Bundesgerichtshof
Urt. v. 12.07.1989, Az.: IVb ZR 66/88
Höhe des zu leistenden Unterhaltes während des Getrenntlebens; Bestehen einer Erwerbsobliegenheit während des Getrenntlebens; Anforderungen an die Beurteilung des Gesundheitszustandes des Unterhaltsberechtigten; Erfordernis einer Gesamtwürdigung; Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten, wenn die Möglichkeit bestand in eine günstigere Wohnung umzuziehen, um das zuvor bewohnte Haus vermieten zu können; Unterhaltsbemessung unter dem Gesichtspunkt der Vermögensbildung während des ehelichen Zusammenlebens ; Ansparen des vom vorigen Ehepartner gezahlten Kindesunterhaltes, während der Ehe mit einem anderen Mann
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 12.07.1989
- Aktenzeichen
- IVb ZR 66/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1989, 13306
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Zweibrücken - 17.08.1988
- AG Ludwigshafen
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1990, 37 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1989, 2809-2811 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1989, 1478 (amtl. Leitsatz)
Prozessführer
Anton S., Im F. weg 40, S.
Prozessgegner
Marga S. geb. W., W. straße 9, L.
Amtlicher Leitsatz
Zur Berücksichtigung des Wohnvorteils bei der Bemessung des Trennungsunterhalts, wenn der Berechtigte nach Auszug des Verpflichteten in dem im Miteigentum der Ehegatten stehenden Familienheim verblieben und dieses als Wohnung für ihn zu groß ist
Der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 1989
durch
den Vorsitzenden Richter Lohmann und
die Richter Portmann, Dr. Krohn, Dr. Zysk und Nonnenkamp
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 17. August 1988 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 3/10, der Beklagte zu 7/10.
Tatbestand
Die Parteien, die um Trennungsunterhalt streiten, heirateten im April 1974 und leben seit Februar 1986 getrennt. Der Beklagte, der als Maschinentechniker erwerbstätig ist, zog zu diesem Zeitpunkt aus dem den Parteien je zu hälftigem Miteigentum gehörenden Einfamilienhaus aus; die Klägerin bewohnt es seither zusammen mit ihren beiden Töchtern aus erster Ehe (geboren 1968 und 1969), die in den gemeinsamen Haushalt der Parteien aufgenommen waren. Deren Vater zahlt monatlich insgesamt 700 DM Kindesunterhalt. Eine Erwerbstätigkeit übt die Klägerin nicht aus; in ihrem erlernten Beruf als Chemielaborantin war sie seit 1969 nicht mehr tätig. Sie erzielt in geringerem Umfang Kapitalerträge. Die Hauslasten trägt weitgehend der Beklagte, ohne von der Klägerin einen Ausgleich zu verlangen.
Mit der Klage hat die Klägerin Unterhalt in Höhe von 663 DM für September 1986 und monatlich 1.200 DM ab Oktober 1986 begehrt. Das Amtsgericht hat ihrem Begehren stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat ihr das Oberlandesgericht - unter teilweiser Abweisung der Klage - rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1. September 1986 bis 30. Juni 1988 in einer Gesamthöhe von 11.611,12 DM zugesprochen sowie eine laufende Unterhaltsrente von monatlich 835 DM ab 1. Juli 1988. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin hat sich dem Rechtsmittel angeschlossen und begehrt die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Sowohl die Revision als auch die Anschlußrevision sind im Ergebnis erfolglos.
1.
Nach § 1361 BGB kann die Klägerin vom Beklagten während des Getrenntlebens der Parteien den angemessenen Unterhalt verlangen. Nach der Schutzvorschrift des Absatz 2 braucht sie sich auf eine Erwerbstätigkeit nur verweisen zu lassen, wenn diese von ihr nach ihren persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit, unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten erwartet werden kann.
