Die Milchreferenzmenge ist pfändbar und fällt somit in die Insolvenzmasse

Die Milchreferenzmenge ist pfändbar und fällt somit in die Insolvenzmasse
03.09.2013235 Mal gelesen
Milchkontingente stellen einen Vermögenswert dar. Sie werden laut Oberlandesgericht Celle an börsenähnlichen Einrichtungen der Länder, zu regelmäßig ermittelten „Gleichgewichtspreisen“ gehandelt. Sie sind Bestandteil der Insolvenzmasse.

Der Schuldner hatte mit Vertrag vom 27. Mai 1985 von seinen Eltern deren landwirtschaftlichen Hof in H. für die Zeit bis zum 30. Juni 1990 gepachtet. Der Pachtvertrag wurde mehrmals verlängert. Anfang der neunziger Jahre bis März 2001 führte der Schuldner einen landwirtschaftlichen Betrieb in Sachsen-Anhalt. Er erwarb dort als Wiedereinrichter ein Milchkontingent von 360.000 kg, welches er im Jahr 2001 mit zum Betrieb in H. brachte. Ab dem Jahr 2001 führte der Schuldner den Betrieb in H. weiter.

Am 22. März 2003 vereinbarten der Schuldner und seine Mutter, dass der Pachtvertrag vom 27. Juni 1985 zum 31. März 2003 aufgehoben werde. In der Vereinbarung hieß es, dass sämtliche bestehenden Kartoffel-, Zuckerrüben- und Milchlieferrechte (Quoten), soweit sie nicht ohnehin mit Rückgabe des Hofes an den Verpächter übergehen, hiermit an diesen übertragen werden.

Aufgrund dieser Vereinbarungen übertrug der Schuldner an seine Mutter eine ihm insgesamt zugeordnete Referenzmenge von 738.175 kg, darin enthalten das Milchkontingent von 360.000 kg.

Am 1. Juli 2003 beantragte ein Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Das Insolvenzverfahren wurde am 4. September 2003 wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.

Der Insolvenzverwalter focht die Übertragung der Milchquote in Höhe von 360.000 kg an. Er behauptet, der Schuldner sei im Zeitpunkt der Übertragung an seine Mutter zahlungsunfähig gewesen, wovon diese Kenntnis gehabt habe.

An der gemäß § 8 der Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 eingerichteten Verkaufsstelle sei am 30. Oktober 2003 ein Gleichgewichtspreis in Höhe von 0,40 €/kg erzielt worden.

Er verlangt von der Mutter daher 144.000 EUR Entschädigung für die erlangte Milchquote.

 

Das Landgericht wies die Klage des Insolvenzverwalters ab.

Die Milchquote sei nicht Bestandteil der Masse gewesen.

 

Die Berufung des Insolvenzverwalters vor dem Oberlandesgericht hatte Erfolg.

Der Schuldner habe seiner Mutter das Milchkontingent von 360.000 kg durch eine Rechtshandlung übertragen. Der Übergang sei nicht kraft Gesetzes erfolgt. Als Rechtsgrund für einen Übergang kraft Gesetzes käme nur die Zusatzabgabenverordnung in Betracht. Nach dieser Vorschrift gehen bei Pachtverträgen, die vor dem 1. April 2000 geschlossen worden sind und nach dem 31. März 2000 beendet worden sind, die dem Betrieb entsprechenden Anlieferungs-Referenzmengen der Milch-Garantiemengen-Verordnung auf den Verpächter über.

Hinsichtlich der vom Schuldner als Wiedereinrichter des Betriebs in Sachsen-Anhalt erworbenen Menge von 360.000 kg sei dies nicht der Fall gewesen. Diese Referenzmenge war zu keinem Zeitpunkt eine dem Betrieb in H. entsprechende Menge im Sinne der Milch-Garantie-Mengen-Verordnung, also eine an die Flächen des Betriebs gebundene Menge.

Vielmehr ging die Referenzmenge aufgrund der im März 2003 getroffenen Vereinbarung unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners an seine Mutter über.

In der dadurch eingetretenen Verkürzung des Schuldnervermögens ohne ausgleichende Gegenleistung der Beklagten liege eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung. Die Milchreferenzmenge ist auch pfändbar und wäre ohne deren Zuwendung an die Mutter in die Insolvenzmasse gefallen.

Als Vermögensrecht pfändbar sind Rechte aller Art, die nicht Geldforderungen oder Herausgabeansprüche sind und einen Vermögenswert der Art verkörpern, dass die Pfandverwertung zur Befriedigung des Geldanspruchs des Gläubigers führen kann. Dies ist bei Milchreferenzmengen der Fall. Sie ist weder eine Geldforderung noch ein Herausgabeanspruch, sondern das Recht eines Milcherzeugers, im Rahmen der ihm zugeteilten Anlieferungs-Referenzmenge Milch abgabenfrei anzuliefern. Milchkontingente stellen einen Vermögenswert dar.

Der Einwand der Mutter, eine Gläubigerbenachteiligung sei nicht gegeben, weil das Milchkontingent mangels Milcherzeugereigenschaft des Schuldners nach Betriebsübergabe ohne die Übertragung an die Mutter ersatzlos in die Reserve des Landes eingezogen worden wäre, greife nicht durch, denn in diesem Fall hätte der Schuldner das Milchkontingent verkaufen können.

Nach alledem greift die Insolvenzanfechtung durch.

(Quelle: Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 03.05.2005; 13 U 230/04

Vorinstanz: Landgericht Lüneburg; Urteil vom 28.07.2004)

  

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