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Bundessozialgericht
Beschl. v. 20.02.2024, Az.: B 1 KR 54/23 BH
Geltendmachung des Anspruchs auf Erstattung von Taxikosten für Fahrten zu seiner Hausärztin gegenüber der Krankenkasse
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.02.2024
Referenz: JurionRS 2024, 13406
Aktenzeichen: B 1 KR 54/23 BH
ECLI: ECLI:DE:BSG:2024:200224BB1KR5423BH0

Verfahrensgang:

vorgehend:

SG Chemnitz - 14.06.2021 - AZ: S 11 KR 54/21

LSG Sachsen - 17.10.2023 - AZ: L 9 KR 233/21

Rechtsgrundlage:

§ 160 Abs. 2 SGG

BSG, 20.02.2024 - B 1 KR 54/23 BH

Redaktioneller Leitsatz:

Die bloße Behauptung der Unrichtigkeit einer Berufungsentscheidung ist kein Revisionszulassungsgrund.

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 20. Februar 2024 durch den Präsidenten Prof. Dr. Schlegel sowie den Richter Dr. Scholz und die Richterin Dr. Matthäus
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. Oktober 2023 zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. Oktober 2023 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung von Taxikosten für Fahrten zu seiner Hausärztin B bei der KK und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Berufung sei bereits unzulässig, denn die Berufung betreffe weder wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, noch übersteige der Beschwerdewert 750 Euro. Denn der Kläger habe die Sprechstunde der Hausärztin B zuletzt am 8.4.2021 besucht und danach den Arzt gewechselt. Die KK habe mit den angegriffenen Bescheiden vom 14.1.2021, 26.1.2021 und 8.2.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2021 lediglich über die Erstattung von Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen in der Hausarztpraxis B entschieden. Tatsächlich sei der Kläger dorthin aber ausschließlich mit dem Bus gefahren. Da er inzwischen den Arzt gewechselt habe, habe sich auch das Feststellungsbegehren in Bezug auf diese Fahrten für die Zukunft erledigt. Die während des Berufungsverfahrens erfolgte Klageerweiterung auf Fahrtkosten zu anderen Ärzten sei unzulässig, da insoweit kein ablehnender Bescheid der KK vorliege (Urteil vom 17.10.2023).

2

Der Kläger hat mit von ihm selbst unterzeichneten Schreiben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde unter Beiordnung eines Rechtsanwalts gestellt.

II

3

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

4

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Aus diesem Grund kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs 1 ZPO).

5

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

6

Dagegen ist die bloße Behauptung der Unrichtigkeit einer Berufungsentscheidung kein Revisionszulassungsgrund.

7

Die Durchsicht der Akten und das Vorbringen des Klägers in seinen beim BSG eingegangenen Schreiben haben keinen Hinweis auf das Vorliegen einer der oben genannten Revisionszulassungsgründe ergeben.

8

1. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

9

2. Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass das LSG entscheidungstragend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Erforderlich hierfür wäre, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG vom 19.11.2019 - B 1 KR 72/18 B - juris RdNr 8). Dies ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

10

3. Schließlich ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Danach ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.

11

Insbesondere ist nicht erkennbar, dass das LSG zu Unrecht nicht in der Sache entschieden hätte (vgl zu einem darin liegenden Verfahrensmangel zB BSG vom 27.10.1955 - 4 RJ 105/54 - BSGE 1, 283 = SozR Nr 1 zu § 158 SGG; BSG vom 19.5.2021 - B 14 AS 389/20 B - juris RdNr 6; BSG vom 18.1.2023 - B 1 KR 102/21 B - juris RdNr 13). Das LSG hat vielmehr zu Recht entschieden, dass die Berufung weder einen Beschwerdewert über 750 Euro hat, noch laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Soweit die Klage ursprünglich auch auf laufende Fahrtkosten zur Hausarztpraxis B gerichtet gewesen sein sollte, hat sich dieses Klagebegehren durch den Arztwechsel im Jahr 2021 erledigt. Eine hierauf gerichtete Berufung ist folglich mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Das LSG hat weiter zu Recht entschieden, dass die Erweiterung der Klage auf Fahrtkosten zu anderen Ärzten unzulässig ist, da die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 153 Abs 1 i.V.m. § 99 SGG nicht vorliegen. Eine Feststellungsklage gerichtet auf die Feststellung eines Anspruchs auf Kostenerstattung für Fahrten zu anderen Ärzten scheitert jedenfalls daran, dass insoweit bislang keine Ausgangsbescheide vorliegen (vgl hierzu zB BSG vom 19.2.2014 - B 6 KA 8/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 80 RdNr 21; BSG vom 20.7.2017 - B 12 KR 14/15 R - BSGE 124, 26 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 84, RdNr 29; BSG vom 6.4.2022 - B 6 KA 12/21 R - SozR 4-5520 § 24 Nr 1 RdNr 16).

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.

13

4. Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG <Kammer> vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN), ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss zu verwerfen.

14

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Schlegel

Matthäus

Scholz

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