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Bundesgerichtshof
Urt. v. 04.12.1992, Az.: BLw 37/92

LPG; LPG-Mitglied; Genossenschaft; Inventarbeitrag ; Rückübereignung; Erben

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
04.12.1992
Aktenzeichen
BLw 37/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1992, 14372
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 120, 357 - 361
  • JZ 1994, 52 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1994, 107 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJ 1993, 316-317 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1993, 860-861 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1993, 464-466 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1993, 302-303 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

1. Gebäude, die ein LPG-Mitglied 1961 in eine LPG als Inventarbeitrag eingebracht hat, sind unter Trennung von Eigentum an Grund und Boden Eigentum der Genossenschaft geworden.

2. Mitglieder einer LPG sind durch Tod aus der LPG ausgeschieden. Die Erben eines 1979 verstorbenen LPG-Mitgliedes haben keinen Anspruch nach § 47 LwAnpG auf Rückübereignung eines als Inventarbeitrag eingebrachten Gebäudes.

Gründe

1

I. Die Beteiligten zu 1 verlangen von der Beteiligten zu 2 die Herausgabe einer Gastwirtschaft mit Nebengebäuden. Diese Gebäude hat H. A. mit Übernahmeprotokoll vom 22. September 1961 in die Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2, nämlich die LPG "F. G.", K. -G. als Inventarbeitrag eingebracht. Von dem auf 15.517 M festgesetzten Schätzwert der Gebäude wurden 2.500 M als Pflichtinventarbeitrag, 13.017 M als zusätzlicher Inventarbeitrag angerechnet. H. A. ist am 19. Oktober 1979 verstorben und von ihrem Ehemann P. A. sowie ihrem Sohn D. F. (Beteiligter zu 1 a) zu je 1/2 beerbt worden. P. A. verstarb am 5. Juli 1986 und wurde von dem Beteiligten zu 1 b allein beerbt.

2

Das Kreisgericht, Landwirtschaftsgericht, Bautzen hat die Herausgabeklage durch Urteil abgewiesen. Gegen dieses am 29. Juli 1992 zugestellte Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihre Anträge auf Herausgabe, hilfsweise Rückübereignung der Gebäulichkeiten, weiterverfolgen.

3

II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

4

Es handelt sich um eine Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 65 LwAnpG. Die Beteiligten zu 1 sind Erben nach einem Mitglied einer LPG, deren Rechtsnachfolgerin die Beteiligte zu 2 ist. Nach anfänglichen Widersprüchen in ihrem Vortrag haben sie für ihren Anspruch in erster Linie auf § 47 LwAnpG abgestellt. Es spielt in vorliegendem Zusammenhang (Zulässigkeit) keine Rolle, ob den Beteiligten zu 1 ein solcher Anspruch auch sachlich zusteht; jedenfalls machen sie diesen Anspruch geltend, wobei der Senat ihr Begehren dahin versteht, daß sie jedenfalls hilfsweise auch eine Rückübereignung der Gebäulichkeiten verlangen.

5

Die nach § 65 Satz 2 LwAnpG allein vorgesehene Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts ist damit nicht ohne weiteres, sondern nur unter den in §§ 24 bis 29 LwVG geregelten Voraussetzungen zulässig. Einen Abweichungsfall (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG; vgl. dazu näher Hagen, AgrarR 1992, 185) legt die Rechtsbeschwerde nicht dar. Das Kreisgericht hat die Rechtsbeschwerde auch nicht zugelassen (§ 24 Abs. 1 LwVG). Diese Entscheidung ist grundsätzlich bindend (vgl. Senatsbeschl. v. 12. Februar 1963, V BLw 37/62, RdL 1963, 66). Gleichwohl hält der Senat die Rechtsbeschwerde für zulässig. Es sprechen im vorliegenden Fall gewichtige Gründe dafür, daß das Kreisgericht eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht nur fehlerhaft verkannt, sondern die Möglichkeit einer Zulassung überhaupt nicht geprüft hat. Es ist irrtümlich von einem Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ausgegangen (s. unten III 1), hat nicht durch Beschluß, sondern durch Urteil entschieden, und seiner Entscheidung entgegen § 21 Abs. 2 Satz 2 LwVG auch keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Für eine Übergangsphase hält es der Senat deshalb für angebracht, die Prüfung der Zulassungswürdigkeit selbst nachzuholen (vgl. zu allem auch Senatsbeschl. v. 4. Dezember 1992, BLw 19/92BLw 19/92 m.w.N., zur Veröffentlichung bestimmt), zumal der Irrtum des Kreisgerichts auf die mißglückte Gesetzesfassung zurückgeht und die Senatsentscheidung vom 23. Januar 1992 (BLw 1/92, NJW 1992, 981) dem Kreisgericht ersichtlich noch nicht bekannt war (vgl. auch Senatsbeschl. v. 22. Oktober 1992, BLw 3/92BLw 3/92).

