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Bundesgerichtshof
Urt. v. 01.10.1987, Az.: IX ZR 117/86

Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages; Feststellung der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden; Auslegung einer Vereinbarung über das Ruhegeld in einem Arbeitsaufhebungsvertrag; Beweislast bei der Geltendmachung von Schadensersatz im Anwaltshaftungsprozess; Voraussetzungen für eine Umkehr der Beweislast; Verletzung einer Dokumentationspflicht eines Rechtsanwalts

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
01.10.1987
Aktenzeichen
IX ZR 117/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1987, 13026
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Köln - 08.04.1986
LG Köln

Fundstellen

  • DB 1988, 1747 (amtl. Leitsatz)
  • MDR 1988, 226-227 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1988, 200-204 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

1. Dr. Gert C.

2. Klaus B.

3. Kurt Ba.,

4. Dr. Rüdiger S.

5. Monika E.

6. Manfred H.

7. Werner M. M.

Sämtlich: Ho.-..., K.

Prozessgegner

1. Dieter W.

2. Ida W. geborene L.

Beide wohnhaft: Alte K. Straße ..., R.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Der Anwaltsvertrag kann Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten begründen.

  2. b)

    Ob eine vom Mandanten gewünschte, aber dem Verhandlungsergebnis nicht entsprechende Vereinbarung zustande gekommen wäre, wenn der mit der Anfertigung des Vertragsentwurfs beauftragte Rechtsanwalt den Vertragstext unmißverständlich im Sinne des Mandanten formuliert hätte, muß im Anwaltshaftungsprozeß grundsätzlich der Mandant beweisen. Dabei kann ihm der Beweis durch § 252 Satz 2 BGB erleichtert sein.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 1987
durch
den Vorsitzenden Richter Merz und
die Richter Zorn, Henkel, Fuchs und Winter
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. April 1986 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger verlangen von den beklagten Rechtsanwälten Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages.

2

Der Kläger zu 1, der mit der Klägerin zu 2 verheiratet ist, war seit 13. April 1955 Angestellter der St.-AG (im folgenden: Arbeitgeberin), zuletzt Leiter der Abteilung Straßenbau/Ausland. Im Laufe des Jahres 1980 kam es zu Verhandlungen über eine vorzeitige vertragliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die beiderseits durch Anwälte geführt wurden. Der Kläger zu 1 hatte damit die in einer Sozietät verbundenen Beklagten beauftragt; wahrgenommen wurde das Mandat durch den Beklagten zu 3.

3

Gegenstand der Verhandlungen waren unter anderem Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Arbeitgeberin hatte dem Kläger zu 1 erstmals am 19. Dezember 1963 eine Ruhegeldzusage erteilt, deren Inhalt sich zuletzt nach den Richtlinien der Arbeitgeberin für Ruhegeldzusagen vom 20. Dezember 1977 bestimmte. Danach gewährt die Arbeitgeberin das zugesagte Ruhegeld nach einer zehnjährigen anrechnungsfähigen Dienstzeit als Altersrente, vorgezogene Altersrente, Invalidenrente und Witwenrente (§ 2 der Richtlinien). Die Altersrente wird dem Mitarbeiter gewährt, wenn er die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht hat und aus den Diensten der Arbeitgeberin ausgeschieden ist (§ 3). Sie errechnet sich nach einem in der Ruhegeldzusage festgesetzten Grundbetrag, der sich nach Erfüllung der Wartezeit von 10 Dienstjahren für jedes weitere Dienstjahr erhöht, bis nach 20 Dienstjahren die Höchstgrenze von 150 % des zugesagten Grundbetrages erreicht ist; auf den so errechneten Betrag werden andere, in den Richtlinien näher bezeichnete Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung sowie unter bestimmten Umständen Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet (§ 7). Vorgezogene Altersrente erhält ein ausgeschiedener Mitarbeiter, der bereits vor Erreichen der Altersgrenze ein vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht oder - sofern er nicht rentenversichert ist - die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt (§ 4); die Berechnung der vorgezogenen Altersrente entspricht im wesentlichen der der Altersrente, jedoch wird das Ruhegeld für jeden Monat des Rentenbeginns vor Vollendung des 65. Lebensjahres um 0,5 %, höchstens um 12 %, gekürzt (§ 8). Die Invalidenrente wird im Falle der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit des Mitarbeiters gewährt (§ 5). Die Witwenrente schließlich wird der Witwe eines verstorbenen Mitarbeiters unter den in den Richtlinien bestimmten Voraussetzungen in Höhe von 50 % des Ruhegeldes gewährt, auf das der Mitarbeiter im Zeitpunkt seines Todes einen Anspruch oder eine Anwartschaft hatte (§ 6). Den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens des Mitarbeiters regelt § 11 der Richtlinien wie folgt:

"Für unverfallbare Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden aus der Firma gelten die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974."

4

Nach § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes haben ein vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschiedener Arbeitnehmer und seine Hinterbliebenen lediglich einen Anspruch in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres entspricht. Der Kläger wollte in den Verhandlungen mit der Arbeitgeberin erreichen, daß diese zeitanteilige Kürzung des Ruhegeldes bei seinem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht stattfinde, vielmehr bei Eintritt des Versorgungsfalles das volle Ruhegeld gewährt werde.

