Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.10.1974, Az.: VII ZR 223/72
Klage auf Ersatz von Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag; Aushub von Erde und Erneuerung einer Straßendecke infolge Heizölverunreinigung; Verunreinigung infolge fehlerhafter Bergung eines Öltankwagens durch die Feuerwehr; Einschränkung der Haftung der öffentlichen Hand aus fehlerhafter Geschäftsführung ohne Auftrag; Vorliegen eines Mitverschuldens
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 24.10.1974
- Aktenzeichen
- VII ZR 223/72
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1974, 11291
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Düsseldorf - 04.10.1972
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 63, 167 - 176
- DVBl 1975, 146-149 (Volltext mit amtl. LS)
- JZ 1975, 533-535 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1975, 222 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1975, 207-210 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Eine Gemeinde haftet für Schäden, die die von ihr unterhaltene Feuerwehr grob fahrlässig einem Dritten zufügt, dessen Geschäfte sie bei ihrem Einsatz mitbesorgt, nach den §§ 677, 680 BGB ohne Rücksicht darauf, ob der Geschädigte auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 1974
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Vogt sowie
die Richter Dr. Girisch, Meise, Dr. Recken und Doerry
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 4. Oktober 1972 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Am 4. Januar 1968 erlitt ein bei der Klägerin haftpflichtversicherter Öltankwagen der Firma P. in W.-E. auf dem K. Schulweg einen Unfall. Er geriet auf der vereisten Straße, die über 10 % Gefälle hat, ins Rutschen, stürzte an einer Böschung um und blieb mit den Rädern nach oben liegen. Die hinzugerufene Feuerwehr der beklagten Stadt richtete das Fahrzeug unter Einsatz eines Kranwagens wieder auf. Dabei lief der größere Teil des auf zwei Kammern verteilten Tankinhalts von 10.000 l Heizöl aus. Soweit das Öl nicht abgefangen wurde oder in die Kanalisation ablief, drang es in das Erdreich ein. Infolgedessen mußten rd. 525 cbm Erde ausgehoben und abgefahren, sowie die in Mitleidenschaft gezogene Straßendecke erneuert werden. Hierfür wandte die Klägerin insgesamt 65.078,08 DM auf. Diesen Betrag nebst Zinsen verlangt sie mit der Klage von der Beklagten ersetzt.
Die Klägerin meint, die Feuerwehr der Beklagten sei bei der Bergung des verunglückten Fahrzeugs grob fahrlässig vorgegangen. Statt sich erst über den Füllzustand der Tanks zu unterrichten, habe sie den vollen Wagen aufgerichtet. Dadurch seien wenigstens 7.000 l Öl ausgelaufen, die bei sachgemäßer Behandlung hätten abgepumpt oder aufgefangen werden können. Infolgedessen sei der eingetretene Schaden ungewöhnlich hoch geworden. Dafür müsse die Beklagte einstehen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 16.269,52 DM nebst Zinsen (1/4 des gesamten Schadens) verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Klägerin hat sich der Berufung angeschlossen mit dem Ziel, die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 32.539,04 DM nebst Zinsen (der Hälfte des gesamten Schadens) zu verurteilen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und der Anschlußberufung der Klägerin stattgegeben (sein Urteil ist veröffentlicht in VersR 1973, 64 und BB 1973, 400). Mit der dagegen eingelegten Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf volle Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
1.
Es nimmt an, zwischen den Parteien sei ein Geschäftsbesorgungsverhältnis im Sinne der §§ 677 ff BGB zustande gekommen. Daß die Feuerwehr der Beklagten bei ihrem Einsatz in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Gefahrenabwehr und damit hoheitlich gehandelt habe, schließe nicht aus, daß sie zugleich das privatrechtliche Geschäft der Versicherungsnehmerin der Klägerin besorgt habe, das verunglückte Fahrzeug zu bergen. Die Feuerwehr sei auch mit dem Willen tätig geworden, neben ihren eigenen Belangen die Interessen der Fahrzeughalterin wahrzunehmen. Denn die Bergung des LKW's sei ihrem Wesen nach für die Feuerwehr jedenfalls auch ein objektiv fremdes Geschäft gewesen. Mit der Abwehr der dadurch der Allgemeinheit drohenden Gefahren habe sie zugleich der für die Entfernung des Fahrzeugs an sich verantwortlichen Halterin Hilfe geleistet.