Das Oberlandesgericht hat eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin während der Trennungszeit verneint und hierzu ausgeführt: Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien dadurch geprägt gewesen, daß nur der Beklagte erwerbstätig gewesen sei. Die Klägerin habe während der vierzehn Jahre dauernden Ehe eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt, sondern ihre beiden Kinder aus erster Ehe und den gemeinsamen Haushalt versorgt. In ihrem erlernten Beruf als Chemielaborantin sei sie bereits seit der Geburt ihrer jüngeren Tochter (1969) nicht mehr tätig gewesen. Es komme hinzu, daß sie zumindest nicht völlig gesund sei. Nach dem ärztlichen Gutachten, das das Gesundheitsamt L. kurz nach der Trennung der Parteien für die Arbeitsvermittlung erstattet habe, handele es sich bei ihr um eine körperlich und seelisch wenig belastbare Frau, die älter wirke, als ihrem Lebensalter entspreche. Sie leide an klimakterischen Allgemeinbeschwerden, an einer Fehlsteuerung des unwillkürlichen Nervensystems und an einer vermutlich angeborenen Augenkrankheit (Grüner Star); darüber hinaus seien eine Glaskörpertrübung sowie ein Zustand nach Operation wegen Netzhautablösung, nach Gebärmutterentfernung und Beckenbodenplastik diagnostiziert worden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien seien nicht derart beengt, daß allein deshalb von der Klägerin die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden müsse.
Insoweit rügt die Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag des Beklagen auseinandergesetzt, daß die Klägerin gesundheitlich durchaus in der Lage sei, zumindest einer Halbtagsbeschäftigung nachzugehen, zumal sie sich in einem Verein ehrenamtlich stark für den Tierschutz engagiert habe. Dabei habe sie mindestens zwei bis drei Stunden pro Tag gearbeitet, manchmal sogar zur Nachtzeit. Der dafür angebotene Beweis durch Parteivernehmung der Klägerin sei zu Unrecht nicht erhoben worden.
Diese Rügen vermögen den Bestand des angefochtenen Urteils nicht zu gefährden. Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann im Rahmen des § 1361 Abs. 2 BGB nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, als dies gemäß § 1574 BGB nach der Scheidung der Ehe der Fall ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1981 - IVb ZR 575/80 - FamRZ 1981, 242, 243). Für die Beurteilung kommt es nicht allein auf den Gesundheitszustand des Ehegatten an, sondern es ist eine Gesamtwürdigung anzustellen, in die neben den sonstigen persönlichen Verhältnissen, zu denen auch die Betreuung von nicht gemeinschaftlichen Kindern gehört, insbesondere die Dauer der Ehe und der Zuschnitt der ehelichen Lebensverhältnisse einzubeziehen sind (vgl. etwa Senatsurteil vom 5. November 1980 - IVb ZR 549/80 - FamRZ 1981, 17, 18). Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ergeben, daß das Oberlandesgericht eine in diesem Sinne sachentsprechende Würdigung vorgenommen hat. Was den Gesundheitszustand der Klägerin betrifft, konnte es das von ihm verwertete Gutachten des Gesundheitsamts L. vom 2. April 1986 zugrunde legen, ohne daß eine weitere Begutachtung angezeigt war (vgl. § 412 Abs. 1 ZPO und BGHZ 53, 245, 258 f). Es ergibt eine schon wegen ihrer erheblichen Sehbehinderung stark eingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Klägerin. Unter weiterer Berücksichtigung ihrer längeren Hausfrauentätigkeit, der Dauer der Ehe und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien konnte das Berufungsgericht daher ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangen, daß der Klägerin eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist. Ihre ehrenamtliche Tätigkeit für den Tierschutz ist in diesem Zusammenhang kein Umstand von besonderem Gewicht, der in den Urteilsgründen ausdrücklich hätte abgehandelt werden müssen.
2.
Die Revision stellt die Bedürftigkeit der Klägerin unter folgenden Gesichtspunkten in Frage. Nach ihrer Ansicht habe ihr obgelegen,
aus dem früheren Familienheim auszuziehen, für sich und ihre beiden Kinder aus erster Ehe eine weniger kostspielige Wohnung anzumieten, das Haus für ca. 1.000 DM pro Monat zu vermieten und die überschüssigen Mieteinnahmen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs einzusetzen;
zumindest aber zwei Zimmer im Obergeschoß des Hauses abzuvermieten und daraus Mieteinnahmen von je 200 DM bis 250 DM zu erzielen;
ein ihr gehöriges Wochenendgrundstück in L. für monatlich 150 DM zu verpachten.
