Fahrerflucht - Bundesverfassungsgericht schränkt Strafbarkeit ein

Strafrecht und Justizvollzug
14.11.2007986 Mal gelesen

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat klargestellt: Wer eine Unfallbeteiligung nicht an Ort und Stelle bemerkt hat, kann sich nach Verlassen des Unfallortes nicht mehr wegen Fahrerflucht strafbar machen.

Bisher hat die Rechtsprechung eine Strafbarkeit auch auf die Fälle ausgedehnt, in denen ein Fahrer erst später auf seine mögliche Beteiligung an einem Verkehrsunfall aufmerksam wird und sich trotzdem nicht meldet oder die Angaben, zu denen ein Unfallbeteiligter am Unfallort nach § 142 Abs.1 Strafgesetzbuch (StGB) verpflichtet ist, nachträglich gegenüber einem Feststellungsberechtigen verweigert.

Die Verfassungsrichter haben einer solchen Interpretation des Gesetzes in einer aktuellen Entscheidung nun klar einen Riegel vorgeschoben. Es verstoße gegen das strafrechtliche Analogieverbot, wenn das unvorsätzliche Sich-Entfernen von der Unfallstelle dem Sich-Entfernen nach Ablauf einer ausreichenden Wartezeit oder dem berechtigten oder entschuldigten Sich-Entfernen im Sinne des § 142 Abs. 2 StGB gleichgesetzt werde. In § 142 Abs.2 StGB ist aber ausdrücklich nur für die letztgenannten Fälle eine Pflicht des Unfallbeteiligten festgeschrieben, dass er die Meldung seiner Unfallbeteiligung unverzüglich nachholen muss.

Die Karlsruher Richter hatten über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Autofahrer verurteilt worden war, der von einem anderen Autofahrer an einer Tankstelle gestoppt wurde, weil er einen halben Kilometer zuvor an einer Baustelle durch das Aufwirbeln von Rollsplitt dessen Wagen beschädigt und hierdurch einen Schaden von 1.900 Euro verursacht haben soll. Der Beschuldigte bestritt etwas bemerkt zu haben und verweigerte seine Personalien. Das BVerfG hat befunden, dass eine Verurteilung dieses Fahrers unrechtmäßig wäre, da ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er eine Beteiligung an dem Schadensereignis bemerkt hatte. Einer Bestrafung nach § 142 Abs.2 StGB, weil er sich entfernt hatte, obwohl er von dem Geschädigten nachträglich auf eine mögliche Unfallbeteiligung hingewiesen wurde, stehe das von Verfassungs wegen zu beachtende Analogieverbot entgegen.

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Anmerkung des Verfassers:
Der Beitrag bezieht sich auf den Beschluss des BVerfG vom 19.03.2007 (2 BvR 2273/06).