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Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.07.1985, Az.: III ZR 62/84

Amtshaftungsansprüche; Amtspflichtwidrig; Verwaltungsakten; Verjährungshemmende Wirkung; Widerspruch ; Verwaltungsgerichtliche Klage

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
11.07.1985
Aktenzeichen
III ZR 62/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 13099
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 95, 238 - 246
  • DVBl 1986, 181-184 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • MDR 1985, 915 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1985, 2324-2325 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1986, 1087-1089 (Urteilsbesprechung von Prof. Dr. Frank Peters)
  • VersR 1985, 1156-1159 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1985, 1503
  • ZBR 1985, 279

Redaktioneller Leitsatz

Redaktioneller Leitsatz:

Gegen Amtshaftungsansprüchen aus amtspflichtwidrig erlassenen Verwaltungsakten kann die verjährungshemmende Wirkung des § 209 Abs. 1 BGB durch Einlegung des Widerspruch und Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bewirkt werden.

Tatbestand:

1

Der Kläger bestand im Jahre 1972 die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Er wurde am 1. Februar 1974 zum Studienreferendar ernannt und im Juli 1975 zur pädagogischen Prüfung für die Fächer Deutsch und Englisch zugelassen. Am 16. Dezember 1975 wurde dem Kläger mitgeteilt, daß er die Prüfung wegen unzureichender Leistungen nicht bestanden habe. Die Wiederholungsprüfung wurde am 18./30. Juni 1976 aus demselben Grunde für nicht bestanden erklärt.

2

Die beiden Prüfungsentscheidungen wurden auf die vom Kläger erhobene Klage durch verwaltungsgerichtliches Urteil vom 25. August 1977 aufgehoben. Zugleich wurde das zuständige Prüfungsamt des beklagten Landes verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

3

Gegen dieses Urteil legten die damaligen Beklagten (Prüfungsamt; Bezirksregierung) Berufung ein. Inzwischen war der Kläger im Juli 1977 wiederum zur Prüfung zugelassen worden. Er erschien am 20. Oktober 1977 zur Lehrprobe im Fach Deutsch, brach sie aber sofort ab. Durch Urteil vom 20. März 1979 wies das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurück, daß diese verpflichtet seien, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts neu zu bescheiden.

4

Im Mai 1979 unterzog sich der Kläger einer weiteren Prüfung. Das Thema für die am Montag, den 7. Mai 1979 im Fach Deutsch abzulegende Lehrprobe erhielt er am 3. Mai 1979. Die Aufgabe für die Lehrprobe im Fach Englisch, die am 14. Mai 1979 stattfinden sollte, holte der Kläger nicht ab. Er erschien an diesem Tage auch nicht zur mündlichen Prüfung. Daraufhin wurde die Prüfung am 28. Mai 1979 für nicht bestanden erklärt. Auf den Widerspruch des Klägers hob das Prüfungsamt diesen Bescheid am 6. Juli 1979 wieder auf. Am 19. Juli 1979 entschied das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht, daß sich der Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsstreitverfahrens über die beiden ersten Prüfungen keinen weiteren Prüfungen zu unterziehen brauche. Am 17. Juli 1980 wies das Bundesverwaltungsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zurück.

5

Die sodann durchgeführte (fünfte) Prüfung brach der Kläger am 24. September 1980 zu Beginn der Lehrprobe im Fach Deutsch ab, weil nach seiner Ansicht der Prüfungsausschuß falsch besetzt war. Die Prüfung wurde daraufhin am 3. Oktober 1980 für nicht bestanden erklärt. Über die hiergegen vom Kläger angestrengte verwaltungsgerichtliche Klage ist noch nicht entschieden. Die für den 25. März 1981 vorgesehene erneute Lehrprobe brauchte der Kläger nicht abzulegen, weil ihm das Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz gewährte. Am 29. Oktober 1981 bestand der Kläger die pädagogische Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen mit der Note »ausreichend«. Er ist seither arbeitslos.

6

Der Kläger verlangt im vorliegenden Rechtsstreit von dem beklagten Land Ersatz des Schadens, der ihm durch die fehlerhaften Prüfungsverfahren entstanden sei.

7

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und u. a. die Einrede der Verjährung erhoben.

8

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe

9

I.

1. Das Berufungsgericht hat etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Amtspflichtverletzungen (§ 839 BGB, Art. 34 GG) bei den Prüfungen in den Jahren 1975 bis 1977 als verjährt angesehen.

10

Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen.

