Wikipedia-Fotograf unterliegt im Bilderstreit vor dem Landgericht Stuttgart

Wikipedia-Fotograf unterliegt im Bilderstreit vor dem Landgericht Stuttgart
31.10.201684 Mal gelesen
Das Landgericht Stuttgart gab der Klage gegen einen Wikipedia-Autor wegen Nutzung von Fotos gemeiner Werke auf Wikimedia statt. Damit schloss sich das Ladngericht Stuttgart der Ansicht des Landgericht Berlin an.

Wikipedia-Autor lädt fremde und eigene Fotos von gemeinfreien Werken auf Wikimedia hoch

Klägerin in dem vor dem LG Stuttgart anhängigen Verfahren ist wiederum die Stadt Mannheim, die die Reiss-Engelhorn-Museen als Eigenbetrieb führt.

Der Beklagte ist Wikipedia-Autor und -Fotograf. Zur Illustration der Textbeiträge auf Wikipedia werden Fotos aus der Datenbank Wikimedia Commons verknüpft. Bei Wikimedia handelt es sich um eine internationale freie Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien. Die Datenbank ist mit Wikipedia und anderen Projekten verknüpft, so dass die Dateien, hauptsächlich Bilder, in Wikipedia direkt aus Commons eingebunden werden. Auf Wikimedia Commons finden überwiegend Creative-Commons-Lizenzen Anwendung. Diese erlauben auch die kommerzielle Nutzung des dort vorhandenen Materials.

Der Beklagte hatte 17 Fotos von gemeinfreien Gemälden aus Publikationen der Klägerin herausgescannt und auf Wikimedia zum öffentlichen Abruf hochgeladen. Unter den Bildern ist jeweils als Quelle die Publikation der Klägerin "Sammelleidenschaft" angegeben. Die Fotos hatte der Museumsfotograf im Auftrag der Stadt Mannheim angefertigt. Bei den Fotos handelt es sich um originalgetreue Abbildungen der Gemälde.

Weiterhin hatte der Beklagte 20 selbst angefertigte Fotos von im Museum ausgestellten gemeinfreien Objekten (u. a. Vasen) auf Wikimedia hochgeladen. Als Standort der Objekte ist jeweils das "Reiss-Engelhorn-Museum" genannt. Die Anfertigung von Fotos war nach der Hausordnung des Museums jedoch verboten.

LG Stuttgart: Fotos von gemeinfreien Gemälden sind urhebrrechtlich als Lichtbilder geschützt

Ebenso wie bereits das Landgericht Berlin (Urteil vom 31.05.2016, Az.: 15 O 428/15) ist das das Landgericht Stuttgart der Ansicht, dass originaltreue fotografische Abbildungen von gemeinfreien Werken zumindest als Lichtbild geschützt sein können, sofern ein "Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung" bei der Anfertigung erbracht wurde. Dieses sei in der Regel bei allen einfachen Fotografien gegeben, jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Fotos. Der Beklagte habe daher mit dem Uploaden der Reproduktionsfotos auf Wikimedia die der Klägerin an den Fotos zustehenden ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte verletzt.

Museum kann Fotoaufnahmen im Museum verbieten

Ferner bejahte das Gericht einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der vom Beklagten im Museum selbst angefertigten Fotos der dort ausgestellten Objekte.

Die Nutzung solcher Fotos ohne ihre Zustimmung verletzte das der Stadt zustehende Eigentumsrecht. In diesem Zusammenhang verwies das Landgericht Stuttgart auf das Urteil des BGH im Fall "Preußische Schlösser und Gärten", nach dem die Verwertung von Fotos auf Grundlage des Eigentums untersagt werden kann. Die vom BGH darin aufgestellten Grundsätze gelten gleichermaßen für bewegliche Gegenstände in Museen. Da der Museumseigentümer darüber entscheide, wer wirtschaftliche Vorteile aus dem Zugang zu seinen Museumsräumen ziehe, könne er auch die Veröffentlichung von Fotos, auf denen im Museum ausgestellte Gegenstände abgebildet sind, auf Plattformen wie Wikipedia oder in Datenbanken wie Wikimedia Commons verbieten, da diese auch eine kommerzielle Nutzung von Fotos erlauben.

Landgericht Stuttgart, Urteil vom 27.09.2016, Az.: 17 O 690/15

Fazit:

  • Auch naturgetreue Fotografien von gemeinfreien Werken können urheberrechtlich geschützt sein.
  • Ebenso wie bei anderen Fotografien ist auch in diesem Fall zu prüfen, ob die jeweiligen Fotos Schutz als Lichtbildwerk oder als Lichtbild genießen oder es sich nur um ungeschützte Lichtbildkopien handelt.
  • Naturgetreue fotografische Abbildungen von Gemälden genießen mangels schöpferischer Leistung keinen Schutz als Lichtbildwerk nach § 2 Abs.  Nr. 5 UrhG.
  • Um jedenfalls als Lichtbild nach § 72 UrhG geschützt zu sein, müssen Fotos ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung erreichen.
  • Für die Einordnung als geschütztes Lichtbildwerk oder Lichtbild ist es unerheblich, ob das Fotomotiv ein gemeinfreies Werk zeigt.