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Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.06.1986, Az.: I ZR 54/84
„Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I“

Privatwirtschaftliche Betätigung politischer Gemeinden im Bereich des Bestattungswesens; Wettbewerbsrechtliche Beanstandung der Verbindung von hoheitlichen und gewerblichen Tätigkeiten im Bereich des Bestattungswesens; Erfordernis der räumlichen Trennung des Bestattungswirtschaftsbetriebs von der Bestattungshoheitsverwaltung ; Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten für ein Klagebegehren gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
19.06.1986
Aktenzeichen
I ZR 54/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 14770
Entscheidungsname
Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Stuttgart - 10.02.1984
LG Stuttgart

Fundstellen

  • MDR 1987, 114 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1987, 60-62 (Volltext mit amtl. LS) "Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I"
  • NJW-RR 1987, 26 (amtl. Leitsatz) "Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I"
  • NVwZ 1987, 170 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I

Prozessführer

Firma "A." Stuttgarter Bestattungsunternehmen Walter H., Inhaber Dieter H., K.-K.-Straße ..., S.,

Prozessgegner

Landeshauptstadt Stuttgart,
gesetzlich vertreten durch den Oberbürgermeister, R., S.,

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer privatwirtschaftlichen Betätigung politischer Gemeinden im Bereich des Bestattungswesens.

  2. b)

    Die Wahrnehmung privatwirtschaftlicher Aufgaben im Bereich des Bestattungswesens durch eine politische Gemeinde in demselben Gebäude (z.B. Rathaus), in dem in besonderen Räumen auch die Bestattungshoheitsverwaltung und das Sterbefallstandesamt untergebracht sind, ist ohne Hinzutreten weiterer, die Sittenwidrigkeit begründender Umstände für sich allein wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 1986
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Frhr. v. Gamm und
die Richter Dr. Piper, Dr. Erdmann, Dr. Teplitzky und Dr. Scholz-Hoppe
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Februar 1984 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt in Stuttgart ein Bestattungsunternehmen. Sie befaßt sich mit sämtlichen bei Bestattungen anfallenden Aufgaben wie Leichenbergung, manueller Versorgung der Leiche und Leichentransporten auch verunglückter Personen, Lieferung von Sterbewäsche, Särgen und gärtnerischen Dekorationen und Ausgestaltung der Trauerfeier.

2

Gleiche Leistungen wie die Klägerin erbringt oder vermittelt auch die beklagte Landeshauptstadt. Diese Aufgaben erfüllt sie im Rahmen eines sog. Bestattungswirtschaftsbetriebs auf der Grundlage privatrechtlich ausgestalteter Rechtsbeziehungen zu den Hinterbliebenen. Daneben übt die Beklagte hoheitliche Bestattungsverwaltung aus. Dazu gehören die Entgegennahme der Todesbescheinigungen und der Anmeldungen zur Erd- oder Feuerbestattung, die Prüfung und Aufbewahrung der Bestattungsunterlagen, die Zuteilung einer Grabstelle, die Festlegung von Ort und Zeit der Bestattung und die Festsetzung der Bestattungsgebühren. Tätig wird die Beklagte durch städtische Bedienstete ihres Friedhofsamts, die sog. Bestattungsordner, die teilweise sowohl Aufgaben aus der (privatrechtlich ausgestalteten) Bestattungswirtschaft als auch aus dem Bereich der (hoheitlichen) Bestattungsverwaltung wahrnehmen. Ihre Diensträume haben die Bestattungsordner im Rathaus der Beklagten, in dessen vierten Stockwerk das Friedhofsamt untergebracht ist, und an anderen Stellen in Stuttgart.

