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Bundesgerichtshof
Urt. v. 25.09.1975, Az.: VII ZR 179/73

Mögliche Bedeutungen einer im Zusammenhang mit einem Werkvertrag übernommenen "Garantie"; Auslegung der Bedeutung einer Garantieerklärung als nur beschränkt überprüfbare Sache des Tatrichters; Möglichkeit der Beschränkung von Gewährleistungsrechten und des Ausschließens von Haftung für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften in Lieferungsbedingungen; Erfordernis der Überprüfung der Vereinbarkeit von Freizeichnungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit deren weiteren Bestimmungen und mit Treu und Glauben

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
25.09.1975
Aktenzeichen
VII ZR 179/73
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1975, 11425
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Karlsruhe - 30.03.1973
LG Konstanz

Fundstellen

  • BGHZ 65, 107 - 114
  • DB 1975, 2316-2318 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1976, 135-136 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1976, 43-44 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1975, 1201

Amtlicher Leitsatz

Zur Frage, wann sich ein Werkunternehmer beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften nicht auf den Ausschluß von Schadensersatzansprüchen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier: VDMA) berufen kann (im Anschluß an BGHZ 50, 200, 206 f) [BGH 29.05.1968 - VIII ZR 77/66].

Das Revisionsgericht kann eine notwendige, vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung selbst vornehmen, wenn das Berufungsgericht die dazu erforderlichen Feststellungen getroffen hat und weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen. Das gilt auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen.

Redaktioneller Leitsatz

Eine vom Berufungsgericht versäumte Auslegung kann durch das Revisionsgericht auf der Basis vorhandener Feststellungen nachgeholt werden.

Das gilt auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Vogt sowie
die Richter Dr. Girisch, Meise, Dr. Recken und Bliesener
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe, 9. Zivilsenat in Freiburg, vom 30. März 1973 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin vier Siebtel, die Beklagte drei Siebtel zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine elektrotechnische Fabrik, erteilte der Beklagten, die die Herstellung und Einrichtung von Entgiftungs- und Kläranlagen betreibt, im Jahre 1960 den Auftrag zur Planung und Errichtung einer Neutralisations-, Entgiftungs- und Filteranlage für die aus der Galvanik der Fabrik anfallenden Abwässer. Im Zuge der Planung schlug die Beklagte im Juni 1964 für die Klärung der Abwässer statt des zunächst vorgesehenen "D.brunnens" (vertikal durchflossenes Trichterbecken) eine von ihr neu entwickelte, wesentlieh billigere Schlammfilteranlage (Sackfiltration) vor. Den entsprechenden Auftrag der Klägerin vom 27. August 1964 bestätigte sie mit Schreiben vom 30. September 1964, auf dessen Rückseite ihre Allgemeinen Lieferbedingungen abgedruckt sind. Diese enthalten folgende Bestimmung:

"VI. Haftung für Mängel der Lieferung
Für Mängel der Lieferung, zu denen auch das Fehlen ausdrücklich zugesicherter Eigenschaften gehört, haftet der Lieferer unter Ausschluß weiterer Ansprüche entsprechend den Richtlinien des VDMA.

Weitere Ansprüche des Bestellers, insbesondere ein Anspruch auf Ersatz von Schäden, die nicht an dem Liefergegenstand selbst entstanden sind, bzw. die über den Lieferungsumfang des Lieferers hinaus entstanden sind, bestehen nicht."

2

Am 21. Dezember 1964 genehmigte das Landratsamt (Wasserwirtschaftsamt) R. die geplante Entgiftungs- und Schlammfiltrationsanlage mit der Auflage, daß die Abwasserbestandteile nach Entgiftung, Neutralisation und Filtration bestimmte Werte nicht überschreiten dürften. Auf Veranlassung der Behörde und Ersuchen der Klägerin vom 6. Januar 1965 garantierte die Beklagte mit Schreiben vom 13. Januar 1965, durch ihre Abwasserentgiftungs- und Neutralisationsanlage mit Schlammfiltration, falls diese nach ihren Weisungen betrieben werde, die verlangten Werte einhalten zu können und einen Schwebestoffabscheide-Effekt zu erreichen, der nicht geringer sei als in einem Absetzbecken mit vierstündiger Durchflußzeit (d.h. wie bei einem "Dortmundbrunnen").