2.
Mit diesem rechtlichen Ausgangspunkt befindet sich das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
a)
Danach handelt die Feuerwehr bei ihrem Einsatz zwar in Erfüllung der ihr im allgemeinen Interesse zur Gefahrenabwehr auferlegten Öffentlich-rechtlichen Pflichten. Ziel und Zweck ihres Handelns ist aber auch die Hilfeleistung für bestimmte Dritte. Dazu gehören alle, die durch die Fortdauer der Gefahr Schaden erleiden können, also auch derjenige, der für ihre Entstehung verantwortlich ist. In seinem Interesse liegt das Eingreifen der Feuerwehr, mit dem Ziel, den Schaden möglichst gering zu halten. Demgemäß wird auch sein Geschäft mitbesorgt. Damit kann von ihm der für die Feuerwehr zuständige Kostenträger Ersatz der ihm durch das Eingreifen der Feuerwehr entstandenen Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677, 683 BGB verlangen. Das hat der Senat für die Bekämpfung eines Waldbrandes entschieden (BGHZ 40, 28, 31; Urteil vom 20. Juni 1963 - VII ZR 97/62 - = VersR 1963, 1074).
b)
Für die Bergung eines verunglückten Öltankwagens kann nichts anderes gelten. Die Interessenlage ist in diesem Falle die gleiche. Zu den öffentlichen Aufgaben der Feuerwehr gehört auch die Beseitigung von Gefahren, wie sie hier aufgetreten waren. Zugleich leistete sie bei der Bergung des Fahrzeugs demjenigen Hilfe, der für die aus dem Unfall drohenden Schäden verantwortlich war, hier also der Fahrzeughalterin, deren Geschäfte sie mitbesorgt hat (vgl. auch BGHZ 54, 157, 160). Damit sind die Voraussetzungen für Ansprüche der Beklagten gegen die Fahrzeughalterin aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben. Die Klägerin hat denn auch als Haftpflichtversicherer der Halterin des Öltankzuges der Beklagten die durch den Einsatz der Feuerwehr entstandenen Aufwendungen ersetzt.
c)
Daß die Feuerwehr bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in aller Regel hoheitlich handelt (BGHZ 20, 290, 292; 37, 336, 337/339; BGH Urteile vom 23. Oktober 1958 - III ZR 91/57 - = LM BGB § 839 (E) Nr. 7; vom 7. Juni 1971 - III ZR 63/68 - = LM BGB § 839 (A) Nr. 34), hindert die bürgerlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag durch sie für den Fahrzeughalter nicht. Die Anwendung der Rechtsvorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff BGB) ist auch sonst nicht schon immer dann ausgeschlossen, wenn die öffentliche Hand hauptsächlich zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig wird (vgl.BGHZ 30, 162, 167 für öffentlich-rechtliche Versorgungspflichten; 33, 243, 244/245 für die Fürsorgeunterstützung; BGH NJW 1966, 1360 für die Isolierung von Brückenpfeilern; NJW 1969, 1205 für die Bergung eines von einem Schiff verlorenen Ankers in einer Schiffahrtsstraße).