6

Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung. Ob den Erben eines 1976 verstorbenen LPG-Mitgliedes ein Anspruch nach § 47 LwAnpG zusteht, ist entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und von allgemeiner Bedeutung.

7

III. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

8

1. Rechtsfehlerhaft ist allerdings das Verfahren des Kreisgerichts. Es hätte nicht nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung im Urteilsverfahren, sondern nach § 9 LwVG und den Vorschriften des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit im Beschlußverfahren entscheiden müssen (vgl. Senatsbeschl. v. 4. Dezember 1992, BLw 19/92BLw 19/92). Dieser Verfahrensfehler ist aber ohne Auswirkung geblieben, weil die Entscheidung des Kreisgerichts nicht darauf beruht (§ 27 Abs. 1 LwVG). Sie ist im Ergebnis sachlich richtig. Die Klage, die in einen Antrag nach § 14 Abs. 1 LwVG umzudeuten war, ist zu Recht abgewiesen worden.

9

2. Mit Recht nimmt das Kreisgericht an, daß mit Einbringung der Gebäulichkeiten durch die Erblasserin als Inventarbeitrag in die LPG einerseits eine Trennung von Eigentum an Grund und Boden eintrat und die LPG insoweit Eigentümerin der nunmehr sonderrechtsfähigen Gebäude wurde. Dies folgt unmittelbar aus § 13 Abs. 1 LPG-Gesetz vom 3. Juni 1959 (GBl I S. 577 ff). Dieser Grundsatz wird in § 27 Satz 2 LPG-Gesetz vom 2. Juli 1982 (GBl I S. 443 ff) wiederholt (vgl. auch Krauß/Arlt, LPG-Gesetz zu § 27). Auch die Beteiligten zu 1 ziehen nicht in Zweifel, daß eine Bestätigung des Übernahmeprotokolls vom 22. September 1961 durch die Mitgliederversammlung stattgefunden hat. Daß der Beteiligten zu 2 nunmehr ein vom Eigentum am Grundstück unabhängiges Gebäudeeigentum zusteht, ist - klarstellend - nunmehr ausdrücklich in Art. 233 § 2 Buchst. b Abs. 1 EGBGB (i.d.F. des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 4. Juli 1992, BGBl I S. 1257) bestimmt. Demgemäß zieht auch die Rechtsbeschwerde das Gebäudeeigentum der Beteiligten zu 2 nicht mehr in Zweifel.

10

Die Beteiligten zu 1 haben auch keinen Anspruch auf Rückübereignung nach § 47 Satz 1 LwAnpG. Unzutreffend erscheint insoweit der Standpunkt des Kreisgerichts, ein solcher Anspruch werde nicht geltend gemacht. Die Beteiligten zu 1 haben sich ausdrücklich auf § 47 LwAnpG bezogen und damit zum Ausdruck gebracht, daß sie jedenfalls hilfsweise eine solche Rückübereignung verlangen. Diese Klarstellung ist auch in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung zum Ausdruck gebracht. Der Senat kann aber über diesen Anspruch sachlich entscheiden; die Entscheidung des Kreisgerichts stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 27 Abs. 2 LwVG i.V. mit § 563 ZPO).

