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Bundesgerichtshof
Urt. v. 20.01.1982, Az.: IVb ZR 651/80

Anspruch auf Bewilligung des Armenrechts; Abänderungsklage auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts ; Voraussetzungen für den Wegfall der Unterhaltspflicht

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
20.01.1982
Aktenzeichen
IVb ZR 651/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 12564
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 21.03.1980
AG Iserlohn

Fundstellen

  • MDR 1982, 565 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1982, 1050-1052 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Bauschalungsverleiher Hans Jürgen L., B.Weg ..., H.

Prozessgegner

Hausfrau Monika Barbara M. geb. A., Am R. d, H.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Der Abänderungsklage kann nicht schon für die Zeit ab Zugang eines Gesuchs auf Armenrecht (Prozeßkostenhilfe) stattgegeben werden.

  2. b)

    Zur Leistungsfähigkeit eines unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten, der sich unter Aufgabe seines Arbeitsplatzes selbständig macht.

Der IVb - Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 1982
durch
die Richter Lohmann, Portmann, Dr. Blumenröhr, Dr. Macke und Dr. Zysk
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen der Klägerin und des Beklagten gegen das Urteil des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. März 1980 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die monatliche Unterhaltsrente von 182,35 DM für die Zeit vom 1. Januar 1980 bis zum 26. März 1981 zu zahlen ist.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Ehe der Parteien, aus der die am 25. März 1967 geborene Tochter Rose-Marie hervorgegangen ist, ist am 29. Januar 1970 aus dem Verschulden des Beklagten geschieden worden. Durch Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 22. Februar 1973 ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von 75 DM zu zahlen.

2

Die Klägerin, die neben dem gemeinschaftlichen Kind zwei in den Jahren 1975 und 1976 geborene Kinder aus einer nichtehelichen Verbindung betreut, hat zunächst durch Schriftsatz vom 24. November 1978, dem Beklagten zugestellt am 1. Dezember 1978, um das Armenrecht für eine "für den Fall der Bewilligung des Armenrechts erhobene" Abänderungsklage auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 337,33 DM nachgesucht. Das Armenrecht ist ihr auf Beschwerde durch Beschluß des Oberlandesgerichts vom 19. Juni 1979 bewilligt worden. In der darauffolgenden mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 31. Juli 1979 hat sie den angekündigten Abänderungsantrag gestellt, den sie mit den zwischenzeitlich veränderten Lebensverhältnissen und dem erhöhten Einkommen des Beklagten begründet hat.

3

Das Amtsgericht hat den Beklagten in Abänderung des Urteils vom 22. Februar 1973 verurteilt, an die Klägerin ab 1. Dezember 1978 einen monatlichen Unterhalt von 337,33 DM zu zahlen. Der Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt und im Wege der Widerklage beantragt, auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab 1. Februar 1980 zu erkennen. Das Oberlandesgericht hat der Klägerin für die Zeit vom 31. Juli 1979 bis 31. Dezember 1979 einen monatlichen Unterhalt von 244,71 DM und ab 1. Januar 1980 einen solchen von 182,35 DM zugesprochen und im übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien - zugelassene - Revision eingelegt. Die Klägerin erstrebt die Wiederherstellung des familiengerichtlichen Urteils, hat jedoch auf Grund ihrer Wiederverheiratung ihre Ansprüche auf die Zeit bis zum 26. März 1981 beschränkt. Der Beklagte verfolgt seinen Klageabweisungs- und Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die beiderseitigen Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

5

I.