3

Die gesamte Anlage wurde bis März 1965 in einer von der Klägerin eigens dafür gebauten und dem Platzbedarf dieser Filteranlage angemessenen Halle erstellt und am 3. Juni 1965 abgenommen. In dem Abnahmeprotokoll ist auf die Garantieerklärung Bezug genommen. Schon im Juli 1965 stellte sich heraus, daß die Filteranlage die geforderten Werte nicht leistete. Nach erfolglosem Nachbesserungsversuch machte die Beklagte der Klägerin mehrere Vorschläge zur Erweiterung der Filterkapazität, doch konnte kein Einvernehmen darüber erzielt werden, wie die Parteien sich die dadurch entstehenden Mehrkosten teilen sollten. Die Filteranlage ist heute noch bei der Klägerin in Betrieb.

4

Mit der Klage hat die Klägerin in erster Instanz als Schadensersatz wegen Nichterfüllung die (damaligen) Kosten für die Neuanschaffung eines "Dortmundbrunnens" in Höhe von 54.379,84 DM gefordert und der Beklagten deren Filteranlage zur Verfügung gestellt. Das Landgericht hat der Klägerin 35.834,00 DM zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen.

5

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihre Klage erweitert und Zahlung von insgesamt 69.915,60 DM nebst Zinsen von 33.591,00 DM gefordert. Diesen Betrag hat sie wie folgt aufgegliedert:

a)17.871,00 DMvon ihr an die Beklagte gezahlter Werklohn,
b)15.700,00 DMvon ihr nutzlos aufgewandte Mehrbaukosten für eine im Hinblick auf den speziellen Raumbedarf der Anlage der Beklagten besonders groß dimensionierte Halle; bei Verwendung eines "Dortmundbrunnens" hätte sie eine so große Halle nicht zu bauen brauchen.
c)36.344,60 DM- ohne Zinsen -: Preissteigerung (seit 1964 bis zur Klageerweiterung) bei dem angesichts der Unbrauchbarkeit der Anlage der Beklagten von ihr (Klägerin) jetzt als Ersatz anzuschaffenden "Dortmundbrunnens".
6

Die Klägerin hat ferner Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für weitere Preissteigerungen eines "Dortmundbrunnens" bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits gefordert.

7

Das Oberlandesgericht hat die Klage in Höhe von 33.591,00 DM nebst Zinsen - das sind die beiden oben zu a) und b) genannten Posten - dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die an die Preissteigerung des "Dortmundbrunnens" anknüpfenden Anträge (Zahlungsantrag von 36.344,60 DM und Feststellungsantrag) hat es abgewiesen.

8

Beide Parteien greifen mit ihren Revisionen das Berufungsurteil an, soweit sie unterlegen sind. Jede Partei beantragt, die gegnerische Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

I.

Das Berufungsgericht stellt fest, der Filtrationsanlage fehle eine mit Schreiben vom 13. Januar 1965 zugesicherte Eigenschaft, da sie den garantierten Maximalwert von 0,5 ml/l Schwebestoffen bei der vertraglich vorgesehenen Durchflußmenge von 7 cbm/h selbst bei einwandfreiem Zustand der Filtersäcke nicht erbringe; diesen Mangel habe die Beklagte zu vertreten.

10

Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision der Beklagten nicht angegriffen.

11

II.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Garantieerklärung vom 13. Januar 1965 sei zwar kein selbständiges Versprechen, da der garantierte Erfolg über die vertragsgemäße Leistung nicht hinausgehe. Die Beklagte dürfe sich aber hier nicht auf ihre Allgemeinen Lieferbedingungen berufen, weil die Filtrationsanlage für die betrieblichen Erfordernisse der Klägerin eine Fehlkonstruktion sei, deren Nachbesserung unmöglich sei. Eine Erweiterung der Anlage unter Kostenbeteiligung der Klägerin sei dieser nicht zuzumuten. Sie könne daher Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 635 BGB) verlangen.

