Die Schuldnerin beschäftigte Arbeitnehmer, von denen einige bei einer Krankenkasse freiwillig versichert waren. Die Schuldnerin entrichtete deren Beiträge zusammen mit den Beiträgen für ihre dort pflichtversicherten Beschäftigten. Sämtliche Beiträge wurden von der Schuldnerin ab November 2004 nicht mehr gezahlt, was die Krankenkasse im Dezember 2005 veranlasste, gegen die Schuldnerin Insolvenzantrag zu stellen. Am 1. Februar 2006 überwies die Schuldnerin daraufhin die rückständigen Beiträge, wovon 6.519,96 € auf die freiwillig Versicherten entfielen. Die Beklagte erklärte ihren Insolvenzantrag für erledigt.
Auf Antrag einer anderen Krankenkasse eröffnete das Amtsgericht am 2. Mai 2006 das Insolvenzverfahren und der Insolvenzverwalter forderte von der anderen Krankenkasse die am 1. Februar 2006 erhalten Beträge zurück. Die Krankenkasse kam dem Begehren des Insolvenzverwalters auch nach, bis auf die 6.519,96, die die Schuldnerin für die freiwillig versicherten Arbeitnehmer gezahlt hat. Diese gehörten zum Vermögen der freiwillig Versicherten und nicht zum Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Daher unterlägen sie auch nicht der Insolvenzanfechtung.
Der Insolvenzverwalter erhob daher Klage. Vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht hatte seine Klage Erfolg.
Der Bundesgerichtshof wies die Revision der Krankenkasse zurück.
Anders als bei pflichtversicherten Arbeitnehmern schulde der Arbeitgeber die Beiträge freiwillig Versicherter zu den gesetzlichen Versicherungen gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit nicht selbst. Die Schuldnerin habe durch Überweisung dieser Beiträge als Leistungsmittlerin ihrer freiwillig versicherten Beschäftigten gehandelt. Die Krankenkasse sei insoweit nicht Insolvenzgläubigerin und nicht der besonderen Insolvenzanfechtung unterworfen.
Die Krankenkasse sei zur Rückgewähr der Beiträge freiwillig Versicherter an den Insolvenzverwalter trotzdem verpflichtet, weil ihr der Vorsatz der Insolvenzschuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen, bei Eingang der Überweisung vom 1. Februar 2006 bekannt gewesen war.
Tilgt ein später insolventer Leistungsmittler, wie hier der Arbeitgeber, fremde Schulden, ist die Vorsatzanfechtung seines Insolvenzverwalters gegen den Gläubiger, also die Krankenkasse, möglich, ohne dass die Gesetzessystematik oder eine Interessenabwägung dem entgegensteht.
Nach der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter lebt die Beitragsforderung der Krankenkasse gegen die freiwillig versicherten Beschäftigten wieder auf. Diese müssen nun selber ihren Beitrag an die Krankenkasse zahlen.
Der freiwillig versicherte Arbeitnehmer geht somit ein insolvenzrechtliches Risiko ein, wenn er die Abführung der von ihm geschuldeten Beiträge als freiwillig Versicherter in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung den Rechtshandlungen des Arbeitgebers überlässt.
Die Insolvenzschuldnerin habe auch vorsätzlich gehandelt. Die Beiträge der freiwillig Versicherten sind hier in einer Banküberweisung zusammen mit den Beiträgen der Pflichtversicherten aus einem Guthaben der Insolvenzschuldnerin beglichen worden. Die Gläubiger der Insolvenzschuldnerin sind daher objektiv durch die Verringerung des auf diese Weise verwendeten Bankguthabens benachteiligt worden.
Die Krankenkasse habe den Vorsatz der Insolvenzschuldnerin, mit der angefochtenen Beitragsüberweisung ihre Gläubiger zu benachteiligen, gekannt. Die Krankenkasse wusste nach dem mehr als ein Jahr angewachsenen Rückstand mit den Beiträgen der pflichtversicherten Arbeitnehmer, dass die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig war. Daraus könne geschlossen werden, dass sie auch wusste, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Gläubiger benachteiligen wollte.
Nach alledem muss die Krankenkasse auch die für die freiwillig versicherten Beschäftigten gezahlten Beiträge an die Insolvenzmasse herausgeben.
(Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.12.2012; IX ZR 22/12
Vorinstanz: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 30.12.2011; 1 U 175/10
Landgericht Hamburg, Urteil vom 01.12..2010; 303 O 83/10 )
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