Keine Einräumung eines Mehrstimmrechts für eine Komplementärin einer Publikums-KG

Keine Einräumung eines Mehrstimmrechts für eine Komplementärin einer Publikums-KG
27.06.2013347 Mal gelesen
Der Komplementärin einer Publikums-KG, die eine umsatzabhängige Vergütung erhält und am Erfolg der Gesellschaft nicht beteiligt ist, kann, so das Landgericht Freiburg, gesellschaftsvertraglich kein Mehrstimmrecht bei der Beschlussfassung über eine Gesellschaftsvertragsänderung eingeräumt werden.

Einige Kommanditisten einer Publikums-KG mit dem Geschäftszweck Gewinnung und Verkauf von elektrischer Energie von Windkraft- und Solaranlagen wenden sich mit ihrer gegen die KG gerichteten Klage gegen verschiedene, in der Gesellschafterversammlung der KG am 20. Juli 2012 gefassten Beschlüsse.

Die Kommanditisten lehnen die gefassten Beschlüsse einmal inhaltlich ab. Zum anderen seien sie auch aus verschiedenen Gründen formell unwirksam gefasst worden. So habe der Kommanditist mit der höchsten Beteiligung der Komplementärin eine Abstimmungsvollmacht mit der Weisung erteilt, sich gegen die von der Geschäftsführung der KG vorgeschlagenen Beschlüsse auszusprechen. Die Komplementärin stimmte entgegen der Weisung für die von der Geschäftsführung vorgeschlagenen Beschlüsse. Auch sehe der Gesellschaftsvertrag der KG für die Komplementärin ein Mehrstimmrecht von 20% der Haftsumme vor. Rechtfertigende Gründe für das Mehrstimmrecht der Komplementärin gebe es  nicht. Aus diesen Gründen sei keiner der angegriffenen Beschlüsse mit der erforderlichen Mehrheit von 3/4 gefasst.

Die Kommanditisten verklagen daher die KG auf Feststellung, dass die gefassten Beschlüsse unwirksam seien.

Die KG wendet sich inhaltlich gegen die Klage und meint im Übrigen, sie sei die falsche Beklagte. Die Kommanditisten hätten nicht die KG, sondern alle übrigen (ca. 155) Gesellschafter verklagen müssen.

Das Landgericht gab den Kommanditisten Recht.

Die KG ist die richtige Beklagte. Dies ergebe sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Gesellschaftsvertrag. Die Gesamtschau der vertraglich vereinbarten Regelungen, sprächen aber dafür, dass die Gesellschaft, die auf eine Vielzahl von Kommanditisten (158) ausgerichtet war, eine kapitalistische Struktur übernommen hat und auch die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen im Rechtsstreit zwischen Gesellschafter und Gesellschaft entsprechend den bei Kapitalgesellschaften gültigen Regeln geklärt werden solle, damit war also die KG und nicht die über 155 Mitgesellschafter zu verklagen.

Das der Komplementärin im Gesellschaftsvertrag zugebilligte Mehrstimmrecht ist, zumindest soweit es um gesellschaftsvertragsändernde Beschlüsse geht, unwirksam.

Gesellschaftsverträge von körperschaftlich strukturierten Publikumsgesellschaften unterliegen der Inhaltskontrolle. Die wesentlichen Merkmale der Publikumsgesellschaft seien darin zu sehen, dass sie auf der Beteiligung einer unbestimmten Vielzahl erst noch zu werbender Gesellschafter angelegt seien, die sich nur kapitalistisch an ihr beteiligen und mehr oder weniger zufällig zusammengeführt werden. In der Öffentlichkeit geworben, müssen die Anleger den fertig formulierten Gesellschaftsvertrag hinnehmen, auf dessen inhaltliche Ausgestaltung sie keinen ihre Interessen wahrenden Einfluss ausüben können. Regelungen, die ohne ausreichenden Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter oder der Komplementäre der Kommanditgesellschaft begünstigen, seien daher nichtig.

Nachdem die Komplementärin eine nachhaltige, gewinnunabhängige Vergütung erhalte und andererseits nicht an dem wirtschaftlichen Ergebnis der Tätigkeit der Kommanditgesellschaft beteiligt ist, vermag der Gedanke ihrer unbeschränkten persönlichen Haftung das von ihr in Anspruch genommene Mehrstimmrecht in Höhe von 20%  der gezeichneten Haftsumme nicht zu rechtfertigen.

Da ein sachlicher Grund für das Mehrstimmrecht der Komplementärin nicht vorliegt, ist dieses nicht gerechtfertigt.

Das Gericht errechnet sodann, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bei Nichtberücksichtigung des Mehrstimmrechtes der Komplementärin nicht gefasst worden wären.

Es stellt sodann die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse fest.

(Quelle: Landgericht Freiburg, Urteil vom 25.01.2013; 12 O 133/12)

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