3

Bei der Bearbeitung von Bestattungsfällen durch ihre Bestattungsordner hat die Beklagte Formulare mit der Bezeichnung "Bestattungsgrundblatt - Bestattungsanzeige" verwendet, in denen unter den Kopfzeilen "Landeshauptstadt Stuttgart" und "Friedhofsamt" die Leistungen der Beklagten - getrennt nach gewerblichen und hoheitlichen - zum Zwecke der Kostenermittlung aufgeführt sind. In ihrem Amtsblatt, in Merkblättern und in Tageszeitungen weist die Beklagte darauf hin, daß die Hinterbliebenen zwischen ihren Diensten und denen der privaten Bestattungsunternehmen wie der Klägerin wählen können, die sie sämtlich nach Namen, Adresse und Telefonnummer näher bezeichnet. Bei Todesfällen in Krankenhäusern erhalten die Hinterbliebenen Briefumschläge ausgehändigt, die die Bestattungspapiere wie Todesbescheinigung und Leichenschauschein enthalten. Nach der Adressierung sollen diese Briefe über das Standesamt, das sich im dritten Stockwerk des Rathauses befindet, an das Friedhofsamt weitergeleitet werden.

4

Die Klägerin hat die Verbindung von hoheitlichen und gewerblichen Tätigkeiten durch die Beklagte im Bereich des Bestattungswesens beanstandet. Sie hat ausgeführt, sie wende sich nicht dagegen, daß die Beklagte in diesem Bereich überhaupt eine gewerbliche Tätigkeit entfalte. Auch bemängele sie nicht grundsätzlich, daß die Bestattungsordner der Beklagten in Personalunion sowohl gewerbliche als auch hoheitliche Aufgaben wahrnähmen. Doch müsse beanstandet werden, daß die Beklagte durch Ausnutzung solcher personellen Gegebenheiten und durch weitere damit in Zusammenhang stehende Umstände sowie durch die räumliche Nähe, die bei der Ausübung hoheitlicher und gewerblicher Bestattungstätigkeiten bestehe, Amt und Geschäft miteinander verquicke und sich so einen Wettbewerbsvorsprung vor privaten Bestattungsunternehmen verschaffe. Auch sei es unzulässig, daß die Beklagte für ihre gewerbliche Betätigung die Bezeichnung "Friedhofsamt" verwende und in Vordrucken sowohl gewerbliche als auch hoheitliche Leistungen aufführe. Auch damit erreiche sie es, daß sie von Hinterbliebenen, die sich an sie in ihrer hoheitlichen Funktion gewandt hätten, beispielsweise zwecks Erstattung der Sterbefallanzeige nach dem Personenstandsgesetz oder zwecks Erlangung einer Grabstätte, auch mit der Erledigung der gewerblichen Aufgaben betraut werde. Das führe zu einer sittenwidrigen Behinderung der Mitbewerber der Beklagten, wie sich auch darin zeige, daß allein die Beklagte 50-60 % aller Bestattungsaufträge erhalte. Hinzu komme, daß die Bestattungsordner der Beklagten, soweit sie - wie beispielsweise bei der Bestellung von Särgen, gärtnerischen Leistungen und Trauermusik - Aufträge vermittelten, nur diejenigen privaten Bestattungsunternehmen berücksichtigten, die ihnen Provision zahlten. Auch das sei unzulässig, da von einer behördlichen Stelle ein objektives und neutrales, nicht durch solche Umstände beeinflußtes Verhalten erwartet werde.

5

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zwei Unterlassungs- und Schadensersatzfeststellungsklagen erhoben. In vorliegender Sache wendet sie sich gegen eine räumliche Nähe von Bestattungswirtschaftsbetrieb einerseits und Bestattungshoheitsverwaltung sowie Sterbefallstandesamt andererseits. In der Parallelsache I ZR 53/84 tritt sie bestimmten weiteren Verhaltensweisen der Beklagten im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten im Rahmen des Bestattungswirtschaftsbetriebs entgegen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, das Klagebegehren sei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen, weil es auf einen Eingriff in ihre öffentlich-rechtliche Organisationsgewalt gerichtet sei. Abgesehen davon stehe es ihr frei, wie sie ihre hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Tätigkeiten im Bereich des Bestattungswesens koordiniere. Die Art und Weise ihrer Betätigung sei weder unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten noch sonst zu beanstanden. Daß ein Gewerbebetrieb im Rathaus untergebracht sei, stelle für sich noch keinen Mißbrauch ihrer amtlichen Stellung oder ihres Verwaltungsapparats dar und sei keine Ausnutzung amtlicher Beziehungen zur Werbung oder zum Abschluß von Verträgen, um sich auf diese Weise einen Vorsprung vor privaten Mitbewerbern zu verschaffen. Im übrigen weise sie das Publikum in vielfältiger Weise darauf hin, daß zwischen den Diensten ihrer Bestattungsordner und den Diensten der privaten Bestattungsunternehmen frei gewählt werden könne. Von einem Verdrängungs- oder Behinderungswettbewerb könne keine Rede sein. Bis 1962 habe allein sie Bestattungsleistungen angeboten. Seither sei ihr Auftragsanteil mit dem Aufkommen privater Bestattungsunternehmen auf 47 % aller Aufträge zurückgegangen.

