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Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.06.1982, Az.: IVb ZR 698/80

Unterhaltsanspruch einer Frau gegen ihren geschiedenen Ehegatten; Kriterien zur Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse bei der Berechnung des nachehelichen Ehegattenunterhalts; Umfang und Grenzen des Grundsatzes der wirtschaftlichen Eigenverantwortung durch den Grundsatz der nachwirkenden Mitverantwortung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
09.06.1982
Aktenzeichen
IVb ZR 698/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 15865
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Braunschweig - 15.07.1980

Fundstellen

  • MDR 1982, 999-1000 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1982, 2439-2440 (Volltext mit amtl. LS)

Tenor:

Auf die Revision der Antragsgegnerin wird das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 15. Juli 1980 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie haben am 30. April 1960 die Ehe geschlossen, aus der die 1961 geborene Tochter Petra und die 1962 geborene Tochter Britta stammen. Kurz vor der Heirat gab die Ehefrau (Antragsgegnerin) die Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf als medizinisch-technische Assistentin auf. Neben Haushaltsführung und Kinderbetreuung half sie dem Ehemann (Antragsteller) in dessen Praxis als Tierarzt. Nach der Trennung der Parteien im Sommer 1977 zog die Ehefrau mit beiden Kindern in eine Eigentumswohnung, die ihr der Ehemann im Rahmen des Zugewinnausgleichs lastenfrei übertragen hatte. Vom 1. Mai 1978 bis zum 30. September 1978 arbeitete sie mit 20 Wochenstunden wieder als medizinisch-technische Assistentin. Seit dem 1. März 1979 übt sie diesen Beruf ganztags aus und verdiente von Juni 1979 ab monatlich netto 2.012,20 DM.

2

Das Familiengericht hat durch Verbundurteil vom 28. Dezember 1979 die Ehe geschieden, die elterliche Sorge für Britta der Ehefrau übertragen und den Versorgungsausgleich geregelt; den von der Ehefrau erhobenen Anspruch auf Unterhalt von 1.500 DM monatlich hat es abgewiesen, weil sie mit ihrem eigenen Einkommen bei kostenfreiem Wohnen ausreichend versorgt sei. Die nur gegen die Abweisung des Unterhaltsanspruchs eingelegte Berufung der Ehefrau ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie den Unterhaltsanspruch unverändert weiter.

Entscheidungsgründe

3

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.

4

I.

1.

Das Berufungsgericht hat der Ehefrau jeden Unterhaltsanspruch versagt, weil sie durch eigene angemessene Erwerbstätigkeit ihren vollen Unterhalt selbst verdiene. Als für die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmend hat das Berufungsgericht allein das Nettoeinkommen des Ehemannes als Tierarzt zugrundegelegt und dazu ausgeführt: Von dem mit durchschnittlich 5.000 DM netto im Monat anzusetzenden Einkommen des Ehemannes habe bis zur Trennung eine vierköpfige Familie leben müssen. Ziehe man 1.000 DM für den Unterhalt der beiden Töchter ab, ergebe sich nach den Richtsätzen der Düsseldorfer Tabelle als 3/7-Anteil der Ehefrau an den verbleibenden 4.000 DM ein Betrag von 1.714,28 DM. Mit ihrem eigenen Einkommen von durchschnittlich 2.012,20 DM im Monat bei mietfreiem Wohnen stehe sie jetzt nicht schlechter als während der Ehe. Eine Beteiligung der Ehefrau an der Differenz zwischen ihrem und dem Einkommen des Ehemannes komme wegen des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit geschiedener Eheleute nicht in Betracht.

5

2.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

6

a)

Gemäß §§ 1569, 1573 Abs. 2 BGB kann ein geschiedener Ehegatte, der selbst erwerbstätig ist, den Unterschiedsbetrag zwischen seinen Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte "zum vollen Unterhalt" nicht ausreichen; dieser bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578), die im wesentlichen von dem in der Ehe verfügbaren Einkommen geprägt werden. In einer Ehe, in der beide Ehegatten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, bestimmen daher regelmäßig die Einkünfte beider Ehegatten die ehelichen Lebensverhältnisse (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 9. Juli 1980 - IVb ZR 526/80 - FamRZ 1980, 876, 877; vgl. aus jüngerer Zeit: Urteil vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 650/80 - FamRZ 1982, 360).