Da sie diesen Obliegenheiten nicht nachgekommen sei, seien ihr entsprechende fiktive Einkünfte zuzurechnen.
Dem kann nicht gefolgt werden.
a)
Das Ansinnen, in eine weniger kostspielige Wohnung umzuziehen, stellt der Beklagte an die Klägerin erstmals im Revisionsverfahren, weshalb das Oberlandesgericht hierzu nichts ausgeführt hat. Es ist auch nicht gerechtfertigt. Das Senatsurteil vom 4. November 1987 (IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 149), auf das die Revision sich beruft, betrifft nicht Trennungs-, sondern nachehelichen Unterhalt, bei dem, ähnlich wie bei der Erwerbsobliegenheit, strengere Grundsätze gelten. Während des Getrenntlebens ist es dem Ehegatten in aller Regel nicht zumutbar, die frühere Ehewohnung, die er allein bewohnt, zur Steigerung der Einkünfte anderweitig zu verwerten, etwa durch Vermietung. Dies gilt insbesondere deswegen, weil in dieser Zeit eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch nicht ausgeschlossen ist, die nicht erschwert werden darf (vgl. etwa Kalthoener/Büttner Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 3. Aufl. Rdn. 458; OLG Frankfurt FamRZ 1981, 955; OLG Zweibrücken FamRZ 1982, 269). Daß aufgrund besonderer Umstände im vorliegenden Fall etwas anderes zu gelten hätte, ist nicht ersichtlich und geht aus dem Vorbringen der Revision nicht hervor.
b)
Eine Abvermietung von Zimmern im Obergeschoß des Hauses hat das Oberlandesgericht schon deswegen als der Klägerin nicht zumutbar angesehen, weil die fraglichen Räume von der übrigen Wohnung nicht abgeschlossen seien. Auch die vom Beklagten vorgeschlagenen Umbaumaßnahmen zur Behebung dieses Zustandes kämen nicht in Betracht, da dadurch das Haus seinen bisherigen großzügigen Charakter verlöre und der im bereits anhängigen Verfahren der Teilungsversteigerung zu erwartende Erlös beeinträchtigt werden könnte. Der Antrag des Beklagten auf Einholung einer Auskunft der Universität M., den die Revision in diesem Zusammenhang als übergangen rügt, bezog sich nicht auf die vom Oberlandesgericht mit Recht als ausschlaggebend angesehenen tatsächlichen Verhältnisse, sondern auf die Vermietbarkeit der fraglichen Zimmer an Studierende der Universität. Diese kann als gegeben angenommen werden, ohne daß dies dem im Urteil vertretenen Standpunkt entgegenstünde. Schon die anstehende Teilungsversteigerung rechtfertigt die Beurteilung des Oberlandesgerichts.
c)
Eine Verpachtung des Wochenendgrundstücks hat das Oberlandesgericht grundsätzlich als der Klägerin zumutbar angesehen; es ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, sie habe hinreichend dargetan, daß ihr eine Verpachtung nicht möglich gewesen sei. Die Revision hält dem entgegen, die Klägerin habe sich insoweit auf den Mißerfolg einer einzigen Zeitungsanzeige berufen, mithin sich nicht ausreichend um eine Verpachtung bemüht. Indessen hat das Oberlandesgericht ersichtlich Erfahrungen des täglichen Lebens hinsichtlich der Verwertbarkeit derartiger unbebauter Grundstücke mitberücksichtigt, was ihm aus Rechtsgründen nicht verwehrt war.
3.
Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß die Parteien während ihres Zusammenlebens in beträchtlichem Umfang Vermögen gebildet haben. Vor allem die Jahresprämien, die der Arbeitgeber des Beklagten diesem regelmäßig gewährt habe, seien zum Ankauf von Aktien verwendet worden. Erträge des angelegten Vermögens seien ebenfalls nicht für den laufenden Lebensbedarf verwendet worden. Trotzdem könne der Beklagte nicht verlangen, daß bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin ein entsprechender Anteil seines Einkommens außer Betracht bleibe. Soweit Ehegatten nämlich während des Zusammenlebens ihren Konsum zugunsten der Vermögensbildung eingeschränkt hätten, brauche sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Trennung nicht daran festhalten zu lassen, wenn der eheliche Lebenstandard sich wegen trennungsbedingten Mehrbedarfs anders nicht aufrechterhalten lasse. Ein solcher Fall sei vorliegend gegeben.
