Bundesgerichtshof
Urt. v. 03.11.1995, Az.: V ZR 182/94
Anpassung von Erbbauzinsen; Schiedsgutachter; Vorgabe von Ermessenskriterien; Eingeschränkte Überprüfbarkeit; Grob unbillige Entscheidung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 03.11.1995
- Aktenzeichen
- V ZR 182/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15133
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DB 1996, 206-208 (Volltext mit amtl. LS)
- DNotZ 1996, 434-438
- DStR 1996, 350-351 (Volltext mit amtl. LS)
- GuG 1996, 241 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1996, 574-575 (Volltext mit amtl. LS)
- NJ 1996, 165-166 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1996, 452-454 (Volltext mit amtl. LS)
- VersR 1996, 898-900 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1996, 408-411 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Hat ein Schiedsgutachter über die Höhe der Anpassung von Erbbauzins zu entscheiden, so kann ihm ein Kriterium vorgegeben werden, das er bei Ausübung seines Ermessens zu berücksichtigen hat.
2. Die eingeschränkte Prüfbarkeit von Schiedsgutachten beschränkt dies auf Kriterien, von denen feststeht, daß jede Entscheidung grob unbillig ist, die das vorgegebene Kriterium außer Betracht läßt.
Tatbestand:
Die Klägerin war bis zum 4. März 1994 Eigentümerin eines gewerblich genutzten Grundstücks, an welchem zugunsten der Beklagten durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. April 1962 ein Erbbaurecht bestellt ist. Das Grundstück ist mit einem Geschäftshaus bebaut, in welchem die Muttergesellschaft der Beklagten ein Kaufhaus betreibt.
Im Erbbaurechtsvertrag heißt es unter anderem:
"§ 2
(1) Das Erbbaurecht umfaßt das Recht, die vorhandenen Baulichkeiten zu unterhalten oder sie abzureißen unter der Verpflichtung, unverzüglich auf dem Grundstück neue Gebäude und Anlagen, die dem Betrieb eines Kaufhauses dienen, zu errichten.
...
§ 6
(1) Der Erbbauzins beträgt DM 7.800, -- jährlich.... ... (4) Alle zehn Jahre, und zwar erstmalig zum 1. Januar 1972, wird für die folgenden zehn Jahre der Erbbauzins erneut den derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend festgesetzt.
...
(6) Falls eine gütliche Einigung hierüber nicht zu erzielen ist, setzt ein von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu ernennender Sachverständiger den Erbbauzins nach billigem Ermessen fest, wobei die Veränderung der Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen ist.
(7) Die Kosten eines solchen Gutachtens tragen die Vertragsteile je zur Hälfte.
§ 7
(1) Der jeweilige Grundstückseigentümer ist verpflichtet, das Grundstück in seiner Gesamtheit an die jeweilige Berechtigte zu verkaufen.
(2) Dieses Ankaufsrecht der Berechtigten kann jedoch erstmalig mit Wirkung auf den 31. Dezember 2011 ausgeübt werden.
...
(6) Der Kaufpreis ist gleich dem 16fachen Jahresbetrag des im Durchschnitt der letzten fünf Erbbaurechtsjahre vom Berechtigten zu zahlenden Erbbauzinses.... "
Zum 1. Januar 1972 erhöhten die Parteien den Erbbauzins einvernehmlich auf 10.381, 80 DM, zum 1. Januar 1982 auf 14.000 DM.
Durch Einbeziehung in eine Fußgängerzone erfuhr das Grundstück in der Folgezeit eine erhebliche Aufwertung. Mit Schreiben vom 1. April 1992 begehrte die Klägerin die Anpassung des Erbbauzinses ab dem 1. Januar 1992 auf jährlich 42.109 DM. Diesen Betrag errechnete sie auf der Grundlage der Steigerung des Lebenshaltungskosten-, des Lohn- und Gehaltsindex und eines Anstiegs des Bodenwertes des Grundstücks von 619, 05 DM auf 3.906, 97 DM pro qm. Die Beklagte widersprach dem Verlangen der Klägerin unter Hinweis darauf, daß bei der Anpassung des Erbbauzinses im Hinblick auf den Bodenwert allein der durchschnittliche Anstieg der Baulandpreise in der Bundesrepublik zu berücksichtigen sei. Unter dessen Einbeziehung errechnet sie den ab 1. Januar 1992 geschuldeten Erbbauzins mit 18.732 DM und zahlt seither diesen Betrag.
Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß in die Bestimmung des Erbbauzinses ab dem 1. Januar 1992 der Wert des Erbbaugrundstückes einzubeziehen sei. Das Landgericht hat die von ihm als zulässig angesehene Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat im Sinne der Klägerin erkannt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Vertrag zwischen den Parteien lasse zwar keine Auslegung dahin zu, daß in die Bemessung der Änderung des Erbbauzinses der Grundstückspreis notwendig einzubeziehen sei. Die Klage sei jedoch deshalb begründet, weil die Nichtberücksichtigung von dessen Anstieg bei der Bestimmung der Anpassung des Erbbauzinses durch den zu bestellenden Gutachter offenbar unbillig wäre. Die Tatsache, daß die Wertsteigerung des Grundstücks gerade auf den Betrieb des Kaufhauses zurückzuführen sei, ändere hieran nichts.
Dies hält der revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
II. Die Klage ist zulässig.
§ 256 Abs. 1 ZPO steht dem von der Klägerin beschrittenen Weg nicht entgegen. Eine prozeßrechtliche Beschränkung, die zur Verneinung der Zulässigkeit der Klage führte, besteht nicht.
1. Die Feststellungsklage ist dadurch gekennzeichnet, daß eine im Sinne des Klägers getroffene Entscheidung weder einen Leistungsbefehl an den Beklagten enthält noch Ansprüche oder Rechte einer der Parteien aus- oder umgestaltet. Sie dient dem Rechtsfrieden, indem sie eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über gegensätzliche Standpunkte der Parteien eines Rechtsverhältnisses herbeiführt (Zöller/Greger, ZPO, 19. Aufl., § 256 Rdn. 1). Das Ziel der Sicherung des Rechtsfriedens unterliegt dabei dem Gebot prozeßökonomischen Verhaltens: Die Feststellungsklage hat grundsätzlich zurückzutreten, wo das begehrte Ziel der Anrufung des Gerichts durch Verurteilung des Schuldners erreicht werden kann (BGHZ 69, 144, 147). Sie ist nicht unter dem Gesichtspunkt fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig, wo ein fälliger Anspruch, über den durch eine Leistungsklage entschieden werden kann, nicht oder noch nicht besteht, und die Unsicherheit über den Umfang des Anspruchs oder Rechts durch die Rechtskraft des erstrebten Urteils beseitigt werden kann (Senat, Urteile v. 28. Juni 1968, V ZR 22/65, LM ZPO § 256 Nr. 87; v. 7. Februar 1986, V ZR 20/84, NJW 1986, 2507).
Dies ist bei einer Klage gegeben, deren Ziel die Bestimmung der Voraussetzungen oder Grenzen der von einem Dritten oder in einem künftigen gerichtlichen Verfahren zu treffenden Entscheidung zum Gegenstand hat (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1981, IVb ZB 560/80, NJW 1982, 387, 388; Urt. v. 3. März 1982, VII ZR 10/81, NJW 1982, 1878, 1879). Die Unsicherheit, der die Klage entgegenwirken soll, wird erst enden, wenn der Streit der Parteien durch ein rechtskräftiges Urteil oder durch die von dem Gutachter vorzunehmenden Bestimmung entschieden ist. Das selbstverständliche Interesse der Klägerin muß dabei dahin gehen, eine fehlerhafte oder unwirksame Entscheidung des Gutachters zu vermeiden. Nach den gegenteiligen Standpunkten der Parteien erscheint eine Entscheidung des Gutachters für oder gegen die jeweilige Rechtsmeinung der Parteien möglich. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, dem Sachverständigen ein Kriterium der Ausübung seines Ermessens vorzugeben. Sie ist nicht gehalten, die Bestimmung des Erbbauzinses durch ihn abzuwarten und alsdann offenbare Unbilligkeit seiner Bestimmung geltend zu machen, sofern der Gutachter die Steigerung des Bodenwertes seit 1982 im Rahmen seiner Entscheidung über die Höhe des Erbbauzinses außer Betracht läßt. Eine möglicherweise unwirksame Leistungsbestimmung durch einen Dritten bei einem Streit über die seiner Entscheidung zugrundezulegenden Kriterien abzuwarten, mutet das Gebot prozeßökonomischen Verhaltens nicht zu. Die im Hinblick auf die fehlende Einigung der Parteien notwendige bevorstehende kostenträchtige Beauftragung des Sachverständigen begründet das Interesse an alsbaldiger Feststellung.