7

Das Landgericht hat in vorliegender Sache die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, es zu unterlassen, durch ihre Bestattungsordner in denselben Räumen für gewerbliche Bestattungsaufträge zu werben oder hierüber Verträge abzuschließen, in denen diese zugleich hoheitliche Bestattungsverwaltungshandlungen (wie z.B. Festsetzung der Beerdigungszeit, Entgegennahme der Sterbefallanzeige, Auskunft über hoheitliche Bestattungsangelegenheiten) durchführen. In der Parallelsache hat es der Beklagten - ebenfalls unter Abweisung der Klage im übrigen - untersagt, für die durch ihre Bestattungsordner privatwirtschaftlich betriebene Bestattungsvorbereitung die Bezeichnung "Friedhofsamt" zu führen, insbesondere unter dieser Bezeichnung für die Erteilung gewerblicher Bestattungsaufträge zu werben, Verträge abzuschließen oder über die Ausführung gewerblicher Bestattungsaufträge Rechnung zu erteilen, ferner Hinterbliebenen Bestellscheinvordrucke vorzulegen, auf denen neben den amtlichen Leistungen auch die gewerblichen Dienste und Leistungen des Friedhofsamts angeboten werden, insbesondere den Vordruck "Bestattungsgrundblatt - Bestattungsanzeige" für die Durchführung der Gespräche zwischen den Bestattungsordnern und den Hinterbliebenen zu verwenden.

8

In beiden Verfahren hat die Klägerin Berufung eingelegt. In der Parallelsache erstrebt sie neben der Feststellung von Schadensersatzpflichten der Beklagten das Verbot bestimmter einzelner Maßnahmen und Verhaltensweisen der Beklagten bei Ausführung ihres Bestattungswirtschaftsbetriebs. In vorliegender Sache hat sie in der Berufungsinstanz zuletzt beantragt,

unter Androhung von Ordnungsmitteln

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihren Bestattungswirtschaftsbetrieb im Rathaus Stuttgart zu betreiben, solange dort die Bestattungshoheitsverwaltung oder das Sterbefallstandesamt untergebracht sind,

    hilfsweise in erster Linie,

    1. a)

      ihren Bestattungswirtschaftsbetrieb im gleichen Stock des Rathausflügels E. straße ... zu betreiben, in dem die Bestattungshoheitsverwaltung untergebracht ist,

      hilfsweise in zweiter Linie,

    2. b)

      den Bestattungswirtschaftsbetrieb in einer geringeren Entfernung als mindestens 50 m von der Bestattungshoheitsverwaltung oder dem Sterbefallstandesamt zu betreiben, wobei die Festsetzung des Abstandes ins billige Ermessen des Gerichts gestellt wird,

  2. 2.

    festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus der Zuwiderhandlung gegen die Nr. 1 der Berufungsanträge

9

hilfsweise

aus der Zuwiderhandlung gegen das Urteil des Landgerichts seit dem 2. März 1982 entstanden ist und in der Zukunft noch entstehen wird.

10

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin - ebenso wie in der Parallelsache - im wesentlichen zurückgewiesen. Zugunsten der Klägerin hat es lediglich - auch in der Parallelsache - über die durch das Landgericht ausgesprochene Verurteilung hinaus festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen hat, der ihr durch Zuwiderhandlungen gegen die von dem jeweiligen Verbotsausspruch umfaßten Unterlassungspflichten entstanden ist oder noch entsteht. Dagegen richtet sich, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, die Revision der Klägerin, die in diesem Umfang ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

I.

