Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.11.1983, Az.: III ZR 131/82
Inzidentprüfung des Bebauungsplans im gerichtlichen Verfahren zur Anfechtung des Umlegungsplans; Erforderlichkeit einer städtebaulichen Umlegung zum Vollzug eines Bebauungsplans; Entstehen erheblicher Nachteile im Restbetrieb durch Einbeziehung landwirtschaftlicher Grundstücke in die Umlegung; Unwirksamer Bebauungsplan als Grundlage eines Umlegungsplans; Unwirksamkeit eines Umlegungsplans; Vorliegen eines rechtsverbindlichen und wirksamen Bebauungsplans als Zulässigkeitsvoraussetzung eines Umlegungsbeschlusses
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 10.11.1983
- Aktenzeichen
- III ZR 131/82
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 12308
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Oldenburg - 15.04.1982
- LG Oldenburg
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DVBL 1984, 337-338 (Volltext mit amtl. LS)
- DVBl 1984, 337-338 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1984, 559 (Volltext mit amtl. LS)
- NVwZ 1984, 750-752 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Inzidentprüfung des Bebauungsplans im gerichtlichen Verfahren zur Anfechtung des Umlegungsplans
Zur Frage, ob eine städtebauliche Umlegung zum Vollzug eines Bebauungsplans erforderlich ist, wenn durch die Einbeziehung landwirtschaftlicher Grundstücke in die Umlegung erhebliche Nachteile im Restbetrieb entstehen den Umlegungsplan "Am N. B. - östlicher Teil" des Umlegungsausschusses der Gemeinde E. vom 16. November 1976
Sonstige Beteiligte
1. ... -3. ...
Amtlicher Leitsatz
Zur Inzidentprüfung des Bebauungsplans im gerichtlichen Verfahren zur Anfechtung des Umlegungsplans. Zur Frage, ob eine städtebauliche Umlegung zum Vollzug eines Bebauungsplans erforderlich ist, wenn durch die Einbeziehung landwirtschaftlicher Grundstücke in die Umlegung erhebliche Nachteile im Restbetrieb entstehen.
In der Baulandsache
hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 1983
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Krohn und
die Richter Boujong,
Dr. Engelhardt, Dr. Halstenberg und Dr. Werp
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beteiligten zu 1) wird das Urteil des 7. Zivilsenats (Senat für Baulandsachen) des Oberlandesgerichts in Oldenburg vom 15. April 1982 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem Antrag auf Aufhebung des Umlegungsbeschlusses vom 16. November 1976, hilfsweise auf Zahlung einer weiteren Ausgleichsentschädigung in Höhe von 55.515 DM nicht entsprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Beteiligte zu 1) ist als Hofvorerbe Eigentümer eines etwa 85 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes im Gebiet der beteiligten Gemeinde (im folgenden: Gemeinde). Diese erließ (in teilweiser Abänderung eines seit 1967/68 bestehenden Bebauungsplans) den am 27. März 1975 in Kraft getretenen Bebauungsplan 9 a "Am N. B.".
In dessen räumlichem Geltungsbereich liegen drei Flurstücke des Beteiligten zu 1) mit einer Gesamtgröße von 16.393 qm. Sie schließen sich als Weideland westlich an die Hofstelle an. In dem Bebauungsplan 9 a ist das etwa 5 ha große Plangebiet überwiegend als allgemeines Wohngebiet und eine kleinere Fläche als Mischgebiet ausgewiesen.
Durch Beschluß des Umlegungsausschusses der beteiligten Gemeinde vom 23. August 1974 war für das Gebiet des Bebauungsplans 9 a die Umlegung eingeleitet worden. Der dagegen gerichtete Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 14. Juni 1976 - 7 O 340/75 Baul. - zurückgewiesen.
Der Umlegungsplan vom 16. November 1976 sieht eine Verteilung nach dem Wertmaßstab vor. Dem Beteiligten zu 1) wurden aus der Verteilungsmasse Grundstücke in einer Größe von insgesamt 12.056 qm zugeteilt und ein Geldausgleichsanspruch in Höhe von 2.678 DM zugebilligt.