Revision der Klägerin

6

1.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß dem Abänderungsbegehren der Klägerin frühestens ab 31. Juli 1979 entsprochen werden kann, weil sie in der mündlichen Verhandlung von diesem Tage erstmals ihren Klageantrag unbedingt gestellt hat (§ 261 Abs. 2 ZPO) und der zuvor zugestellte Schriftsatz vom 24. November 1978, der als Armenrechtsgesuch zu werten sei, nicht maßgebend sein könne. Es stützt sich hierbei auf § 323 Abs. 3 ZPO, wonach das Urteil nur für die Zeit nach Erhebung der Klage abgeändert werden darf. Die Revision macht demgegenüber geltend, daß in derartigen Fällen die Zeitschranke des Gesetzes auf den Zugang des Armenrechtsgesuchs zu beziehen sei, da andernfalls eine arme Partei gegenüber einer bemittelten Partei in nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt werde. Sie kann sich hierbei auf eine in Rechtsprechung und Schrifttum teilweise vertretene Meinung stützen, die diese Auslegung des § 323 Abs. 3 ZPO aus dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1) i.V. mit dem dort verankerten Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1) folgert (OLG Koblenz FamRZ 1979, 294; OLG Frankfurt FamRZ 1979, 963; LG Braunschweig NJW 1972, 1240 [LG Braunschweig 18.02.1972 - 7 T 73/71] und 1974, 321; Zöller/Vollkommer ZPO 13. Aufl. § 323 Anm. V 4 b; Rosenberg/Schwab Zivilprozeßrecht 13. Aufl. § 159 VI 4 zu Fn. 35; Gabius NJW 1976, 313, 317). Die überwiegende Auffassung hält demgegenüber ein Abrücken von dem klaren Wortlaut des Gesetzes auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht für geboten, weil die arme Partei die rechtliche Möglichkeit habe, die Abänderungsklage ohne Zahlung eines Vorschusses auf die Gerichtskosten zustellen zu lassen (§ 65 Abs. 7 Nr. 3 GKG) und die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit entsprechender Vorschußpflicht in dem Verfahren vor dem Familiengericht nicht unumgänglich sei (OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 1149; OLG Hamm FamRZ 1980, 1126, 1127; OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 619, 620; OLG Köln FamRZ 1979, 331; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 40. Aufl. § 323 Anm. 4B; Thomas/Putzo ZPO 11. Aufl. § 323 Anm. 5c; Wieczorek ZPO 2. Aufl. § 323 Anm. F II a 1; Göppinger/Wax Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 3239; Heyde NJW 1972, 1867).

7

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Entscheidendes Gewicht kommt hierbei dem Wortlaut des Gesetzes zu, der auf die unbedingte Erhebung der Klage abstellt. Ein Armenrechtsgesuch erfüllt das Erfordernis der Klageerhebung nicht, selbst wenn es - wie hier - in einer Klageschrift verbunden mit der Erklärung besteht, die Klage werde nur für den Fall der Bewilligung des Armenrechts erhoben, § 253 Abs. 1 ZPO. Über den klaren Wortlaut des Gesetzes könnte nur hinweggegangen werden, wenn dies nach dem Sinn und Zweck der Regelung oder nach höherrangigem Verfassungsrecht geboten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

8

a)

Daß die Abänderung von Urteilen auf die Zeit nach Erhebung der Abänderungsklage beschränkt ist, ist eine prozessuale Einschränkung des Abänderungsbegehrens (Johannsen LM § 323 ZPO Nr. 8), die im Gesetzgebungsverfahren mit der Zweckmäßigkeitserwägung begründet worden ist, daß die Ermittlung des Zeitpunkts, in dem die Änderung der maßgebenden Verhältnisse in der Vergangenheit eingetreten ist, meist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre (Materialien zur ZPO - 1898 - Begründung zum Entwurf des § 293 a = S. 151).

9

Daneben kommt nach heutigem Rechtsverständnis dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Bedeutung zu. Diesem wäre nicht Rechnung getragen, wenn Gläubiger wie Schuldner eines Unterhaltstitels ohne Vorwarnung mit der Abänderung dieses Titels für die zurückliegende Zeit rechnen müßten (vgl. LG Freiburg FamRZ 1972, 397, 398). Durch die Klageerhebung wird der Gegner darauf hingewiesen, daß er mit einer Abänderung des Titels für die Zukunft rechnen muß. Der Zugang eines ordnungsgemäß begründeten Armenrechtsgesuchs könnte dieser Warnfunktion allenfalls genügen, auch wenn dieses den Entschluß zur Rechtsverfolgung schwächer zum Ausdruck bringt als die Klageerhebung. Dem Normzweck der Bestimmung eines eindeutigen Zeitpunkts, ab dem die Abänderung prozessual möglich sein soll, wäre hingegen nicht genügt. Ein Armenrechtsgesuch kann nämlich dem Prozeßgegner formlos mitgeteilt werden, wie das auch in der Regel geschieht, so daß der Zeitpunkt des Zuganges erst besonders ermittelt werden müßte.

