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Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.10.1981, Az.: VIII ZR 229/80

Wirksamkeit sog. Tagespreisklauseln in Neuwagenverkaufsbedingungen; Angemessenheit formularmäßiger Verzugszinsenpauschalierungen i.H.v. 2 % jährlich über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz beim Neuwagenverkauf; Vereinbarung unverbindlicher Lieferfristen beim Neuwagenkauf; Möglichkeit des Käufers zur Inverzugsetzung des Verkäufers nach Fristablauf im Falle der Vereinbarung unverbindlicher Lieferfristen beim Neuwagenkauf

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
07.10.1981
Aktenzeichen
VIII ZR 229/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1981, 12087
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BGHZ 82, 21 - 28
  • JZ 1982, 111-113 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1982, 331-333 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1982, 71-75

Prozessführer

Verein zum Schutz der Verbraucher gegen unlauteren Wettbewerb (Verbraucherschutzverein) e.V.,
vertreten durch die Vorsitzende des Vorstandes Dr. Thea B. in Be. und deren Stellvertreterin Dr. Gabriele E. in Bo., Ba. Straße ... in Be.,

Prozessgegner

A. H. GmbH & Co. KG, L. Straße ... in Kassel,
vertreten durch ihre persönlich haftende Gesellschafterin,
diese vertreten durch ihren Geschäftsführer G.,

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage der Wirksamkeit von sogen. Tagespreisklauseln in Neuwagen-Verkaufsbedingungen.

Formularmäßige Verzugszinsenpauschalierungen in Höhe von 2 % jährlich über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz sind beim Neuwagenverkauf nicht unangemessen.

Zur Vereinbarung unverbindlicher Lieferfristen beim Neuwagenkauf und der Möglichkeit für den Käufer, den Verkäufer nach Fristablauf in Verzug zu setzen.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 1981
durch
den Vorsitzenden Richter Braxmaier und
die Richter Dr. Hiddemann, Hoffmann, Treier und Dr. Brunotte
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juni 1980 im Kostenpunkt abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Von den Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5.

Die weitergehende Revision des Klägers und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Kraftfahrzeughändlerin. Bei Kaufverträgen über die von ihr vertriebenen Porsche-Kraftfahrzeuge nebst Ersatz-, Zubehör- und Austauschteilen verwendet sie Allgemeine Geschäftsbedingungen ("Porsche-Verkaufsbedingungen"), die - soweit hier von Interesse - folgendes bestimmen:

  1. 1.

    Preisänderungen sind nur zulässig, wenn zwischen Vertragsabschluß und vereinbartem Liefertermin mehr als vier Monate liegen; dann gilt der am Tag der Lieferung gültige Preis des Verkäufers.

  2. 2.

    Verzugszinsen werden mit 2 % p.a. über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank berechnet, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer. Sie sind höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer eine Belastung mit einem höheren Zinssatz oder der Käufer eine geringere Belastung nachweist.

  3. 3.

    Liefertermine oder Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben.

  4. 4.

    Der Käufer kann 6 Wochen nach Überschreitung eines unverbindlichen Liefertermins oder einer unverbindlichen Lieferzeit den Verkäufer schriftlich auffordern, binnen angemessener Frist zu liefern. Mit dieser Mahnung kommt der Verkäufer in Verzug.

  5. 5.

    Wenn der Fehler nicht beseitigt werden kann oder für den Käufer weitere Nachbesserungsversuche unzumutbar sind, kann der Käufer anstelle der Nachbesserung Wandlung oder Minderung verlangen.

2

Die Klauseln entsprechen wörtlich den vom Zentralverband des Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK), dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und dem Verband der Importeure von Kraftfahrzeugen (VDIK) gemeinsam ausgearbeiteten und den Kraftfahrzeughändlern zur Verwendung empfohlenen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern (Neuwagenverkaufsbedingungen)", die das Bundeskartellamt am 27. Mai 1977 (BAnz Nr. 108 vom 14. Juni 1977) als angemeldete Konditionsempfehlungen (§ 38 Abs. 2 Nr. 3 GWB) bekanntgemacht hat.

