zeit im Zustand der Entspannung fährt, aber nicht einmal im Sinne einer Präsenz in den Betriebsablauf eingeordnet ist. Jedoch können nur Fahrgastfahrten als Bereitschaft gewertet werden, die unter "entlastenden Bedingungen" stattfinden, also eine gewisse Entspannung ermöglichen (so BAG, Urteil vom 8. Dezember 1960, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Wegezeit). Je nach den Umständen, insbesondere wenn die Fahrt mit einiger Bequemlichkeit, etwa sitzend im Dienstabteil zurückgelegt werden kann, könnte eine Entspannung, d.h. eine geringere Anspannung als während des Normaldienstes möglich sein. Wenn schon das Beaufsichtigen einer Maschine Bereitschaft sein kann, so um so mehr ein bloßes Mitfahren ohne besondere Dienstobliegenheiten, wenn auch eine körperliche Entspannung möglich ist. Davon wird aber kaum gesprochen werden können, wenn der Lokheizer in seiner verschmutzten Dienstkleidung stehend auf einer Lok oder im Gang des Zuges fahren muß. Auch in diesem Punkt wäre also eine Zurückverweisung geboten gewesen.

20

Zur Frage der Bewertung der Stillagen mit Lok und der Fahrgastfahrten als volle Arbeitsleistung oder als Dienst in Bereitschaft sei noch bemerkt, daß die DDV in § 2 Abs. 4 Buchst. b und c den besonderen Umständen des Einzelfalls möglicherweise nicht genügend Rechnung tragen, ohne daß dies hier abschließend beurteilt werden könnte.

21

2.

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Heranziehung des Klägers zu mehr als zehnstündiger Arbeitszeit an 12 Tagen für einen anfechtbaren Verwaltungsakt und dementsprechend die Klage auf Feststellung, daß diese Heranziehung rechtswidrig war, wegen der Wiederholungsgefahr bis zum Ausscheiden des Klägers aus dem aktiven Beamtenverhältnis für zulässig, dagegen die Klage auf Freizeit- oder Geldausgleich insoweit für unzulässig erachtet. Auf Grund der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen hätte aber durch das Revisionsgericht nicht abschließend beurteilt werden können, ob die Heranziehung rechtswidrig war. Mit dem Bundesarbeitsgericht (2 AZR 503/63) und entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird allerdings § 9 Abs. 5 DDV als eine Regelung der obersten Dienstbehörde im Sinne des § 3 Satz 2 Halbsatz 2 AZVO über die Zulassung von Abweichungen von der Höchstgrenze des § 3 Satz 2 Halbsatz 1 AZVO angesehen werden können. Denn es kommt nicht darauf an, ob die Ausnahmeregelung zeitlich nach dem Erlaß der AZVO und gerade zu deren Ausführung getroffen ist, sondern ob sie den Zweck der Ermächtigung in § 3 Satz 2 Halbsatz 2 AZVO erfüllt. Das wird auf Grund eines Vergleichs mit § 4 AZVO dann zu bejahen sein, wenn § 9 Abs. 5 DDV - gesetzeskonform - dahin ausgelegt wird, daß diese Verwaltungsvorschrift nur Verlängerungen von Dienstschichten deckt, in deren Rahmen die Zeit der vollen Arbeitsleistung 10 Stunden nicht überschreitet. Mit dieser Einschränkung folgt der Senat der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, daß die besonderen Verhältnisse des Betriebes der Beklagten nicht nur in Zeiten erhöhter Verkehrsanforderungen ein dringendes dienstliches Bedürfnis für eine Abweichung von den Höchstgrenzen des § 3 Satz 2 Halbsatz 1 AZVO begründen.

22

Da das Berufungsgericht § 9 Abs. 5 DDV schlechthin für rechtsunwirksam hält, hat es Feststellungen, in welchem Umfang in den im Dienstplan 5325 (neu) auf über 10 Stunden festgesetzten Arbeitszeiten Zeiten des Dienstes in Bereitschaft enthalten sind, nicht getroffen. Die Sache hätte daher bei Durchführung des Revisionsverfahrens auch insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden müssen.

23

3.