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Beteiligte zu 1) (nach erfolglosem Widerspruch) mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Aufhebung des Umlegungsplans, hilfsweise einen höheren Geldausgleich. Das Landgericht hat dem Antrag insoweit entsprochen, als es die Ausgleichsentschädigung auf insgesamt 94.838,15 DM festgesetzt hat. Die Berufung des Beteiligten zu 1), mit der er weiterhin die Aufhebung des Umlegungsplans und einen höheren Geldausgleich erstrebt hat, ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung des Umlegungsausschusses hat das Oberlandesgericht die Ausgleichsentschädigung auf 39.323,15 DM herabgesetzt.
Mit seiner Revision verfolgt der Beteiligte zu 1) den Antrag weiter, den Umlegungsplan aufzuheben; hilfsweise beantragt er,
das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Während des Revisionsverfahrens hat der Beteiligte zu 1) beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg den Antrag gestellt, den Bebauungsplan 9 a teilweise für ungültig zu erklären. Er bittet, das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Normenkontrollantrag auszusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
1.
Das Berufungsgericht ist mit Recht in eine Inzidentprüfung des Bebauungsplans 9 a eingetreten. Bildet ein unwirksamer Bebauungsplan die Grundlage eines Umlegungsplans, so zieht das auch die Unwirksamkeit dieses Plans nach sich (Senatsurteile BGHZ 66, 322, 331; vom 11. Juni 1981 - III ZR 14/80 = LM BBauG § 155 b Nr. 1 = BauR 1981, 540 = ZfBR 1981, 295 = DVBl. 1982, 352 = UPR 1982, 121, und vom 7. Januar 1982 - III ZR 130/80 = LM BBauG § 12 Nr. 3 = BauR 1982, 236).
2.
a)
Das Berufungsgericht war auch durch die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils des Landgerichts Oldenburg vom 14. Juni 1976 nicht gehindert, den Bebauungsplan auf seine Wirksamkeit zu überprüfen. In jenem Verfahren ging es um die Frage, ob der Grundbesitz des Beteiligten zu 1) in die Umlegung einbezogen werden durfte. Der Erlaß des Umlegungsbeschlusses setzt noch keinen verbindlichen Bebauungsplan voraus, da nach § 45 Abs. 2 BBauG das Umlegungsverfahren auch eingeleitet werden kann, wenn ein Bebauungsplan noch nicht aufgestellt ist. In diesem Fall muß der Bebauungsplan jedoch vor der Auslegung der Umlegungskarte in Kraft getreten sein. Darüber hinaus kann ein Umlegungsverfahren auch eingeleitet werden, wenn ein Bebauungsplan zwar aufgestellt, aber nicht wirksam geworden ist (Senatsurteile BGHZ 49, 317, 322 und vom 21. Dezember 1978 - III ZR 93/77 - insoweit in BRS Bd. 34 Nr. 106 nicht mitabgedruckt). Im Ergebnis kommt es hiernach für § 45 Abs. 2 BBauG nicht darauf an, daß ein bestimmter Bebauungsplan bis zur Auslegung der Umlegungskarte in Kraft tritt. Maßgebend ist vielmehr, daß die Bauplanung als solche, ohne die das Umlegungsverfahren nicht abgeschlossen werden kann, bis zu diesem Zeitpunkt für das Umlegungsgebiet verbindlich wird (Senatsurteile vom 7. Februar 1974 - III ZR 13/73 - NJW 1974, 947 = LM § 45 BBauG Nr. 2 und vom 21. Dezember 1978 aaO; Brügelmann/Stahnke BBauG § 45 Anm. 2 a, bb, § 47 Anm. 2 a, aa; Kröner, Neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Umlegungsrecht, 1981, S. 1 ff.; ders. ZfBR 1979, 1 f.).
b)
Bildet hiernach aber das Vorliegen eines rechtsverbindlichen und wirksamen Bebauungsplans keine Zulässigkeitsvoraussetzung des Umlegungsbeschlusses, so ist bei dessen Anfechtung auch nicht abschließend zu prüfen, ob ein vorhandener Bebauungsplan fehlerhaft ist (vgl. auch LG Oldenburg Urt. vom 14. Juni 1976). Deshalb erstreckt sich die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils nicht auf die hier zu klärende Frage, ob im Zeitpunkt der Auslegung der Umlegungskarte ein wirksamer Bebauungsplan bestand. Daher kann der Beteiligte zu 1) diese Frage im vorliegenden Verfahren zur Nachprüfung stellen.