3

Der Kläger - ein Verbraucherschutzverein - verlangt von der Beklagten gemäß § 13 AGBG, diese Klauseln im Rechtsverkehr gegenüber Nichtkaufleuten zu unterlassen. Er ist der Ansicht, daß die beanstandeten Klauseln gegen das AGB-Gesetz verstoßen, ihre Verwendung durch die Beklagte daher unzulässig ist.

4

Das Landgericht hat die Klage im wesentlichen abgewiesen und ihr nur hinsichtlich der Klausel Nr. 5 (Rechtsfolgen bei fehlgeschlagener oder unzumutbarer Nachbesserung) stattgegeben. Während des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte hinsichtlich dieser Klausel eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung abgegeben. Insoweit haben beide Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren hinsichtlich Nr. 1 der Verkaufsbedingungen stattgegeben, die Beklagte insoweit zur Unterlassung verurteilt, im übrigen die Berufung zurückgewiesen und die Kosten unter Einbeziehung des erledigten Teiles zu 4/5 dem Kläger und zu 1/5 der Beklagten auferlegt. Mit ihren Revisionen verfolgen die Parteien ihr Begehren - hinsichtlich der Nr. 5 nunmehr beschränkt auf die Verpflichtung zum Tragen der Kosten - weiter. Beide Parteien beantragen,

die Revision des Gegners zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Beklagten hat keinen, die des Klägers nur zum Teil Erfolg.

6

I.

Preisänderungsvorbehalt (Klausel Nr. 1):

7

1.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist diese Klausel im Rechtsverkehr mit einem Nichtkaufmann gemäß § 9 AGBG unwirksam. Zwar sei ein formularmäßiger Preisänderungsvorbehalt bei vereinbarten Lieferfristen von mehr als vier Monaten nicht schlechthin unzulässig, - und zwar insbesondere dann nicht, wenn mit ihm ausschließlich Kostensteigerungen zwischen Vertragsabschluß und Lieferzeitpunkt an den Käufer weitergegeben würden. Die hier verwendete Klausel benachteilige jedoch in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise den Käufer deswegen unangemessen, weil sie angesichts ihrer umfassenden Formulierung die Abwälzung jeder beliebigen Preissteigerung auf den Käufer, auch soweit sie nicht durch Kostensteigerungen bedingt sei, decke, ohne ihm für derartige Fälle zumindest die Möglichkeit einzuräumen, sich folgenlos vom Vertrag zu lösen.

8

2.

Diese Ansicht hält den Angriffen der Revision der Beklagten stand.

9

a)

§ 11 Nr. 1 AGBG erklärt Preisänderungsvorbehalte bei einer vereinbarten Lieferfrist von längstens vier Monaten - von Leistungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen sowie bestimmten Beförderungsentgelten abgesehen - für unwirksam. Daraus folgt allerdings entgegen der von der Beklagten in ihrer schriftlichen Revisionsbegründung vertretenen Ansicht nicht, daß derartige Vorbehalte bei vereinbarten Lieferfristen von mehr als vier Monaten schlechthin und ohne Einschränkung zulässig sind. Vielmehr ist die Zulässigkeit derartiger formularmäßiger Bestimmungen an der Generalklausel des § 9 AGBG zu messen. Das entspricht, wie die Gesetzesmaterialien ergeben, der Vorstellung und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. den Ersten Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, auf dessen Vorschlägen zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen das AGB-Gesetz weitgehend beruht; dort zu § 8 Nr. 1 des Entwurfs S. 65 ff; siehe auch RegEntw. BT-Drucks. 7/3919, Erläuterung zu § 9 Nr. 1, abgedruckt bei Dietlein/Rebmann, AGB aktuell S. 255 f). Der Senat hat für den - in § 11 Nr. 1 AGBG ebenfalls ausgenommenen - Bereich der Dauerschuldverhältnisse die gleiche Auffassung vertreten (Senatsurteil vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 = WM 1980, 1120 = NJW 1980, 2518). Auch im Schrifttum wird die Wirksamkeit formularmäßiger Preisänderungsvorbehalte, soweit sie nicht von § 11 Nr. 1 AGBG erfaßt werden, durchweg nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen, ihre Zulässigkeit vielmehr je nach der Ausgestaltung einer derartigen Klausel im Einzelfall an § 9 AGBG gemessen (Dietlein/Rebmann, a.a.O. § 11 Nr. 1 Rdn. 4; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, AGBG, § 11 Nr. 1 Rdn. 8; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 3. Aufl. § 11 Nr. 1 Rdn. 10; Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl. AGBG§ 11 Nr. 1 Rdn. 21; Gerlach in MünchKomm, BGB Bd. I AGBG § 11 Rdn. 11; vgl. dazu auch Bilda MDR 1979, 89 ff [OLG Stuttgart 07.02.1979 - 3 Ss 3 24/79]).