Zur Begründung des die Berufung zurückweisenden Teils seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe für die Klage der ordentliche Rechtsweg offen. Das von der Klägerin verfolgte weitergehende Verbot der räumlichen Trennung des Bestattungswirtschaftsbetriebs von der Bestattungshoheitsverwaltung und dem Sterbefallstandesamt sei nicht auf einen Eingriff in den hoheitlichen Tätigkeitsbereich der Beklagten gerichtet. Vielmehr bezwecke es, die privatwirtschaftliche Seite der Betätigung der Beklagten im Bereich des Bestattungswesens in bestimmter Weise zu regeln. Dabei gehe es um die Beurteilung eines Wettbewerbsverhältnisses, also um Rechtsbeziehungen privatrechtlicher Natur, da die Hinterbliebenen zwischen den beiderseitigen Angeboten frei wählen könnten.

12

Sachlich sei weder die räumliche Unterbringung des Bestattungswirtschaftsbetriebs der Beklagten im Rathaus noch dessen Unterbringung im gleichen Stockwerk, in dem die Bestattungshoheitsverwaltung der Beklagten untergebracht sei, noch dessen Unterbringung in einer geringeren Entfernung als 50 m zur Bestattungshoheitsverwaltung und zum Sterbefallstandesamt als wettbewerbswidrig zu beurteilen. Ein Mißbrauch der amtlichen Stellung und des Verwaltungsapparates sei in der Unterbringung des Bestattungswirtschaftsbetriebs der Beklagten in ihrem Rathaus oder in der von der Klägerin weiter beanstandeten nahen Entfernung zur Bestattungshoheitsverwaltung und zum Sterbefallstandesamt nicht zu sehen. Die Beklagte erfülle mit ihrem Bestattungswirtschaftsbetrieb Öffentliche Aufgaben. Hinzu komme, daß Hinterbliebene im Hinblick auf die Ausnahmesituation, in der sie sich nach einem Todesfall regelmäßig befänden, vielfach davon absähen, die Preisgünstigkeit angebotener Bestattungsleistungen zu prüfen oder sonst wirtschaftliche Überlegungen insoweit anzustellen, und daß sie schon deshalb den Bestattungswirtschaftsbetrieb der Beklagten als einer öffentlichen Einrichtung bevorzugten. Das lasse die Unterbringung des Bestattungswirtschaftsbetriebs im Rathaus nicht als mißbräuchlich erscheinen. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß es auch mit Rücksicht auf die genannte Ausnahmesituation der Hinterbliebenen nicht als unzulässig angesehen werden könne, wenn die Beklagte denjenigen Personen, die beabsichtigten, sie zu beauftragen, die Möglichkeit dazu in zeit- und kräftesparender Weise auf dem gleichen Stockwerk oder in einer geringeren Entfernung als 50 m von der Bestattungshoheitsverwaltung oder dem Sterbefallstandesamt eröffne. Ferner spreche gegen eine mißbräuchliche Ausübung ihrer hoheitlichen Funktionen bei der Auswahl der Dienstzimmer, in denen die jeweiligen Tätigkeiten ausgeübt würden, daß die Beklagte für ihren Bestattungswirtschaftsbetrieb keine besondere Werbung entfalte und auch die Interessen ihrer privaten Mitbewerber berücksichtige, wenn sie durch Merkblätter und in anderer Weise öffentlich auf die sonstigen Anbieter von Bestattungsleistungen in Stuttgart hinweise. Schließlich sei aus den gleichen Gründen auch eine unbillige Behinderung der Klägerin durch die Beklagte nicht gegeben. Soweit danach die Unterlassungsansprüche der Klägerin ungerechtfertigt seien, sei auch ihr Schadensersatzfeststellungsbegehren unbegründet.

13

II.

Die gegen dieses Urteil gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

14

1.