12

Hiergegen wenden sich beide Revisionen im Ergebnis ohne Erfolg.

13

1.

Die im Zusammenhang mit einem Werkvertrag übernommene "Garantie" kann mehrere Bedeutungen haben:

14

a)

Sie kann die gewöhnliche Zusicherung einer Eigenschaft des Werkes im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB darstellen.

15

b)

Sie kann bedeuten, daß das Werk die zugesicherte Eigenschaft "unbedingt" habe, so daß der Unternehmer für ihr Fehlen auch ohne Verschulden (entgegen § 635 BGB) auf Schadensersatz haftet.

16

c)

Sie kann schließlich die Übernahme der Gewähr für einen über die Vertragsmäßigkeit des Werkes hinausgehenden, noch von anderen Faktoren abhängigen wirtschaftlichen Erfolg darstellen; nur dann handelt es sich um ein selbständiges Garantieversprechen (vgl. Urteile des Senatsvom 5. März 1970 - VII ZR 80/68 = BauR 1970, 107, 108, undvom 8. Februar 1973 - VII ZR 209/70 - WM 1973, 411, beide mit weiteren Nachweisen).

17

Welche Bedeutung einer Garantieerklärung den Umständen nach zukommt, ob und in welchem Umfang von dem Unternehmer eine besondere Gewähr übernommen worden ist, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Auslegung, die im Revisionsrechtszug nur beschränkt nachprüfbar ist (BGH, Urteil vom 22. Februar 1962 - VII ZR 262/60 = WM 1962, 576, 577; NJW 1969, 787, 788; BauR 1970, 107, 108). Die Verneinung eines selbständigen Garantievertrages durch das Berufungsgericht läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

18

Die Klägerin will die Selbständigkeit der Zusage vor allem daraus herleiten, daß diese nicht schon bei Vertragsschluß, sondern erst nachträglich gegeben worden ist. Es kommt jedoch für die Bewertung der Erklärung insofern nicht auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe, sondern auf ihren Inhalt an. Die Garantieerklärung vom 13. Januar 1965 verspricht ihrem Inhalt nach keinen über die vertragliche Leistungsbeschreibung hinausgehenden wirtschaftlichen Erfolg. Soweit sie nach dem Willen der Parteien den Zweck verfolgte, die Klägerin gegen Risiken abzusichern, die sich aus dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften für ihren Betrieb ergeben konnten, kann daraus nicht auf ein selbständiges Garantieversprechen geschlossen werden (a.A. Diederichsen AcP 1965, 150, 165); die Haftung für Mangelfolgeschäden aus positiver Vertragsverletzung gehört zu den normalen Vertragsrisiken.

19

2.

Die Beklagte beruft sich - ohne Erfolg - auf den Ausschluß von Schadensersatzansprüchen gemäß ihren Allgemeinen Lieferungsbedingungen in Verbindung mit den Allgemeinen Bedingungen für Lieferung von Maschinen des Vereins Deutscher Maschinenbauanstalten (VDMA). Diese Bedingungen sind allerdings Vertragsbestandteil geworden.

20

a)

Gemäß deren Abschnitt VII Nr. 1 beschränkt sich die Gewährleistungspflicht des Lieferers für Mängel des Werkes, auch für das Fehlen ausdrücklich zugesicherter Eigenschaften, auf alsbaldige Nachbesserung oder Neulieferung von Maschinenteilen. Gemäß Abschnitt VIII Nr. 4 hat der Besteller ein Rücktrittsrecht, wenn der Lieferer seiner Nachbesserungspflicht binnen angemessener Frist nicht nachkommt.

21

Weitere Ansprüche des Bestellers, insbesondere auf Minderung oder Schadensersatz, auch soweit ein Schaden nicht an dem Liefergegenstand selbst entstanden ist, sind gemäß Nr. VI der Allgemeinen Lieferungsbedingungen der Beklagten sowie gemäß Abschnitt VII Nr. 9 und Abschnitt VIII Nr. 5 der VDMA-Bedingungen ausgeschlossen.