11

2. a) Dem Berufsgericht ist allerdings im Ansatz darin zuzustimmen, daß die bei mehreren Prüfungen des Klägers unterlaufenen Verstöße keine einheitliche unerlaubte Handlung darstellen. Vielmehr liegen Wiederholungen der amtspflichtwidrigen Handlungen vor, die mit neuen Schädigungen verbunden sind. Das hat grundsätzlich zur Folge, daß für jede Einzelhandlung die Verjährungsfrist besonders läuft (BGH Urteile vom 4. März 1977 - V ZR 236/75 = NJW 1978, 262, 263 und vom 31. Oktober 1980 - V ZR 140/79 = NJW 1981, 573; BGB-RGRK 12. Aufl. § 852 Rdn. 53 m. w. Nachw.).

12

b) Der Ansicht des Berufungsgerichts, Ansprüche des Klägers aus Amtspflichtverletzungen in den Jahren 1975 bis 1977 seien verjährt, liegt die Annahme zugrunde, das von dem Kläger eingeleitete Verwaltungsstreitverfahren, das mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juli 1980 endete, habe den Lauf der Verjährungsfrist nicht beeinflußt. Diese Auffassung steht mit der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats im Einklang.

13

Danach hängt der Lauf der Verjährungsfrist, wenn der Geschädigte die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis hat, grundsätzlich nicht davon ab, daß ihm seine Überzeugung von der Rechtswidrigkeit der Amtshandlung (insbes. eines Verwaltungsakts) im Verwaltungsstreitverfahren bestätigt wird (Senatsurteile vom 13. Juni 1960 - III ZR 111/59 = LM Nr. 14 zu § 852 BGB = VersR 1960, 788, 789 und vom 12. Oktober 1978 - III ZR 162/76 = NJW 1979, 34, 35 = LM Nr. 64 zu § 852 BGB m. w. Nachw.; vgl. ferner die Nachw. in BGB-RGRK aaO § 852 Rdn. 69). Im Einzelfall kann es allerdings so sein, daß der Geschädigte die positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Amtshandlung erst mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über ein »Rechtsmittel« i. S. des § 839 Abs. 3 BGB gewinnt (BGB-RGRK aaO § 852 Rdn. 74 m. w. Nachw.). Der Senat hat jedoch schon in seinem Urteil vom 15. November 1984 (BGHZ 93, 87 [BGH 15.11.1984 - III ZR 70/83]) die Frage aufgeworfen, ob künftig noch daran festgehalten werden könne, daß der Geschädigte mit der Erhebung der Amtshaftungsklage nicht abwarten dürfe, bis sein Rechtsstandpunkt von den Verwaltungsgerichten bestätigt werde.

14

Der Senat hat bisher der Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen einen Verwaltungsakt auch keine verjährungsunterbrechende Bedeutung (vgl. § 209 Abs. 1 BGB) für einen Amtshaftungsanspruch, der auf die Rechtswidrigkeit dieses Verwaltungsakts gestützt wird, beigemessen. Er hat angenommen, daß in Amtshaftungssachen die Klage nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie vor den Zivilgerichten erhoben wird und auf Befriedigung oder Feststellung des Amtshaftungsanspruchs selbst gerichtet ist (Senatsurteil vom 4. April 1957 - III ZR 213/55 = VersR 1957, 429: keine Verjährungsunterbrechung durch Erhebung der Verfassungsbeschwerde; ebenso BGB-RGRK aaO § 209 Rdn. 2; vgl. ferner zum Anspruch i. S. des § 209 Abs. 1 BGB Senatsbeschluß vom 25. Februar 1982 - III ZR 76/81 -).

15

3. Der Senat hält nach erneuter Überprüfung nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Er wendet vielmehr § 209 Abs. 1 BGB entsprechend an und vertritt den Standpunkt, daß in den Fällen, in denen das amtspflichtwidrige Verhalten der öffentlichen Hand im Erlaß eines (rechtswidrigen) Verwaltungsakts besteht, die dagegen erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO), (Fortsetzungs-)Feststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) oder Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) auch die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs unterbricht.