Die Revision, die die Feststellungen des Gerichts über die den Parteien nach der Trennung zur Verfügung stehenden Mittel nicht angreift (beim Beklagten einschließlich Jahresprämie und Kapitalerträge für 1986 monatlich 3.131 DM, ab 1987 weniger; bei der Klägerin Kapitalerträge von monatlich 280 DM, ab 1987 weniger), beharrt auf dem Standpunkt, daß bei der Unterhaltsbemessung unter dem Gesichtspunkt der Vermögensbildung während des ehelichen Zusammenlebens vom Einkommen des Beklagten monatlich mindestens 700 DM bis 800 DM abzusetzen seien; die Parteien seien immer noch miteinander verheiratet, so daß eine Änderung des Lebensstils nicht in Betracht komme.
Damit kann sie nicht durchdringen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen, so daß eine aus dieser Sicht zu dürftige Lebensführung ebenso außer Betracht bleibt wie ein übertriebener Aufwand. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des ehelichen Zusammenlebens berücksichtigt werden, zumal weitere Vermögensbildung beim Unterhaltsverpflichteten dem Berechtigten regelmäßig nicht mehr zugute kommt (vgl. etwa Senatsurteile vom 4. November 1981 - IVb ZR 624/80 - FamRZ 1982, 151, 152, vom 25. Januar 1984 - IVb ZR 43/82 - FamRZ 1984, 358, 360 f und vom 3. Juni 1987 - IVb ZR 64/86 - FamRZ 1987, 913, 916). Dem Oberlandesgericht ist darin beizupflichten, daß bei den Einkommensverhältnissen der Parteien eine weitere Vermögensbildung durch den Beklagten den Unterhalt der Klägerin unangemessen beeinträchtigen würde.
4.
Der Beklage hat im Rechtsstreit unter anderem vorgebracht, die Klägerin habe ohne sein Wissen und Einverständnis den vom Vater ihrer beiden Töchter gezahlten Kindesunterhalt angespart und auf diese Weise ein Kapital von mindestens 60.000 DM bis 70.000 DM gebildet. Die Töchter seien damit gegen seinen Willen auf seine Kosten unterhalten worden. Daraus hat er hergeleitet, daß seine Inanspruchnahme auf Trennungsunterhalt nach der gesetzlichen Härteregelung (§ 1361 Abs. 3 i.V. mit § 1579 BGB) als grob unbillig ausgeschlossen sei. Das Oberlandesgericht hat zu dem Vortrag des Beklagten die Töchter als Zeuginnen und die Klägerin als Partei vernommen, die übereinstimmend bekundet haben, der Beklagte sei damit einverstanden gewesen, daß aus dem eingehenden Kindesunterhalt monatlich 400 DM für die Ausbildung der Töchter zurückgelegt würden; auf diese Weise seien rund 30.000 DM zusammengekommen. Dieses Beweisergebnis hat das Oberlandesgericht dahin gewürdigt, daß dem Beklagten der von ihm zu führende Beweis eines Verhaltens der Klägerin, das den Einwand grober Unbilligkeit begründen könne, mißlungen sei.
Unter dem Blickpunkt der gesetzlichen Härteregelung ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; insoweit erinnert die Revision auch nichts. Soweit sie meint, die Ansparung von Mitteln für die Ausbildung der Töchter müsse jedenfalls insoweit berücksichtigt werden, als sie während des Zusammenlebens der Parteien deren Konsumverhalten beeinflußt habe, gilt das oben zu 3. Gesagte entsprechend. Auch hierbei handelt es sich um Vermögensbildung, die aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Trennung das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Beklagten nicht verkürzen kann.
5.