22

b)

Der Senat hat wiederholt Lieferungsbedingungen für im allgemeinen zulässig und verbindlich erachtet, mit denen die Gewährleistungsrechte des Bestellers auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung und, falls eine solche unterbleibt oder unmöglich ist, auf den Rücktritt vom Vertrag beschränkt werden (BGHZ 48, 264, 267[BGH 18.09.1967 - VII ZR 52/65]; 54, 236, 242 [BGH 09.07.1970 - VII ZR 70/68]; BGH NJW 1963, 1148 [BGH 24.01.1963 - VII ZR 100/61]; 1974, 272 [BGH 06.12.1973 - VII ZR 17/72]) [BGH 26.10.1973 - V ZR 194/72]. Auch die Haftung des Unternehmers für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften kann grundsätzlich in Allgemeinen Lieferungsbedingungen wirksam ausgeschlossen werden (BGH NJW 1974, 272 [BGH 06.12.1973 - VII ZR 17/72] m.w.N.). Der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung irrigerweise angeführten Senatsentscheidungvom 18. Juni 1959 - VII ZR 181/58 = LM § 635 BGB Nr. 4 liegt insofern ein anderer Sachverhalt zugrunde, als in den dort vereinbarten Lieferungsbedingungen dem Besteller bei unterlassener oder unmöglicher Nachbesserung ein Rücktrittsrecht nicht eingeräumt war, er vielmehr durch den Ausschluß aller anderen Gewährleistungsansprüche faktisch rechtlos gestellt war.

23

3.

Jede Freizeichnungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist sowohl im Zusammenhang mit deren weiteren Bestimmungen, als auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls daraufhin zu überprüfen, ob sie mit Treu und Glauben zu vereinbaren und somit als verbindlich anzuerkennen ist (BGHZ 33, 216, 219[BGH 29.09.1960 - II ZR 25/59]; 38, 183, 185; 41, 151, 154 [BGH 17.02.1964 - II ZR 98/62]; 50, 200, 207 [BGH 29.05.1968 - VIII ZR 77/66]; BGH NJW 1963, 1148 [BGH 24.01.1963 - VII ZR 100/61]; 1968, 1718 [BGH 22.05.1968 - VIII ZR 133/66][BGH 09.05.1968 - II ZR 158/66]; 1974, 272) [BGH 26.10.1973 - V ZR 194/72]. Dazu besteht besonderer Anlaß, wenn - wie hier - die vertragliche Zusicherung von wichtigen Eigenschaften auf behördliches Verlangen erneut bekräftigt worden ist. Hat etwa die Zusicherung bestimmter Eigenschaften und die sich daraus ergebende besondere Haftung des Unternehmers gerade die Bedeutung, den Besteller gegen Mangelfolgeschäden abzusichern, so würde eine formularmäßige Freizeichnung die Zusicherung praktisch bedeutungslos machen. Da der Unternehmer aber das, was er ausdrücklich versprochen hat, nicht durch seine Lieferungsbedingungen zunichte machen darf, muß diesen in einem solchen Fall die Verbindlichkeit abgesprochen werden (BGHZ 50, 200, 207[BGH 29.05.1968 - VIII ZR 77/66]; BGH NJW 1974, 272, 273 [BGH 06.12.1973 - VII ZR 17/72]) [BGH 06.12.1973 - VII ZR 17/72].

24

Die Tragweite einer Zusicherung ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln (BGHZ 50, 200, 204[BGH 29.05.1968 - VIII ZR 77/66]; Diederichsen AcP 1965, 150, 160, 166). Da das Berufungsgericht dies unterlassen hat und weitere Feststellungen hier nicht in Betracht kommen, kann der Senat diese Auslegung selbst vornehmen. Seine früher vertretene Auffassung (zuletztUrteil vom 13. März 1975 - VII ZR 205/73 = WM 1975, 470), dem Revisionsgericht sei eine eigene Auslegung nur dann erlaubt, wenn lediglich eine einzige Auslegung möglich sei, gibt der Senat auf. Er schließt sich damit der bereits von anderen Senaten des Bundesgerichtshofs vertretenen Auffassung an (vgl. z.B. dieUrteile vom 25. Mai 1970 - VIII ZR 253/68 = WM 1970, 877, 878, undvom 2. Mai 1974 - II ZR 153/72 = WM 1974, 630, 631).