5

Da die Bemühungen der Anwälte nicht zu einer Einigung führten, verhandelte der Kläger zu 1 im Dezember 1980 unmittelbar mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Arbeitgeberin, Dr. Ha.. Bei diesem Gespräch, an dem die Anwälte nicht teilnahmen, verständigten sich die Beteiligten über die Bedingungen einer vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Streitig ist, ob dabei Einigkeit darüber erzielt wurde, daß dem Kläger zu 1 ungeachtet seines vorzeitigen Ausscheidens im Versorgungsfall das volle Ruhegeld zustehen solle. Unstreitig ist dagegen, daß anläßlich dieser Verhandlungen verabredet wurde, der Kläger zu 1 solle ungeachtet seines Ausscheidens zum 31. Dezember 1980 noch an der von der Arbeitgeberin für das Jahr 1981 geplanten Erhöhung der Grundbeträge des Ruhegeldes teilnehmen; diese Abrede sollte jedoch nicht in die noch abzuschließende schriftliche Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgenommen werden, weil sie von den Ruhegeldrichtlinien abwich. Im übrigen verabredeten der Kläger zu 1 und Dr. Ha., daß ihre Anwälte das Verhandlungsergebnis in einer schriftlichen Vereinbarung niederlegen und den Auflösungsvertrag verbindlich abschließen sollten.

6

Dementsprechend unterrichtete der Kläger zu 1 den Beklagten zu 3 im Anschluß an die Verhandlung telefonisch über das Verhandlungsergebnis und beauftragte ihn, einen schriftlichen Vertrag zu entwerfen und mit dem Anwalt der Arbeitgeberin abzuschließen. Dabei informierte er den Beklagten zu 3 unter anderem dahin, es sei verabredet worden, daß er ungeachtet seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis das Ruhegeld in voller Höhe erhalten solle.

7

Der Beklagte zu 3 formulierte daraufhin eine schriftliche Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1980, die am 22. Dezember 1980 von ihm und dem bevollmächtigten Anwalt der Arbeitgeberin unterzeichnet wurde. Über das Ruhegeld wurde darin folgendes bestimmt:

"Durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden erworbene Ansprüche aus der betrieblichen Versorgungszusage nicht berührt."

8

Die Arbeitgeberin erhöhte zwar, wie zwischen dem Kläger zu 1 und Dr. Ha. mündlich vereinbart, den für die Ruhegeldberechnung maßgebenden Grundbetrag auf 2.175 DM monatlich, teilte dem Kläger zu 1 jedoch mit Schreiben vom 17. Februar 1981 mit, daß er aufgrund seines vorzeitigen Ausscheidens bei Vollendung des 65. Lebensjahres lediglich einen zeitanteilig gekürzten Rentenanspruch von monatlich 1.477 DM habe, auf den nach den Ruhegeldrichtlinien der Anspruch aus einer von der Arbeitgeberin abgeschlossenen Gruppenlebensversicherung mit 34 DM anzurechnen sei; die zu erwartenden Leistungen bei Eintritt des Versorgungsfalles durch Invalidität oder Tod vor Vollendung des 65. Lebensjahres würden grundsätzlich nach Eintritt des Versorgungsfalles in entsprechender Weise berechnet, seien jedoch nicht höher als der Betrag, den der Kläger zu 1 oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt seines Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre. Die daraufhin vom Kläger zu 1 im Arbeitsgerichtsverfahren erhobene Klage auf Feststellung, daß seine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung monatlich 2.175 DM betrage, wurde rechtskräftig abgewiesen. Die mit der Sache befaßten Arbeitsgerichte sahen aufgrund der Zeugenaussagen nicht als erwiesen an, daß sich der Kläger mit den Vertretern der Arbeitgeberin dahin geeinigt habe, ihm solle ungeachtet seines vorzeitigen Ausscheidens das volle Ruhegeld zustehen. Den schriftlichen Vertragstext legten sie nach seinem objektiven Erklärungsinhalt dahin aus, daß sich aus ihm die Vereinbarung einer über § 11 der Ruhegeldrichtlinien hinausgehenden Anwartschaft des Klägers zu 1 nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lasse.

9

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, der Beklagte zu 3 habe die schriftliche Vereinbarung vom 22. Dezember 1980 hinsichtlich des Ruhegeldes nicht entsprechend der ihm erteilten Information über das Verhandlungsergebnis klar und eindeutig formuliert und dadurch verschuldet, daß die Kläger nur eine zeitanteilig gekürzte Ruhegeldanwartschaft gegen die Arbeitgeberin durchsetzen könnten. Ihrem Antrag,

festzustellen,

  1. 1.

    daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger zu 1 denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm nach Erreichen des 65. Lebensjahres dadurch entsteht, daß die ihm durch die Arbeitgeberin zu zahlende betriebliche Altersrente von einer durch den Kläger zu 1 erworbenen unverfallbaren Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung in Höhe von 1.477 DM und nicht in Höhe von 2.175 DM ausgeht,

  2. 2.

    daß die Beklagten als Gesamtschuldner ferner verpflichtet sind, der Klägerin zu 2 denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr im Falle des Vorversterbens des Klägers zu 1 dadurch entsteht, daß die ihr durch die Arbeitgeberin zu zahlende betriebliche Witwenrente von einer durch den Kläger zu 1 erworbenen unverfallbaren Anwartschaft auf die betriebliche Altersversorgung in Höhe von 1.477 DM und nicht in Höhe von 2.175 DM monatlich ausgeht,

10

gab das Landgericht statt. Die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht zurück.