10

b)

Es geht mithin ausschließlich um die Frage, ob die hier verwendete Klausel unter Abwägung der beiderseits schutzwürdigen Interessen beim Neuwagenkauf den Käufer gegenüber dem Verkäufer unangemessen benachteiligt. Das hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht.

11

aa)

Allerdings läßt sich angesichts der langen Lieferfristen, wie sie im Kraftfahrzeughandel nicht ungewöhnlich sind, ein berechtigtes Interesse des Händlers daran, zwischenzeitlich notwendig werdende Preiserhöhungen auf den Käufer abzuwälzen, nicht bestreiten. Derartige Preiserhöhungen können auf den vielfältigsten, vom Händler oft nicht voraussehbaren Umständen beruhen. So kommen etwa neben dem Ansteigen der Materialkosten und Löhne sowohl auf der Stufe des Zulieferanten des Herstellers, des Kraftfahrzeugherstellers sowie des Händlers selbst auch die Erhöhungen etwaiger Importabgaben und Steuern (z.B. Mehrwertsteuer) in Betracht. Im Interesse einer einheitlichen Preisgestaltung hat der Händler zudem ein berechtigtes Interesse daran, diese andernfalls ihn treffenden Erhöhungen auf den Letztverbrauchernachträglich abwälzen zu können, um bis zum tatsächlichen Eintritt der Kostensteigerung in der Preisgestaltung möglichst lange beweglich zu bleiben. Wäre er zu einer solchen nachträglichen Abwälzung nicht in der Lage, so müßte er von vornherein einen Sicherheitsfaktor in die Preiskalkulation einbeziehen, - eine Maßnahme, die sich dann durchgängig zum Nachteil auch der von der Kostenerhöhung zeitlich nicht betroffenen Käufer auswirken würde.

12

bb)

All dieser Umstände ist sich ein Käufer, wenn er mit einer längeren Lieferfrist bestellt, auch durchaus bewußt. Beruht die Lieferfrist auf seinem eigenen Wunsch (etwa weil ihm im Hinblick auf seine eigenen Bedürfnisse oder aus Gründen der Finanzierung an einer früheren Lieferung nicht gelegen ist), so fällt ohnehin die Kostensteigerung in seinen Risikobereich; will er die dadurch ausgelöste Preiserhöhung vermeiden, so mag er versuchen, sich im Wege der Individualvereinbarung (§ 4 AGBG) einen Festpreis garantieren zu lassen. Aber auch dann, wenn die allgemeine Nachfrage für ein bestimmtes Modell die Lieferkapazität des Herstellers oder Händlers übersteigt, weiß der Käufer um die Möglichkeit zwischenzeitlicher Preissteigerungen; dann aber ist es jedenfalls im Grundsatz nicht unangemessen, wenn er eine entsprechende Übernahme dieser Kostensteigerung und damit eine nachträgliche Preiserhöhung hinnehmen muß.

13

c)

Dagegen sind formularmäßige Preisänderungsvorbehalte dann nicht mehr angemessen, wenn sie es dem Verkäufer als Verwender ermöglichen, über die Abwälzung der Kostensteigerungen hinaus den vereinbarten Kaufpreis ohne jede Begrenzung einseitig anzuheben, - sei es, um künftig zu erwartende Kostensteigerungen vorweg aufzufangen, sei es, um sich angesichts der besonderen Nachfrage einen zusätzlichen Gewinn zu sichern. Bei der entscheidenden Bedeutung, die demÄquivalenzprinzip - als der Vorstellung beider Parteien von der Gleichwertigkeit der von ihnen zu erbringenden Leistungen - insbesondere bei der Kaufpreiszahlung als der Hauptpflicht des Käufers zukommt, wäre ein Änderungsvorbehalt, der auch insoweit eine einseitige nachträgliche Preisanhebung ermöglicht, gemäß § 9 AGBG unwirksam.