d)
Der Frage, inwieweit der für eine bürgerlichrechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag ausschlaggebende Wille, ein fremdes Geschäft zumindest mitzubesorgen, auch beim unmittelbaren Eingreifen der Polizei und anderer Ordnungsbehörden angenommen werden kann, braucht hier nicht näher nachgegangen zu werden (vgl. zur Möglichkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag im Ordnungsrecht ganz allgemein Tiedau DÖV 1952, 164; Hamann NJW 1955, 481; Baur JZ 1964, 354 und DVBl. 1965, 893; Hurst DVBl. 1965, 757; Rietdorf DÖV 1966, 253; Klein DVBl. 1968, 166; Maurer JuS 1970, 561 jeweils mit weiteren Nachweisen; vgl. auch BVerwGE 10, 282, 289/290 = NJW 1960, 1588 zur Enttrümmerung eines Grundstücks). Denn jedenfalls beim Einsatz der Feuerwehr ist dieser Wille in aller Regel vorhanden. Das folgt aus der besonderen Stellung der Feuerwehr und ihrer im Vordergrund stehenden Aufgabe, gerade in Notfällen jedem betroffenen Dritten Hilfe zu leisten, also auch seine privaten Interessen wahrzunehmen. Der Senat hält an dieser seiner bereits in BGHZ 40, 28 dargelegten Auffassung fest.
II.
1.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts richtet sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen ihr und der Versicherungsnehmerin der Klägerin nach § 680 BGB, wonach der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat, wenn die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckt. Das sei hier der Fall gewesen. Eine weitere Einschränkung der Haftung der Beklagten aus § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach ein Beamter, wenn ihm lediglich Fahrlässigkeit zur Last fällt, nur in Anspruch genommen werden kann, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise - hier von der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag - Ersatz zu erlangen vermag, komme nicht in Betracht.
2.
Dem stimmt der Senat zu.
a)
Daß der Träger der der Feuerwehr obliegenden Aufgaben für Pflichtverletzungen der Feuerwehr, wenn diese - wie in aller Regel (vgl. die Nachweise oben I 2 c) - hoheitlich tätig wird, nach Art. 34 GG§ 839 BGB haftet (vgl. etwa BGH Urteil vom 25. Februar 1957 - III ZR 186/55 - = LM BGB § 839 (C) Nr. 26), besagt noch nichts darüber, inwieweit die Haftungsbeschränkung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB auch für andere gegen ihn zu erhebende Ansprüche gilt. Ausschlaggebend ist, ob solche Ansprüche selbständig neben die Haftung aus Amtspflichtverletzung treten. Das hat der Bundesgerichtshof schon mehrfach entschieden.
aa)
Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff, Ansprüche aus Aufopferung nach dem Reichsleistungsgesetz und dem Bundesleistungsgesetz (BGHZ 4, 10, 45; 10, 137; 13, 88, 94 ff; BGH NJW 1966, 881) und Ansprüche aus der Verletzung beamtenrechtlicher Fürsorgepflichten (BGHZ 10, 303, 306; 14, 122, 137; 21, 214, 219; 43, 115, 117; 43, 178, 184; BGH NJW 1963, 2168) unterliegen der angeführten Einschränkung nicht. Auf die Haftung des Staates aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung und Treuhand ist § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenfalls nicht anzuwenden (BGHZ 13, 88, 95; BGH NJW 1952, 658 Nr. 5; 1952, 931 Nr. 3).
bb)
Aber auch und gerade in Fällen, in denen die öffentliche Hand bei der Ausübung ihrer Hoheitsbefugnisse in den privatrechtlichen Bereich übergreift oder sogar gezwungen ist, diesen Bereich zu berühren, ist die Selbständigkeit der sich daraus ergebenden Ansprüche der Betroffenen anerkannt worden. So hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon sehr früh angenommen, daß die Reederhaftung des Staates nach den §§ 485, 735 HGB, Art. 7 EGHGB (BGHZ 3, 321, 328 ff) und seine Gefährdungshaftung als Kraftfahrzeughalter nach den §§ 7 ff StVG (BGHZ 1, 388, 390 ff; 3, 321, 331; 29, 38, 44; 47, 196, 198; 49, 267, 269; 50, 271, 273; BGH NJW 1961, 2256 Nr. 5) neben die Ansprüche aus Amtspflichtverletzung ohne die Entlastungsmöglichkeit gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB treten (vgl. ferner BGHZ 55, 180, 183; BGH NJW 1974, 1770, 1771 zur Haftung der öffentlichen Hand nach § 22 Wasserhaushaltsgesetz). Auch der Rückgriffsanspruch nach den §§ 640, 641 RVO unterliegt der Subsidiaritätsklausel nicht (BGH NJW 1973, 1497).
