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Bundesgerichtshof
Beschl. v. 20.12.2011, Az.: XI ZR 379/09
Entscheidungsform bei der Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag gegen einen Beschluss über die Zurückweisung einer Berufung; Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrags entsprechend der Entscheidungsform im Ausgangsverfahren
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 20.12.2011
Referenz: JurionRS 2011, 33914
Aktenzeichen: XI ZR 379/09
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG München I - 10.10.2005 - AZ: 28 O 25236/04

OLG München - 05.11.2009 - AZ: 19 U 4344/09

BGH, 20.12.2011 - XI ZR 379/09

Redaktioneller Leitsatz:

1.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, § 544 Abs. 1 ZPO nur gegen die in einem Urteil getroffene Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision eröffnet.

2.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft, wenn sie weder von Gesetzes wegen eröffnet noch in dem angefochtenen Beschluss zugelassen worden ist.

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. November 2009 und die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den vorgenannten Beschluss werden als unzulässig verworfen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 53.745,35 €.

Gründe

1

Nach § 591 ZPO sind Rechtsmittel gegen eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren (§§ 578 ff. ZPO) insoweit zulässig, als sie gegen die Entscheidungen des erkennenden Gerichts überhaupt stattfinden. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des jeweiligen Rechtsmittels beurteilen sich dabei nach den hierfür maßgeblichen Bestimmungen (BGH, Beschluss vom 2. April 1982 - V ZR 293/81, MDR 1982, 838). Vorliegend haben die Kläger gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 5. November 2009 sowohl Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) als auch Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) eingelegt. Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Statthaftigkeit beider Rechtsmittel durch den Senat ergibt indes, dass keines von beiden hier zulässig ist.

2

1. a) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unstatthaft, weil sie von Gesetzes wegen (vgl. § 543 Abs. 1 Nr. 1, § 544 Abs. 1 ZPO) nur gegen die in einem (Berufungs-)Urteil getroffene Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision eröffnet ist. Im Streitfall hingegen hat das Oberlandesgericht über das Restitutionsbegehren der Kläger durch Beschluss entschieden, gegen den eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet ist.

3

b) Entgegen der Beschwerdebegründung folgt die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung (zu dessen Voraussetzungen vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., Vor § 511 Rn. 30 f. mwN).

4

aa) Für die Anwendung des Grundsatzes der Meistbegünstigung ist hier schon deshalb kein Raum, weil die im Beschlusswege getroffene Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 5. November 2009, anders als die Beschwerde meint, nicht in fehlerhafter Form ergangen ist. Das Oberlandesgericht war von Rechts wegen nicht gehalten, über das Restitutionsbegehren der Kläger durch Urteil zu entscheiden.

5

Gegenstand des Restitutionsbegehrens ist der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Mai 2006 (19 U 5793/05), durch den seinerzeit die Berufung der Kläger gegen das ihre Klage abweisende Urteil des Landgerichts München I vom 10. Oktober 2005 (28 O 25236/04) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO - in der bis zum 26. Oktober 2011 geltenden Fassung; im Folgenden: aF - zurückgewiesen worden ist. Auf einen solchen urteilsvertretenden und die Instanz beendenden Beschluss finden allgemeiner Auffassung zufolge die Vorschriften über die Wiederaufnahme (§§ 578 ff. ZPO) analoge Anwendung (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1973 - IX ZR 154/72, BGHZ 62, 18, 19; insbesondere zu § 522 Abs. 2 ZPO aF BGH, Urteil vom 29. Juli 2010 - Xa ZR 118/09, GRUR 2010, 996 Rn. 11 [BGH 29.07.2010 - Xa ZR 118/09] mwN; MünchKommZPO/Braun, 3. Aufl., § 578 Rn. 20; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 159 Rn. 17).