7

Das Berufungsgericht legt der Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse das Einkommen der Ehegatten im Zeitpunkt der Trennung zugrunde. Das ergibt sich daraus, daß es nur die Einkünfte des Ehemannes berücksichtigt, nicht hingegen die der Ehefrau aus ihrer nach der Trennung aufgenommenen Erwerbstätigkeit als medizinisch-technische Assistentin. Nach der Rechtsprechung des Senats sind jedoch bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich alle Tatsachen zu berücksichtigen, die bis zur Auflösung der Ehe (§ 1564 Satz 2 BGB) die Einkommensverhältnisse der Ehegatten beeinflußt haben; regelmäßig sind daher die Einkünfte beider Eheleute im Zeitpunkt der Scheidung maßgebend (Senatsurteile vom 23. April 1980 - IVb ZR 510/80 -FamRZ 1980, 770 = NJW 1980, 2083; vom 10. Dezember 1980 - IVb ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241; vom 8, April 1981 - IVb ZR 566/80 - FamRZ 1981, 539; vom 20. Mai 1981 - IVb ZR 556/80 - FamRZ 1981, 752, 754; vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 650/80 - FamRZ 1982, 360, 361 und vom 31. März 1982 - IVb ZR 652/80 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Hieran hat der Senat unter Auseinandersetzung mit den in der Rechtsprechung und Literatur teilweise erhobenen Einwänden festgehalten (vgl. das weitere Urteil vom 31. März 1982 - IVb ZR 661/80, ebenfalls zur Veröffentlichung bestimmt -). Davon abzugehen besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlaß. Dem Umstand, daß der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt als Folgesache gemäß § 623 ZPO im Scheidungsverbund geltend gemacht wird und daher der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Scheidung noch nicht feststeht, kann dadurch Rechnung getragen werden, daß die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretene Entwicklung zugrundegelegt wird, soweit die bis zum Eintritt der Rechtskraft zu erwartende Einkommensentwicklung nicht vorhersehbar ist. Die vom Berufungsgericht festgestellten Einkünfte der Ehefrau mit 2.012,20 DM monatlich hätten deshalb schon bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse berücksichtigt werden müssen. Demgemäß ist die Bestimmung des vollen Unterhalts gemäß § 1573 Abs. 2 BGB allein nach dem Einkommen des Ehemannes nicht zu billigen, so daß das Berufungsurteil mit der ihm gegebenen Begründung keinen Bestand behalten kann.

8

b)

Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

9

aa)