2. Der Feststellung durch Urteil zugänglich ist grundsätzlich nur das Bestehen eines Rechtsverhältnisses. Dieses ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder Gegenständen (RGZ 144, 54; BGHZ 22, 43, 47). An einem Rechtsverhältnis fehlt es, wenn Gegenstand der begehrten Feststellung die Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage ist (RGZ 84, 390; 107, 304); nicht über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses ist zu entscheiden, wo lediglich Vorfragen, Elemente oder Berechnungsgrundlagen den Gegenstand der Entscheidung bilden (BGHZ 22, 43, 48; 68, 331, 332).
Die Zulässigkeit der Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 ZPO hängt dabei nicht davon ab, daß dessen Existenz vom Beklagten insgesamt in Abrede gestellt wird. Es reicht vielmehr aus, wenn der Umfang oder die Ausgestaltung dieses Verhältnisses zwischen den Parteien streitig ist und wenn aus dem in diesem Sinne zwischen den Parteien streitigen Teilrechtsverhältnis unterschiedliche Rechtsfolgen hergeleitet werden, die unmittelbare Auswirkungen auf die Entscheidung eines Dritten über den Umfang der Pflichten einer der Parteien haben (BGH, Urt. v. 3. März 1982, VII ZR 10/81, NJW 1982, 1878, 1879). Ziel des Begehrens ist in einem solchen Fall die Feststellung der Verpflichtung zu einer Leistung nach Maßgabe des in der Klage umschriebenen Umfangs.
So verhält es sich im vorliegenden Fall: Der Klägerin geht es darum, die Verpflichtung der Beklagten festgestellt zu bekommen, ab dem 1. Januar 1992 Erbbauzins in einer Höhe bezahlen zu müssen, welche die eingetretene Steigerung des Grundstückswertes nicht außer acht läßt. Dies ist ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO.
III. Die Klage ist begründet.
Der im Hinblick auf die fehlende Einigung der Parteien zu ernennende Sachverständige hat die Steigerung des Wertes in die Bestimmung des seit Januar 1992 von der Beklagten geschuldeten Erbbauzinses einzubeziehen.
1. Vertragliche Vereinbarungen, nach welchen bei Ausbleiben einer Einigung ein Dritter die Leistungspflicht einer Partei zu bestimmen hat, bedeuten den Abschluß eines Schiedsgutachtervertrages, auf den die Regelungen der §§ 317 ff BGB Anwendung finden (RGRK/Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 317 Rdn. 6). Die Leistungsbestimmung des Gutachters hat nach billigem Ermessen zu erfolgen. Die in § 317 Abs. 1 BGB im Zweifel geltende Regelung ist im Erbbaurechtsvertrag ausdrücklich vereinbart.
Folge des dem Schiedsgutachter für die Bestimmung der Leistungspflicht der Beklagten eingeräumten Ermessens ist, daß seine Entscheidung nur in eingeschränktem Maße vom Gericht geprüft werden kann. Die Prüfung ist auf die Frage beschränkt, ob der Schiedsgutachter von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, sein Ermessen ausgeübt hat und hierbei von den Grundsätzen und Maßstäben ausgegangen ist, die im Vertrag zwischen den Parteien vereinbart sind, oder ob er bei Fehlen einer derartigen Vereinbarung den Zweck berücksichtigt hat, den die Vertragschließenden verfolgt haben (RGRK/Ballhaus, BGB, § 319 Rdn. 3). Eine gerichtliche Entscheidung, die Kriterien für die von dem Schiedsgutachter vorzunehmende Bestimmung vorgibt oder verbietet, hat darüber hinaus die aus § 319 Abs. 1 BGB resultierende weitergehende Beschränkung der Prüfbarkeit der Leistungsbestimmung des Dritten zu beachten. Dem wird das Berufungsurteil gerecht.
