Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit bei einem Schuldner trotz Unterkunft in Frankreich

Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit bei einem Schuldner trotz Unterkunft in Frankreich
17.10.2013336 Mal gelesen
Eine Unterkunft in Frankreich begründet nach Ansicht des Amtsgerichts Göttingen eine Zuständigkeit des dortigen Insolvenzgereichtes gemäß der Europäischen Insolvenzverordnung nur dann, wenn es sich dabei um einen Hauptwohnsitz handelt, sonst ist der letzte inländische Wohnsitz maßgebend.

Manche Schuldner möchten die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor deutschen Gerichten vermeiden. Sie melden sich dann in Deutschland ab und behaupten auf Nachfrage, sie hätten jetzt in Frankreich ihren Wohnsitz. Eine Ermittlung findet an der Adresse in Frankreich eine 15 m² großes Zimmer mit separatem WC und Spülstein für eine zweiköpfige Familie vor. Sind jetzt die Insolvenzgerichte in Frankreich zuständig, bei diesem "Wohnsitz"?

 

Eine Gläubigerin hat am 7. Dezember 2007 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt. Die Ladung zum Anhörungstermin kam als unzustellbar zurück. Mit Fax teilte der Schuldner mit, er habe seit dem 20. Mai 2007 seinen Wohnsitz in Frankreich. Mit dem vom Insolvenzgericht eingesetzten Sachverständigen hat sich der Schuldner nicht in Verbindung gesetzt. Eine vom Sachverständigen durch einen grenznah residierenden Kollegen vorgenommene Besichtigung unter der Adresse in Frankreich hat ergeben, dass es sich um ein ca. 15 m² großes Zimmer mit separater Toilette, Spülstein und Dusche handelt.

Einwohnermeldeamtsanfragen ergaben, dass der Schuldner ab dem 28. Juni 2006 seinen Wohnsitz in Krebeck habe. Dort ist er tatsächlich nicht auffindbar, auch wenn sich sein Namensschild noch an Klingel und Briefkasten befindet.

 

Das Amtsgericht Göttingen entschied, dass es für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens örtlich zuständig sei und der Sache nach, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abzuweisen sei.

Das Center of main Interest nach der Europäischen Insolvenzverordnung liege nicht in Frankreich. Der Schuldner habe zwar eine entsprechende Anmeldebestätigung vorgelegt, dieser komme aber nur Indizfunktion zu. Der vom Schuldner vorgelegte Mietvertrag weise seine Ehefrau als Mieterin aus. Diese wohne mit ihm unter der Adresse in Frankreich. Wie zwei Personen in derart beengten Verhältnissen wohnen, bleibe unklar. Auszugehen sei davon, dass es sich auch nicht um einen zweiten Wohnsitz handele. Ein räumlicher Schwerpunkt in Frankreich lasse sich nicht feststellen.

Feststellungen zum tatsächlichen Wohnsitz des Schuldners haben sich nicht treffen lassen. Abzustellen sei daher auf den letzten Wohnsitz, wobei es genüge dass ein Wohnsitz trotz ernstlich angestellter Ermittlungen nicht bekannt sei.

Die durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, dass zwar ein Eröffnungsgrund vorliegt, aber keine Masse vorhanden ist, die die Verfahrenskosten deckt. Das Insolvenzgericht sei davon überzeugt, dass der Antragsgegner zahlungsunfähig ist. Zur Feststellung genüge ein für das praktische Leben brauchbarerer Grad an Gewissheit. Vermögensgegenstände des Schuldners ließen sich nicht feststellen, eine von der Gläubigerin ausgebrachte Kontopfändung sei ohne Erfolg geblieben. Bei dieser Sachlage sei auch davon auszugehen, dass voraussichtlich keine Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist.

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Fazit: Es ist ja schön, wenn man als Gläubiger ein Insolvenzverfahren über das Vermögen seines Schuldners vor ein deutsches Gericht ziehen kann, nur hat man nichts davon, wenn keine Masse vorhanden ist. Bevor man unnötig Geld ausgibt, sollte man mit seinem Anwalt besprechen, was man solchen Fällen masseloser Schuldner am besten tun kann.

 

(Quelle: Amtsgericht Göttingen, Beschluss vom 07.05.2008; 74 IN 391/07)

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