Ohne Rechtsverstoß ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für die Entscheidung über das Klagebegehren die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte begründet ist. Ob der ordentliche Rechtsweg (§ 13 GVG) oder der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) gegeben ist, richtet sich nach der Natur des Klageanspruchs, wie er sich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ergibt (BGHZ 82, 375, 382 - Brillen-Selbstabgabestellen, m.w.N.). Aus diesen Tatsachen folgt vorliegend die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Mit dem Klageantrag beanstandet die Klägerin Maßnahmen der Beklagten im Rahmen ihres Bestattungswirtschaftsbetriebs, mit dem die Beklagte gleiche Leistungen anbietet wie die Klägerin und andere private Bestattungsunternehmen. Das bedeutet, daß die Beklagte mit ihrer bestattungswirtschaftlichen Tätigkeit in einem dem bürgerlichen Recht unterfallenden Wettbewerbsverhältnis zu ihren privaten Mitbewerbern steht.

15

Der Bejahung des ordentlichen Rechtswegs steht nicht entgegen, daß der Bestattungswirtschaftsbetrieb durch die Beklagte als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt wird. Nach den getroffenen Feststellungen übt die Beklagte ihre Tätigkeit insoweit nicht im Rahmen hoheitlichen Handelns, sondern ausschließlich auf der Grundlage privatrechtlich ausgestalteter Rechtsbeziehungen zu den Hinterbliebenen aus. Ein bürgerlich-rechtliches Handeln der öffentlichen Hand unterfällt aber der Beurteilung durch die ordentlichen Gerichte ebenso wie das von Privatpersonen.

16

2.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist es sachlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ihren privatwirtschaftlichen Bestattungsbetrieb in demselben Gebäude (Rathaus) ausübt, in dem die Bestattungshoheitsverwaltung und das Sterbefallstandesamt untergebracht sind, auch wenn die privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Tätigkeiten auf der gleichen Etage und weniger als 50 m voneinander entfernt ausgeübt werden. Auch diese Beurteilung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Auch nach § 35 GWB i.V. mit § 26 Abs. 2 GWB kommen solche Ansprüche nicht in Betracht. Für eine von der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung nach § 1 UWG abweichende Beurteilung nach § 26 Abs. 2 GWB ist nichts vorgetragen (vgl. BGHZ 96, 337 [BGH 10.12.1985 - KZR 22/85] - Abwehrblatt II).

17

a)

Das angegriffene Verhalten der Beklagten ist nicht allein schon deshalb zu beanstanden, weil sich diese im Rahmen ihres Bestattungswirtschaftsbetriebs am Wettbewerb beteiligt. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb ist weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzulässig (vgl. § 102 GemO Baden-Württemberg; BVerwGE 39, 329, 332, 336 ff. - Kommunaler Bestattungsbetrieb; BVerwG NJW 1978, 1539, 1540 - Kommunale Wohnungsvermittlung). Ihre Entscheidung, auf dem Gebiete des Bestattungswesens überhaupt einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen und in Konkurrenz zu Mitbewerbern zu treten, unterliegt als solche grundsätzlich auch nicht der Nachprüfung durch die ordentlichen Gerichte (BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397, 399 - Kfz-Schilderverkauf). Zu einem wettbewerbsrechtlich begründeten Unterlassungsausspruch kann daher das Wettbewerbsverhalten der öffentlichen Hand regelmäßig erst dann führen, wenn sie sich dabei sittenwidriger Mittel bedient, beispielsweise unter Mißbrauch ihrer Stellung als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, oder wenn sie sonst aus der Verbindung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Interessen einen unzulässigen Vorsprung vor ihren Mitbewerbern erlangt oder erstrebt (BGH, Urt. v. 30.10.1963 - Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 212 = WRP 1964, 85, 87 - Landwirtschaftsausstellung; BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, a.a.O. - Kfz-Schilderverkauf). Dafür ist vorliegend kein hinreichender Anhalt ersichtlich.