14

d)

So liegen die Umstände hier. Angesichts ihrer uneingeschränkten Fassung ermöglicht die Klausel jede beliebige Preiserhöhung, auch soweit sie durch zwischenzeitlichen Kostenanstieg nicht gedeckt ist. Die Ansicht der Revision der Beklagten, durch die Ausgestaltung als sogen. Tagespreisklausel sei - auch im Hinblick auf die Wettbewerbslage - die Angemessenheit der Preiserhöhung gewährleistet, geht schon deswegen fehl, weil die Beklagte nicht gehindert ist, mit der Festsetzung des Tagespreises eine bevorstehende Kostensteigerung vorweg zu berücksichtigen oder einen nach Marktlage erzielbaren höheren Gewinn in den Preis einzubeziehen. Imübrigen verkennt die Beklagte mit der von ihr vertretenen Ansicht, durch die Tagespreisklausel werde eine Gleichbehandlung aller Käufer, die das Kraftfahrzeug zum selben Zeitpunkt erhielten, gewährleistet, daß es insoweit nicht auf den Lieferzeitpunkt, sondern auf den Vertragsschluß ankommt und dem Käufer ein etwa dabei erzielter günstiger Preis nicht durch eine nachträgliche einseitige Preiserhöhung wieder genommen werden darf. Soweit schließlich die Revision in diesem Zusammenhang meint, die in § 315 Abs. 3 BGB verankerte und jedenfalls durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht abdingbare Befugnis des Käufers, im Rechtsstreit die geänderten Listenpreise auf ihre Billigkeit zu überprüfen, schütze ihn vor unangemessener Benachteiligung, verkennt sie die besondere Bedeutung des Kontrollverfahrens nach §§ 13 ff AGBG. Dieses Verfahren soll gerade im Vorfeld einer prozessualen Auseinandersetzung den Kunden schützen, der sich nur zu leicht von dem Verwender unter Hinweis auf eine - wenn auch materiell-rechtlich unwirksame - Klausel von einer Durchsetzung seiner Rechte abhalten läßt und resigniert (vgl. dazu Senatsurteile vom 28. November 1979 - VIII ZR 317/78 = WM 1980, 130 = NJW 1980, 831 sowie vom 10. Dezember 1980 - VIII ZR 295/79 = BGHZ 79, 117 = WM 1981, 244 = NJW 1981, 867, dort unter 2 b) der Entscheidungsgründe).

15

3.

a)

Die Beklagte hat darauf verwiesen, daß es ihr angesichts der zahlreichen Faktoren, die für eine notwendige Preiserhöhung maßgebend sein können, nicht möglich sei, einen Preisänderungsvorbehalt in einer für den Käufer nachvollziehbaren Form zu formulieren. Das mag zutreffen, liegt sogar nahe. Die im Bereich der Energieversorgung gebräuchlichen, wenn auch dort in ihrer komplizierten Fassung vielfach unvermeidlichen Anpassungsklauseln geben insoweit ein eindrucksvolles Beispiel (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. Juli 1979 - VIII ZR 245/78 = WM 1979, 1097). Eine allgemein gehaltene Fassung desÄnderungsvorbehalts dahingehend, daß Preiserhöhungen lediglich im Umfang zwischenzeitlicher Kostensteigerungen zulässig sind, würde die sich aus § 9 AGBG ergebenden Bedenken ebensowenig ausräumen wie eine komplizierte, alle Faktoren der Kostensteigerungen erfassende Klausel, deren Verständnis sich jedoch dem Käufer, wenn er Nichtkaufmann ist, verschließt und deren Voraussetzungen er im übrigen im konkreten Fall ohnehin kaum nachprüfen kann.

