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Bundessozialgericht
Beschl. v. 11.04.2022, Az.: B 9 SB 59/21 B
Feststellung einer Schwerbehinderteneigenschaft; Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren; Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 11.04.2022
Referenz: JurionRS 2022, 19477
Aktenzeichen: B 9 SB 59/21 B
ECLI: ECLI:DE:BSG:2022:110422BB9SB5921B0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Niedersachsen-Bremen - 28.07.2021 - AZ: L 13 SB 77/20

SG Stade - 27.05.2020 - AZ: S 2 SB 213/18

BSG, 11.04.2022 - B 9 SB 59/21 B

in dem Rechtsstreit
BSG Az.: B 9 SB 59/21 B
LSG Niedersachsen-Bremen 28.07.2021 - L 13 SB 77/20
SG Stade 27.05.2020 - S 2 SB 213/18
………………………………………,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigter: ………………………………,
g e g e n
Land Niedersachsen,
vertreten durch das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, Domhof 1, 31134 Hildesheim,
Beklagter und Beschwerdegegner.
Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 11. April 2022 durch
den Richter Dr. M e c k e als Vorsitzenden sowie die Richter O t h m e r und Dr. R ö h l
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Juli 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft.

2

Der Beklagte hatte bei ihm zuletzt einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt. Das LSG hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines höheren GdB wie vor ihm das SG verneint (Urteil vom 28.7.2021).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe es verfahrensfehlerhaft versäumt, im Berufungsverfahren ein Sachverständigengutachten einzuholen und die medizinischen Tatsachen falsch beurteilt.

II

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil der allein behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall des Klägers darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach - wie diejenige des Klägers - einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

6

Diese Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Es fehlt bereits an der erforderlichen zusammenhängenden und aus sich heraus verständlichen Darstellung der Verfahrens- und Prozessgeschichte sowie des vom LSG festgestellten Sachverhalts und damit der Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass hätten geben können (vgl BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 10).

7

Der Kläger legt zudem nicht substantiiert - mit Angabe des Wortlauts und der Fundstelle in den Akten - dar, im Berufungsverfahren einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Allein seine Mitteilung, er habe ein Sachverständigengutachten als Beweismittel angegeben, genügt dafür nicht.

8

Ohnehin kann ein - wie der Kläger - in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen nicht nur gestellt, sondern auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Wird ein Verfahren - wie hier - ohne mündliche Verhandlung entschieden, so ist ein zuvor gestellter Antrag dann nicht mehr aufrechterhalten, wenn sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklären, ohne den zuvor bereits formulierten Beweisantrag gleichzeitig zu wiederholen (BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 40/17 B - juris RdNr 7 mwN).

9

Die entsprechende Bezeichnung eines bis zuletzt aufrechterhaltenen förmlichen Beweisantrags enthält die Beschwerde nicht. Auch das Berufungsurteil gibt keinen solchen Antrag wieder.

10

Soweit der Kläger im Übrigen darzulegen versucht, warum das LSG die medizinischen Tatsachen im Zusammenhang mit seiner Herzerkrankung falsch gewürdigt habe, wendet er sich im Kern gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Letztere entzieht § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG aber vollständig der Beurteilung durch das Revisionsgericht. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (vgl zB BSG Beschluss vom 8.5.2017 - B 9 V 78/16 B - juris RdNr 15 mwN).

11

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

12

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).

13

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dr. Mecke

Othmer

Dr. Röhl

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