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Bundessozialgericht
Beschl. v. 12.07.2023, Az.: B 12 AL 1/22 B
Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache; Auslegung von § 28a Abs. 2 Satz 2 SGB III
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 12.07.2023
Referenz: JurionRS 2023, 32425
Aktenzeichen: B 12 AL 1/22 B
ECLI: ECLI:DE:BSG:2023:120723BB12AL122B1

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Niedersachsen-Bremen - 12.07.2022 - AZ: L 7 AL 24/20

SG Osnabrück - 15.01.2020 - AZ: S 20 AL 30/17

BSG, 12.07.2023 - B 12 AL 1/22 B

Redaktioneller Leitsatz:

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist – hier verneint für Rechtsfragen zur Auslegung von § 28a Abs. 2 Satz 2 SGB III in einem Rechtsstreit über ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung.

in dem Rechtsstreit
BSG Az.: B 12 AL 1/22 B
LSG Niedersachsen-Bremen 12.07.2022 - L 7 AL 24/20
SG Osnabrück 15.01.2020 - S 20 AL 30/17
………………………………………,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigter: ………………………………..,
g e g e n
Bundesagentur für Arbeit,
Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,
Beklagte und Beschwerdegegnerin.
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat am 12. Juli 2023 durch
den Vorsitzenden Richter H e i n z sowie den Richter B e c k und die Richterin Prof. Dr. W a ß e r
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 12. Juli 2022 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag des Klägers in der Arbeitslosenversicherung ab dem 27.1.2017.

2

Der Kläger bezog nach einer abhängigen Beschäftigung ab dem 1.12.2013 Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 450 Kalendertagen. Ab dem 10.4.2014 nahm er eine selbstständige Tätigkeit als Unternehmensberater auf, für die ihm die Beklagte - nach Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung - auf seinen Antrag die Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung bewilligte. In der Folgezeit wechselten sich der Bezug von Arbeitslosengeld und die Pflichtversicherung auf Antrag wegen selbstständiger Tätigkeit als Unternehmensberater wie folgt ab:

  1.  

    - ab dem 24.7.2014: Arbeitslosengeldbezug mit einer Anspruchsdauer von 321 Kalendertagen

  2.  

    - ab dem 26.11.2014: Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung

  3.  

    - ab dem 18.8.2015: Arbeitslosengeldbezug mit einer Anspruchsdauer von 378 Kalendertagen

  4.  

    - ab dem 1.3.2016: Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung

  5.  

    - ab dem 1.10.2016: Arbeitslosengeldbezug mit einer Anspruchsdauer von 184 Kalendertagen.

3

Während einer Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 29.11.2016 bis zum 19.12.2016 bezog der Kläger Übergangsgeld, ab dem 20.12.2016 wieder Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von noch 127 Kalendertagen.

4

Den Antrag des Klägers auf erneute Bewilligung der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung für eine selbstständige Tätigkeit als Unternehmensberater ab dem 27.1.2017 lehnte die Beklagte ab. Der Kläger habe die selbstständige Tätigkeit bereits zweimal unterbrochen und in diesen Zeiträumen Arbeitslosengeld bezogen (Bescheid vom 14.2.2017; Widerspruchsbescheid vom 21.2.2017).

5

Das SG Osnabrück hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und sie verpflichtet, dem Kläger ab dem 27.1.2017 ein Versicherungspflichtverhältnis zu gewähren. Nach der Gesetzesbegründung gehörten Zeiten, in denen der Bezug von Arbeitslosengeld auf einem durch die Beiträge im Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag neu entstandenen Anspruch beruhe, nicht zu den Unterbrechungszeiträumen, die zum Ausschluss eines Versicherungspflichtverhältnisses führen könnten. In dem Zeitraum vom 18.8.2015 bis zum 29.2.2016 liege daher keine wiederholte Unterbrechung mit Leistungsbezug. Zu berücksichtigen sei nur eine Unterbrechung vom 1.10.2016 bis zum 26.1.2017 (Urteil vom 15.1.2020).

6

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe seine selbstständige Tätigkeit insgesamt dreimal unterbrochen und in diesen Zeiträumen jeweils Arbeitslosengeld bezogen. Damit sei der Ausschlusstatbestand des § 28a Abs 2 Satz 2 SGB III in der Fassung vom 18.7.2016 erfüllt. Zwar habe ein auf einem neu erworbenen Anspruch beruhender Arbeitslosengeldbezug möglicherweise beim Ausschlusstatbestand unberücksichtigt zu bleiben; selbst dann seien aber zwei Unterbrechungszeiträume mit Bezug von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen. Ein weitergehendes Normverständnis widerspreche dem gesetzlichen Zweck, einen ständigen Wechsel zwischen Versicherungspflicht und Arbeitslosengeldbezug (sog dauerhafter Drehtüreffekt) zu verhindern (Urteil vom 12.7.2022).

7

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision.

II

8

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht entsprechend § 160a Abs 2 Satz 3 SGG hinreichend dargelegt.

9

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

10

Der Kläger hält folgende Frage für grundsächlich bedeutsam:

"Ist ein wiederholter Arbeitslosengeldbezug während der Unterbrechung einer selbständigen Tätigkeit dahingehend unschädlich als das dieser Umstand nicht zur Verwirklichung des Ausschlusstatbestand von § 28 a Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. führt, wenn er auf einem neu erworbenen Anspruch auf Arbeitslosengeld beruht, der bei dieser Konstellation insoweit eine erstmalige Unterbrechung darstellt und die zurückliegenden Arbeitslosengeldbezüge, die sich auf einen davor erworbenen Arbeitslosengeldanspruch gestützt haben, deshalb für die Beurteilung der Frage, ob die zur Versicherungspflicht nach § 28 a Abs. 1 SGB III a.F. führende selbständige Tätigkeit zweimal unterbrochen worden ist und ein Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht wurde, unerheblich sind?"

11

Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig, weil das BSG bisher nicht darüber entschieden habe und sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz ergebe. Die Vorinstanzen hätten darauf hingewiesen, "dass sich aus dem Wortlaut der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB III solch eine Auslegung der Norm nicht ergibt (vgl. dazu Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 12.07.2022, S. 9 a. E.)".

12

Damit ist die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend dargelegt. Es fehlt an substantiierten Ausführungen dazu, warum sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz ergeben sollte. Die einfache Behauptung des Gegenteils kann den Darlegungsanforderungen ersichtlich nicht gerecht werden. Unverständlich bleibt, welche Auslegung mit der Formulierung gemeint ist: "dass sich aus dem Wortlaut der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 2 SGB III solch eine Auslegung der Norm nicht ergibt". Mit der umfangreichen Argumentation des LSG hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt. Der Beschwerdebegründung fehlen Darlegungen, die eine hinreichende rechtliche Auseinandersetzung mit der aufgeworfenen Frage erkennen ließen. Insbesondere unterlässt es der Kläger, gestützt auf die Rechtslage, die ergangene Rechtsprechung und die rechtswissenschaftliche Literatur, einen rechtlichen Gesichtspunkt substantiiert darzulegen, der zu einer (Nicht-)Anwendung/Auslegung des Ausschlusstatbestands in seinem Sinne führen müsste.

13

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Heinz

Beck

Prof. Dr. Waßer

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