cc)
Schließlich sind von der Rechtsprechung für den Bereich öffentlich-rechtlicher Benutzungs- und Leistungsverhältnisse, insbesondere auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, Rechtsgedanken entwickelt worden, die weitgehend zur Anwendung der Regeln des allgemeinen Schuldrechts innerhalb dieser Rechtsbeziehungen führen (vgl. etwa BGHZ 17, 191, 192 ff; 21, 214, 218 ff; 54, 299, 303; 59, 303, 305 ff; 61, 7, 11; BGH Urteil vom 11. Juli 1974 - III ZR 27/72 - = Betrieb 1974, 2003; vgl. auch BGH NJW 1963, 40, 43 insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 38, 49). Die somit begründete, als "vertragsähnlich" bezeichnete Haftung der öffentlichen Hand tritt ebenfalls gleichwertig neben die Haftung aus unerlaubter Handlung (BGHZ 21, 214, 220; 61, 7, 14; BGH NJW 1974, 1816; Urteil vom 5. Juni 1963 - VIII ZR 259/61 - = LM GVG § 13 Nr. 89).
Ganz allgemein ist die Tendenz zu erkennen, die als "antiquiert" (BGHZ 42, 176, 181) empfundene Bestimmung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB in möglichst engen Grenzen zu halten (vgl. etwa BGH NJW 1974, 1767).
b)
Auch die Haftung der öffentlichen Hand aus fehlerhafter Geschäftsführung ohne Auftrag unterliegt nicht den Einschränkungen des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB.
aa)
Es erscheint folgerichtig, die öffentliche Hand immer dann, wenn sich eine von ihr ausgeübte hoheitliche Tätigkeit auch als private Geschäftsführung ohne Auftrag darstellt, für Pflichtverletzungen nicht nur nach Art. 34 GG§ 839 BGB haften zu lassen, sondern sie daneben auch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zur Rechenschaft zu ziehen, zumindest wenn ihr grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist die Kehrseite des - in solchen Fällen trotz hoheitlichen Handelns begründeten - bürgerlich-rechtlichen Schuldverhältnisses, aus dem die öffentliche Hand den Vorteil zieht, Ersatz ihrer Aufwendungen und damit eine Entschädigung für ihre Inanspruchnahme erlangen zu können. Wenn sie dafür zumindest unter den verschärften Voraussetzungen des § 680 BGB für Schäden aufkommen muß, die durch eine fehlerhafte auftraglose Geschäftsführung entstehen, so ist das nicht unangemessen, sondern ein billiger Ausgleich dafür, daß sie überhaupt aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Geschäftsherrn vorgehen kann.
Dieser nimmt eine ihm von der öffentlichen Hand gebotene besondere Leistung in Anspruch, für die er in der Form des Auslagenersatzes eine Art Entgelt entrichten muß. Dadurch werden zwar nicht etwa "vertragsähnliche" Beziehungen zwischen ihm und der öffentlichen Hand begründet, wie sie von der - bereits erwähnten - Rechtsprechung angenommen werden, um bei öffentlich-rechtlichen Benutzungs- und Leistungsverhältnissen neben der Schadenshaftung aus Amtspflichtverletzung zur entsprechenden Anwendung der Regeln des allgemeinen Schuldrechts über die Folgen von Leistungsstörungen zu gelangen. Hier bestehen aber sogar schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen der öffentlichen Hand und den von der Hilfeleistung betroffenen Dritten, eben solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, die es noch weniger verständlich erscheinen lassen würden, die Haftung der öffentlichen Hand für Schäden, die durch eine fehlerhafte Geschäftsführung entstanden sind, allein nach Art. 34 GG§ 839 BGB zu beurteilen und nicht daneben auch nach dem hier meist anzuwendenden § 680 BGB. Das zeigt sich deutlich bei einer Fallgestaltung, wie sie hier vorliegt und wie sie nicht selten vorkommt: Die Bergung des verunglückten Tankzuges hätte ebenso von einem Privatmann besorgt werden können, der einen Kranwagen unterhält. Dessen Schadenshaftung würde sich zweifelsfrei auch nach den §§ 677, 680 BGB richten. Daß nicht ein solcher Unternehmer, sondern die Feuerwehr der beklagten Stadt eingegriffen hat, weil sie möglicherweise schneller am Unfallort war, kann insofern keinen Unterschied machen.
