Zweigpraxis muss Versorgungsverbesserung gewährleisten

23.05.2017 47 Mal gelesen
Vertragsärztliche Tätigkeiten an weiteren Orten neben dem Vertragsarztsitz sind nur dann zulässig, wenn dadurch die Versorgung der Patienten an weiteren Orten verbessert wird und gleichzeitig die Versorgung am Ort des Vertragssitzes nicht beeinträchtigt wird.

Damit eine Verbesserung der Versorgung durch die Eröffnung einer Praxisfiliale erreicht wird, müssen verschiedene Kriterien erfüllt werden. Vertragsärzte, die eine Zweigpraxis eröffnen möchten, müssen nachweisen, dass dadurch eine Verbesserung der Versorgungslage erreicht würde. Dieser Nachweis ist nicht leicht zu führen, wie ein Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 5. Oktober 2016 zeigt (Az.: L 11 KA 63/15).

In dem Fall hat das Landessozialgericht die Eröffnung einer Zweigpraxis verweigert. Geklagt hatte ein Facharzt für Innere Medizin, der als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Er hatte einen Antrag auf vertragsärztliche Tätigkeit außerhalb seines Vertragsarztsitzes gestellt. Die Filiale sollte 1,7 Kilometer von seinem Vertragsarztsitz entfernt sein. Durch die Eröffnung der Zweigpraxis sollte eine Verbesserung der langen Wartezeiten erreicht werden. Er verfüge zudem über das Zertifikat "Spezielle Diabetologie" und biete Schulungen für Diabetes-Patienten an. Diese Qualifikation und dieses Angebot hätten sonst nur wenige Ärzte in der Umgebung. Darüber hinaus verfüge er über eine Genehmigung zur Gelbfieberimpfung und weitere Qualifikationen, die für eine qualitative Verbesserung der Versorgung beitragen würden. Die geplanten Sprechzeiten umfassten auch Wochenenden und Abendstunden, die von den anderen Arztpraxen nicht angeboten würden. Auch wenn seine Hauptpraxis nur 1,7 Kilometer von der geplanten Filiale entfernt liege, benötige der Patient für diese Strecke mit dem Auto ca. 15 Minuten, zu Fuß ca. 22 Minuten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine halbe Stunde.

Sein Antrag auf Eröffnung der Zweigpraxis wurde dennoch abgewiesen. Denn eine nicht nur unwesentliche Verbesserung der Versorgung durch die Filiale sei nicht zu erkennen, urteilte das Landessozialgericht. Verbesserungen könnten zwar z.B. durch zusätzliche Qualifikationen des Arztes oder Behandlungsmethoden, die bessere Diagnoseergebnisse liefern, erreicht werden. Für die Versicherten kaum spürbare Veränderungen reichten allerdings nicht aus. So dürfen Einzugsbereich des Hauptsitzes und Zweigpraxis nicht identisch sein, da dies aufgrund der räumlichen Nähe nicht zu einer Verbesserung der Versorgungssituation führe. Eine Verkürzung der Wegzeit für einige Patienten sei mit jeder Zweigpraxis verbunden und stelle keine Versorgungsverbesserung dar. Bei der Prüfung der Versorgungsverbesserung sei auf den "weiteren Ort" abzustellen, an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll. Der "weitere Ort" lasse sich nicht ohne weiteres durch Stadtteilgrenzen o.ä. bestimmen. Vielmehr seien die individuellen Verhältnisse vor Ort maßgeblich. In diesem Fall sei die Entfernung zwischen Hauptsitz und Zweigpraxis nur gering. Zudem gebe es eine größere Anzahl Arztpraxen, in denen Substitutionsbehandlungen durchgeführt werden. Daher könne unterm Strich keine wesentliche Verbesserung der Versorgungssituation erreicht werden.

"Ärzte, die eine Zweigpraxis eröffnen möchten, müssen gut argumentieren und eine qualitative oder ggfs. auch quantitative Verbesserung der Versorgung darlegen. In vielen Fällen gibt es einen gewissen Argumentationsspielraum, der genutzt werden sollte", sagt Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby, Partner bei der Kanzlei AJT und dort Ansprechpartner für Medizinrecht.

 

Mehr Informationen: https://www.ajt-partner.de/medizinrecht