16

b)

Dagegen ist der Verkäufer in der Lage, die Unangemessenheit eines derartigen allgemein formulierten Preisänderungsvorbehalts dadurch zu beseitigen, daß er dem Käufer unter bestimmten Voraussetzungen eine Lösungsmöglichkeit vom Vertrag einräumt. Es bleibt dann Sache des Verkäufers, unter Berücksichtigung der ihn gegenüber dem Hersteller treffenden Pflichten abzuwägen, ob er den nachträglichen Kostenanstieg mit dem Risiko eines etwaigen Scheiterns des Vertrages auf den Käufer abwälzen oder diesem gegenüber auf eine Preisänderung verzichten will. Daß der Käufer u.U. die Preisanhebung zum Anlaß nimmt, sich von einem ihm lästigen Vertrag zu lösen, läßt sich bei einer solchen Vertragsgestaltung zwar nicht gänzlich vermeiden; diese Gefahr könnte jedoch der Verkäufer durch eine Beschränkung der Lösungsbefugnis auf diejenigen Fälle, in denen die Preiserhöhung einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises übersteigt, in Grenzen halten; eine geringere zwischenzeitliche Erhöhung wäre dann dem Käufer - als noch angemessen (§ 9 AGBG) - zuzumuten (vgl. dazu - allerdings vorwiegend zum Dauerschuldverhältnis - Senatsurteil vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 1974/79 = WM 1980, 1120 = NJW 1980, 2518. Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. § 11 Nr. 1 Rdn. 10; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O.§ 11 Nr. 1 Rdn. 8; Schlosser a.a.O. § 11 Nr. 1 Rdn. 21; Gerlach a.a.O. § 11 Rdn. 11).

17

4.

Die Frage, wie die Beklagte einen formularmäßigen Preisänderungsvorbehalt gesetzeskonform ausgestalten kann, bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls ist die bisher verwendete Klausel deswegen unwirksam, weil sie nachträgliche einseitige Preiserhöhungen in beliebiger Höhe ermöglicht, ohne dem Käufer für diesen Fall die Möglichkeit einer Lösung vom Vertrag einzuräumen. Auf den Umstand, daß die Beklagte - ebenso wie andere Verwender - u.U. deswegen finanzielle Nachteile erleidet, weil sich jedenfalls bei noch nicht abgewickelten Verträgen der Käufer auf die Unwirksamkeit der Preiserhöhung berufen kann (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79 = WM 1981, 379), kommt es nicht an. Wer eine gegen das Gesetz (§ 9 AGBG) verstoßende Klausel verwendet, kann sich nicht darauf berufen, er habe auf die Rechtswirksamkeit vertraut; dies im vorliegenden Fall um so weniger, als gegen die Wirksamkeit einer derart gefaßten Klausel im Schrifttum von Anfang an Bedenken erhoben waren und auch der Senat in seinem Urteil vom 11. Juni 1980 (VIII ZR 174/79 aaO) gegenüber umfassenden Preisänderungsvorbehalten - wenn auch dort hinsichtlich eines Dauerschuldverhältnisses - diese Bedenken unterstrichen hatte.

18

II.

Verzugszinsenpauschalierung (Klausel Nr. 2):

19

1.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts verstößt diese Klausel deswegen nicht gegen § 11 Nr. 5 AGBG, weil ein Verzugsschaden von 2 % über dem Bundesbankdiskontsatz bei Kraftfahrzeughändlern dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht. Durch die Ausgestaltung der Klausel werde dem Käufer auch die Möglichkeit des Nachweises nicht abgeschnitten, daß dem Verkäufer ein Zinsschaden überhaupt nicht oder wesentlich niedriger entstanden sei.

20

2.

Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich der Kläger ohne Erfolg. Entgegen seiner Ansicht handelt es sich bei der beanstandeten Klausel um eine Schadenspauschalierung im Sinne des § 11 Nr. 5 AGBG, wobei der Schaden in den über 4 % hinausgehenden Verzugszinsen liegt ( § 288 Abs. 2 BGB). Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen stellt dabei das Berufungsgericht fest, daß Kraftfahrzeughändler in aller Regel mit Bankkredit arbeiten, weil sie alsEigenhändler einen Vorrat an Fahrzeugen und Ersatz- bzw. Zubehörteilen halten und alsKommissionäre ihren Lieferanten den Kaufpreis entrichten müssen, sobald sie ihrerseits ein Veräußerungsgeschäft abgeschlossen haben. Bei dieser Sachlage stellt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler und überzeugend fest, daß ein Zinsschaden von mindestens 2 % über dem Bundesbankdiskontsatz dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, wobei es gleichgültig ist, ob infolge des Zahlungsverzuges des Käufers der Verkäufer Bankkredit in Anspruch nehmen muß oder - bei guter eigener Kapitalausstattung - gehindert ist, vorhandenes Geld gewinnbringend anzulegen. Zutreffend geht dabei das Berufungsgericht davon aus, daß es insoweit nicht auf die besondere Lage im Betrieb der Beklagten, sondern auf die allgemeinen Verhältnisse in der Branche ankommt (Schlosser a.a.O. § 11 Nr. 5 Rdn. 14 ff; Gerlach a.a.O. § 11 Rdn. 37; Dietlein/Rebmann a.a.O.§ 11 Nr. 5 Rdn. 2; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. § 11 Nr. 5 Rdn. 9). Auch das Gesetz über die Wechsel- und Scheckzinsen vom 3. Juli 1925 (RGBl I S. 93) legt seiner Regelung diesen Zinssatz zugrunde. Da das Berufungsgericht einen durchschnittlich zu erwartenden Schaden in Höhe des pauschalierten Zinsbetrages feststellt, kommt es auf die umstrittene Frage nicht an, ob der Verwender die Branchenüblichkeit des Schadens oder der Käufer die Übersetztheit der Pauschale nachweisen muß (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1976 - VIII ZR 115/75 = BGHZ 67, 312, 315 ff; s. auch Gelhaar NJW 1980, 1372 [BVerfG 06.02.1980 - 2 BvR 1070/79] und 1981, 859). Daß schließlich die Klausel dem Käufer den Nachweis nicht abschneidet, dem Verkäufer sei überhaupt ein Zinsschaden nicht entstanden (vgl. § 11 Nr. 5 b AGBG), ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers zwanglos aus Satz 2 der Klausel.

21

III.

Schriftform für Liefertermine (Klausel Nr. 3):

22

1.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts begründet die Klausel schon nach ihrem Wortlaut kein Schriftformerfordernis, - mit der Folge, daß mündliche Vereinbarungen über Liefertermine und Lieferfristen unwirksam wären; die umstrittene Frage, ob eine derartige Schriftformklausel gegen den Vorrang der Individualabrede verstoße (§ 4 AGBG), stelle sich mithin hier nicht. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob die formularmäßige Vereinbarung einer unverbindlichen - und damit nicht hinreichend bestimmten - Lieferfrist gemäß § 10 Nr. 1 AGBG unwirksam wäre; denn bei der hier zugrunde liegenden Vertragsgestaltung erfolge die Festlegung einer Lieferfrist und ihre Bezeichnung als "unverbindlich" durch Individualvertrag.

23

2.

Auch diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten jedenfalls im Ergebnis den Revisionsangriffen des Klägers stand.

24

a)

Allerdings vermag der Senat der Ansicht des Berufungsgerichts, eine Schriftformklausel liege nicht vor, nicht zu folgen. Die Formulierung, Liefertermine und Lieferfristen seien "schriftlich anzugeben", legt zumindest die Möglichkeit nahe, daß ein Käufer mit seinem Vorbringen, ihm sei mündlich ein Lieferzeitpunkt - verbindlich oder unverbindlich - zugesagt worden, von der Beklagten unter Verweisung auf diese Klausel zurückgewiesen wird. Das allein aber würde insoweit eine Unterlassungsklage rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 1980 - VIII ZR 295/79 aaO).