10

b)

Die für eine Abkehr vom Wortlaut des Gesetzes ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Gründe, die von der Gegenmeinung als ausschlaggebend angesehen werden, hält der Senat letztlich nicht für durchgreifend. Der allgemeine Gleichheitssatz und das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gebieten, den Rechtsschutz von Bemittelten und Unbemittelten weitgehend anzugleichen, wobei dieser Forderung genügt ist, wenn der Gesetzgeber einem Unbemittelten denjenigen Bemittelten gleichstellt, der bei gleichen Prozeßchancen vernünftigerweise den Rechtsweg beschreiten würde, also den verständig rechnenden Bemittelten, der auch die Tragweite des Kostenrisikos mitberücksichtigt (BVerfGE 10, 264, 270 f [BVerfG 12.01.1960 - 1 BvL 17/59];  51, 295, 302). Es ist danach nicht erforderlich, dem Unbemittelten deshalb jedes Prozeßrisiko zu nehmen, weil eine etwaige Kostenlast ihn ungleich hart treffen würde. Die Verfassung verlangt nur, daß auch er tatsächlich gegebene Prozeßchancen wahrnehmen kann. Dies ist aber durch die geltenden Vorschriften des Prozeß- und des Kostenrechts gewährleistet. Die rechtliche Möglichkeit, die sofortige Zustellung der Klage ohne die sonst notwendige Zahlung der gerichtlichen Verfahrensgebühr zu bewirken, bietet § 65 Abs. 7 Nr. 3 GKG, wonach die Vorschußpflicht entfällt, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die alsbaldige Zahlung mit Rücksicht auf die Vermögenslage Schwierigkeiten bereiten würde. Zur Fertigung der Klageschrift kann sich der Mittellose der Rechtsantragstelle des Familiengerichts bedienen, da das Verfahren erster Instanz nicht dem Anwaltszwang unterliegt. Danach ist der Unbemittelte bei gleichen Prozeßchancen durch seine Armut nicht gehindert, das Abänderungsbegehren zum gleichen Zeitpunkt durchzusetzen wie ein Bemittelter. Daß es genügt, wenn die Verfahrensordnung in ihrer Gesamtkonstruktion auf die Belange des Unbemittelten ausreichend Rücksicht nimmt, ist anerkannt (BVerfGE 9, 124, 131).

11

c)

Hiernach ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Abänderungsbegehren der Klägerin erst ab dem Zeitpunkt der unbedingten Erhebung der Klage in der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 1979 stattgegeben hat.

12

2.

Die Revision rügt weiter, daß das Berufungsgericht den notwendigen Selbstbehalt des Beklagten für das Jahr 1979 mit 650 DM und für das Jahr 1980 mit 800 DM schematisch anhand der jeweiligen Düsseldorfer Tabelle (NJW 1979, 25 bzw. 1980, 107 = FamRZ 1980, 19) bemessen habe, ohne die für die Ausübung seines Ermessens maßgebenden Gesichtspunkte darzulegen. Indessen ist der Tatrichter bei der Unterhaltsbemessung nicht gehindert, sich an Richtsätze und Leitlinien anzulehnen, die auf die gegebenen Verhältnisse abgestellt sind und der Lebenserfahrung entsprechen, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung bedingen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1979 - IV ZR 184/77 = FamRZ 1979, 692, 693 und vom 26. September 1979 - IV ZR 87/79 - FamRZ 1980, 40, 42; Senatsurteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 614/80). Dies gilt auch für den notwendigen Eigenbedarf des Unterhaltsverpflichteten, der weniger durch dessen individuelle Lebensstellung bestimmt ist als durch das Erfordernis, die Grenze der Inanspruchnahme generalisierend festzulegen (vgl. Göppinger/Wenz a.a.O. Rdn. 1148 m.w.N.; Griesche FamRZ 1981, 841, 844 f). Da im vorliegenden Fall besondere Umstände, die für eine abweichende Bemessung sprechen könnten, nicht geltend gemacht worden sind, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht ohne weitere Darlegungen die Tabellenwerte angesetzt hat, die für den Selbstbehalt eines Erwerbstätigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ausgeworfen sind.