25

a)

Die Tragweite der Garantieerklärung vom 13. Januar 1965 ergibt sich hier aus den Auflagen im Genehmigungsbescheid des Landratsamtes Rüdesheim an die Klägerin vom 21. Dezember 1964 und dem entsprechenden Ersuchen der Klägerin an die Beklagte vom 6. Januar 1965. In dem Bescheid des Landratsamtes, in dem u.a. auf frühere Auflagen verwiesen ist, sind unter Nr. 9 die Werte festgelegt, die das Abwasser nach Entgiftung, Neutralisierung und Filtration bei einer Höchstdurchflußmenge von 7 cbm/h erreichen muß; diese Werte mit ihrer Anlage zu erreichen, hat die Beklagte auf Ersuchen der Klägerin in ihrer Garantieerklärung übernommen. Für den Fall der Nichteinhaltung der geforderten Werte hatte das Landratsamt bereits im ersten Erlaubnisbescheid vom 15. Mai 1963 den Widerruf der Betriebserlaubnis angedroht, worauf unter Nr. 11 des Bescheids vom 21. Dezember 1964 verwiesen ist. Unter Nr. 6 wurde der vorgesehenen Schlammfiltrationsanlage zugestimmt und die Auflage gemacht, bei Nichteinhaltung der festgelegten Grenzwerte hinsichtlich der absetzbaren Stoffe die erforderlichen Änderungen an der Anlage unverzüglich durchzuführen, gegebenenfalls ein Klärbecken zu errichten. Unter Nr. 10 wurde in Anbetracht der weitgehenden Auflagen bei nicht ausreichender Entschlammung der Klägerin empfohlen, sich eine entsprechende Garantie der mit der Planung und Ausführung der Anlage betrauten Firma, der Beklagten, zu beschaffen. Die Klägerin hat diesen Bescheid des Landratsamtes der Beklagten mit dem Ersuchen vom 6. Januar 1965 übersandt. Die Beklagte ist dem Ersuchen der Klägerin mit der Abgabe der geforderten Garantieerklärung nachgekommen.

26

Daraus ergibt sich, daß die Garantieerklärung vom 13. Januar 1965 nach dem Willen der Parteien den Zweck hatte, die Klägerin gegen alle Risiken und Schäden abzusichern, welche ihr daraus entstehen, daß die Anlage der Beklagten die im Genehmigungsbescheid geforderten und von der Beklagten garantierten Werte nicht erreicht.

27

b)

Das Landratsamt hat zwar bisher trotz der unzureichenden Leistung der von der Beklagten gelieferten Anlage die angedrohten Auflagen noch nicht gemacht, geschweige die Stillegung des Galvanikbetriebes der Klägerin angeordnet. Der Klägerin kann jedoch nicht zugemutet werden, derartige jederzeit drohende Maßnahmen der Wasserwirtschaftsbehörde abzuwarten und sich bis dahin mit der garantiewidrigen Leistung zufriedenzugeben. Sie kann vielmehr jetzt schon fordern, so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn bei Errichtung der Anlage im Jahre 1965 anstatt der unzureichenden Anlage der Beklagten ein hinreichend leistungsfähiger "Dortmundbrunnen" gebaut worden wäre. Die Klägerin kann sich vor dem Risiko kostspieliger Zusatzmaßnahmen oder gar der Betriebsstillegung nur dadurch schützen, daß sie möglichst bald eine hinreichend leistungsfähige Filteranlage errichten läßt und damit den gerade in einer Zeit wachsender Bedeutung des Umweltschutzes jederzeit möglichen schwerwiegenden Verfügungen des Landratsamtes vorbeugt. Angesichts dieser Sach- und Interessenlage kann sich die Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) hier gegenüber dem Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht auf den Haftungsausschluß der VDMA-Bedingungen berufen. Das der Klägerin darin eingeräumte Rücktrittsrecht, auf das die Beklagte sie im Schreiben vom 11. Mai 1966 verwiesen hat, reicht nicht aus, den hier vorliegenden besonders dringenden und schutzwürdigen Interessen der Klägerin an der zugesicherten Leistung der Filteranlage gerecht zu werden. Demgegenüber muß das Interesse der Beklagten an einer Beschränkung ihrer Haftung zurücktreten. Der Klägerin ist auch nicht zuzumuten, in die von der Beklagten vorgeschlagene Erweiterung der Anlage einzuwilligen; ganz abgesehen von dem Platzbedarf wäre die Erweiterung mit erheblich höheren Kosten für die Klägerin verbunden als die Anschaffung eines "Dortmundbrunnens".