11

Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet.

13

1.

Das Berufungsgericht billigt die Auffassung des Landgerichts, die Feststellungsklage sei gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, und verweist insoweit gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf dessen Entscheidungsgründe. Das ist rechtlich zutreffend und wird von der Revision auch nicht beanstandet.

14

2.

Das Berufungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Landgericht die mit der Feststellungsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Kläger für begründet, weil der Beklagte zu 3 den Anwaltsvertrag mit dem Kläger zu 1 schlecht erfüllt habe und dadurch die Kläger geschädigt worden seien. Die dazu gegebene Begründung hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.

15

a)

Zwischen dem Kläger zu 1 und den Beklagten bestand ein Anwaltsvertrag, der die Beklagten verpflichtete, die Interessen des Klägers zu 1 in den Verhandlungen mit seiner Arbeitgeberin über eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses wahrzunehmen. Sie hatten aufgrund des ihnen erteilten Auftrages darauf hinzuwirken, daß durch den angestrebten Vertrag über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die in den Ruhegeldrichtlinien der Arbeitgeberin für den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens eines Mitarbeiters vorgesehene zeitanteilige Kürzung der Ruhegeldanwartschaft ausgeschlossen und ungeachtet des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers zu 1 für den Versorgungsfall der volle Ruhegeldanspruch gewährleistet wurde. Das schloß die Verpflichtung ein, in den Entwurf des schriftlichen Aufhebungsvertrages eine eindeutig formulierte Vereinbarung des vom Kläger zu 1 gewünschten Inhalts aufzunehmen, nachdem der Kläger zu 1 den Beklagten zu 3 im Dezember 1980 informiert hatte, er habe sich mit dem Vorstandsvorsitzenden seiner Arbeitgeberin entsprechend geeinigt, und ihn mit dem Entwurf und Abschluß eines Aufhebungsvertrages auf der Grundlage des mitgeteilten Verhandlungsergebnisses beauftragt hatte. Das nimmt das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet an.

16

b)

Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist auch die weitere vom Berufungsgericht gebilligte Würdigung des Landgerichts, daß der Beklagte zu 3 die Verpflichtung, die vom Kläger zu 1 gewünschte Vereinbarung über das Ruhegeld eindeutig zu formulieren, schlecht erfüllt und damit eine fahrlässige Vertragsverletzung begangen hat. Diese im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung wird von der Revision ebenfalls nicht angegriffen.

17

c)

Das Berufungsgericht nimmt ferner übereinstimmend mit dem Landgericht an, der Beklagte zu 3 habe mit der unklaren Formulierung der Vereinbarung über das Ruhegeld nicht nur Vertragspflichten gegenüber dem Kläger zu 1, sondern auch gegenüber der Klägerin zu 2 verletzt. Die Klägerin zu 2 sei zwar nicht Vertragspartnerin der Beklagten gewesen; der vom Kläger zu 1 abgeschlossene Anwaltsvertrag stelle jedoch einen Vertrag mit Schutzwirkung auch zu ihren Gunsten dar. Durch die vom Kläger zu 1 angestrebte Vereinbarung über das Ruhegeld sei nämlich auch die Anwartschaft auf die nach den Richtlinien der Arbeitgeberin ihr zustehende Witwenrente unmittelbar betroffen worden. Für die Beklagten sei deshalb erkennbar gewesen, daß sie insoweit aufgrund des vom Kläger zu 1 erteilten Mandats auch die Interessen der Klägerin zu 2 wahrzunehmen hätten.

18

Das läßt Rechtsfehler nicht erkennen (vgl. Senatsurt. v. 10. Oktober 1985 - IX ZR 153/84, ZIP 1985, 1495, 1496) und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

19

d)

Zutreffend und von der Revision unbeanstandet billigt das Berufungsgericht schließlich die Auffassung des Landgerichts, daß alle in einer Sozietät verbundenen Beklagten für die schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 haften, sofern den Klägern dadurch ein Schaden entstanden ist (BGHZ 56, 355 ff; st. Rspr.).

20

e)