Die Klägerin hat einen wirtschaftlichen Vorteil dadurch, daß sie nach der Trennung der Parteien das frühere Familienheim bewohnt. Das Oberlandesgericht hat hierzu ausgeführt, anstelle des Wohnwertes des gesamten Hauses sei als "einkommensgleicher Vermögensbestandteil" nur der Betrag in Rechnung zu stellen, den die Klägerin für eine angemessene kleinere Wohnung für sich und ihre beiden Töchter als Mietzins zahlen müßte; diesen Betrag könne das Gericht aus eigener Sachkunde auf monatlich 600 DM schätzen. Bei der Ermittlung der für die Bemessung des Unterhalts der Klägerin maßgebenden Einkünfte sei zu berücksichtigen, daß dieser "restliche Wohnwert" beiden Parteien je zur Hälfte "gebühre", so daß jeder von ihnen monatlich 300 DM "zuzurechnen" seien. Erst bei der Bestimmung des Unterhaltsanspruches nach einer Quote des Wertunterschiedes sei "durch einen entsprechenden Zu- oder Abschlag" dem Umstand Rechnung zu tragen, daß einer von ihnen (hier die Klägerin) nicht nur den eigenen, sondern auch den auf den anderen entfallenden Anteil des Wohnwertes nutze. Darlehens- und sonstige Hauskosten, die im beiderseitigen Einverständnis von einer der Parteien getragen würden, seien von den Einkünften der Partei abzusetzen, die sie erbringe. Hiernach hat das Oberlandesgericht den beiderseitigen monatlichen Netto-Einkünften (beim Beklagten aus Erwerbstätigkeit und Kapitalvermögen, bei der Klägerin allein aus Kapitalvermögen) jeweils 300 DM als Wohnwertanteil zugeschlagen, von der Differenz der so ermittelten Einkünfte eine 3/7-Quote gebildet und diese der Klägerin vermindert um einen "Abschlag" von 300 DM wegen alleiniger Nutzung des Hauses als Unterhalt zugesprochen.
Diese Unterhaltsbemessung, die von beiden Parteien angegriffen wird, ist nicht frei von rechtlichen Bedenken, hält der Nachprüfung aber im Ergebnis stand.
a)
Bei der Bestimmung der Lebensverhältnisse, nach denen sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin bemißt, sind zu den Einkünften der Parteien die Vorteile zu rechnen, die sie dadurch gehabt haben, daß sie ein eigenes Haus bewohnt haben. Hierbei handelt es sich um Vermögensnutzungen im Sinne des § 100 BGB, und zwar in der Form von Gebrauchsvorteilen. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, ist deren Wert den Einkünften hinzuzurechnen, soweit er die Belastungen übersteigt, die durch allgemeine Grundstücksunkosten und -lasten sowie gegebenenfalls durch Zins- und Tilgungsverpflichtungen entstehen (Senatsurteile vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - FamRZ 1986, 434 m.w.N.; vom 29. Januar 1986 - IVb ZR 9/85 - FamRZ 1986, 437, 438). Hiervon ist das Oberlandesgericht zutreffend ausgegangen. Die Belastungen hat es dadurch berücksichtigt, daß es bei den Einkünften jeder Partei die von ihr getragenen Hauslasten abgesetzt hat.