18

b)

So fehlt es insbesondere an hinreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, daß die Beklagte mit ihrer privatwirtschaftlichen Betätigung auf dem Gebiet des Bestattungswesens Bestand oder Grundlagen des Leistungswettbewerbs gefährdet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Auftragsanteil der Beklagten, die früher alleinige Anbieterin bestattungswirtschaftlicher Leistungen war, seit dem Aufkommen privater Bestattungsunternehmen im Jahre 1962 kontinuierlich zurückgegangen, nach dem Vortrag der Klägerin auf 50 bis 60 % aller Aufträge, nach dem der Beklagten auf 47 %. Daß die Beklagte eine weitergehende Veränderung der Auftragsanteile zu Lasten der privaten Bestattungsunternehmen in unzulässiger, Bestand und Grundlagen des Leistungswettbewerbs in Frage stellender Weise verhindert oder auf eine Ausschaltung der privaten Bestattungsunternehmer hinarbeitet, ist nicht ersichtlich. Nach den Feststellungen weist vielmehr die Beklagte in den von ihr herausgegebenen Merkblättern und in anderen von ihr veranlaßten Publikationen ausnahmslos und umfassend auf sämtliche ortsansässigen Bestattungsunternehmen hin.

19

c)

Eine wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit der privatwirtschaftlichen Betätigung der Beklagten auf dem Gebiet des Bestattungswesens folgt entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daraus, daß die Beklagte in Konkurrenz zur Klägerin und zu anderen privaten Mitbewerbern ihren Bestattungswirtschaftsbetrieb einschließlich der Unterhaltung der dafür notwendigen Diensträume mit Mitteln des allgemeinen Steuer- und Abgabenaufkommens bestreitet.

20

Aus dem Grundsatz, daß der öffentlichen Hand eine Teilnahme am Wettbewerb nicht ohne weiteres untersagt ist, ergibt sich, daß es ihr grundsätzlich auch nicht verwehrt werden kann, auf die ihr zur Verfügung stehenden Mittel, auch der finanziellen, - im Rahmen der Gesetze und etwaiger weiterer sie bindender Rechtsvorschriften - in dem erforderlichen Umfang und in angemessener Weise zurückzugreifen. Eine dadurch hervorgerufene Benachteiligung des Wettbewerbs von Mitbewerbern, die sich aus vergleichbaren Gründen auch aus dem Konkurrenzverhältnis privater Unternehmen ergeben kann, folgt aus der grundsätzlichen Zulässigkeit des Wettbewerbs der öffentlichen Hand auch in dem in Rede stehenden Sachbereich. Sie muß dementsprechend auch wettbewerbsrechtlich grundsätzlich hingenommen werden.

21

Eine Betätigung der öffentlichen Hand in diesem Bereich überschreitet auch nicht den Rahmen eines sachgerechten und angemessenen Wettbewerbsverhaltens und führt vorliegend auch nicht zu einem ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung der öffentlichen Hand vor privaten Mitbewerbern. Die bestattungswirtschaftliche Betätigung der Beklagten unter Verwendung von Mitteln des allgemeinen Steuer- und Abgabenaufkommens und unter Benutzung von Räumlichkeiten öffentlicher Gebäude liegt ungeachtet der Tatsache, daß auch private Anbieter Bestattungsleistungen erbringen, im öffentlichen Interesse. Das ergibt sich aus der historischen Entwicklung des gemeindlichen Bestattungswesens und im Zusammenhang damit aus dem Bedürfnis der Allgemeinheit an gemeindlichen Dienstleistungen dieser Art sowie aus der Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Berücksichtigung sozialer Belange sowohl im Einzelfall als auch allgemein durch Festsetzung angemessener Entgelte und Tarife (vgl. BVerwGE 39, 329, 334-336 - Kommunaler Bestattungsbetrieb). Damit erfüllt die Beklagte in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg über die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden und die Errichtung wirtschaftlicher Unternehmen (§ 102 Abs. 1 und 2, GBl. 1983, 577, 578 ff.) Aufgaben der Daseinsvorsorge im Rahmen privatwirtschaftlicher Betätigung. Allein der Umstand, daß im Bestattungswesen im Bereich der Stadt Stuttgart seit 1962 auch private Anbieter eine Betätigung suchen, kann die Erfüllung dieser Aufgaben der Daseinsvorsorge durch die Stadt nicht unlauter machen und zwar grundsätzlich auch nicht insoweit, als dabei öffentliche Sach- und Finanzmittel eingesetzt werden.