11

Ein Anspruch auf Rückübereignung der von der LPG "genutzten Wirtschaftsgebäude des ausscheidenden Mitgliedes" ist erstmals durch das Landwirtschaftsanpassungsgesetz vom 29. Juni 1990 (GBl I S. 642) eingeführt worden. Er bezieht sich nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auf "ausscheidende", d.h. auf Mitglieder, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ihre Mitgliedschaft in der LPG beenden, nicht aber auf bereits früher "ausgeschiedene" Mitglieder. Verdeutlicht wird diese Rechtslage durch § 51 a Abs. 2 LwAnpG, der den "vor dem 16. März 1990 ausgeschiedenen Mitglieder sowie deren Erben" lediglich einen Anspruch nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG auf Zahlung eines Anteils am Eigenkapital in Form des Werts der Inventarbeiträge zuerkennt. Gerade aus der Sonderregelung für bereits ausgeschiedene Mitglieder in § 51 a LwAnpG (vgl. dazu Schweizer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, Kap. 4 VI Nr. 11 S. 148; ders. DtZ 1991, 279, 283) und der Verwendung des Begriffs "ausscheidende" Mitglieder in §§ 44 und 47 LwAnpG muß geschlossen werden, daß die letztere Bestimmung sich keine Rückwirkung für bereits ausgeschiedene Mitglieder beilegen will.

12

Die Mitgliedschaft der Erblasserin endete aber mit ihrem Tod am 19. Oktober 1979. Damals galt noch das LPG Gesetz vom 3. Juni 1959, das hinsichtlich der Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder auf die Musterstatuten verweist (§ 1 Abs. 1 LPG-Gesetz), die "allgemein verbindliche Rechtsnormen" waren (§ 2 LPG-Gesetz). Wie schon das Musterstatut vom 9. April 1959 (GBl I S. 333) für die Produktionsgenossenschaften aller Typen festlegte, endete die Mitgliedschaft durch den Tod (vgl. als Beispiel IV Nr. 25 des Musterstatuts für LPG Typ I vom 9. April 1959 aaO.). Diese Rechtslage wurde fortgeschrieben durch die Musterstatuten der LPG Pflanzenproduktion und LPG Tierproduktion vom 28. Juli 1977 (GBl. Sonderdruck Nr. 937, dort z.B. LPG Pflanzenproduktion II Nr. 16 Abs. 1 Buchst. e). Insoweit galt im Todeszeitpunkt der Erblasserin eine spezialgesetzlich durch LPG-Gesetz angeordnete Sonderregelung zu § 77 Abs. 1 GenG vom 1. Mai 1889, das bis zum 30. Juni 1990 in der DDR weiter galt und dann durch das Genossenschaftsgesetz der Bundesrepublik Deutschland abgelöst wurde. Daß Erben eines LPG-Mitgliedes nicht automatisch Mitglieder einer LPG wurden, ergibt sich deutlich auch aus § 24 LPG-Gesetz vom 3. Juni 1959 und später aus § 45 LPG-Gesetz vom 2. Juli 1982. Die Beteiligten zu 1 machen nicht geltend, daß sie ebenfalls LPG-Mitglieder waren oder später geworden sind. Ob ihnen als Erben eines Mitglieds ein Anspruch nach § 51 a Abs. 2, § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG zusteht, kann hier offenbleiben. Dieser Anspruch ginge allenfalls auf Zahlung eines Betrages in Höhe des Wertes der Beteiligung, d.h. des Anteils am Eigenkapital der LPG in Form des Wertes der Inventarbeiträge. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt aus diesem Abfindungsanspruch nicht, daß die Erben eines schon 1976 verstorbenen Mitglieds nunmehr Rückübereignung des als Inventarbeitrag geleisteten Sachbeitrags verlangen können.