16

a) Der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte ist vielfach schon im Hinblick auf § 839 Abs. 3 BGB (Abwendung des Schadens durch Gebrauch eines »Rechtsmittels«) gehalten, vor den Verwaltungsgerichten primären Rechtsschutz gegen den Verwaltungsakt in Anspruch zu nehmen. Auch soweit diese Vorschrift nicht eingreift, kann es sich für den Geschädigten empfehlen, den rechtswidrigen Verwaltungsakt vor den Verwaltungsgerichten zu bekämpfen, zumal deren rechtskräftige Entscheidungen über die Frage der Rechtswidrigkeit die Zivilgerichte im nachfolgenden Amtshaftungssprozeß binden (Senatsurteil BGHZ 9, 329, 332 und seither ständig, vgl. etwa BGHZ 90, 4, 12 m. w. Nachw.). Für den Geschädigten kann es auch geboten sein, zur Erhaltung seiner (in Anspruchskonkurrenz zum Amtshaftungsanspruch stehenden) Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff die Möglichkeiten des Primärrechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten zu ergreifen (Senatsurteil BGHZ 90, 17, 31 ff. im Anschluß an BVerfGE 58, 300, 323 f.).

17

b) Der Verwaltungsgerichtsprozeß, in dem der amtspflichtwidrig erlassene Verwaltungsakt angegriffen wird, und ein vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO) überschreiten in ihrer Dauer häufig die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB. Nach der bisherigen Rechtsprechung mußte daher der Geschädigte oft, noch während der Verwaltungsrechtsstreit anhängig war, schon eine Amtshaftungsklage erheben, um in den Genuß der Unterbrechungswirkung des § 209 Abs. 1 BGB zu kommen und dadurch den »Verlust« seiner Schadensersatzansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 GG infolge Verjährung abzuwenden. Diese Lösung ist unbefriedigend und wenig sachgerecht. Sie setzt den Geschädigten für den Fall, daß er vor den Verwaltungsgerichten unterliegt und sich der Verwaltungsakt als rechtmäßig erweist, einem objektiv vermeidbaren Kostenrisiko aus. In jedem Fall ist das Betreiben zweier Parallelprozesse unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit für die Parteien und das Gericht unerwünscht. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die erwähnte Bindungswirkung des rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Urteils. Der Kläger, der in den von § 839 Abs. 3 BGB erfaßten Fällen gegebenenfalls den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten beschreiten muß, wird vielfach im Blick auf die genannten Auswirkungen der Rechtskraft gegen ein ihm ungünstiges verwaltungsgerichtliches Urteil Rechtsmittel einlegen. Die dadurch bewirkte Verlängerung des Verwaltungsgerichtsverfahrens würde den Kläger oft zur Einleitung des Amtshaftungsprozesses zwingen, der wiederum häufig nach § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsstreitverfahrens ausgesetzt werden müßte. Es ist demnach sinnvoll, zu einer Lösung zu gelangen, die es erlaubt, den Amtshaftungsprozeß - soweit er erforderlich ist - erst nach rechtskräftigem Abschluß des Verwaltungsgerichtsprozesses durchzuführen und dessen Verfahrensergebnis auch für den Rechtsstreit um die Amtshaftungsansprüche nutzbar zu machen.

18

4. Daher sah das - inzwischen vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 61, 149) für nichtig erklärte - Staatshaftungsgesetz vom 26. Juni 1981 (BGBl. I S. 553) in § 13 Abs. 2 Satz 2 u. a. vor, daß die dreijährige Erlöschensfrist für Ansprüche auf Geldersatz (außer durch Erhebung der Ersatzklage) auch »durch den Gebrauch eines Rechtsbehelfs gegen die Pflichtverletzung« unterbrochen werden konnte und diese Unterbrechungswirkung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf fortdauerte. Diese Regelung bezog sich auch auf den Widerspruch gegen den rechtswidrigen Verwaltungsakt (Begründung zum Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BT-Drucks. 8/2079 S. 53; Schäfer/Bonk, Staatshaftungsgesetz, 1982, § 13 Rdn. 40; Jacobs, Staatshaftungsrecht, 1982, Rdn. 416). Dadurch wurde sichergestellt, daß schon die Inanspruchnahme des primären Rechtsschutzes gegen den schädigenden Verwaltungsakt auch die Erlöschensfrist für den Geldersatzanspruch unterbrach. Eine entsprechende Regelung hatte schon die Staatshaftungskommission in § 14 Abs. 2 Satz 2 des von ihr vorgelegten Entwurfs eines Staatshaftungsgesetzes vorgeschlagen (Reform des Staatshaftungsrechts, Herausgeber: Bundesminister der Justiz und Bundesminister des Innern, 1973, S. 18, 111).