Der von den Klägern geltend gemachte Schaden besteht darin, daß ihre Ansprüche auf Altersrente und Witwenrente bei Eintritt des Versorgungsfalls nach einem Grundbetrag von 1.477 DM monatlich statt von 2.175 DM monatlich berechnet werden; das steht aufgrund des im Arbeitsgerichtsverfahren ergangenen Urteils im Verhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und der Arbeitgeberin rechtskräftig fest. Das Berufungsgericht nimmt in Übereinstimmung mit dem Landgericht an, daß dieser Schaden durch die schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 verursacht worden sei. Es führt aus, ein Schaden könne den Klägern aus der mangelnden Klarheit des von dem Beklagten zu 3 formulierten Vertrages in Zukunft nur entstehen, wenn eine anderweitige Formulierung, welche den Wunsch des Klägers, eine zeitanteilige Kürzung der Rente infolge des vorzeitigen Ausscheidens auszuschließen, eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte, von der Arbeitgeberin akzeptiert worden wäre. Das lasse sich aufgrund der Aussage des Zeugen Dr. Ha. nicht eindeutig beantworten. Den Nachteil davon, daß im Nachhinein nicht mehr geklärt werden könne, wie die Arbeitgeberin sich entschieden hätte, hätten die Beklagten zu tragen. Zwar obliege grundsätzlich demjenigen, der Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung fordere, der Beweis dafür, daß die Pflichtverletzung den behaupteten Schaden verursacht habe. Die Rechtsprechung erkenne jedoch Ausnahmen von dieser Regel an. Eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang trete ein, wenn ein Arzt einen groben Behandlungsfehler begangen habe, der geeignet sei, einen Schaden herbeizuführen, wie er tatsächlich eingetreten sei. Ebenso sei es bei einer groben Verletzung sonstiger Berufspflichten, die ähnlich wie beim Arztberuf auf die Bewahrung anderer vor Gefahren für Körper und Gesundheit gerichtet seien. Darüber hinaus werde bei Verletzungen einer vertraglichen Aufklärungs- oder Beratungspflicht dem Verletzer die Beweislast für die Frage aufgebürdet, wie der andere Teil gehandelt hätte, wenn er pflichtgemäß ins Bild gesetzt geworden wäre. Im vorliegenden Fall sei eine vergleichbare Interessenlage gegeben. Hätte der Beklagte zu 3 pflichtgemäß die Vereinbarung vom 22. Dezember 1980 dahin formuliert, daß der Kläger zu 1 hinsichtlich der Ansprüche aus der betrieblichen Versorgungszusage so gestellt werden solle, als wäre er erst mit 65 Jahren aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, so hätte die Arbeitgeberin schon bei Abschluß des Auflösungsvertrages eindeutig dazu Stellung nehmen müssen, ob sie in diesem Punkt den Wünschen des Klägers zu 1 nachkommen wolle. Die Kläger wären dann der Notwendigkeit enthoben, nachträglich den Nachweis führen zu müssen, daß die Entscheidung der Arbeitgeberin zugunsten des Klägers zu 1 ausgefallen wäre. Der Beklagte zu 3 habe mithin durch sein pflichtwidriges Verhalten das Risiko eines nicht voll aufklärbaren Sachverhalts geschaffen. Zweck seiner Verpflichtung, den Auflösungsvertrag unmißverständlich zu formulieren, sei es aber gerade auch gewesen, den Mandanten vor einer solchen Beweisnot zu bewahren. Der mit der Pflicht zu einer unmißverständlichen Vertragsformulierung verfolgte Schutzzweck würde verfehlt, wollte man hier den Klägern die Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden aufbürden.

21

Gegen diese Ausführungen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.

22

aa)

Das Berufungsgericht unterscheidet nicht ausreichend zwischen drei Sachverhaltsvarianten, für die sich die Frage nach dem Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden sowie der Beweislast dafür in unterschiedlicher Weise stellt.

23

(1)

Die Kläger behaupten, der Kläger zu 1 habe sich in einem der schriftlichen Niederlegung des Vertragsinhalts vorausgehenden Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Arbeitgeberin dahin geeinigt, daß ihm ungeachtet seines vorzeitigen Ausscheidens im Versorgungsfall das volle Ruhegeld zustehen solle. Das entspricht der Information, die der Kläger zu 1 dem Beklagten zu 3 unstreitig im Anschluß an das Gespräch erteilte, als er ihn beauftragte, das Verhandlungsergebnis in einem schriftlichen Vertragsentwurf niederzulegen. Die Kläger behaupten ferner, auch zwischen dem Beklagten zu 3, der den schriftlichen Auflösungsvertrag unterzeichnete, und dem Rechtsanwalt, der als Bevollmächtigter der Arbeitgeberin unterschrieb, habe Einigkeit bestanden, daß dem Kläger zu 1 die volle Rentenanwartschaft erhalten bleiben solle. In diesem Sinne sei die von dem Beklagten zu 3 formulierte Vertragsbestimmung über die Ansprüche aus der betrieblichen Versorgungszusage übereinstimmend verstanden worden. Entsprechend hatte der Kläger zu 1 auch schon im Arbeitsgerichtsverfahren vorgetragen.

24

Nach diesem Vorbringen kann die vom Kläger zu 1 erstrebte Vereinbarung über das Ruhegeld materiell-rechtlich zustande gekommen sein. Die unzulängliche Formulierung der Vereinbarung durch den Beklagten zu 3 wäre materiell-rechtlich gegenüber einer Willensübereinstimmung der beiden Abschlußvertreter, auf die es gemäß § 166 Abs. 1 BGB in erster Linie ankäme, oder einer Willensübereinstimmung der Vollmachtgeber - also des Klägers zu 1 und des Vorstandsvorsitzenden der Arbeitgeberin -, auf die gemäß § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB abzustellen wäre, ohne Bedeutung. Ein übereinstimmender Wille der Vertragspartner ist nämlich rechtlich auch dann allein für die Auslegung maßgebend, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (vgl. Senatsurt. v. 26. Februar 1987 - IX ZR 98/86, WM 1987, 659, 660). Folgerichtig ist im Arbeitsgerichtsprozeß darüber Beweis erhoben worden, ob die behauptete Willensübereinstimmung bestanden hat. Die mit der Sache befaßten Arbeitsgerichte sind nur deshalb vom objektiven Erklärungswert der vom Beklagten zu 3 formulierten Vertragsklausel ausgegangen, weil sie die Willensübereinstimmung aufgrund der Zeugenaussagen nicht als bewiesen angesehen haben. Dadurch war das Berufungsgericht jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht gehindert, diese Frage erneut zu prüfen; die arbeitsgerichtliche Entscheidung hat insoweit für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bindungswirkung.