22

Unlauter wird die Verwendung öffentlicher Mittel im Wettbewerb daher regelmäßig erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände, die den Einsatz dieser Mittel als rechts- oder zweckwidrig und damit als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG erscheinen lassen (vgl. RGZ 138, 174, 178 - Haus der Jugend; BGH, Urt. v. 25.2.1982 - I ZR 175/79, GRUR 1982, 433, 436 = WRP 1982, 460, 462, 463 - Kinderbeiträge). Umstände dieser Art sind nach den getroffenen Feststellungen vorliegend nicht gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß das Preisgebaren der Beklagten die Absicht erkennen ließe oder auch nur objektiv geeignet wäre, private Mitbewerber durch Preisunterbietungen vom Markt zu verdrängen oder sonst in wettbewerbswidriger Weise zu benachteiligen.

23

d)

Aus der räumlichen Unterbringung des Bestattungswirtschaftsbetriebs der Beklagten in einem Nebengebäude des Rathauses in S., E. straße ..., in dem im 3. Stockwerk das Sterbefallstandesamt und im 4. Stockwerk das Friedhofsamt untergebracht sind, und in einer Zweigstelle in S.-B. C., A. M., in der sich ebenfalls Abteilungen beider Ämter befinden, läßt sich - entgegen der Auffassung der Klägerin - eine mißbräuchliche Ausnutzung der hoheitlichen Aufgaben der Beklagten zu Zwecken des Wettbewerbs nicht herleiten. Das Landgericht hat der Beklagten in vorliegender Sache rechtskräftig untersagt, durch ihre Bestattungsordner in denselben Räumen für gewerbliche Bestattungsaufträge zu werben oder hierüber Verträge abzuschließen, in denen diese zugleich hoheitliche Bestattungsverwaltungshandlungen vornehmen. Eine weitergehende räumliche Trennung des Bestattungswirtschaftsbetriebs von der Bestattungshoheitsverwaltung, wie sie die Klägerin mit dem vorliegend noch verfolgten Verbot begehrt, bestattungswirtschaftliche Aufgaben überhaupt nicht mehr im Rathaus wahrzunehmen, jedenfalls aber nicht auf ein und derselben Etage mit der Bestattungshoheitsverwaltung, zumindest nicht weniger als 50 m von dieser entfernt, kann die Klägerin nicht verlangen.