25

b)

Für die hier vom Kläger gegen die Schriftformklausel erhobene Unterlassungsklage ist aber aus anderen Gründen kein Raum. Im Schrifttum ist lebhaft umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Schriftformklausel, mit der der Verwender dem Vertragspartner die Berufung auf von ihm behauptete mündliche Zusagen und Abreden abschneiden will, gegen den in § 4 AGBG verankerten Vorrang der Individualabrede verstößt (vgl. dazu Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Anhang zu§§ 9 bis 11 Rdn. 625 ff; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner a.a.O. § 4 Rdn. 29 ff; Schlosser a.a.O. § 4 Rdn. 23 ff; Gerlach a.a.O. § 4 Rdn. 7). Die Frage bedarf hier keiner Entscheidung; denn nach§ 13 Abs. 1 AGBG können nur Bestimmungen, die nach den §§ 9 bis 11 AGBG unwirksam sind, Gegenstand einer Unterlassungsklage sein. Die Wirksamkeit einer Klausel im Hinblick auf § 4 AGBG kann dagegen - unter entsprechender Auslegung der Klausel und der behaupteten mündlichen Individualabrede - nur in dem den Einzelfall betreffenden Rechtsstreit nachgeprüft werden.

26

c)

Für eine Unterlassungsklage wäre daher nur dann Raum, wenn die Schriftformklausel den Vertragspartner des Verwenders ganz allgemein durch das Abschneiden der Berufung auf mündlich getroffene Vereinbarungen unangemessen benachteiligen würde (§ 9 AGBG; vgl. dazu Schlosser a.a.O. § 13 Rdn. 24 a.E.; OLG Karlsruhe NJW 1981, 405 [OLG Karlsruhe 17.01.1980 - 12 U 111/79]). Das ist jedoch nicht der Fall. Im Gesetzgebungsverfahren ist eine zunächst vorgesehene Bestimmung, nach der im nichtkaufmännischen Rechtsverkehr eine Schriftformklausel schlechthin unwirksam sein sollte, mit der Begründung gestrichen worden, derartige Klauseln sollten gesetzlich nicht verboten werden, weil sie zur Klarheit im Rechtsverkehr und auch im Interesse des Kunden zur Erleichterung des Beweises wichtiger Vertragsabreden beitragen könnten (vgl. dazu Dietlein/Rebmann a.a.O. S. 232 f). Diesen Erwägungen ist zuzustimmen (vgl. dazu Senatsurteile vom 25. Juni 1975 - VIII ZR 244/73 = WM 1975, 895 = NJW 1975, 1693; vom 12. Mai 1976 - VIII ZR 33/74 = WM 1976, 740, 741 und vom 24. Oktober 1979 - VIII ZR 235/78 = WM 1979, 1385 = NJW 1980, 234). Dann aber kann keine Rede davon sein, daß Schriftformklauseln schlechthin gemäß § 9 AGBG unwirksam sind (vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Rdn. 627). Vielmehr kommt es auf die Ausgestaltung der Klausel im konkreten Fall an. Hier war auf der Vorderseite des Bestellscheins unmittelbar unter der Unterschrift des Bestellers eine Spalte vorgesehen, in der Lieferzeit bzw. Liefertermin einzutragen waren; in zwei dafür vorgesehenen Feldern war zudem anzukreuzen, ob die Frist unverbindlich oder verbindlich sein sollte. Angesichts einer solchen Vertragsgestaltung, die aus Gründen der Rechtsklarheit und Beweisbarkeit für die zu treffende Individualabredeüber die Lieferzeit an deutlich sichtbarer Stelle einen besonderen Raum vorsah, stellt eine formularmäßige Klausel, daß nurschriftliche Angaben maßgebend sein sollen, jedenfalls unter dem Blickwinkel des § 9 AGBG keine unangemessene Benachteiligung des Käufers dar.

27

d)

Da bei Verwendung des hier streitigen Bestellformulars nicht nur die Länge der Lieferfrist, sondern auch ihre Bezeichnung als verbindlich oder unverbindlich durch Individualabrede bestimmt werden, stellt sich die von dem Kläger in seiner Revisionsbegründung aufgeworfene Frage, ob formularmäßig als unverbindlich bezeichnete Lieferfristen gegen§ 10 Nr. 1 AGBG verstoßen, von vornherein nicht.

28

IV.

Aufforderung bei unverbindlichen Lieferterminen (Klausel Nr. 4):

29

1.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts verstößt diese Klausel nicht gegen § 10 Nr. 1 AGBG. Angesichts der Besonderheiten des Neuwagenhandels könne bei unverbindlich vereinbarter Lieferfrist eine "Nachfrist" von sechs Wochen, nach deren Ablauf der Käufer frühestens den Verkäufer in Verzug setzen könne, nicht als unangemessen lang bezeichnet werden.