6

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Beschlüsse vom 18. November 1982 - III ZR 113/79, NJW 1983, 883, vom 21. Oktober 1994 - V ZR 151/93, NJW 1995, 335, 336, vom 2. Februar 2006 - IX ZB 279/04, MDR 2006, 1008 [BGH 02.02.2006 - IX ZB 279/04] und vom 8. Mai 2006 - II ZB 10/05, WM 2006, 1365 Rn. 6; ebenso BAG, NJW 1955, 926, 927 [BAG 20.01.1955 - 2 AZR 300/54], NJW 1991, 1252, 1253, NJW 1995, 2125 [BAG 11.01.1995 - 4 AS 24/94]; BFH, BFHE 128, 349 f. [BFH 16.08.1979 - I K 2/79]; BVerwG, DVBl. 1960, 641, 642) sowie nahezu einhelliger Auffassung im Schrifttum (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Grundz. § 578 Rn. 14; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 578 Rn. 40; Musielak/Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 578 Rn. 18; Thomas/Putzo/ Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 578 Rn. 2; PG/Meller-Hannich, ZPO, 3. Aufl., § 585 Rn. 12; Saenger/Kemper, ZPO, 4. Aufl., § 578 Rn. 3; Wieczorek/Schütze/Borck, ZPO, 3. Aufl., § 578 Rn. 64; AK-ZPO/Greulich, § 578 Rn. 30 f.; Schneider, MDR 1987, 287, 288; aA Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 585 Rn. 15) ist dabei über den Wiederaufnahmeantrag entsprechend der Entscheidungsform im Ausgangsverfahren durch Beschluss zu befinden. Diesem Grundsatz trägt die hier angefochtene Entscheidung des Oberlandesgerichts Rechnung.

7

Soweit der Bundesgerichtshof (BGH, Urteile vom 6. Dezember 1973 IX ZR 154/72, BGHZ 62, 18, 19, und vom 22. November 1994 - X ZR 51/92, NJW 1995, 332 ff. [BGH 22.11.1994 - X ZR 51/92]) über Restitutions- bzw. Nichtigkeitsklagen gegen eigene Beschlüsse im Urteilswege entschieden hat, enthalten diese Entscheidungen keine tragenden Erwägungen für bzw. gegen eine bestimmte Entscheidungsform. Schon deshalb lässt sich aus ihnen für den Streitfall nichts Wesentliches herleiten.

8

b) Es bedarf hiernach letztlich keiner Entscheidung, ob der Anwendung des Grundsatzes der Meistbegünstigung auf den das Wiederaufnahmebegehren als unzulässig verwerfenden Beschluss des Oberlandesgerichts vom 5. November 2009 darüber hinaus auch entgegensteht, dass der im Ausgangsverfahren ergangene Zurückweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Mai 2006 (19 U 5793/05) nach § 522 Abs. 3 ZPO in der bis zum 26. Oktober 2011 gültigen und hier weiterhin maßgeblichen (§ 38a Abs. 1 EGZPO) Fassung unanfechtbar war und grundsätzlich weder das Meistbegünstigungsprinzip (BGH, Beschluss vom 24. November 1993 - BLw 19/93, BGHZ 124, 192, 194 mwN; BSG, SozR Nr. 13 zu § 214 SGG) noch die Bestimmungen über das Wiederaufnahmeverfahren (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 1980 - V ZB 10/80, ZIP 1981, 209) zu einer Erweiterung des Instanzenzuges führen können.

9

2. Die Rechtsbeschwerde ist ebenfalls nicht statthaft. Sie ist vorliegend weder von Gesetzes wegen eröffnet (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch in dem angefochtenen Beschluss zugelassen worden (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

10

3. Unabhängig davon hätten weder die Nichtzulassungsbeschwerde noch die Rechtsbeschwerde in der Sache selbst Erfolg. Von einer näheren Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

11

4. Der Streitwert ist entsprechend dem Interesse der Kläger an der Durchführung des Restitutionsverfahrens auf 53.745,35 € festzusetzen (§ 47 GKG). Das Interesse bemisst sich nach dem Gegenstand des Vorprozesses (47.345,35 €), wenn - wie hier - mit der Restitutionsklage die Beseitigung der früheren Entscheidungen insgesamt angestrebt wird (BGH, Beschluss vom 4. April 1978 - VI ZB 11/77, AnwBl. 1978, 260, 261; Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 4847 f.). Hinzuzurechnen ist der in der Restitutionsklage im Wege der Klageänderung erstmalig gestellte Klageantrag Ziff. 3 (6.400 €), § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Wiechers

Ellenberger

Maihold

Matthias

Pamp

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