Das Oberlandesgericht hat den Wert dieser Nutzung mit monatlich 600 DM berücksichtigt. Dies ist nicht der volle Wohnwert des Hauses; denn es hat den Gebrauchsvorteil nur in Höhe des Betrages in Rechnung gestellt, der für eine "angemessene, kleinere Wohnung" als Mietzins gezahlt werden müßte. Es ist also davon ausgegangen, daß das Haus für die Klägerin und ihre Töchter zu groß ist, und hat den ursprünglich auf den Beklagten entfallenden Teil der Nutzung, der seit seinem Auszug nicht mehr gezogen wird (vgl. Graba NJW 1987, 1721, 1727 "Totes Kapital"), außer Betracht gelassen. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom 29. Januar 1986 aaO, in dem es um nachehelichen Unterhalt ging, hervorgehoben, daß der Ausfall eines Teiles der Nutzung in solchen Fällen auf der Trennung der Eheleute beruhe, deren Auswirkungen auf die ehelichen Lebensverhältnisse ebensowenig Einfluß hätten wie sonstige trennungsbedingte Mehrkosten der Lebensführung. Das angefochtene Urteil wird in diesem Punkt aber dadurch gerechtfertigt, daß der Ausfall eines Teiles der Nutzungen, der durch den Auszug des Beklagten entstanden ist, bei der Ermittlung des angemessenen Unterhalts der Klägerin von beiden Parteien zu gleichen Teilen getragen werden muß (ebenso Graba aaO). Die von der Anschlußrevision geäußerten Bedenken, die diese damit begründet, daß der Beklagte seine Familie grundlos verlassen habe und ohne gewichtigen Anlaß aus dem Haus ausgezogen sei, greifen nicht durch. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, führt ein Ehegatte nicht dadurch mutwillig seine Bedürftigkeit herbei, daß er aus der Ehewohnung auszieht und trennungsbedingten Mehrbedarf verursacht (Urteil vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - a.a.O. S. 435 f). Was dort für den Unterhaltsberechtigten gesagt ist, muß entsprechend für den unterhaltspflichtigen Ehegatten gelten; Nutzungen der Ehewohnung, die er infolge der Trennung der Eheleute nicht mehr zu ziehen vermag, bleiben daher bei der Ermittlung seiner Unterhaltsverpflichtung außer Betracht, ohne daß es auf die Gründe der Trennung ankommt.
Die Bewertung der von der Klägerin mit ihren Töchtern gezogenen Nutzung mit monatlich 600 DM wird als solche im Revisionsverfahren von keiner Seite angegriffen.
b)
Das Oberlandesgericht, das den Unterhaltsanspruch der Klägerin in einem ersten Rechenschritt nach Art der Differenzmethode ermittelt hat, hat angenommen, hierbei jeder Partei die Hälfte des ermittelten "restlichen Wohnwertes", also monatlich 300 DM, als Einkommen anrechnen zu müssen. Da es der Klägerin eine Quote von 3/7 der sich so ergebenden Einkommensdifferenz zugebilligt hat, führt dies dazu, daß jeder Partei 1/7 ihrer Einkünfte, also auch des ihr angerechneten Anteils am Wohnwert, als sog. Erwerbstätigenbonus verbleibt. Der im zweiten Berechnungsschritt vorgenommene "Abschlag" von monatlich 300 DM, also der anderen Hälfte des Wertes der von der Klägerin gezogenen Nutzung, hat demgegenüber zur Folge, daß ihr dieser Teil voll angerechnet wird. Diese schon in sich widersprüchliche Handhabung kann nicht hingenommen werden.
Dabei kann hier auf sich beruhen, ob der Wohnwert in einem Fall dieser Art überhaupt auf die Eheleute aufzuteilen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 82/84 - a.a.O. S. 434). Der Rechenweg des Berufungsgerichts krankt jedenfalls daran, daß es die beiden Parteien zugerechneten Einkünfte unterschiedslos mit ihren vollen Beträgen in seine Differenzberechnung eingestellt hat. Denn der sich daraus ergebende "Erwerbstätigenbonus" ist ohne weiteres nur gerechtfertigt, soweit es sich um Erwerbseinkünfte handelt. Bei sonstigen Einkünften, wie sie hier in Gestalt der Gebrauchsvorteile (und der Kapitaleinkünfte) vorliegen, bedarf es besonderer Gründe (Senatsurteil vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 726/80 - FamRZ 1982, 894, 895 für Renteneinkommen; zum Wohnvorteil s.a. Graba a.a.O. S. 1726), für die hier nichts ersichtlich ist. Da die Gebrauchsvorteile mithin Einkommen sind, an dem die Klägerin zur Hälfte (und nicht mit einer davon abweichenden Quote) teilhat, stellt sich "nicht die Frage, ob sie ihr allein oder auch dem Beklagten als Einkommen zuzurechnen sind.
Da die Klägerin - wie ausgeführt - auch an den beiderseitigen Kapitaleinkünften zur Hälfte zu beteiligen ist, ist vielmehr lediglich sicherzustellen, daß dem Beklagten von seinen Erwerbseinkünften ein die Hälfte übersteigender Teil verbleibt (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265 = NJW 1988, 2369; vom 26. April 1989 - IVb ZR 59/88 - zur Veröffentlichung bestimmt). Das geschieht am einfachsten in der Weise, daß in einen aus der Summe sämtlicher Einkünfte beider Parteien gebildeten Bemessungsmaßstab, dessen Hälfte den Unterhaltsbedarf der Klägerin ergibt, das Erwerbseinkommen des Beklagten nur gekürzt, nach der vom Oberlandesgericht gewählten Quotierung zu 6/7, eingeworfen wird.