c)
Dieser Beurteilung steht auch nicht das schon angeführte Urteil des erkennenden Senats vom 7. Januar 1982 (aaO) entgegen. Danach kann der Eigentümer, der den Umlegungsbeschluß nicht (oder erfolglos) angefochten hat, grundsätzlich nicht mehr geltend machen, sein Grundstück habe nicht in das Umlegungsverfahren einbezogen werden dürfen. Damit werden dem Eigentümer jedoch keine Einwendungen abgeschnitten, die im Verfahren der Anfechtung des Umlegungsbeschlusses nicht oder nicht abschließend zu prüfen waren, wie das nach dem Gesagten hinsichtlich der Wirksamkeit des Bebauungsplans der Fall ist. Zwar vollzieht sich das Umlegungsverfahren in mehreren Stufen und die spätere Stufe ist regelmäßig von der Bestandskraft der vorher ergangenen Verwaltungsakte abhängig (Schrödter BBauG 4. Aufl. § 45 Rdn. 13). Das Vorhandensein eines wirksamen Bebauungsplans ist aber - wie dargelegt - nur Voraussetzung für den Umlegungsplan und daher erst in dieser Verfahrensstufe abschließend zu prüfen.
II.
1.
In der Sache selbst halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans 9 a bejaht hat, der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht geprüft, ob die Gemeinde das Gebot, "die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen" (§ 1 Abs. 4 Satz 2 des insoweit maßgeblichen BBauG 1960, heute § 1 Abs. 7 BBauG) beachtet hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 322, 325 ff.; 67, 320, 325 und vom 6. Mai 1982 - III ZR 24/81 = BauR 1982, 552 = LM BBauG § 1 Nr. 6). Bei dieser Prüfung hat das Berufungsgericht jedoch den Sachverhalt nicht ausgeschöpft und entscheidungserhebliche Gesichtspunkte übersehen.
2.
Im Streitfall hat eine Abwägung stattgefunden, so daß von einem Abwägungsausfall keine Rede sein kann. Zwar werden in der Begründung zum Bebauungsplan 9 a die privaten Belange des Beteiligten zu 1) nicht ausdrücklich angesprochen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß sie gänzlich vernachlässigt worden seien. Die Begründung läßt in Verbindung mit dem Plan immerhin erkennen, daß die privaten Belange des Beteiligten zu 1) als Eigentümer hinter den vorrangigen öffentlichen Interessen an der Bereitstellung preisgünstigen Baugeländes nahe am Ortskern zurücktreten sollten. Nach der Planzeichnung lag auf der Hand, daß in nicht unerheblichem Umfange hofnahe landwirtschaftliche Flächen des Beteiligten zu 1) als Baugelände ausgewiesen werden sollten. Zudem hatte der Rat der Gemeinde am 27. November 1974 unmittelbar vor der Beschlußfassung über den Bebauungsplan die von dem Beteiligten zu 1) durch einen Rechtsanwalt vorgebrachten Bedenken gegen die Einbeziehung seiner landwirtschaftlich genutzten Flächen in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einstimmig zurückgewiesen. Der Rat hat also die privaten Belange des Beteiligten zu 1) zur Kenntnis genommen und hat sie gegen die öffentlichen Belange, denen er dabei den Vorrang eingeräumt hat, abgewogen. Auch die bloße Unvollständigkeit der Begründung des Bebauungsplans (vgl. § 9 Abs. 6 BBauG 1960) macht den Plan nicht unwirksam (Senatsurteil vom 6. Mai 1982 aaO).
3.
Der Abwägungsvorgang leidet jedoch an Mängeln. Der Gemeinde sind bei der Zusammenstellung und Aufbereitung des sog. Abwägungsmaterials (BVerwGE 45, 309, 322 f.; 48, 56, 64; Ernst/Hoppe, Das öffentl. Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsrecht, 2. Aufl., Rdn. 285) Fehler unterlaufen. Sie hat die tatsächlichen Umstände, die für die Beurteilung der abwägungserheblichen privaten Interessen des Beteiligten zu 1) maßgeblich sind, nicht vollständig ermittelt und in den Abwägungsvorgang eingebracht.