2. Bei der Auslegung von Vereinbarungen über die Anpassung von Erbbauzins muß zwischen Voraussetzungen und Folgen unterschieden werden (BGHZ 71, 277, 281 [BGH 07.04.1978 - V ZR 141/75]; 74, 341, 344).
a) Nach dem Vertrag zwischen den Parteien ist der Erbbauzins im Abstand von jeweils zehn Jahren nach den "derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen" festzusetzen. Voraussetzung der "erneuten" Festsetzung sind damit einerseits das Verstreichen von zehn Jahren und andererseits eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Diese Voraussetzungen sind unstreitig gegeben, wobei das Berufungsgericht offengelassen hat, ob hiernach nur eine Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse oder auch eine besondere Wertsteigerung des Erbbaugrundstückes Voraussetzung der Neufestsetzung des Erbbauzinses sein soll. Dies nimmt die Revision als ihr günstig hin.
b) Folge der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse hat bei Ausbleiben einer Einigung über die Anpassung des Erbbauzinses gemäß § 6 Abs. 6 des Vertrages vom 9. April 1962 die Bestimmung von dessen Höhe durch den von der Industrie- und Handelskammer zu benennenden Sachverständigen als Dritten zu sein, der diese nach billigem Ermessen vorzunehmen hat, "wobei die Veränderung der Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen ist".
Damit ist nach der ebenfalls nicht angegriffenen Auslegung des Vertrages durch das Berufungsgericht die Änderung der Lebenshaltungskosten dem Sachverständigen als Kriterium verbindlich vorgegeben, ohne daß dieses allein deren Maß bestimmt. Insoweit hat der Sachverständige vielmehr billiges Ermessen walten zu lassen, welches die Nichtberücksichtigung der Steigerung des Grundstückswertes nach Ansicht des Berufungsgerichts ausschließt.
c) Dies ist nicht zu beanstanden. Das Grundstück der Klägerin war bei Bestellung des Erbbaurechts zugunsten der Beklagten zu gewerblichen Zwecken bebaut. Der Beklagten war gestattet, die vorhandene Bebauung niederzulegen. Machte sie von diesem Recht Gebrauch, war sie verpflichtet, "auf dem Grundstück unverzüglich neue Gebäude und Anlagen zu errichten, die dem Betriebe eines Kaufhauses dienen", § 2 des Vertrages vom 9. April 1962.
Bei dieser Art der vorhandenen und festgeschriebenen Nutzung des Grundstücks ist die Einbeziehung des Bodenwertes als eines der Kriterien für die Anpassung des Erbbauzinses grundsätzlich geboten (Senat, Urt. v. 15. November 1974, V ZR 63/73, NJW 1975, 211; Urt. v. 30. März 1979, V ZR 150/77, NJW 1979, 1542, 1545, insoweit nicht wiedergegeben in BGHZ 79, 34 [BGH 20.11.1980 - III ZR 122/79]; Urt. v. 18. September 1992, V ZR 116/91, NJW 1993, 52 [BGH 18.09.1992 - V ZR 116/91]).
Die Einbeziehung der Steigerung des Grundstückswertes ist im vorliegenden Fall auch deswegen unverzichtbar, weil der Beklagten im Erbbaurechtsvertrag das Recht eingeräumt wurde, das Grundstück zu einem Vielfachen des Erbbauzinses zu erwerben. Dieser wirkt mithin unmittelbar auf den Kaufpreis für das Grundstück zurück, der Äquivalent des Eigentums ist. Die Steigerung des Bodenwertes nicht in die Bemessung der Anpassung des Erbbauzinses einzubeziehen, würde damit offenbar zu einem unbilligen Ergebnis führen.
d) Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht auf den Wert des belasteten Grundstücks, und nicht, wie die Beklagte erstrebt, auf die durchschnittliche Wertentwicklung von Bauland in Deutschland abstellt. Der Wert des Grundstücks wird durch seine Belegenheit entscheidend mitbestimmt. Der durchschnittliche Preis von Bauland fließt in den Preis des Erbbaugrundstückes nur insoweit ein, wie die Nachfrage nach Baugrundstücken allgemein deren Preise zu beeinflussen vermag. Ausdruck und damit Bedeutung für die Berechnung des Erbbauzinses findet die allgemeine Preisentwicklung von Grundstücken immer nur als einer von mehreren Bewertungsfaktoren des jeweiligen Grundstücks.
e) Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht es für die von ihm getroffene Feststellung bedeutungslos angesehen hat, daß gerade das Betreiben eines Kaufhauses auf dem Grundstück zur Ansiedlung weiterer Ladengeschäfte in dessen Umfeld geführt hat und hierauf wiederum die mit der Einrichtung der Fußgängerzone einhergehende Steigerung des Grundstückswertes beruht. Der Betrieb eines Kaufhauses auf dem Grundstück war Ziel der Bestellung des Erbbaurechtes. Die Folgen seiner Verwirklichung können daher nicht zu Lasten der Klägerin als Grundstückseigentümerin außer Betracht gelassen werden.
