Zertifikate Falschberatung durch Bank? Schadensersatz möglich

Wirtschaft und Gewerbe
20.06.2011709 Mal gelesen
Zertifikate (Alpha Express, Bonus Express, Tracker, Basket, Index etc.) geschädigt? Rechtsanwälte informieren über Handlungsmöglichkeiten.

Als Zertifikate bezeichnet man derivative Wertpapiere, welche in der Rechtsform einer Schuldverschreibung bzw. Anleihe vertrieben werden. Sie dienen den Banken hauptsächlich als eine Art der Möglichkeit der Refinanzierung. Genauer gesagt, ist ein Zertifikat eine Zweitverbriefung eines Basiswertes, weswegen ein Zertifikat von der Wertentwicklung anderer Finanzprodukte abhängig ist, sodass es zu den strukturierten Finanzprodukten zählt. Der Basiswert oder auch Underlying genannt, kann z.B. eine Einzelaktie, eine bestimmte Menge eines Rohstoffes, ein Index etc. sein, wobei es Zertifikate gibt, die zum Teil auf eine bestimmte Zeit begrenzt oder mit unbegrenzter Laufzeit ausgestattet sind. Im Unterschied zu gewöhnlichen Schuldverschreibungen gewähren Zertifikate aber keine feste Verzinsung, sondern nur die Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des dem Zertifikat zugrundeliegenden Wertpapiers/Basisobjekts. Ertrags- und Verlustchancen sind also nicht festgelegt.

Zertifikate werden börslich oder außerbörslich gehandelt, wobei aber der überwiegende Teil - ca. 70 % - der jährlich ausgegebenen Zertifikate außerbörslich vertrieben werden. Überwiegend erfolgt der Verkauf dieser strukturierten Finanzprodukte an Privatkunden. Diese investieren in Deutschland pro Jahr mehr als 100 Mrd. Euro, allein 5 % der Deutschen halten Zertifikate.

Der Erfindungsreichtum der Banken kennt hinsichtlich der Entwicklung neuer Zertifikatsarten keine Grenzen: mithin gibt es Index-, Tracker-, Basket-, Discount-, REIT- und Bonus-Zertifikate, Exchange Traded Commodities und eine Vielzahl mehr.

Allerdings fehlt es leider an strengen gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf den Verkauf von Zertifikaten: in der Regel werden keine Einzelprospekte sondern Basisprospekte mit großem Umfang und Komplexität ausgegeben, welche für den privaten Anleger kaum zu durchschauen sind. Selbst für professionelle erfahrene Anleger dürften die mathematischen Formeln zur Leistungsberechnung kaum verständlich sein. Hinzukommen zwar Werbeprospekte, diesen mangelt es aber an verbindlicher Rechtsqualität. Vorgaben zum transparenten Prospektaufbau fehlen also völlig.

Zudem ist die Preisgestaltung höchst intransparent, da die Emittenten den Preis der Zertifikate selbst bestimmen und eine Überprüfung von unabhängigen Dritten hierbei völlig unterbleibt. Diese Missstände auf dem deutschen Zertifikatsmarkt sollten den Gesetzgeber folglich schnell zu einer gesetzlichen Regelung veranlassen. Nicht zuletzt durch die Insolvenz der Lehman Brothers Bank gerieten die außerordentlichen Risiken von Zertifikaten, vor allem wenn diese, wie meist, an private Anleger verkauft wurden, wieder in den Fokus.

Der Anleger trägt bei Zertifikaten das vollständige Bonitätsrisiko des Emittenten, wird diese also insolvent, so ist ein Totalverlust des Kapitals wahrscheinlich. Im Gegensatz zu Spareinlagen, wo Einleger durch den Einlagensicherungsfonds weitreichenden Schutz vor der Insolvenz der Bank genießen und im Gegensatz zu in Fonds angelegten Geldern, welche wegen ihres rechtlichen Status als Sondervermögen bei der Insolvenz der Fondsgesellschaft geschützt sind, fehlt ein solche Schutz bei Zertifikaten völlig. Das Risiko eines Totalverlusts des investierten Kapitals ist also nicht ganz von der Hand zu weisen und sollte nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers Anleger zu einem vorsichtigeren Umgang mit diesen Produkten mahnen.

Bei Zertifikaten fehlt es außerdem an Vorgaben für eine Klassifizierung, sodass diese nur schwer vergleichbar sind. Hinzu kommt, dass die Preisbildung durch unsichtbare Preisaufschläge durch die Emittenten und der Preisberechnung durch sie selbst - keine Überprüfung durch einen Dritten - sehr von der Fairness des Anbieters abhängt. Weiterhin besteht ein Zweitmarktrisiko, wenn Kunden das Zertifikat schnell zu Geld machen müssen: in diesem Fall müssen bei einem Verkauf des Zertifikats erhebliche Abschläge in Kauf genommen werden.

In den Ausgabepreisen werden oft auch erhebliche Kosten, wie Transaktionskosten, Kosten der Produkterstellung und Vertriebskosten, versteckt. Auch hier stellen sich die Regelungen zu Zertifikaten als äußerst schwach dar, da z.B. den Emittenten bei Investmentfonds eine Pflicht zur Auflistung der voraussichtlich entstehenden oder tatsächlich angefallenen Kosten trifft. Insgesamt sind Zertifikate für private Anleger höchst intransparent. Gekrönt wird dieses Missverhältnis zulasten der Anleger noch dadurch, dass die Regelwerke der Börsen die Emittenten bei der Rückabwicklung fehlerhafter Wertpapiergeschäfte begünstigen.

Anleger, die Zertifikate halten und bei denen schon erhebliche Verluste eingetreten sind, sollten nicht länger zögern und einen im Kapitalanlegerecht tätigen Rechtsanwalt mit der Überprüfung ihrer Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Anlageberatung beauftragen. Wurden Anleger bezüglich der enormen Risiken von Zertifikate nicht vollumfänglich anlage- und anlegergerecht von den Banken aufgeklärt, liegt eine Aufklärungspflichtverletzung vor, welche die Banken schadensersatzpflichtig macht.

Weitere Informationen finden Sie hier:

http://www.dr-stoll-kollegen.de/zertifikate