13

3.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin seit längerer Zeit in eheähnlicher Gemeinschaft mit einem Dritten lebt, dem sie den Haushalt führt. Es hat weiter festgestellt, daß sie von ihm für ihre Tätigkeiten außer freier Wohnung keine sonstigen Bar- oder Sachleistungen zu erlangen vermöge, weil seine ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse dies nicht zuließen. Den Gegenwert der freien Wohnung hat das Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO auf 250 DM monatlich geschätzt und der Klägerin diesen Betrag als Einkommen angerechnet. Soweit die Revision eine nähere Darlegung der Schätzungsgrundlagen zur Höhe dieses Betrages vermißt, ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin selbst die freie Wohnung in ihren Schriftsätzen vom 24. November 1978 und 19. April 1979 mit 250 DM monatlich bewertet hat. Angesichts dieser eigenen Einschätzung, über die nicht hinausgegangen wurde, waren nähere Darlegungen des Berufungsgerichts zur Höhe entbehrlich. Dem Grunde nach steht die Entscheidung des Berufungsgerichts zu dieser Frage im Einklang mit der vom erkennenden Senat fortgeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anrechnung von Zuwendungen im Rahmen eheähnlicher Verbindungen (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1979 - IV ZR 87/90 = FamRZ 1980, 40, 42; Senatsurteile vom 23. April 1980 - IVb ZR 527/80 - FamRZ 1980, 665, 668 f und vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 523/80 - FamRZ 1980, 879, 880).

14

II.

Revision des Beklagten

15

1.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit die Einkünfte, die der Beklagte vor Aufgabe seines Arbeitsplatzes als Maurer erzielt hat, auch für die anschließende Zeit zugrunde gelegt hat, obwohl sein tatsächliches Einkommen in dieser Zeit erheblich niedriger war.

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a)

Das Oberlandesgericht hat hierzu ausgeführt, es sei dem Beklagten zwar unbenommen gewesen, sich zum 1. Oktober 1979 als Bauschalungsverleiher selbständig zu machen, wenn er sich davon ein höheres Einkommen versprochen habe. Er habe dabei aber seine laufenden Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigen müssen, notfalls durch Aufnahme eines Kredites für eine Übergangszeit. Soweit ihm dies nicht möglich gewesen sei, sei er im Verhältnis zu seinen Unterhaltsgläubigern verpflichtet gewesen, seine bisherige unselbständige Tätigkeit beizubehalten oder wieder aufzunehmen. Daher sei er so zu behandeln, als ob er weiterhin zumindest über sein bisheriges Einkommen von monatlich 1 663,59 DM netto verfügt habe.

17

b)

Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 8. April 1981 - IVb ZR 566/80 - FamRZ 1981, 539, 540 entschieden hat, muß ein unterhaltspflichtiger Ehegatte seine Arbeitskraft so gut wie möglich einsetzen und sich Einkünfte anrechnen lassen, die er bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit erreichen könnte. Diese Verpflichtung legt ihm nicht nur bei der Wahl des Arbeitsplatzes, sondern auch bei der Aufgabe einer Stellung Beschränkungen auf. Gibt er seinen Arbeitsplatz auf und vermindert dadurch in nicht zu verantwortender Weise sein Einkommen (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Juli 1981 - IVb ZR 593/80 - NJW 1981, 2805, 2807 = FamRZ 1981, 1042, 1044), muß er sich weiterhin als leistungsfähig behandeln lassen. Verfassungsrechtliche Bedenken stehen dem wegen der Wechselwirkung zwischen den Grundrechten auf freie Berufswahl (Art. 12 GG) und freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) und dem aus Art. 6 GG folgenden Grundsatz der gegenseitigen Verantwortung der Ehegatten nach der Scheidung nicht entgegen.