3. Das dem Schiedsgutachter eingeräumte Bestimmungsrecht hat den Sinn, Streit zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden. Seine Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Objektivität werden vorausgesetzt. Bloße Zweifel oder kleinere Fehler der Leistungsbestimmung haben die Vertragsparteien hinzunehmen (MünchKomm-BGB/Gottwald, 3. Aufl., § 319 Rdn. 1). Erst wenn die Unbilligkeit der Entscheidung sich sofort aufdrängt, wird dieser Rahmen überschritten (BGHZ 81, 229, 237; BGH, Urt. v. 21. Januar 1979, X ZR 40/77, NJW 1979, 1885; MünchKomm-BGB/Gottwald, aaO., Rdn. 11; Palandt/Heinrichs, BGB, 54. Aufl., § 319 Rdn. 3). Dies ist etwa der Fall, wenn der Schiedsgutachter den Vertragsinhalt als Vorgabe des Bereichs des ihm eingeräumten Ermessens außer acht läßt (BGHZ 62, 314, 316) [BGH 13.05.1974 - VIII ZR 38/73] oder seine Bestimmung maßgeblich an einem Kriterium orientiert, das mit sachgerechter Überlegung schlechthin nichts gemein hat.
a) Dem Verfahren des Gutachters und den von ihm zur Leistungsbestimmung herangezogenen Kriterien kommt dabei grundsätzlich keine Bedeutung zu. Entscheidend ist allein das Ergebnis seiner Tätigkeit (BGHZ 9, 195, 198 [BGH 01.04.1953 - II ZR 88/52]; BGH, Urt. v. 28. September 1964, II ZR 181/62, NJW 1964, 2401; MünchKomm/Gottwald, aaO., Rdn. 14; RGRK/Ballhaus § 319 Rdn. 7; Palandt/Heinrichs, aaO., Rdn. 5).
Diese Begrenzung der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Leistungsbestimmung führt dazu, daß vorweg durch ein gerichtliches Urteil grundsätzlich nur Kriterien ausgegrenzt werden können, deren Einbeziehung notwendig zu einem offenbar unbilligen Ergebnis bei der Bestimmung der Leistungspflicht führen würde, und umgekehrt nur solche Kriterien vorgegeben werden können, deren Nichtbeachtung die Leistungsbestimmung in derselben Weise fehlerhaft werden ließe.
Diese Bedingungen können erfüllt sein, wenn, wie das Berufungsgericht annimmt, ein Ermessensspielraum des Dritten zur Frage von Einbeziehung oder Ausscheiden eines Kriteriums in seine Erwägungen nicht besteht. Hinzu kommen muß indessen, daß die Kompensation des zu Unrecht einbezogenen oder ausgeschiedenen Kriteriums durch andere Erwägungen des Dritten ausgeschlossen erscheint.
b) Die hierzu notwendige Beurteilung setzt grundsätzlich die Darstellung der Leistungsbestimmung in allen möglichen Alternativen durch das Gericht voraus. Das Berufungsgericht hat insoweit das Verlangen der Klägerin dem von der Beklagten zugestandenen und seit dem 1. Januar 1992 bezahlten Erbbauzins gegenübergestellt und hieraus gefolgert, daß eine Nichtberücksichtigung des gestiegenen Bodenwertes für die Bemessung des Betrages der Anhebung des Erbbauzinses auf jeden Fall grob unbillig wäre. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich bedenklich.
Im vorliegenden Fall ist es allein deshalb nicht zu beanstanden, weil die Klägerin die Steigerung des Bodenwertes nur in gleichem Maße wie die Steigerung der Lebenshaltungskosten und - gemittelt - der Löhne und Gehälter in ihre Berechnung einbezogen hat und damit im Ergebnis die Steigerung des Bodenwertes nur mit einem Drittel in die Bestimmung des ihrer Meinung nach seit dem 1. Januar 1992 angemessenen Erbbauzinses hat einfließen lassen. Die schon auf dieser Grundlage mehr als das Doppelte der Leistung der Beklagten betragende Differenz zeigt, daß das völlige Außerachtlassen des Anstiegs des Wertes des Erbbaugrundstücks unter allen Umständen zu einem grob unbilligen Ergebnis der Leistungsbestimmung des Sachverständigen führen würde.
Damit erweist sich das Berufungsurteil als zutreffend.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.