bb)
Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Der Vorschrift des § 680 BGB liegt der Gedanke zu Grunde, daß ein helfendes Eingreifen Dritter in Augenblicken dringender Gefahr im allgemeinen Interesse erwünscht ist, daß sich der Helfer aber in den Mitteln der Hilfe wegen der durch die Gefahr erforderten Schnelligkeit der Entschließung nur zu leicht vergreifen kann (BGHZ 43, 188, 194; BGH Urteil vom 17. Februar 1972 - II ZR 46/70 - = LM BGB § 677 Nr. 14). Das gilt für den Einsatz der Feuerwehr in gleichem Maße wie für die Hilfeleistung jedes Dritten.
Etwas anderes ist nicht etwa daraus herzuleiten, daß es die öffentliche Aufgabe der Feuerwehr ist, im allgemeinen Interesse Gefahren von Dritten abzuwehren, worauf sie in besonderem Maße eingestellt ist. Schließt - wie dargelegt - die Erfüllung eigener öffentlich-rechtlicher Pflichten nicht aus, daß damit zugleich das privatrechtliche Geschäft eines Dritten besorgt wird, so kann folgerichtet auch die Haftung für Pflichtverletzungen bei der Geschäftsführung nicht allein nach Öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden. Darauf, inwieweit der Geschäftsführer sich auf die Hilfeleistung für Dritte eingerichtet hat, kommt es nicht an. Auch private Bergungsunternehmen haften, wenn sie in Geschäftsführung ohne Auftrag tätig werden, nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 677 ff BGB. Auch ihnen kommt die Haftungserleichterung des § 680 BGB zugute. Etwaige Spezialkennnisse und -erfahrungen können allenfalls bei der Beurteilung der subjektiven Seite der Verantwortlichkeit innerhalb der groben Fahrlässigkeit eine Rolle spielen (vgl. etwa BGHZ 10, 14, 17; BGH NJV 1972, 475).
cc)
Die hier in Frage stehenden Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Geschäftsführung ohne Auftrag nach den §§ 677, 680 BGB und aus Amtspflichtverletzung nach Art. 34 GG§ 839 BGB erfüllen alle Voraussetzungen für eine echte Anspruchskonkurrenz, die grundsätzlich eine selbständige Beurteilung der einzelnen Ansprüche nach dem ihnen eigentümlichen Rechtsbereich erfordert (vgl. BGHZ 55, 392, 395 für das Verhältnis von Schadensersatzansprüchen aus Vertrag und aus unerlaubter Handlung): Sie stimmen weder in ihren Voraussetzungen überein, noch im Umfang der Schadensersatzpflicht, noch in der Frage der Verjährung. Die Haftung nach § 680 BGB ist beschränkt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, umfaßt dann aber vollen Schadensersatz, jedoch ohne immateriellen Schaden. Für die Verjährung gelten die allgemeinen Vorschriften. Demgegenüber wird nach § 839 BGB schon für leichte Fahrlässigkeit gehaftet, und zwar auch für immaterielle Schäden, bei Fahrlässigkeit jedoch nur, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Die Verjährung folgt der Sonderregelung des § 852 BGB.