Das westlich des Hofgeländes des Beteiligten zu 1) gelegene Flurstück Nr. 791/358 war bereits in dem 1967/68 aufgestellten Bebauungsplan 9 als Baugelände vorgesehen. Gegen die Einbeziehung dieser hofnahen Milchviehweide in das Plangebiet hatte sich damals die Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Landbau-Außenstelle Bramsche, in ihrem Schreiben vom 26. Oktober 1967 gewandt; sie führte u.a. aus, der Bebauung dieses Geländes könne nur zugestimmt werden, wenn der Betrieb des Beteiligten zu 1) ausgesiedelt werde. Darauf beschloß der Rat der Gemeinde am 7. November 1967 einstimmig, die Einwendungen der Landbau-Außenstelle zu berücksichtigen. In dem Besohluß heißt es weiter: "Eine Erschließung des Flurstücks 791/358 (Eigentümer G., Beteiligter zu 1), ist vorerst nicht vorgesehen. Die Erschließung dieses Flurstücks soll aber mit Zustimmung von G. erfolgen. Die Einbeziehung eines Teilstücks des Flurstücks 791/358 in den Bebauungsplan "Am N. B." ist aber aus planerischen Gründen unbedingt erforderlich. Für die Übergangszeit soll der im Plan ausgewiesene Parkplatz vorerst als Wendeplatz benutzt werden".
Die erwähnte Zurückweisung der Einwendungen des Beteiligten zu 1) in der Ratssitzung vom 11. März 1974 wurde darauf gestützt, daß der vorgesehene Bebauungsplan 9 a "keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem alten genehmigten Plan" enthalte. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß dem Rat vor dieser Beschlußfassung nochmals der frühere Ratsbeschluß vom 7. November 1967, der die Interessen des eine Erschließung des Flurstücks nach wie vor ablehnenden Beteiligten zu 1) in gewissem Umfange wahrte, bekanntgegeben wurde. Das hätte aber geschehen müssen, damit der Rat die Belange des beteiligten Eigentümers mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einstellen und dabei auch eine Entschließung darüber treffen konnte, ob die "Übergangszeit" inzwischen abgelaufen war. Die Erwägung, der neue Bebauungsplan bringe für den Beteiligten zu 1) keine wesentlichen Änderungen (zu seinen Ungunsten) mit sich, kann unter diesen Umständen die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verfehlt und zu einer Verkürzung des Abwägungsvorgangs geführt haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 322, 325; 67, 320, 326; BVerwGE 34, 301, 309; 45, 309, 314).
Mit diesem (möglichen) Abwägungsdefizit, das auf Mängeln in der Ermittlung des Abwägungsmaterials beruht, hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Es läßt sich nicht ausschließen, daß es eine sachgerechte Abwägung verneint hätte, wenn es die behandelten Umstände seiner Beurteilung mit zugrunde gelegt hätte.
4.
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Mängel im Abwägungsvorgang nach § 155 b Abs. 2 Satz 2 in Verb. mit § 183 f Abs. 2 BBauG idF vom 6. Juli 1979 (BGBl. I S. 949) unerheblich und auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans 9 a, der die Grundlage des angefochtenen Umlegungsplans bildet, ohne Einfluß seien. Nach § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG, gegen dessen Verfassungsmäßigkeit bei verfassungskonformer Auslegung keine durchgreifenden Bedenken bestehen (Senatsurteil vom 6. Mai 1982 a.a.O. im Anschluß an BVerwGE 64, 33), sind Mängel im Abwägungsvorgang allerdings nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Hier ergeben sich gewichtige Anhaltspunkte für Fehler in der Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials aus Akten, Beschlußprotokollen usw. Das spricht dafür, daß es sich um offensichtliche Mängel im Sinne des § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG handelt (BVerwGE 64, 33, 38).
Fehler und Irrtümer bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sind nur "von Einfluß" auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die konkrete Möglichkeit besteht, daß ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre (Senatsurteil vom 6. Mai 1982 a.a.O. m.w.Nachw.; BVerwGE 64, 33, 39 f). Diese Möglichkeit läßt sich nach der lückenhaften Begründung des Berufungsurteils nicht ausräumen. Es kann im Hinblick auf die Erwägungen der Gemeinde im Jahre 1967 nach den Umständen des Falles nicht ausgeschlossen werden, daß 1974 das Abwägungsergebnis bei fehlerfreiem Abwägungsvorgang dem Beteiligten zu 1) günstiger gewesen wäre (wenn auch möglicherweise nur im Sinne einer späteren Beplanung des Geländes oder einer Teileinbeziehung der Flächen).
Bereits aus diesen Gründen muß das Berufungsurteil auf den Hauptantrag hin aufgehoben werden.