25

Würde festgestellt, daß sich die Vertragsparteien bei Vertragsschluß darüber einig waren, dem Kläger zu 1 solle ungeachtet der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Versorgungsfall das volle Ruhegeld zustehen, bestände der durch die Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 verursachte Schaden darin, daß der Kläger zu 1 aufgrund der unklaren Vertragsformulierung durch den Beklagten zu 3 sein an sich bestehendes Recht nicht nachweisen konnte und deshalb den Prozeß verloren hat. Der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 und diesem Schaden stände dann aufgrund des unstreitigen Verlaufs des Arbeitsgerichtsprozesses fest; die vom Berufungsgericht erörterte Frage der Beweislast stellte sich nicht.

26

Die Beklagten haben indessen zulässigerweise bestritten, daß die von den Klägern behauptete Willensübereinstimmung bestanden habe. Das Landgericht hat die Frage ausdrücklich offen gelassen, das Berufungsgericht hat dazu ebenfalls keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Beklagten muß daher für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, daß die von den Klägern behauptete Willensübereinstimmung nicht bestanden hat.

27

(2)

Beide Vorinstanzen haben sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die von dem Beklagten zu 3 formulierte Vereinbarung über das Ruhegeld im Arbeitsgerichtsprozeß richtig ausgelegt worden ist. Auch insoweit besteht im vorliegenden Rechtsstreit keine Bindung an das Ergebnis des Arbeitsgerichtsverfahrens. Wäre die Vereinbarung nach Auffassung der im Anwaltshaftungsprozeß entscheidenden Gerichte zutreffend dahin auszulegen, daß sie trotz nicht eindeutiger Formulierung nach ihrem objektiven Erklärungswert im Versorgungsfall einen Anspruch auf das volle Ruhegeld gewährt, wäre die vom Kläger zu 1 erstrebte Vereinbarung über das Ruhegeld materiell-rechtlich ebenfalls zustande gekommen. Der Schaden bestände dann darin, daß der Kläger zu 1 sich mit der an sich zutreffenden Auslegung wegen der nicht genügend eindeutigen Vertragsformulierung durch den Beklagten zu 3 im Arbeitsrechtsstreit nicht durchsetzen konnte. Auch in diesem Fall wäre der Ursachenzusammenhang zwischen der Verletzung der Anwaltspflicht, den vom Mandanten gewünschten Vertragsinhalt im schriftlichen Vertragstext eindeutig zum Ausdruck zu bringen, und dem Verlust des Arbeitsrechtsstreits nicht zweifelhaft. Auf die Beweislast käme es nicht an.

28

Auch von diesem Sachverhalt kann der Senat indessen nicht ausgehen. Wie auch die Revision nicht bezweifelt, ist die von dem Beklagten zu 3 formulierte Vereinbarung über das Ruhegeld unklar und auslegungsbedürftig. Die Auslegung einer Individualvereinbarung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Die Auslegung der Vereinbarung nach ihrem objektivem Erklärungswert durch die Arbeitsgerichte ist rechtlich möglich. Das Berufungsgericht setzt sie als zutreffend voraus, ohne sich selbst mit dem Vertragstext auseinanderzusetzen. Daher muß auch für das Revisionsverfahren diese Auslegung als richtig unterstellt werden.

29

(3)

Das Revisionsgericht muß mithin davon ausgehen, daß die vom Kläger zu 1 erstrebte Vereinbarung über das Ruhegeld nicht zustande gekommen ist. In diesem Fall stellt sich die Frage nach dem Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden anders als bei den zuvor erörterten Sachverhaltsvarianten. Der Kläger zu 1 hat dann nämlich die von ihm angestrebte Vereinbarung über ein volles Ruhegeld nicht erzielt. Für diesen Nachteil wäre die Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 nur dann ursächlich, wenn die angestrebte Vereinbarung zustande gekommen wäre, falls der Beklagte zu 3 eine eindeutige Vertragsformulierung in dem vom Kläger zu 1 gewünschten Sinne vorgeschlagen hätte. Das hängt davon ab, ob sich die Arbeitgeberin auf eine solche von ihren Ruhegeldrichtlinien abweichende Versorgungszusage eingelassen hätte.

30

bb)

Für diese Frage kommt es allerdings entgegen der Auffassung der Revision auf die vom Berufungsgericht erörterte Verteilung der Beweislast an. Das Berufungsgericht hat nämlich nach Beweisaufnahme als ungeklärt angesehen, ob die Arbeitgeberin der vom Kläger zu 1 angestrebten Ruhegeldvereinbarung zugestimmt hätte.

31

Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Aussage des Zeugen Dr. Haustein aus dem vorliegenden Rechtsstreit rechtsfehlerhaft und unzureichend gewürdigt und dadurch § 286 ZPO verletzt, greift nicht durch. Mit ihren Angriffen gegen die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht setzt die Revision lediglich ihre eigene abweichende Würdigung des Beweisergebnisses der Auffassung des Berufungsgerichts entgegen, zeigt aber keinen Rechtsfehler auf. Damit kann sie im Revisionsverfahren nicht durchdringen.