Der bis zum Eintritt des Klägers in den Ruhestand nur für den Fall, daß er während des anhängigen Verfahrens aus dem aktiven Beamtenverhältnis ausscheide, gestellte Antrag auf Geldentschädigung ist für die Kostenentscheidung ohne Bedeutung, weil sich der Rechtsstreit gerade infolge des Eintritts des Klägers in den Ruhestand erledigt hat. Es sei jedoch bemerkt, daß der Senat eine Umwandlung des Anspruchs auf Freizeitausgleich in einen Geldersatzanspruch allenfalls unter den besonderen Voraussetzungen einer schuldhaften Verletzung der Pflichten des Dienstherrn gegen den Beamten aus dem Beamtenverhältnis, insbesondere der Fürsorgepflicht, für möglich hält. Der Freizeitausgleich durch Dienstbefreiung des Beamten ist auch, wenn er infolge rechtswidriger Heranziehung zu Mehrarbeit zu gewähren ist, nicht Ersatz für einen Vermögensschaden, an dessen Stelle möglicherweise in entsprechender Anwendung des § 251 BGB Geldersatz treten könnte, wie der Kläger meint, sondern ein im öffentlichen Recht begründeter Ausgleich besonderer Art zur Erhaltung der durch § 72 BBG und die Vorschriften der AZVO geschützten Arbeitskraft des Beamten (so auch VG Arnsberg, Urteil vom 12. Oktober 1966 - 2 KB 25/65 - [RiA 1967 S. 52] und VG Kassel, Urteil vom 10. März 1965 - VG Nr. I 314/64 - [ZBR 1966 S. 338]). Aus ähnlichen Erwägungen, wie sie für die Beurteilung der Umwandlung des Anspruchs auf Freizeitausgleich in einen Anspruch auf Geldentschädigung anzustellen wären, hat der Senatim Urteil vom 12. Dezember 1962 - BVerwG VI C 110.61 - (Buchholz BVerwG 232, § 89 BBG Nr. 1 = DÖV 1963 S. 267 = ZBR 1963 S. 87) die Abgeltung nicht gewährten Erholungsurlaubs in Geld nach Beendigung des Beamtenverhältnisses abgelehnt. Auch wenn man aber hier Erwägungen des allgemeinen Schadensersatzrechts zugrunde legen könnte, so wäre doch festzuhalten, daß dem Beamten durch eine rechtswidrige Heranziehung zu Mehrarbeit wegen der besonderen Art seines Dienstverhältnisses, auf Grund dessen er zu voller Hingabe an seinen Beruf verpflichtet ist (§ 54 Satz 1 BBG) und eine Nebenbeschäftigung nur mit besonderer Genehmigung ausüben darf (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 BBG), in der Regel kein Vermögensschaden, sondern allenfalls ein immaterieller Schaden entsteht, indem der Beamte gehindert ist, die Zeit der rechtswidrigen Heranziehung zum Dienst als Freizeit nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Könnte man die Vorschriften der §§ 249 ff. BGBüberhaupt hier heranziehen (dagegen VG Arnsberg a.a.O.), wäre also nicht § 251 BGB, sondern § 253 BGB anzuwenden, der Geldentschädigung für immaterielle Schäden nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorsieht. Daran fehlt es hier aber gerade. - Auf eine schuldhafte Verletzung der Pflichten des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis könnte der Anspruch auf Geldentschädigung im vorliegenden Fall schon deshalb nicht gestützt werden, weil die keineswegs einfache Frage, inwieweit die einer etwaigen unrechtmäßigen Heranziehung des Klägers zu Dienstleistungen über die gesetzmäßige Arbeitszeit hinaus zugrunde liegenden DDV in Einklang mit § 72 BBG und der AZVO standen, zu der fraglichen Zeit (Anfang 1958) noch nicht einmal obergerichtlich, geschweige denn höchstrichterlich geklärt war, so daß ein Verschulden verantwortlicher Bediensteter bei der Dienstplangestaltung ausscheidet. - Auch auf ungerechtfertigte Bereicherung des Dienstherrn könnte der Geldersatzanspruch entgegen der Auffassung des Klägers nicht gestützt werden, weil es aus den schon erörterten Gründen bei der Leistung von "Überstunden" durch den Beamten an einer Vermögensverschiebung zugunsten des Dienstherrn fehlt (vgl. auch hierzu VG Arnsberg a.a.O.).-Ein "Folgenentschädigungsanspruch" schließlich, wie ihn Franke als besondere Ausgestaltung des Folgenbeseitigungsanspruchs vertritt (vgl. Verwaltungsarchiv 1966 S. 357 ff.), käme nach Auffassung des Senats hier nicht in Betracht. Es kann dahingestellt bleiben, ob es in Fällen der vorliegenden Art, wie das Verwaltungsgericht Arnsberg (a.a.O.) meint, schon an der Voraussetzung eines "unwirksamen" Verwaltungsaktes (Franke, a.a.O., S. 365 f., S. 372) fehlt oder ob insoweit ein Mißverständnis der Terminologie Frankes vorliegt, der unter dem "unwirksamen" wohl nicht nur den nichtigen, sondern auch den rechtswidrigen, ex tunc aufgehobenen Verwaltungsakt versteht (vgl. a.a.O. S. 360 Anm. 25). Jedenfalls kann aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen der vorliegenden Art der Anspruch auf Folgenbeseitigung nur auf die Wiederherstellung des durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustandes, d.h. hier auf Freizeitausgleich, gerichtet sein, nicht aber zu einer darüber hinausgehenden Erfolgshaftung führen (vgl.Urteile vom 12. November 1959 - BVerwG II C 100.59 - [ZBR 1960 S. 92], vom 20. März 1963 - BVerwG VI C 169.60- [Buchholz BVerwG 232, § 79 BBG Nr. 6 = DVBl. 1963 S. 677] undvom 15. Februar 1967 - BVerwG VI C 132.63 -; BGH, Urteil vom 20. September 1962 - III ZR 98/60 - [DVBl. 1963 S. 24]).

24

4.

Da die für die Kostenentscheidung maßgebenden Hauptanträge der Klage im Revisionsverfahren z.Z. des Eintritts des Klägers in den Ruhestand hinsichtlich des Freizeitausgleichs für die Stillage ohne Lok ohne Erfolg geblieben wären, hinsichtlich des Freizeitausgleichs für die Fahrgastfahrten und die Stillagen mit Lok sowie hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Heranziehung des Klägers an 12 Tagen zu längerer als zehnstündiger Arbeitszeit zu einer Zurückverweisung zwecks weiterer Aufklärung des Sachverhalts geführt hätten, war es billig, die Kosten des gesamten Verfahrens wie geschehen zu verteilen.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3 000 DM festgesetzt.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 189 Abs. 1 VwGO, § 74 BVerwGG.