III.
Das Berufungsurteil leidet noch an einem weiteren Mangel. Das Berufungsgericht hat die gebotene Prüfung unterlassen, ob der Umlegungsplan an Fehlern leidet, die - unabhängig vom Bebauungsplan - seine Rechtswidrigkeit zur Folge haben können.
1.
Die städtebauliche Umlegung dient dem Vollzug der Bauleitplanung. Die Umlegung ist nur anzuordnen und durchzuführen, wenn und sobald sie zur Verwirklichung eines Bebauungsplans erforderlich ist (§ 46 Abs. 1 BBauG). Das bedeutet, daß die Umlegung im Einzelfall zum Wohl der Allgemeinheit, d.h. im öffentlichen Interesse an einer plangerechten Bodenordnung notwendig sein muß (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg BBauG § 45 Rdn. 8; s. ferner Senatsurteil BGHZ 68, 100, 102 zur sog. planakzessorischen Enteignung). Mit den Festsetzungen im Bebauungsplan ist für die einzelnen vom Plan erfaßten Grundstücke nur die zulässige Benutzungsart bestimmt; damit steht aber noch nicht fest, daß das Wohl der Allgemeinheit es erfordert, den Bebauungsplan gerade jetzt im Wege der Umlegung zu verwirklichen (vgl. Senatsurteil a.a.O. m.w.Nachw.). Es muß über das öffentliche Interesse an der Planung hinaus ein Zurücktreten des Eigentümers hinter das Gemeinwohl erforderlich sein (Senatsurteil aaO).
Für die Umlegung gelten - ebenso wie für die Enteignung - die Verfassungsgrundsätze des geringstmöglichen Eingriffs und der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das hat zur Folge, daß eine den Eigentümer stärker belastende Maßnahme rechtswidrig ist, wenn ein ihn weniger berührender Eingriff ohne größere Schwierigkeiten die notwendige Neuordnung des Bodens im Umlegungsgebiet ermöglicht (Schrödter a.a.O. § 45 Rdn. 5; Ernst/Zinkahn/Bielenberg a.a.O. § 46 Rdn. 5). Die Gemeinde, die eine Umlegung durchführt, muß von mehreren zur Wahl stehenden Mitteln dasjenige benutzen, das das Grundeigentum und die sonstigen durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Rechte der Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt (Schlichter/Stich/Tittel BBauG 3. Aufl. § 45 Rdn. 5).
2.
Wendet man diese Grundsätze auf den Streitfall an, so ergibt sich folgendes:
a)
Im Hinblick auf die erfolglose Anfechtung des Umlegungsbeschlusses kann der Beteiligte zu 1) nicht mehr geltend machen, seine Flurstücke hätten nicht in die Umlegung einbezogen werden dürfen (Senatsurteil vom 7. Januar 1982 aaO; vgl. auch oben I 2 c). Da aber der in Aussicht genommene Neuzustand des Umlegungsgebiets mit allen tatsächlichen und rechtlichen Änderungen erst aus dem Umlegungsplan hervorgeht (§ 66 Abs. 2 Satz 1 BBauG), bleibt im vorliegenden Verfahren Raum für die Prüfung, ob sich die Einzelausgestaltung des Umlegungsplans, soweit er den beteiligten Eigentümer betrifft, in den durch die obigen Grundsätze gezogenen rechtlichen Grenzen hält.
b)
Das Berufungsgericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob Gründe des Gemeinwohls es erfordern, daß das gesamte in die Umlegung einbezogene Gelände des Beteiligten zu 1) bereits im jetzigen Zeitpunkt gegen seinen Willen erschlossen wird. Auch in diesem Zusammenhang kann der (bereits unter II 3 gewürdigte) Beschluß der Gemeinde vom 7. November 1967 Bedeutung erlangen.