30

2.

Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts tritt der Senat bei. Die Klausel gibt dem Käufer die Möglichkeit, nach Ablauf der zunächst unverbindlichen Lieferfrist und einem weiteren Zeitraum von sechs Wochen den Verkäufer rechtswirksam zu mahnen und damit die Verzugsfolgen herbeizuführen. Bei der Prüfung der Frage, ob diese "Nachfrist" unangemessen lang ist, sind die Besonderheiten des Kraftfahrzeughandels zu berücksichtigen. Der Händler bestellt seinerseits den gewünschten Wagen, sofern er ihn nicht vorrätig hat, bei dem Hersteller unter Angabe der besonderen Ausstattungswünsche seines Käufers. Dabei entspricht es der auch im Interesse des Käufers liegenden Praxis, daß das Kraftfahrzeug zumeist von vornherein - und nicht erst nachträglich beim Händler - in der gewünschten Ausstattung und mit der bestellten Sonderausrüstung hergestellt wird. Angesichts des breit gefächerten Angebots verschiedenartigster Ausstattungen ist es oft unvermeidbar, daß je nach den Liefermöglichkeiten der Zulieferanten des Herstellers Verzögerungen in der Fertigstellung des Kraftfahrzeuges eintreten. Das nimmt der Käufer, wenn er sich mit einer nur unverbindlichen Lieferfrist einverstanden erklärt, hin. Eine Frist von sechs Wochen, die der Verkäufer nach Ablauf der Lieferfrist zur Erbringung seiner Leistung noch ausnutzen kann, ohne in Verzug zu geraten, erscheint dem Senat bei den Besonderheiten des Kraftwagenhandels nicht zuletzt deswegen nicht unangemessen lang, weil der Käufer mit dem Ablauf dieser Frist alsbald den Verkäufer durch Mahnung in Verzug setzen, diese Mahnung mit der Ablehnungsandrohnung nach § 326 Abs. 1 BGB verbinden und die (nunmehr echte) Nachfrist kurz bemessen kann (vgl. dazu Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O. Anhang zu§§ 9 bis 11 Rdn. 440, wo - allerdings ohne nähere Begründung - eine Schonfrist von längstens vier Wochen für vertretbar gehalten wird).

31

V.

Aufleben der Gewährleistungsansprüche bei fehlgeschlagener oder unzumutbarer Nachbesserung (Klausel Nr. 5):

32

1.

Das Berufungsgericht hält es im Hinblick auf § 11 Nr. 10 b AGBG für ausreichend, wenn bei Beschränkung der Gewährleistung auf Nachbesserung dem Käufer ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen oder Unzumutbarkeit dieser Nachbesserung "Wandelung oder Minderung" verlangen zu können.

33

2.

Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Die Bestimmung in § 11 Nr. 10 b AGBG ist ihrem Wortlaut nach eindeutig. Sie dient der sachgemäßen Aufklärung des Käufers über die ihm letztlich formularmäßig nicht entziehbaren Rechte. Zutreffend weisen Ulmer/Brandner/Hensen (a.a.O. § 11 Nr. 10 Rdn. 34) darauf hin, daß die Begriffe der Wandelung und Minderung dem nicht am kaufmännischen Rechtsverkehr teilnehmenden Käufer - und nur zu seinem Schutz ist die Obliegenheit zur entsprechenden Belehrung gesetzlich verankert - weithin unbekannt sind. Ersichtlich aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber eine Belehrung des Inhalts vorgeschrieben, daß der Käufer ggfls. Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages verlangen könne. Wird er so belehrt, weiß er jedenfalls laienhaft um die ihm zustehenden Rechte, wenn ihm auch die Modalitäten der Durchführung unbekannt sind.

34

Da die Beklagte mithin vor Erledigung der Hauptsache insoweit eine unwirksame Klausel verwendet hat, waren ihr gemäß § 91 a ZPO die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges aufzuerlegen.

35

VI.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 91, 92 und 97 ZPO.

Braxmaier
Dr. Hiddemann RiBGH Hoffmann befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Braxmaier
Treier
Dr. Brunotte