28

Das Berufungsgericht hat daher der Klägerin im Ergebnis zu Recht den Ersatz des aus der Nichterfüllung der Garantie erwachsenen Schadens dem Grunde nach zugesprochen, soweit es sich um die Rückzahlung des Werklohns (17.871,00 DM) und um die anteiligen Hallenbaukosten (15.700,00 DM), beides nebst Zinsen, handelt.

29

III.

Das Berufungsgericht erachtet die Klageforderung nicht für verjährt. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

30

Nach mehr als einjährigen Vergleichsverhandlungen, die erst auf Grund des Schreibens des Rechtsanwalts der Beklagten vom 29. Oktober 1966 scheiterten, kann angesichts des Umfangs des Klageanspruchs und der besonderen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage hier eine zweimonatige Überlegungsfrist bis zur Klageerhebung nicht als unangemessen lang angesehen werden. Die unter Abwägung aller Umstände vom Berufungsgericht vorgenommene Wertung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats(Urteile vom 27. November 1961 - VII ZR 140/60-,21. Januar 1963 - VII ZR 199/61-, 21. Dezember 1970 - VII ZR 184/69 -).

31

IV.

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Beklagte sich bei der Schadensberechnung im Betragsverfahren die Vorteile des bisherigen Gebrauchs der Filteranlage anrechnen lassen muß. Auch der bei Bau eines "Dortmundbrunnens" nicht erforderliehe Teil der Werkhalle kann für die Beklagte einen verbleibenden Wert für ihren Betrieb darstellen, selbst wenn er in Zukunft nicht mehr für eine andere Filteranlage genutzt werden sollte. Das ist ebenfalls noch im Betragsverfahren zu prüfen. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Teilbaukosten nur insoweit einen Schaden der Beklagten darstellen, als die Aufwendungen für sie nutzlos sind und bleiben.

32

V.

Das Berufungsgericht verneint den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungs- und Feststellungsanspruch wegen der Erhöhung der Anschaffungskosten eines "Dortmundbrunnens" von 1964 bis heute. Hiergegen wendet sich die Revision der Klägerin ohne Erfolg.

33

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin geht nicht auf die teurere Anlage eines "Dortmundbrunnens", sondern auf Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden ist, daß sie sich auf Empfehlung der Beklagten zu deren Anlage statt zu einem "Dortmundbrunnen" entschlossen hat.

34

Der Anspruch auf Ersatz der Preisdifferenz für einen "Dortmundbrunnen" zwischen 1964 und 1975 (zeitbedingte Preiserhöhung) scheitert jedenfalls am Mitverschulden der Klägerin (§ 254 Abs. 2 BGB). Nachdem die Beklagte bereits mit Schreiben vom 11. Mai 1966 die Rücknahme der Anlage und die Rückzahlung des Werklohns angeboten hatte, wäre es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, spätestens nach Scheitern der Vertragsverhandlungen im Oktober 1966 Sache der Klägerin gewesen, alsbald einen "Dortmundbrunnen" errichten zu lassen. Die Kosten lagen nach der Feststellung des Berufungsgerichts wegen der damaligen Rezession Ende 1966 nicht höher als 1964. Die nach Ende 1966 eingetretene Preissteigerung hat sich die Beklagte selbst zuzuschreiben.

35

VI.

Nach alledem sind die Revisionen beider Parteien mit der Kostenfolge aus den §§ 92, 97 ZPO zurückzuweisen.

Vogt
Girisch
Meise
Recken
Bliesener