32

Soweit die Revision ferner als Verletzung des § 286 ZPO rügt, daß das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen Dr. Ha. aus dem Arbeitsrechtsstreit übergangen habe, hat sie auch damit keinen Erfolg. Sie verkennt dabei nämlich, daß der Zeuge Dr. Ha. im Arbeitsrechtsstreit über eine andere Beweisfrage vernommen worden ist als die, auf die es im vorliegenden Zusammenhang ankommt: Im Arbeitsrechtsstreit ging es - wie schon oben dargelegt wurde - um die Frage, ob bei der Verhandlung zwischen dem Kläger zu 1 und dem Zeugen im Dezember 1980 eine Einigung dahin erzielt wurde, daß dem Kläger zu 1 trotz der vorzeitigen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Versorgungsfall das volle Ruhegeld zustehen solle. Beweisfrage war also, ob tatsächlich im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine entsprechende Willensübereinstimmung der Vertragspartner bestanden habe. Diese Frage, über die sich die Aussage im Arbeitsrechtsstreit allein verhält, hat der Zeuge damals verneint. Demgegenüber wird hier unterstellt, daß eine tatsächliche Einigung der Vertragspartner nicht stattgefunden hat. Beweisgegenstand ist die hypothetische Frage, ob die vom Kläger zu 1 angestrebte Vereinbarung zustande gekommen wäre, wenn der Beklagten zu 3 in seinen schriftlichen Vertragsentwurf eine eindeutige Klausel des vom Kläger zu 1 gewünschten Inhalts aufgenommen hätte. Zu dieser hypothetischen Frage ergibt die Aussage des Zeugen Dr. Ha. aus dem Arbeitsrechtsstreit nichts; darüber verhält sich vielmehr seine Aussage aus dem vorliegenden Rechtsstreit, mit der sich das Berufungsgericht folgerichtig allein auseinandersetzt.

33

Auch für das Revisionsverfahren ist mithin davon auszugehen, daß ungeklärt ist, ob sich die Arbeitgeberin auf eine Ruhegeldvereinbarung des vom Kläger zu 1 gewünschten Inhalts eingelassen hätte.

34

cc)

Entgegen der Meinung der Revisionserwiderung kann die Frage nach der Beweislast für diesen Punkt auch nicht deshalb offenbleiben, weil der Kläger zu 1 bei Ablehnung der von ihm gewünschten Ruhegeldvereinbarung durch die Arbeitgeberin möglicherweise eine höhere Abfindung für die Aufgabe des Arbeitsplatzes ausgehandelt hätte. Mit der Klage verlangen die Kläger, gerade so gestellt zu werden, als wäre die vom Kläger zu 1 erstrebte Ruhegeldvereinbarung zustande gekommen. Für diesen Anspruch kommt es aber nur darauf an, ob die Ruhegeldvereinbarung ohne das Verschulden des Beklagten zu 3 abgeschlossen worden wäre; unerheblich ist, ob die Kläger möglicherweise durch die Vertragsverletzung einen anderen Vermögensschaden erlitten haben.

35

dd)

Mit Recht wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht den Beklagten die Beweislast für die Frage auferlegt hat, ob die Arbeitgeberin sich bei einer eindeutigen Vertragsformulierung durch den Beklagten zu 3 auf die vom Kläger zu 1 gewünschte Ruhegeldvereinbarung eingelassen hätte. Grundsätzlich muß die Partei, die Schadensersatz verlangt, den Ursachenzusammenhang zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem geltend gemachten Schaden beweisen; das gilt auch im Anwaltshaftungsprozeß. Das Berufungsgericht legt allerdings zutreffend dar, daß es Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt. Für den hier zu beurteilenden Sachverhalt ist jedoch eine Beweislastumkehr nicht anzuerkennen.

36

Einem Teil der Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadensfolge zu Lasten des Verletzers angenommen hat, ist gemeinsam, daß ein schuldhaft grober Verstoß gegen Berufspflichten vorlag, die andere vor Gefahren für Körper und Gesundheit schützen sollten, und eine Schädigung eingetreten war, die zu den typischen Folgen einer solchen Pflichtverletzung gehörte (vgl. für grobe ärztliche Behandlungsfehler BGH, Urt. v. 11. April 1967 - VI ZR 61/66, NJW 1967, 1508; v. 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68, NJW 1970, 1230, 1231; v. 9. Mai 1978 - VI ZR 81/77, NJW 1978, 1683, 1684 [BGH 09.05.1978 - VI ZR 81/77]; für andere grobe Verletzungen von Berufspflichten vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1962 - VI ZR 142/61, NJW 1962, 959 ff; v. 10. November 1970 - VI ZR 83/69, NJW 1971, 241, 243). Zu dieser Fallgruppe gehört der vorliegende Sachverhalt nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die unklare Formulierung des Vertragsentwurfs durch den Beklagten zu 3 als grobe Verletzung einer Berufspflicht gewertet werden kann. Jedenfalls war die verletzte Berufspflicht nicht auf die Bewahrung anderer vor Gefahren für Körper und Gesundheit gerichtet. Ob die grobe Verletzung von Berufspflichten, die den Schutz anderer Rechtsgüter bezwecken, ebenfalls die Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang rechtfertigen kann, bedarf hier ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung. Keinesfalls kann nämlich darauf verzichtet werden, daß die eingetretene Schadensfolge einem typischen Geschehensablauf entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 21. Oktober 1969 - VI ZR 82/68 - aaO). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Wie sich ein Verhandlungspartner verhält, wenn ihm ein schriftlicher Vertragsentwurf vorgelegt wird, der zu seinen Lasten vom bisherigen Verhandlungsergebnis, so wie er es zutreffend verstanden hat, abweicht, entzieht sich einer typisierenden Beurteilung. Die Feststellung eines typischen Geschehensablaufs ist insoweit nicht möglich. Deshalb greift nicht einmal ein Beweis des ersten Anscheins für den Ursachenzusammenhang ein (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 1978 - VIII ZR 263/76, NJW 1978, 2197 [BGH 31.05.1978 - VIII ZR 263/76]).