Der Beteiligte zu 1) würde durch die Umlegung eine unmittelbare, dem täglichen Viehtrieb dienende Verbindung zwischen seiner Hofstelle und den westlich des vorgesehenen Baugeländes gelegenen Weideflächen verlieren. Die Bewirtschaftung dieser Weideflächen wäre nicht unerheblich erschwert. Der landwirtschaftliche Betrieb würde, was die hofnahen Flächen anbelangt, durch die Umlegung in zwei Teile zerschnitten. Die Landwirtschaftskammer hat daher in ihrem schon erwähnten Schreiben vom 26. Oktober 1967 sogar die Aussiedlung des dem Beteiligten zu 1) gehörenden Betriebes angeregt. Eine Inanspruchnahme in Hofnähe gelegener und intensiv genutzter landwirtschaftlicher Flächen bedarf der besonderen Rechtfertigung (vgl. Senatsurteil BGHZ 68, 100, 103 f.). Das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bebauungsplans hat hier nicht ohne weiteres Vorrang vor dem Interesse des Beteiligten zu 1) an der Erhaltung seines Hofes.
c)
Bei der Prüfung, welche Belange des Hofeigentümers durch die Umlegung beeinträchtigt werden, sind auch die Auswirkungen der im Umlegungsplan angeordneten tatsächlichen und rechtlichen Änderungen auf den Restbetrieb des Beteiligten zu 1) zu berücksichtigen. Das folgt aus dem auch für das Umlegungsverfahren geltenden planungsrechtlichen Grundsatz der Problembewältigung (vgl. BVerwGE 61, 307, 311 f [BVerwG 23.01.1981 - 4 C 68/78]ür die fernstraßenrechtllche Planung). Somit war die Umlegungsstelle verpflichtet, bei der Aufstellung des Umlegungsplans - soweit möglich - auch die durch das Umlegungsvorhaben in seiner räumlichen Umgebung außerhalb des Umlegungsgebiets erst aufgeworfenen Probleme (notfalls im Wege der Aussiedlung des Betriebes) zu lösen (vgl. auch BVerwG aaO; s. ferner BVerwGE 47, 144, 153 ff. [BVerwG 01.11.1974 - IV C 38/71]; 52, 237, 245). Hiernach mußte die Umlegungsstelle in ihre Beurteilung mit einbeziehen, daß durch die Umlegung der Restbesitz des Beteiligten zu 1) eine Wertminderung erleiden, der Weidestall auf dem Hofgelände entwertet und Bewirtschaftserschwernisse für die westlichen Grünlandflächen entstehen konnten.
3.
Es läßt sich nicht ausschließen, daß der Inhalt des Umlegungsplans für den Beteiligten zu 1) günstiger ausgefallen wäre, wenn die vorstehenden Grundsätze beachtet worden wären. Daher kann die Möglichkeit nicht ausgeräumt werden, daß der Umlegungsplan, soweit er den Beteiligten zu 1) betrifft, unwirksam ist. Auch aus diesem Grunde muß das Berufungsurteil auf den Hauptantrag aufgehoben und die Sache zu erneuter tatrichterlicher Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.
IV.
Für die weitere Sachbehandlung wird auf folgendes hingewiesen:
1.
Falls die Frage der Wirksamkeit des Bebauungsplans 9 a entscheidungserheblich wird, wird das Berufungsgericht zunächst darüber zu befinden haben, ob der Rechtsstreit wegen des anhängigen Normenkontrollverfahrens auszusetzen ist (§ 161 Abs. 1 Satz 2 BBauG i.V.m. § 148 ZPO), was unter den gegebenen Umständen naheliegt.
2.
Im Falle einer Entscheidung über den Hilfsantrag läßt sich die Ansicht des Berufungsgerichts, Ansprüche wegen umlegungsbedingter Wirtschaftserschwernisse seien außerhalb des Umlegungsverfahrens geltend zu machen, jedenfalls insoweit nicht aufrechterhalten, als es sich um Umwegemehrkosten und Resthofschäden handelt. Diese Nachteile ergeben sich aus der Einbeziehung von Betriebsgrundstücken in die Umlegung und werden grundsätzlich mit der Abfindung für die Einwurfsgrundstücke abgegolten; sie werden nur unter engen Voraussetzungen gesondert ausgeglichen (vgl. Senatsurteile BGHZ 67, 190, 193 ff. und 200, 202 ff.; s. ferner Senatsurteile vom 12. Januar 1978 - III ZR 57/76 = WM 1978, 468, 469 f. und vom 3. Mai 1979 - III ZR 114/77 = LM GG Art. 14 [Ea] Nr. 101 = WM 1979, 1191; Krohn, Enteignung und Enteignungsentschädigung, 2. Aufl., Rdn. 283 ff.).
Boujong
Richter Dr. Engelhardt hat Urlaub und kann nicht unterschreiben, Krohn
Halstenberg
Werp