Die Einkünfte der Ehefrau können bei der Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil sie ihren erlernten Beruf als medizinisch-technische Assistentin erst nach der Trennung der Parteien und ihrem Auszug aus der Ehewohnung wieder aufgenommen hat. Wie der Senat in jüngerer Zeit mehrfach entschieden hat, prägen auch solche Veränderungen der Einkommensverhältnisse, die erst nach der Trennung der Ehegatten bis zur Scheidung eingetreten sind, die ehelichen Lebensverhältnisse, sofern sie nicht auf einer ganz außergewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung beruhen (vgl. die beiden Urteile vom 31. März 1982 aaO). Beide Entscheidungen betrafen zwar Einkommensänderungen beim unterhaltspflichtigen Ehegatten, doch ist die Frage beim Unterhaltsberechtigten nicht anders zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1982 aaO). Im vorliegenden Fall haben sich die Einkommensverhältnisse der Parteien durch die nach der Trennung aufgenommene Erwerbstätigkeit der Ehefrau nicht in außergewöhnlicher Weise verändert. Unstreitig hat sie sich schon vor der Trennung der Parteien nicht nur der Haushaltsführung und Kinderbetreuung gewidmet, sondern hat während der gesamten Dauer der Ehe bis zur Trennung in der tierärztlichen Praxis des Ehemannes mitgearbeitet. Dieser hat selbst vortragen lassen, sie habe in seiner Praxis ähnliche Funktionen wie in ihrem erlernten Beruf ausgeübt (Schriftsatz vom 19. Mai 1980 S. 3 f). Danach hat die Ehefrau bereits vor der Trennung die ehelichen Lebensverhältnisse auch in materieller Beziehung mitgeprägt, indem sie durch ihre Mitarbeit Kosten erspart oder durch Entlastung ihres Ehemannes dazu beigetragen hat, daß er seinen beruflichen Wirkungskreis in dem erreichten Umfang aufbauen und auf Dauer wahrnehmen konnte. Ob es auf diese Mitarbeit in der Praxis des Ehemannes entscheidend ankommt oder ob bereits die frühere Berufstätigkeit der Ehefrau zu demselben Ergebnis führen würde, kann auf sich beruhen: daß sie nach der Trennung wieder in ihrem Beruf tätig geworden ist, lag jedenfalls nicht völlig außerhalb einer normalen Entwicklung, wie sie auch ohne die Trennung hätte eintreten können. Daher ist es gerechtfertigt, die Einkünfte, die die Ehefrau nach der Trennung durch ihre Berufsarbeit erzielt hat, bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse in vollem Umfang heranzuziehen.

10

bb)

Das Berufungsgericht hat die Berufstätigkeit der Ehefrau als angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 Abs. 2 BGB angesehen. Daraus könnte zu folgern sein, daß diese schon während der Trennung gemäß § 1361 Abs. 2 BGB darauf verwiesen werden kann, sich ihren Unterhalt selbst zu verdienen, weil dies nach den persönlichen Verhältnissen der Ehefrau, insbesondere wegen ihrer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten von ihr erwartet werden kann. Ob der festgestellte Sachverhalt eine solche Folgerung zuläßt, kann indessen auf sich beruhen. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte das Einkommen der Ehefrau bei der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht außer Betracht bleiben. Wie oben zu aa) ausgeführt worden ist, steht die Tatsache, daß die Ehefrau erst nach der Trennung erwerbstätig geworden ist, der Berücksichtigung der Einkünfte deshalb nicht entgegen, weil die Aufnahme der Erwerbstätigkeit keine ganz außergewöhnliche, vom Normalverlauf erheblich abweichende Entwicklung darstellt. An dieser Beurteilung könnte sich nichts ändern, wenn die Ehefrau durch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit einer Obliegenheit nach § 1361 Abs. 2 BGB genügt hätte. Die Voraussetzungen, unter denen eine solche Obliegenheit besteht, sprechen im Gegenteil dafür, daß die Aufnahme einer ihr entsprechenden Erwerbstätigkeit für die Verhältnisse der Ehegatten nicht außergewöhnlich ist. Soweit im Urteil des erkennenden Senats vom 20. Mai 1981 (IVb ZR 556/80 -FamRZ 1981, 752, 754; kritisch dazu Hampel FamRZ 1981, 851 und v. Hornhardt NJW 1982, 17 [BGH 20.05.1981 - IVb ZR 556/80]) eine andere Auffassung zum Ausdruck kommt, hält der Senat daran nach erneuter Prüfung nicht fest. Der jener Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt unterschied sich von dem hier zu beurteilenden allerdings dadurch, daß damals die Unterhalt begehrende Ehefrau tatsächlich nicht erwerbstätig war, sondern sich nach tatrichterlicher Feststellung gemäß § 1361 Abs. 2 BGB auf ein ("fiktives") eigenes Einkommen verweisen lassen mußte. Ob auch ein solches fiktives Einkommen eines Ehegatten, der bis zur Trennung nicht oder nur in geringerem Umfang erwerbstätig war, geeignet ist, die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung (mit) zu bestimmen, braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend beurteilt zu werden. Der Senat neigt jedoch zu der Ansicht, daß insoweit zwischen tatsächlich erzieltem Einkommen und solchem, auf das ein Ehegatte sich nach § 1361 Abs. 2 BGB verweisen lassen muß, ein grundlegender Unterschied nicht zu machen ist.

