Kündigung und Abberufung des GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund: Fachanwalt klärt auf

Kündigung und Abberufung des GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund: Fachanwalt klärt auf
01.01.20122354 Mal gelesen
In der Praxis stellen sich bei der Kündigung und Abberufung eines Geschäftsführers viele Fragen. Dies gilt insbesondere für die Abberufung aus wichtigem Grund (die zumeist mit einem Gesellschafterstreit einhergeht). Vordringliche Frage ist hier, was ein wichtiger Grund ist. Eine neuere Entscheidung

Der Geschäftsführer einer GmbH kann jederzeit abberufen werden (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Eines besonderen, d.h. wichtigen Grundes, bedarf es dabei grundsätzlich nicht. In der Praxis spielt die Abberufung (und Kündigung) wegen eines wichtigen Grundes jedoch eine zentrale Rolle. Dies hat 4 Ursachen:

  • Gesellschaftsverträge (Satzungen) sehen häufig vor, dass eine Abberufung nur wegen eines wichtigen Grundes erfolgen darf. Fehlt ein wichtiger Grund, ist die Abberufung unwirksam.
  • Ist ein Gesellschafter kraft Satzung selbst Geschäftsführer bzw. darf er diesen selbst benennen, bedarf die Abberufung des Geschäftsführers immer eines wichtigen Grundes. Fehlt der wichtige Grund, ist auch hier die Abberufung unwirksam.
  • Bei der Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund hat der betreffende Geschäftsführer, sofern er zugleich Gesellschafter ist, kein Stimmrecht bei der  Beschlussfassung über seine Abberufung und Kündigung. Damit verschieben sich die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung. Handelt es sich um eine Zwei-Personen-Gesellschaft, kann ein einzelner Gesellschafter somit über die Abberufung des anderen Gesellschafters als Geschäftsführer beschließen.
  • Liegt ein wichtiger Grund für die Abberufung vor, so sind auch andere Gesellschafter aus Gründen der Treuepflicht zur Abberufung des betreffenden Geschäftsführers verpflichtet. Stimmen sie nicht für die Abberufung, ist der ablehnende Gesellschafterbeschluss angreifbar.
 

In der Praxis .

In der Praxis ist eigentlich immer streitig, ob tatsächlich ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt. Das Gesetz benennt als wichtige Gründe beispielhaft eine grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Da auch diese Beispiele sehr weit gefasst sind, haben die Gerichte eine Reihe von einzelnen Gründen herausgearbeitet, die einen wichtigen Grund zur Abberufung eines Geschäftsführers darstellen können (z.B. Bilanzmanipulationen; Steuerhinterziehung, Missbrauch von Gesellschaftsvermögen für eigene Zwecke; Fälschung von Unterlagen, Verstoß gegen Wettbewerbsverbot). Im Einzelfall maßgeblich und entscheidend ist jedoch, ob der GmbH bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls das Verbleiben des Geschäftsführers in seiner Position zumutbar ist oder nicht.

 

Neue Entscheidung des Kammergerichts Berlin .

Das Kammergericht Berlin hat in einer Entscheidung vom 11.08.2011, Az. 23 U 114/11 (vorläufiger Rechtsschutz), zwei in der Praxis häufig anzutreffende Pflichtverletzungen eines Geschäftsführers als wichtige Gründe für eine Abberufung erklärt. Der Geschäftsführer hatte es im konkreten Fall zum einen versäumt, den Jahresabschluss aufzustellen und den Gesellschaftern zur Beschlussfassung vorzulegen (zu dieser Pflicht des Geschäftsführers vgl. § 42a GmbHG). Er hatte sich zum anderen geweigert (offensichtlich ohne Beratung eines spezialisierten Rechtsanwalts), einem Gesellschafter Einsicht in die Geschäftsunterlagen der GmbH zu gewähren (zu diesem Recht der Gesellschafter einer GmbH vgl. § 51a GmbHG). Das Kammergericht Berlin sah beide Pflichtverstöße als so gravierend an, dass es die Wirksamkeit der Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund bejahte.

 

Das Urteil des Kammergerichts Berlin ist daneben in zwei weiteren Punkten sehr aufschlussreich:

(a) Pflichten des Geschäftsführers bei Aufstellung des Jahresabschlusses. Der Geschäftsführer hatte die unterlassene Aufstellung des Jahresabschlusses 2009 mit dem Argument zu begründen versucht, ein Gesellschafter habe einen für die Bilanzierung notwendigen Darlehensvertrag ihm nicht übergeben. Das Gericht folgt diesem Argument nicht. Adressat der Buchführungspflicht sei der Geschäftsführer. Erhalte der Geschäftsführer trotz intensiven Drängens benötigte Unterlagen nicht, so habe er den Jahresabschluss ohne die Unterlagen aufzustellen und den Gesellschaften den entsprechenden Prüfbericht vorzulegen. Schlichte Untätigkeit entlaste den Geschäftsführer in einem solchen Fall nicht.

(b) Abberufung -Maßgeblicher Zeitpunkt für Pflichtverletzung. Nachdem der Geschäftsführer u.a. wegen der verweigerten Einsicht in die Geschäftsunterlagen abberufen worden war, erlaubte er noch vor der erstinstanzlichen Gerichtsverhandlung die begehrte Einsicht. Das Gericht erachtete dies für die Abberufung als irrelevant. Entscheidend für die Wirksamkeit der Abberufung sei, dass noch am Tag der Abberufung die Einsicht verweigert wurde und damit ein wichtiger Grund zum Zeitpunkt der Abberufung vorlag.

 

Folgerungen für Geschäftsführer und Gesellschafter .

Welche Folgerungen sollten Geschäftsführer und Gesellschafter aus der Entscheidung des Kammergerichts Berlin ziehen? Geschäftsführer sind gut beraten, die Buchführungspflichten ernst zu nehmen und Gesellschaftern oder anderen Personen, die für die Buchführung notwendige Unterlagen beizubringen haben, ernsthaft und nachweisbar auf die "Finger zu klopfen". Geschäftsführer sind ebenfalls gut beraten, das Auskunftsrecht und das Einsichtsrecht der Gesellschafter (§ 51a Abs. 1 GmbHG) ernst zu nehmen. Befürchtet der Geschäftsführer infolge der Einsichtnahme/Auskunft nicht unerhebliche Nachteile für die GmbH, hat er die Frage einer Verweigerung von Auskunft/Einsicht der Gesellschafterversammlung vorzulegen (§ 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG). Gesellschaftern einer GmbH bietet die Entscheidung des Kammergerichts ein Stück mehr Rechtsicherheit bei der außerordentlichen Kündigung und Abberufung von Geschäftsführern.

Dr. Ronny Jänig, LL.M. (Durham)
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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