Ob die gesetzliche Haftungsbeschränkung des § 680 BGB auch für die konkurrierende Haftung aus Amtspflichtverletzung, einem Unterfall der unerlaubten Handlung, gelten muß (vgl. BGHZ 55, 392, 396; BGH NJW 1972, 475 jeweils mit Nachweisen) kann offen bleiben. Hier geht es - umgekehrt - allein darum, ob trotz grob fahrlässigen Verhaltens der Feuerwehr die Versicherungsnehmerin der Klägerin etwa Schadensersatzansprüche nach den §§ 677, 680 BGB gegen die beklagte Stadt deshalb nicht erheben kann, weil auch insofern die Einschränkung des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt, daß eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht gegeben sein darf. Für ein solches Übergreifen der von der Rechtsprechung - wie (oben II 2 a cc) dargelegt - ohnehin in möglichst engen Grenzen gehaltenen Subsidiaritätsklausel fehlt es jedoch an einem rechtfertigenden Grund. Das kann umso weniger angenommen werden, als der dieser Vorschrift ursprünglich zugrunde liegende Gedanke, den Beamten in seiner Entschlußfreiheit und seiner Entschlußfreudigkeit nicht durch eine zu weit gehende Verschuldenshaftung zu hemmen, gar nicht voll zum Tragen kommt, wenn der Beamte grob fahrlässig handelt. Denn dann haftet er auch im Rahmen des Art. 34 GG§ 839 BGB im Innenverhältnis seinem Dienstherrn, falls dieser für den Schaden einstehen muß (§ 78 BBG, § 46 BRRG; vgl. auch BGH NJW 1973, 1497) Ein weitergehendes Bedürfnis dafür, die öffentliche Hand von der Haftung für Schäden aus grob fahrlässigem Verhalten ihrer Bediensteten außerhalb des Bereichs der Amtspflichtverletzung freizustellen, kann der Senat nicht erkennen.
Daß die Gemeinde, die eine Feuerwehr unterhält, für die bei deren Einsatz verursachten Schäden unterschiedlich haftet, je nachdem, ob durch das Eingreifen der Feuerwehr die Geschäfte des Geschädigten mit wahrgenommen worden sind oder nicht, ist nichts Besonderes. Die Haftungserleichterung des § 680 BGB gilt nur im Verhältnis des Geschäftsführers zum Geschäftsherrn, nicht gegenüber Dritten, denen der Geschäftsführer nur aus unerlaubter Handlung haftet (BGH NJW 1972, 475; Steffen in RGRK (12.) Rdn. 9 zu § 680 BGB; vgl. auch BGHZ 41, 203 für einen Fall mit ähnlicher Interessenlage).
III.
1.
Das Berufungsgericht nimmt an, die Feuerwehrleute der Beklagten hätten in der hier gegebenen Gefahrenlage, wie sie § 680 BGB voraussetze, bei ihrem Einsatz grob fahrlässig gehandelt. Sie hätten zuerst vordringlich ihre Aufmerksamkeit dem Inhalt des umgestürzten Tankwagens zuwenden und sich eigene Gewißheit darüber verschaffen müssen, wieviel Öl sich noch in ihm befand, ehe sie mit der Bergung des Fahrzeugs begannen. Das sei eine ganz einfache Überlegung gewesen, die sich aufgedrängt und die auch keine besonderen technischen Kenntnisse erfordert habe. Von der genauen Kenntnis der Menge des Tankinhalts seien alle weiteren Sicherungsmaßnahmen und die Art der Bergung abhängig gewesen. Auf bloße Erklärungen anderer, das Fahrzeug sei leer, hätte sich die Einsatzleitung der Feuerwehr nicht verlassen dürfen. Damit habe sie unbeachtet gelassen, was unter den gegebenen Umständen jedem habe einleuchten müssen.