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c)

Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben werden. Zu einer eigenen abschließenden Beurteilung ist das Revisionsgericht nicht in der Lage. Die Feststellung, welcher Lebensbedarf der Ehefrau den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien entspricht, und die Wahl der dabei anzuwendenden Berechnungsmethode obliegen dem Tatrichter. Da das Berufungsgericht bisher nur geprüft hat, welchen Unterhalt die Ehefrau bei Zugrundelegung allein des Einkommens des Ehemannes zu beanspruchen hat, eine tatrichterliche Prüfung auf der Grundlage der durch die beiderseitigen Einkünfte bestimmten ehelichen Lebensverhältnisse bisher also fehlt, muß der Rechtsstreit zur neuen Beurteilung zurückverwiesen werden. Dies ist auch deshalb geboten, weil bisher nicht tatrichterlich gewürdigt worden ist, ob und in welcher Weise es sich auf den Unterhaltsanspruch auswirkt, daß die Ehefrau mietfrei in einer Eigentumswohnung wohnt. Ob dies ihren Unterhaltsbedarf mindert, wird insbesondere davon abhängen, welche Kosten dem Ehemann für seine eigene Wohnung entstehen.

12

3.

Die Ausführungen am Schluß des angefochtenen Urteils geben für die neue Berufungsverhandlung Anlaß zu dem Hinweis, daß der Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten (§ 1569 BGB), auf den das Berufungsgericht seine Entscheidung zusätzlich stützen möchte, durch den Grundsatz der nachwirkenden Mitverantwortung der Ehegatten im wirtschaftlichen Bereich eingeschränkt wird, wie er dem Anspruch auf ergänzenden Unterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zugrundeliegt (vgl. dazu BVerfG Urt. vom 14. Juli 1981 - FamRZ 1981, 745, 750 f = NJW 1981, 1771, 1773 f) [BVerfG 14.07.1981 - 1 BvL 28/77]. Dieser Anspruch setzt gerade voraus, daß der Unterhalt begehrende Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt, deren Einkünfte aber zu seinem vollen, nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmten Unterhalt im Sinne des § 1578 BGB nicht ausreichen (Senatsurteil vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 650/80 - aaO). Bei der Bemessung dieses Unterhalts ist davon auszugeben, daß beide Ehegatten grundsätzlich in gleicher Weise am ehelichen Lebensstandard teilnehmen (Senatsurteile vom 10. Dezember 1980 - IVb ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 = NJW 1981, 753; vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 543/80 - FamRZ 1981, 442, 444; vom 16. September 1981 - IVb ZR 674/80 - FamRZ 1981, 1165, 1166 = NJW 1982, 41). Diesen Grundsätzen wird eine Rechtsprechung nicht gerecht, die im Falle einer sog. Doppelverdienerehe dem weniger verdienenden Ehegatten eine Beteiligung an dem Mehreinkommen des anderen schlechthin verweigert.