Für die Zeit ab Januar 1988 ergibt sich dann folgende Berechnung:
Erwerbseinkommen des Beklagten | 3.055 DM | ||
---|---|---|---|
./. berufsbedingte Aufwendungen | 285 DM | ||
2.770 DM | |||
davon 6/7 = rund | 2.374 DM | ||
Kapitaleinkünfte des Beklagten | 105 DM | ||
./. Hauslasten des Beklagten | 195 DM | 2.284 DM | |
Kapitaleinkünfte der Klägerin | 150 DM | ||
./. Hauslasten der Klägerin | 40 DM | 110 DM | |
Wohnwert | 600 DM | ||
zusammen: | 2.994 DM | ||
davon 1/2 als Unterhaltsbedarf | 1.497 DM | ||
gedeckt durch Bareinkünfte (netto) | 110 DM | ||
Wohnung | 600 DM | 710 DM | |
ungedeckter Bedarf | 787 DM |
c)
Dieser Betrag von monatlich 787 DM, der um etwa 50 DM monatlich hinter dem vom Oberlandesgericht für den fraglichen Zeitraum zugesprochenen Unterhalt zurückbleibt, bedarf jedoch der Korrektur, um ein angemessenes Ergebnis zu erzielen (vgl. dazu grundsätzlich Senatsurteil vom 27. April 1983 - IVb ZR 372/81 - FamRZ 1983, 678). Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann dem unterhaltsberechtigten Ehegatten in derartigen Fällen der Wohnvorteil nur mit einem unterhaltsrechtlich angemessenen Betrag angerechnet werden.
Dessen Obergrenze wird weithin mit etwa einem Drittel des Betrages angesetzt, den der Berechtigte für die Deckung seines Unterhaltsbedarfs insgesamt zur Verfügung hat (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1984, 1019, 1021; Unterhaltsrechtliche Leitlinie der Familiensenate des OLG München, Stand 1. Juli 1988, FamRZ 1988, 1021, unter 1.9; Unterhaltsrechtliche Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, Stand 1. Januar 1989, FamRZ 1989, 22 = NJW 1989, 83, unter A III. 2; Graba FamRZ 1985, 657, 658; Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 1986 S. 46 f; Borth in Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts/2. Aufl., Teil IV Rdn. 709, S. 786). Ein mit 600 DM angerechneter Wohnwert würde diesen Bruchteil deutlich überschreiten, da die Klägerin sonst neben dem errechneten Unterhalt von monatlich 787 DM nur über Nettoeinkünfte von monatlich 110 DM verfügt. Hingegen genügt der vom Oberlandesgericht zugesprochene Unterhalt von monatlich 835 DM dem Erfordernis der Angemessenheit. Zwar übersteigt auch ein nur mit etwa 550 DM monatlich angerechneter Wohnwert immer noch die Drittelgrenze. Jedoch ist zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, daß die Klägerin ihren beiden Töchtern Wohnung gewährt, für die deren Vater monatlich 700 DM Unterhalt zahlt. Es erscheint daher angemessen, wenn von diesem Betrag ein Teil für die Unterkunft der Töchter verwandt wird. Andererseits ist das vom Oberlandesgericht gefundene Ergebnis auch im Hinblick auf den Beklagten angemessen, da ihm von seinem Erwerbseinkommen mehr als die Hälfte verbleibt; daß sein Anteil 4/7 nicht erreicht, muß er angesichts der Bedürfnisse der Klägerin im Rahmen des Trennungsunterhalts hinnehmen.
d)
Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen ist auch der vom Oberlandesgericht für die Zeit vom 1. September 1986 bis zum 31. Dezember 1987 ermittelte Unterhaltsrückstand angemessen, so daß das angefochtene Urteil insgesamt den Angriffen beider Parteien standhält.
Portmann
Krohn
Zysk
Nonnenkamp