19

Der erkennende Senat trägt dieser neueren Entwicklung, der vor allem im Blick auf den inzwischen allgemein anerkannten Vorrang des Primärrechtsschutzes erhöhte Bedeutung zukommt, dadurch Rechnung, daß er § 209 Abs. 1 BGB und damit auch § 211 BGB auf Klagen gegen den amtspflichtwidrig erlassenen Verwaltungsakt entsprechend anwendet mit der Folge, daß eine solche Klage auch die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs unterbricht. Konsequenterweise ist die Unterbrechungswirkung auch schon auf die Einleitung eines Vorverfahrens (z. B. eines Widerspruchsverfahrens) zu erstrecken, das der verwaltungsgerichtlichen Klage auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorausgehen muß (vgl. auch den Rechtsgedanken des § 210 BGB). Dieser Rechtsanwendung zugunsten des geschädigten Bürgers stehen die berechtigten Belange der öffentlichen Hand, deren Verwaltungsakte zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers (z. B. Leistungsbescheide) übrigens nach § 53 VwVfG des Bundes verjährungsunterbrechende Wirkung haben, nicht entgegen. Die öffentliche Hand muß im Hinblick auf den anhängigen Verwaltungsgerichtsprozeß, in dem um die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts gestritten wird, ohnehin damit rechnen, daß der Kläger noch Amtshaftungsansprüche geltend machen wird. Der Umstand, daß es sich bei § 209 Abs. 1 BGB um eine Ausnahmeregelung handelt, hindert nicht ihre analoge Anwendung (BGHZ 72, 23, 28;  21, 199, 202 ff.; vgl. auch Peters VersR 1979, 103, 106; a. A. MünchKomm/von Feldmann 2. Aufl. § 209 Rdn. 22).

20

5. Nach diesen Grundsätzen sind Amtshaftungsansprüche des Klägers wegen der Vorgänge bei den Prüfungen in den Jahren 1975 bis 1977 nicht verjährt. Er hat die Prüfungsentscheidungen vom 16. Dezember 1975 und 18./30. Juni 1976 rechtzeitig mit dem Widerspruch und der Klage vor den Verwaltungsgerichten angefochten. Der Kläger hat sich auch mit seinem Schreiben vom 26. Oktober 1977 rechtzeitig gegen die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses am 20. Oktober 1977 gewandt, ohne daß die Behörden des beklagten Landes darüber bis heute eine Entscheidung getroffen haben.

21

II.

1. Rechtlich zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beamten des beklagten Landes in dem im Mai 1979 begonnenen Prüfungsverfahren schuldhaft gegen wesentliche Prüfungsvorschriften verstoßen und damit gegenüber dem Kläger amtspflichtwidrig gehandelt haben. Entgegen der Vorschrift des § 20 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen im Lande Niedersachsen - APVO - vom 12. September 1962 (Nds. GVBl. S. 197) standen dem Kläger für die Bearbeitung der Aufgabe für die Lehrprobe im Fach Deutsch nicht drei, sondern nur zwei Werktage zur Verfügung. Dadurch wurde die in der Prüfungsordnung als angemessen vorgesehene werktägliche Vorbereitungszeit nicht unerheblich verkürzt und der Grundsatz der Chancengleichheit verletzt (vgl. auch Niehues, Schul- und Prüfungsrecht 2. Aufl. Rdn. 406).

22

Zudem widersprach die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses der Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 1 APVO. Vorsitzender des Prüfungsausschusses war nämlich nicht - wie vorgeschrieben - der Vorsitzende des Prüfungsamtes oder ein von ihm beauftragter Vertreter als Vorsitzender, sondern der Leiter des zuständigen Studienseminars. Dieser gehörte jedoch als beisitzendes Mitglied ohnehin dem Prüfungsausschuß an (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 APVO). Die Regelung über den Vorsitz soll gewährleisten, daß dieser von einem im Prüfungswesen besonders erfahrenen Beamten ausgeübt wird. Dadurch soll auf eine möglichst einheitliche Handhabung der Prüfungsvorschriften und der Benotung der Prüfungsleistungen hingewirkt werden. Auch insoweit liegt ein wesentlicher Verfahrensverstoß vor (Niehues aaO Rdn. 382).

23

2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken unterliegt aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die unterlaufenen Prüfungsverstöße seien nicht ursächlich dafür, daß der Kläger die Prüfung im Mai 1979 abgebrochen und erst im September 1980 fortgesetzt hat (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).

24

(von der weiteren Darstellung wird abgesehen)