37

Die in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannte Beweislastumkehr bei Verletzungen einer vertraglichen Hinweis- oder Beratungspflicht beruht auf der Erwägung, daß in diesen Fällen mit dem pflichtwidrig geschaffenen Verletzungsrisiko typischerweise das beweisrechtliche Risiko der Unaufklärbarkeit des Ursachenzusammenhangs verbunden ist. Der Zweck solcher Vertragspflichten wird daher auch darin gesehen, Klarheit zu schaffen, wie sich der Berechtigte verhält, wenn ihm die geschuldete Belehrung zuteil geworden ist; es entspricht deshalb dem Schutzzweck der verletzten Pflicht, dem Berechtigten die in Fällen dieser Art häufig auftretende Beweisnot abzunehmen (vgl. BGHZ 61, 118, 121 ff; BGH, Urt. v. 1. Juli 1980 - VI ZR 112/79, NJW 1980, 2186, 2187). Auch dieser Gesichtspunkt rechtfertigt jedoch im vorliegenden Fall keine Beweislastumkehr für den Ursachenzusammenhang. Die Anwaltspflicht, einen Vertragsentwurf entsprechend den Wünschen des Mandanten eindeutig zu formulieren, hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht den Zweck, dem Mandanten im Anwaltshaftungsprozeß das Beweisrisiko dafür abzunehmen, ob sich der Verhandlungspartner auf die vom Mandanten zwar gewünschte, aber vom bisherigen Verhandlungsergebnis abweichende Vertragsregelung eingelassen hätte. Der Zweck der Pflicht zur eindeutigen Formulierung kann vielmehr nur darin gesehen werden, für den Fall des Vertragsschlusses die Rechte und Pflichten der Vertragspartner im Interesse des Mandanten unzweideutig festzulegen und dadurch dem Streit und Beweisschwierigkeiten bezüglich des Vertragsinhalts vorzubeugen. Dieser Schutzzweck der verletzten Anwaltspflicht berührt die hier zu beurteilende Beweislastfrage nicht.

38

Auch der von der Rechtsprechung für bestimmte Vertrags-Verhältnisse entwickelte Grundsatz, daß den Schuldner ausnahmsweise die Beweislast für den mangelnden Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden trifft, wenn die im einzelnen nicht zu ermittelnde Schadensursache innerhalb seines Gefahren- und Verantwortungsbereichs liegt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18. September 1968 - I ZR 22/67, NJW 1968, 2240), ist hier unanwendbar. Diese Beweislastverteilung rechtfertigt sich daraus, daß der Gläubiger die Vorgänge im Organisations- und Gefahrenbereich des Schuldners nicht wie dieser überblicken kann und sich im allgemeinen darauf verläßt, daß der Schuldner alles tun werde, um die mit seiner Leistung typischerweise verbundenen Gefahren fernzuhalten. Diese Gesichtspunkte treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Die Entscheidung der Arbeitgeberin des Klägers zu 1, einem zwar eindeutig in dessen Sinne formulierten, aber vom bisherigen Verhandlungsergebnis abweichenden Vertragsentwurf zuzustimmen oder ihn abzulehnen, gehört nicht zum Gefahren- und Verantwortungsbereich der Beklagten. Die Beweislage ist insoweit für die Kläger nicht schwieriger als für die Beklagten.

39

Schließlich kommen auch die bei Verletzungen einer Dokumentationspflicht unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung möglichen Beweiserleichterungen (vgl. dazu Senatsurt. v. 15. November 1984 - IX ZR 157/83, NJW 1986, 59, 60 ff) hier nicht in Betracht. Denn die unklare Formulierung eines Vertragsentwurfs durch einen Rechtsanwalt stellt keine Verletzung einer Dokumentationspflicht dar.

40

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß es nicht sach- und interessengerecht wäre, den Klägern den Beweis dafür vollständig abzunehmen, daß sich die Arbeitgeberin des Klägers zu 1 bei eindeutiger Formulierung der das Ruhegeld betreffenden Vertragsklausel durch den Beklagten zu 3 auf eine Vertragsgestaltung eingelassen hätte, die zu ihren Lasten vom bisherigen Verhandlungsergebnis abwich.

41

f)

Den Klägern wird mit dieser Beurteilung kein unbilliges Beweisrisiko auferlegt. Der Beweis des hier streitigen Ursachenzusammenhangs wird ihnen nämlich - was das Berufungsgericht nicht erörtert hat - durch andere Beweisregeln erleichtert.