24

Allerdings ist nicht zu verkennen, daß sich aus einer engen räumlichen Verbindung von Hoheitsverwaltung und Bestattungswirtschaftsbetrieb Wettbewerbsvorteile zugunsten der Beklagten ergeben können. Bei Hinterbliebenen, die noch kein privates Bestattungsunternehmen beauftragt haben und - wie in den von der Klägerin angeführten Sterbefällen in Krankenhäusern und Unglücksfällen - von Bediensteten der Beklagten teils mit, teils ohne Aushändigung entsprechend adressierter Briefumschläge die Aufforderung erhalten, das Sterbefallstandesamt und das Friedhofsamt aufzusuchen, kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese, um sich weitere Wege und Mühen zu ersparen, bei Gelegenheit der Vorsprache im Sterbefallstandesamt bzw. im Friedhofsamt auch die Bestattungsordner der Beklagten in deren Bestattungswirtschaftsbereich mit der gewerblichen Durchführung der Bestattungsvorbereitung beauftragen. Jedoch rechtfertigt das unter den gegebenen Umständen noch nicht den Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten hinsichtlich der angegriffenen räumlichen Zuordnung von Bestattungswirtschaftsbetrieb und Hoheitsverwaltung. Das Berufungsgericht hat insoweit erwogen, daß es durch die besondere Situation, in der sich Hinterbliebene befänden, angemessen und zulässig sei, wenn diesen die Möglichkeit eröffnet werde, in zeit- und kräftesparender Weise den gewerblichen Teil der Bestattungsvorbereitung bei der Beklagten mitzuerledigen. Zwar ist dabei zu bedenken, daß Standortvorteile, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich zugunsten der privatwirtschaftlichen Betätigung der Beklagten ergeben, wettbewerbsrechtlich nicht allein durch Umstände gerechtfertigt werden, die lediglich der Bequemlichkeit des Publikums dienen, dieses vielmehr davon abhalten, Güte und Preiswürdigkeit eines Angebots zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.1956 - I ZR 61/54, GRUR 1956, 227, 228 - Reisebüro). Andererseits kann aber auch nicht allein aus Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen der Mitbewerber von der Beklagten verlangt werden, daß sie zu Lasten des Publikums und ihres eigenen Verwaltungsablaufs den Gang der Auftragserteilung im Bestattungswirtschaftsbetrieb, mit dem sie im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben angemessen und sachgerecht erfüllt, durch Verlegung der dafür erforderlichen Diensträume in weiter entfernt liegende Gebäudeteile oder sogar ganz nach außerhalb erschwert, verlangsamt und verteuert und daß sie dem sie aufsuchenden Publikum und den Hinterbliebenen, die sie mit der gewerblichen Bestattungsvorbereitung betrauen wollen, zumutet, besondere Aufwendungen an Zeit und Mühe, die dadurch erforderlich würden, auf sich zu nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397, 399 - Kfz-Schilderverkauf). Das wäre, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, wettbewerbsrechtlich nicht geboten. Darüber hinaus darf auch nicht übersehen werden, daß die Beklagte nach dem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil des Landgerichts in vorliegender Sache ihren Bestattungswirtschaftsbetrieb von dem der Bestattungshoheitsverwaltung räumlich getrennt halten muß und daß sie nach dem ebenfalls in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landgerichts in der Parallelsache I ZR 53/84 ihre Bestattungsordner im Rahmen des Bestattungswirtschaftsbetriebs nicht als solche des Friedhofsamts handeln lassen darf. Damit ist eine ins Gewicht fallende Einflußnahme auf die Hinterbliebenen, die diese veranlassen könnte, den Auftrag ohne Prüfung aller in Betracht kommenden Angebote zu erteilen, weitgehend entfallen. Denn damit ist Vorsorge dafür getroffen, daß diejenigen Hinterbliebenen, die hoheitliche Maßnahmen der Bestattungsordner gerade beantragt oder herbeigeführt haben, nicht mehr gleichzeitig und im Beisein der Bediensteten des Friedhofsamts veranlaßt werden können, über die Erteilung des Auftrags zur gewerblichen Bestattungsvorbereitung zu entscheiden, sondern daß sie nach Verlassen der Diensträume der hoheitlichen Verwaltung unbeeinflußt darüber entscheiden können, wem sie den Auftrag zur gewerbsmäßigen Bestattungsvorbereitung erteilen. Hinzu kommt, daß die Beklagte, soweit sie auf die Tätigkeit ihres Bestattungswirtschaftsbetriebs in Amts- und Merkblättern und anderen Publikationen hinweist, dabei auf die Interessen ihrer Mitbewerber angemessen Rücksicht nimmt, indem sie diese vollständig und unterschiedslos nach Namen, Anschrift und Telefonnummer mitaufführt (vgl. BGHZ 19, 299, 305 ff. - Staatliche Kurverwaltung/Bad Ems). Sind aber danach den Hinterbliebenen sämtliche auf dem Gebiet der gewerblichen Bestattungsvorbereitung tätigen Unternehmen bekannt und ist durch Trennung der Räume der Bestattungswirtschaft und der Bestattungshoheitsverwaltung dafür gesorgt, daß die Hinterbliebenen zwischen den verschiedenen Angeboten frei wählen können, kann allein in der Nähe der jeweiligen Räumlichkeiten zueinander eine mißbräuchliche, wettbewerbsrechtlich nicht hinnehmbare Ausnutzung der hoheitlichen Betätigung der Beklagten zugunsten ihrer privatwirtschaftlichen Aufgaben im Bereich der Bestattungswirtschaft nicht erblickt werden. Zu Recht hat daher das Berufungsgericht das Klagebegehren, soweit es die Klägerin jetzt noch verfolgt, für unbegründet erachtet.

25

III.

Die Revision der Klägerin war danach zurückzuweisen.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

v. Gamm
Piper
Erdmann
Teplitzky
Scholz-Hoppe