Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Verbrauchervertrag über digitale Produkte

 Normen 

§§ 327 - 327u BGB

BT-Drs. 19/27653

RL 2019/770

 Information 

1. Allgemein

Das Recht der Verbraucherverträge über digitale Inhalte ist in den §§ 327 - 327u BGB geregelt.

§ 327 BGB legt den Anwendungsbereich des neuen Rechts fest: Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist mit den Begriffen "digitale Inhalte" und "digitale Dienstleistungen" zur Umschreibung des Vertragsgegenstands bewusst weit gefasst worden, damit digitale Angebote unabhängig von der konkreten technischen Ausgestaltung hiervon erfasst sind.

Erfasst werden:

  • Verbraucherverträge, welche die Bereitstellung

    • digitaler Inhalte

      oder

    • digitaler Dienstleistungen (digitale Produkte)

  • durch den Unternehmer

  • gegen Zahlung eines Preises zum Gegenstand haben.

    Preis im Sinne dieses Untertitels ist auch eine digitale Darstellung eines Werts.

Gemäß § 327a BGB sind die Vorschriften vielmehr auch anwendbar, wenn digitale Produkte als Teil eines Paketvertrags gemeinsam mit anderen Produkten (Absatz 1) oder als Teil einer Sache (Absatz 2 und 3) bereitgestellt werden.

2. Digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen

Beide Begriffe werden in § 327 Abs. 2 BGB definiert:

Digitale Inhalte:

Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden:

Erstellen:

Begriff "erstellt" bringt die bereits digital erfolgende Entwicklung der Inhalte zum Ausdruck. Das Verb "erstellen" ist ferner entwicklungsoffen mit Blick auf noch nicht absehbare künftige Technologien, gegebenenfalls auch ohne unmittelbare menschliche Intervention im Rahmen des Produktionsprozesses. Anders als der Begriff "Inhalte" vermuten lässt, soll es nach der Definition allein auf das Vorhandensein von Daten in digitaler Form ankommen. Ob die Daten einen Inhalt haben und was dieser Inhalt gegebenenfalls ist, ist nicht ausschlaggebend; maßgeblich ist ausschließlich die Art und Weise, wie die Daten reproduzierbar beziehungsweise wiedergabefähig festgehalten wurden, nämlich in digitaler Form.

In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27653) werden folgende Beispiele genant, die zumindest auch digitale Inhalte sein können: Computerprogramme, Videodateien, Audiodateien, Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher und andere elektronische Publikationen. Ferner sollen auch "Anwendungen" digitale Inhalte sein. Hiermit dürften in erster Linie Applikationen für mobile Endgeräte oder ähnliche Anwendungssoftware gemeint sein.

Digitale Dienstleistungen:

Digitale Dienstleistungen sind

  1. a)

    Dienstleistungen, die die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten ermöglichen, oder

  2. b)

    Dienstleistungen, die die gemeinsame Nutzung der von Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen.

Als Beispiele für "digitale Dienstleistungen" werden Dienste genannt, welche "die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form sowie den Zugriff auf sie ermöglichen, einschließlich Software-as-a-Service, wie die gemeinsame Nutzung von Video- oder Audioinhalten und andere Formen des Datei-Hosting, Textverarbeitung oder Spiele, die in einer Cloud-Computing-Umgebung und in sozialen Medien angeboten werden", ohne diese den beiden aus § 327 Absatz 2 Satz 2 BGB ersichtlichen Varianten konkret zuzuordnen. Eine genaue Bestimmung kann in der Rechtsanwendung ohnehin offengelassen werden, da die Differenzierung zwischen den beiden Varianten für die Anwendung der Richtlinienbestimmungen keine Rolle spielt.

Bereitstellung:

Der Begriff der Bereitstellung wird in § 327b Absätze 3 und 4 BGB definiert, § 327b Absatz 1 BGB konkretisiert die Leistungspflicht des Unternehmers zur Bereitstellung des digitalen Produkts. § 327b Absatz 5 BGB regelt die Fälle mehrerer auf der Grundlage eines einheitlichen Vertrags erfolgender Bereitstellungen (Satz 1) sowie die Fälle fortlaufender Bereitstellungen (Satz 2).

Die Rechte des Verbrauchers bei der Nicht-Bereitstellung durch den Unternehmer sind in § 327c BGB geregelt: Er kann danach den Vertrag unter den Voraussetzungen der Absätze 1 und 3 von § 327c BGB beenden sowie nach dessen Absätzen 2 und 3 Schadensersatz verlangen

3. Mangelhaftigkeit des Produkts

§ 327d BGB konkretisiert zunächst die Leistungspflicht des Unternehmers, das digitale Produkt mangelfrei bereitzustellen. Was ein Produktmangel ist, wird in § 327e Absatz 1 BGB konkretisiert.

Die Regelung unterscheidet zwischen subjektiven und objektiven Anforderungen sowie Anforderungen an die Integration des digitalen Produkts, welche in den folgenden Absätzen jeweils konkretisiert werden.

Die Vorschriften enthalten keinen einheitlichen Bezugszeitpunkt für die Frage der Mangelfreiheit. Dieser ist bei einmaligen Bereitstellungen anders als bei dauerhaften Bereitstellungen; ferner ergeben sich Besonderheiten für die Dauer der geschuldeten Aktualisierungspflicht. Aus diesem Grund spricht § 327e Absatz 1 Satz 1 BGB nur von der maßgeblichen Zeit, welche in § 327e Absatz 1 Satz 2 und 3 BGB konkretisiert wird. Danach ist der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der geschuldeten Mängelfreiheit der Zeitpunkt der Bereitstellung. Durch § 327e Absatz 1 Satz 3 BGB wird sichergestellt, dass sich die Regelung auch auf dauerhafte Bereitstellungen erstreckt.

Individuelle Vereinbarungen der Vertragsparteien über Produkteigenschaften sind gemäß § 327h BGB möglich.

4. Rechte des Verbrauchers bei Mängeln

§ 327i BGB enthält eine Übersicht der Rechtsbehelfe des Verbrauchers im Fall eines Mangels. Diese sind dem allgemeinen Kaufvertragsrecht nachgebildet:

5. Aktualisierungen

Der Unternehmer ist gemäß § 327f BGB verpflichtet, auch bei Verträgen, die sich in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen, auch nach der Bereitstellung, Aktualisierungen zur Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts bereitzustellen, insbesondere im Fall von Sicherheitsaktualisierungen. Diese Leistungsverpflichtung kann auch über den Gewährleistungszeitraum hinaus gelten.

Die Aktualisierungspflicht ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27653) der Oberbegriff und erfasst "Update" und "Upgrade". Maßgebliches Merkmal einer Aktualisierung ist, dass sie für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts erforderlich ist.

6. Nichtanwendbare Vorschriften des Kaufvertragsrechts

Der Vertrag über die Bereitstellung eines digitalen Produkts ist häufig vertragstypisch dem Kaufvertrag zuzuordnen. In § 453 BGB wird geregelt, welche Paragrafen des Kaufvertragsrechts nicht auf die Bereitstellung digitaler Produkte anwendbar sind.

7. Abweichende Vereinbarungen

Eine Vereinbarung mit dem Verbraucher, die von den Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers abweicht, ist gemäß § 327s BGB unwirksam. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind in der Norm aufgeführt.

 Siehe auch 

Fernabsatzvertrag

Kaufvertrag

Werkvertrag - Allgemein

Prütting/Wegen/Weinreich: BGB. Kommentar; 17. Auflage 2022

Wendehorst: Die neuen Regelungen im BGB zu Verträgen über digitale Produkte; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2021, 2913