42

Eine Beweiserleichterung gilt gemäß § 252 Satz 2 BGB für den Nachweis entgangenen Gewinns. Unter diesen Begriff fallen alle Vermögensvorteile, die im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht zum Vermögen des Verletzten gehörten, die ihm aber ohne dieses Ereignis zugeflossen wären (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 46. Aufl. § 252 Anm. 1 a; MünchKomm/Grunsky, BGB 2. Aufl. § 252 Rdnr. 3). Dazu würde auch ein den Klägern entgangener Anspruch auf Ruhegeld, der die nach den Ruhegeldrichtlinien der Arbeitgeberin bestehende Anwartschaft übersteigt, gehören, sofern die Kläger diesen erhöhten Anspruch bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten zu 3 erworben hätten. Nach § 252 Satz 2 BGB gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Danach ist die volle Gewißheit der Gewinnerzielung nicht erforderlich; es genügt der Nachweis der Wahrscheinlichkeit, das heißt, es muß nach den Umständen des Falles wahrscheinlicher sein, daß der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden wäre, als daß er nicht erzielt worden wäre. Ist ersichtlich, daß der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, dann wird vermutet, daß er gemacht worden wäre; der Verletzer trägt dann die Beweislast dafür, daß der Gewinn gleichwohl nicht erzielt worden wäre (BGHZ 29, 393, 398; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1963 - V ZR 186/61, NJW 1964, 661, 662; Senatsurt. v. 5. Februar 1987 - IX ZR 161/85, ZIP 1987, 601, 606). Voraussetzung für diese Beweiserleichterung ist allerdings, daß der Schadensersatz fordernde Kläger zunächst die Tatsachen darlegt und im Streitfall beweist, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit der Gewinnerzielung ergeben soll; insoweit trägt er die volle, nur durch § 287 ZPO gemilderte Beweislast (vgl. BGHZ 54, 45, 55 ff; BGH, Urt. v. 22. Februar 1973 - VI ZR 15/72, NJW 1973, 700, 701).

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Im vorliegenden Falle können die Kläger die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Arbeitgeberin bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten zu 3 auf die vom Kläger zu 1 gewünschte Ruhegeldregelung eingelassen hätte, nicht aus dem gewöhnlichen Lauf der Dinge herleiten. Wie schon oben dargelegt wurde, ist ein typischer Geschehensablauf, der ein Wahrscheinlichkeitsurteil über die Reaktion der Arbeitgeberin auf die Vorlage eines vom bisherigen Verhandlungsergebnis abweichenden Vertragsentwurfs ermöglichen würde, nicht gegeben. Nach dem Vortrag der Kläger ist es jedoch nicht ausgeschlossen, daß die besonderen Umstände des Falles eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für den von den Klägern behaupteten hypothetischen Geschehensablauf begründen. Die Kläger haben darauf hingewiesen, daß die Arbeitgeberin dem Kläger zu 1 in anderen Punkten, etwa bei der Höhe der Abfindung für die Aufgabe des Arbeitsplatzes sowie bei der Erhöhung des Grundbetrages für die Ruhegeldberechnung, nicht unwesentliche Zugeständnisse gemacht habe; sie leiten daraus die Wahrscheinlichkeit ab, daß die Arbeitgeberin auch noch der vom Kläger zu 1 gewünschten Ruhegeldregelung zugestimmt hätte, wenn sie eindeutig im schriftlichen Vertragsentwurf zum Ausdruck gekommen wäre. Auch das Berufungsgericht führt bei der Würdigung der Aussage des Zeugen Dr. Ha. verschiedene Umstände an, die nach seiner Auffassung für eine Billigung durch die Arbeitgeberin sprechen. Indessen ist die Prüfung der Frage, ob die Umstände des Falles die erforderliche Wahrscheinlichkeit der Gewinnerzielung begründen, eine Aufgabe des Tatrichters (BGH, Urt. v. 29. November 1982 - II ZR 80/82, NJW 1983, 758). Das Berufungsgericht hat hier bei der Beweiswürdigung lediglich die Umstände gegenübergestellt, die für oder gegen den von den Klägern behaupteten hypothetischen Geschehensablauf sprechen, hat aber nicht festgestellt, daß die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Behauptung der Kläger spricht. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daß die Voraussetzungen des § 252 Satz 1 BGB nicht erfüllt sind.

44

Soweit § 252 Satz 2 BGB nicht zugunsten der Kläger eingreift, gelten für den ihnen obliegenden Beweis des Ursachenzusammenhangs die Erleichterungen des § 287 ZPO. Danach entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob durch das haftungsbegründende Ereignis ein Schaden entstanden ist. Der Tatrichter ist hier in der Auswahl der Beweise, auf die er seine Überzeugung gründet, und ihrer Würdigung freier gestellt als bei der Feststellung des haftungsbegründenden Ereignisses nach § 286 ZPO. Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, ob das Verhandlungs- und Beweisergebnis unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt gewürdigt worden ist. Das gereicht indessen nicht den Beklagten zum Nachteil. Für die Entscheidung des Revisionsgerichts ist ausschlaggebend, daß der grundsätzlich den Klägern obliegende Nachweis für den Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 und dem geltend gemachten Schaden nach der Würdigung des Berufungsgerichts nicht geführt ist. Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen daher keine Verurteilung der Beklagten.

45

3.

Das Berufungsurteil muß deshalb aufgehoben werden (§ 564 ZPO). Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Revisionsgericht nicht möglich, weil nach den vorstehenden Darlegungen nicht ausgeschlossen ist, daß sich aufgrund ergänzender tatrichterlicher Feststellungen die Klage doch noch als begründet erweist. Zur Prüfung dieser Frage wird die Sache gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Merz
Zorn
Henkel
Fuchs
Winter