2.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a)
Die Beurteilung der Frage, ob jemand grob fahrlässig gehandelt hat, obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Sie ist vom Revisionsgericht nur beschränkt nachprüfbar (BGHZ 10, 14, 16/17; BGH NJW 1972, 475; Urteil vom 7. April 1970 - VI ZR 217/68 - = VersR 1970, 620, 622).
b)
Das Berufungsurteil läßt insofern keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht weder den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, noch wesentliche Tatumstände unberücksichtigt gelassen, noch die Anforderungen überspitzt, die an die Sorgfaltspflicht eines Geschäftsführers ohne Auftrag - hier die Feuerwehr - bei einer Sachlage, wie sie im vorliegenden Fall gegeben ist, zu stellen sind.
IV.
1.
Das Berufungsgericht hat der Klägerin unter Abwägung der beiderseitigen Mitverursachung nach § 254 BGB nur die Hälfte des von ihr zur Schadensbeseitigung getragenen Aufwands zugesprochen. Zu zuverlässigen Feststellungen hat es sich trotz der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme außerstande und sich deshalb zu einer Schätzung nach § 287 ZPO gezwungen gesehen. Es hat zu Ungunsten der Versicherungsnehmerin der Klägerin wesentlich ins Gewicht fallen lassen, daß der entscheidende Anstoß zur Entstehung der Schäden ihrem Verantwortungsbereich als Halterin des verunglückten Tankzugs zuzurechnen ist. Die Ausdehnung des Schadens nach dem Umstürzen des Fahrzeugs hat es im wesentlichen auf das unsachgemäße Vorgehen der Feuerwehr bei der Bergung zurückgeführt und daher der Beklagten angelastet. Ohne zwingende Anhaltspunkte für eine anderweitige Gewichtsverteilung erkennen zu können, hat das Berufungsgericht die hälftige Schadensteilung für gerechtfertigt angesehen.
2.
Auch das bekämpft die Revision ohne Erfolg.
a)
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung nach § 254 BGB ist mit der Revision nur begrenzt angreifbar. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob der Tatrichter alle Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und nicht gegen die ihm durch die Denk- und Erfahrungssätze gesetzten Grenzen der Entscheidung verstoßen hat (vgl. etwa BGHZ 20, 290, 292/293; BGH NJW 1952, 1329 Nr. 1).
b)
Das Berufungsurteil enthält keinen dahingehenden Rechtsfehler. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß für den durch den Unfall selbst zunächst entstandenen Schaden die Versicherungsnehmerin der Klägerin verantwortlich ist. Die Beklagte hat Ersatz nur insofern zu leisten, als der Schaden durch das grob fahrlässige Vorgehen ihrer Feuerwehr vergrößert worden ist. Deshalb unterscheidet das Berufungsgericht auch zwischen dem öl, das der Tankzug bereits durch das Umstürzen verloren hatte und dem, das erst beim Wiederaufrichten des Fahrzeugs ausgeflossen ist. Gerade die bei der Bergung ausgetretenen Mengen, die weitgehend zu Lasten der Beklagten gehen, hält das Berufungsgericht aber auf Grund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme für beträchtlich.
Es vermochte jedoch nicht genau zu klären, inwieweit der mit der Klage geltend gemachte Schaden auf die eine oder die andere Ursache zurückgeht. Damit war der Weg frei für die vom Berufungsgericht nach § 287 ZPO vorgenommene Schätzung (BGH NJW 1968, 985). Wenn es keine zwingenden Anhaltspunkte für eine andere Verteilung als die Halbierung des Schadens sieht, so hält es sich damit im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO zustehenden tatrichterlichen Ermessens (BGHZ 3, 162, 175 ff). Daß das Landgericht, wie die Revision hervorhebt, den Verursachungsanteil der Beklagten nur mit 1/4 bemessen hat, spielt dabei keine Rolle. Im Revisionsverfahren kommt es allein auf die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts an. Diese ist rechtsfehlerfrei und muß deshalb von der Revision hingenommen werden.
V.
Die Revision der Beklagten ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Girisch
Meise
Recken
Doerry