18

c)

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht von dem Beklagten im Hinblick auf seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin gefordert, Vorsorge für die voraussehbaren Übergangsschwierigkeiten zu treffen, insbesondere für den zunächst zu erwartenden Rückgang seiner Einkünfte. Dem ist im Ergebnis beizupflichten. Wenn ein Unterhaltsschuldner nach seinem freien Willensentschluß eine voraussehbare rückläufige Entwicklung in seinen Einkünften herbeiführt, ist ihm zuzumuten, seinen Plan erst dann ins Werk zu setzen, wenn er in geeigneter Weise sichergestellt hat, daß ihm die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht jedenfalls vorerst auch bei geringeren Einkünften möglich ist-(ebenso Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts 5. Aufl. Rdn. 93). Ob dies durch Aufnahme eines Kredits geschieht oder in anderer Weise, etwa durch Bildung von Rücklagen, ist gleichgültig. Die Revision vermißt daher zu Unrecht Feststellungen dazu, ob dem Beklagten im Zeitpunkt seines Berufswechsels eine Kreditaufnahme überhaupt möglich gewesen ist. War er dazu nicht in der Lage und konnte er auch nicht auf andere Weise Vorsorge schaffen, hatte er seinen Plan jedenfalls zunächst zurückzustellen. Daß er einen Rückgang seiner Einkünfte durch den Berufswechsel vorausgesehen hat, hat er in der Berufungsbegründung vom 24. Januar 1980 selbst vorgetragen. Im übrigen hat er keine zwingenden Gründe geltend gemacht, die ihn zu dem Berufswechsel gerade zum 1. Oktober 1979 während des schwebenden Unterhaltsprozesses bewogen haben.

19

2.

Die Revision rügt weiter, daß das Berufungsgericht eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin allein wegen der Betreuung der 13-jährigen Tochter der Parteien aus der Erwägung für unzumutbar angesehen hat, das Kind sei bei der früheren Berufstätigkeit der Mutter in den schulischen Leistungen stark abgesunken und bedürfe deswegen verstärkter Zuwendung.

20

Es kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu Senatsurteil vom 4.11.1981 - IVb ZR 629/80, zur Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.) der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts weitere zwei Kinder zu betreuen, die aus ihrer neuen Verbindung stammen und in den Jahren 1975 und 1976 geboren sind. Jedenfalls im Rahmen des Unterhaltsanspruchs gemäß §§ 58, 59 EheG, der hier gegeben ist, ist bei der Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten auch die Betreuung nicht gemeinschaftlicher Kinder zu berücksichtigen, weil es sich um einen nach billigem Ermessen zu würdigenden Umstand handelt, der in der Person des berechtigten Ehegatten begründet ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - IV ZR 62/78 - FamRZ 1979, 470, 471; Göppinger/Häberle a.a.O. Rdn. 1053). Ohne daß es hier weiterer Feststellungen bedürfte, kann davon ausgegangen werden, daß die Klägerin aufgrund der Versorgung und Betreuung von insgesamt drei Kindern unter 14 Jahren nicht auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann (vgl. dazu Senatsurteil vom 4.11.1981 aaO).

21

3.

Soweit mit der Revision - erstmals - geltend gemacht wird, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wohngeld gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 WoGG, das sie sich auch dann anrechnen lassen müsse, wenn sie sich nicht um die Bewilligung bemüht habe, ist nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerin, die nach den tatrichterlichen Feststellungen in dem Hause ihres Lebensgefährten frei wohnt, einen "Mietzuschuß" nach der angeführten gesetzlichen Grundlage beanspruchen kann. Es liegt kein entgeltliches Nutzungsverhältnis vor, wie erforderlich (OLG Münster ZMR 1972, 221; Stadler/Gutekunst, Zweites Wohngeldgesetz, § 3 Anm. 2). Schon der Ausgangspunkt der Revision ist daher unzutreffend.

22

III.

Die beiderseitigen Rechtsmittel erwiesen sich nach alledem als unbegründet. Da die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch im Revisionsverfahren zulässigerweise auf die Zeit bis zu ihrer Wiederverheiratung am 27. März 1981 beschränkt hat (§ 264 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), war die vom Berufungsgericht ab 1. Januar 1980 zugesprochene Unterhaltsrente auf den beanspruchten Zeitraum zu befristen.

Lohmann
Portmann
Blumenrohr
Macke
Zysk