13

Wie oben schon hervorgehoben wurde, ist die Feststellung des Lebensbedarfs ebenso Sache des Tatrichters wie die Wahl der dazu anzuwendenden Berechnungsmethode. Gegenüber der Ablehnung der sog. Differenzmethode, wie sie in den Schlußbemerkungen des angefochtenen Urteils erblickt werden könnte, ist jedoch darauf hinzuweisen, daß diese Methode, die der Bundesgerichtshof bereits mehrfach gebilligt hat (vgl. nur Senatsurteile vom 10. Dezember 1980 aaO und vom 8, April 1981 - IVb ZR 566/80 - FamRZ 1981, 539, 541), auch im vorliegenden Fall zu angemessenen, rechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnissen führen kann. Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs nach Trennung oder Scheidung der Ehegatten sind an sich eine Reihe verschiedenartiger Umstände zu berücksichtigen, so im Regelfall neben dem ehelichen Lebensstandard und den zu seiner Aufrechterhaltung benötigten Mitteln der besondere Aufwand, der dem oder den berufstätigen Ehegatten durch die Erwerbstätigkeit entsteht, sowie die durch die Trennung entstehenden Mehrkosten der Lebenshaltung (vgl. dazu Senatsurteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - FamRZ 1982, 255, 257; Hampel aaO S. 853). Ungeachtet des Grundsatzes gleichmäßiger Teilhabe am ehelichen Lebensstandard kann ferner auf seiten des Unterhaltspflichtigen wie des Berechtigten der Anreiz zu eigener Erwerbstätigkeit dadurch gesteigert werden, daß dem Erwerbstätigen von den erzielten Einkünften ein gewisser, wenn auch begrenzter Mehranteil verbleibt (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1981 - IVb ZR 674/80 - FamRZ 1981, 1165, 1166). Die Differenzmethode, die bei einer sog. Doppelverdienerehe dem weniger verdienenden Ehegatten einen Ergänzungsanspruch in Höhe einer der von der Praxis entwickelten Quoten der Einkommensdifferenz zubilligt, vermag diesen verschiedenen Anforderungen an die Bemessung des Unterhalts regelmäßig befriedigend Rechnung zu tragen. Das gilt jedenfalls bei Einkommen durchschnittlicher Größenordnung, wie sie hier (noch) vorliegen, und vorbehaltlich besonderer weiterer Umstände des Einzelfalles, die besonderer Berücksichtigung bedürfen können.

14

4.

a)

Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht zu klären haben, welche rechtliche Bedeutung dem Antrag der Ehefrau zukommt, ihr den begehrten Unterhalt von 1.500 DM monatlich bereits ab 1. Januar 1980 zuzusprechen. Da ihr Prozeßziel auf die Gewährung eines Ergänzungsanspruchs gemäß § 1573 Abs. 2 BGB für nachehelichen Unterhalt gerichtet ist, hält der Senat es für naheliegend, daß der Datierung die - irrige und durch Antragsberichtigung korrigierbare - Vorstellung zugrundeliegt, die Scheidung sei bereits durch den bisher nicht angefochtenen Scheidungsausspruch im Urteil des Familiengerichts vom 28. Dezember 1979 rechtskräftig erfolgt. Sollte der Antrag aber so zu verstehen sein, daß entgegen der bisher vorgetragenen Begründung zusätzlich ab 1. Januar 1980 Trennungsunterhalt bis zum Eintritt der Rechtskraft verlangt wird, läge weder zur Zulässigkeit einer Klagerweiterung noch zur Sache selbst eine Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Da eine Sachentscheidung im Verbundverfahren auch nicht erfolgen dürfte, müßte das Berufungsgericht ein Verfahren, das die Verurteilung des Ehemannes zur Leistung von Trennungsunterhalt zum Gegenstand hat, abtrennen, wenn es die Klagerweiterung überhaupt für zulässig erachtet.

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b)

In der erneuten Verhandlung wird die Ehefrau Gelegenheit haben, ihre Einwendungen gegen die Feststellung des der Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse zugrundegelegten durchschnittlichen Monatseinkommens des Ehemannes von 5.000 DM vorzutragen. Ebenso wird zu klären sein, ob sie die im Zeitpunkt der - bisher - letzten Verhandlung in der Berufungsinstanz erzielten Einkünfte nachhaltig sichern oder nur vorübergehend in Überschätzung ihrer Kräfte hat verdienen können (§ 1573 Abs. 4 BGB).

Lohmann
Dr. Seidl
Richter Dr. Blumenröhr ist im Urlaub und kann daher nicht Unterschreiben, Lohmann.
Dr. Macke
Nonnenkamp